Zugang einer 'Willenserklärung'

Hallo Zusammen,

wenn man bei der Post ein Einschreiben mit Rückschein an ein Postfach schickt wird dem Empfänger eine Benachrichtigung ins Postfach gelegt, dass er sich das Eisnhreiben gegen Unterschrift am Postschalter abholen kann.

Wann gilt die „Willenserklärung“ oder genereller das Schreiben als Zugestellt?
Nach Einwurf der Benachrichtigung ins Postfach oder nach Abholung durch den Postfachinhaber am Schalter?

Der Absender hat ja zwei Möglichkeiten zu „Denken“:

  1. normaler Postweg innerhalb Deutschlands max. 3 Tage.
  2. kein Zugang, so lange kein Rückschein in der Hand.

Mit der Online-Verfolgung kann der Absender sogar die ganze Zeit verfolgen wie der Status ist.
Wenn der Empfänger das Einschreiben nicht abholt, weil er sein Postfach meidet, könnte er sich bei der zweiten Option rausreden, er habe das Schreiben ja nicht erhalten.

Allersdings ist man nach den AGB der deutschen Post (weis nicht ob das irgendwo auch gesetzlich verankert ist) verpflichtet sein Postfach mind. alle 7 Tage zu leeren.

Also: Ab wann gilt das Schreiben als Zugestellt, bzw. ab wann darf der Absender unter normalen Umständen mit dem Zugang rechnen (auch wenn er ncoh keinen Rückschein in der Hand hält)
Was passiert wenn der Empfänger das Schreiben einfach nicht abholt?

Vielen Dank für eure Antworten!

Das Schreiben gilt als zugegangen, wenn es in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist. Dies ist selbstverständlich seine eigene Hand, seine Wohnung oder sein Büro, sein Briefkasten oder auch sein Postfach. Solange nur die Benachrichtigung darin liegt und das Schreiben sich im Machtbereich der Post befindet, gilt es als nicht zugestellt. Falls der Empfänger das Schreiben nicht abholt, kann man ihn ggf. wegen Vereitelung der Zustellung verklagen, das muss man aber erstmal tun und dabei auch die Absicht zur Vereitelung beweisen, solange ist jedoch kein Zugang zu verzeichnen…

An Machtbereich des Empfängers habe ich auch schon gedacht.
Das Paradoxe ist dann aber, dass ein Einschreiben (Einwurf) dann die sicherere Zustellungsart darstellt als ein Einschreiben mit Rückschein.

dies kann ich mir jedoch schwer vorstellen.

Wenn der Empfänger es also verschleppt sein Postfach zu leeren, bzw. den Brief abzuholen, hat der Absender den kürzeren gezogen.
Wenn es zum Beispiel um die Informationspflicht eines Mieters ggü. dem Vermieter bei Mängeln geht, wäre der Mieter seiner Informationspflciht nicht nachgekommen. Entstehen durch den Mangel weitere Schäden ist der Mieter dann schadensersatzpflichtig ggü. dem Vermieter, da der Vermieter davon ja nichts wusste, bzw. 2nciht informiert geworden ist".
Das widerspricht irgendwie meiner Rechtsauffassung. Wäre interessant ob es Präzedenzfälle gibt.

Hier ein BGH-Urteil, das die Benachrichtigung des Empfängers nicht als Zugang der Willenserklärung auslegt:

BGH Urteil vom 26. 11. 1997 - VIII ZR 22/97 -

Und hier dazu ein BGH-Urteil zum Thema „Zugangsvereitelung“

BGH NJW 1998, 976, Urteil v. 26.11.1997

Das Paradoxe ist dann aber, dass ein Einschreiben (Einwurf)
dann die sicherere Zustellungsart darstellt als ein
Einschreiben mit Rückschein.

Das ist nicht paradox. Kein Gesetz, auch kein Naturgesetz, besagt, dass ein Übergabe-Einschreiben sicherer sein muss als ein Einwurf-Einschreiben. Im Übrigen ist das auch nicht ganz richtig. Zwar ist es bei einem Übergabe-Einschreiben leichter möglich, den Zugang zu vereiteln, aber wenn es entgegengenommen oder abgeholt wird, liegt ein zuverlässiger Beweis für den Zugang vor, während beim Einwurf-Einschreiben durchaus die Gefahr besteht, dass der Zugang als nicht bewiesen gilt. Allerdings hat jede Form von Einschreiben das Problem, dass nur der Zugang eines Dokumentes bewiesen werden kann, nicht aber, was für ein Dokument das eigentlich war.

Wenn der Empfänger es also verschleppt sein Postfach zu
leeren, bzw. den Brief abzuholen, hat der Absender den
kürzeren gezogen.

Richtig. Aber es zwingt den Absender ja niemand, diese Art der Übermittlung zu wählen. Er kann einen einfachen Brief verschicken oder, wenn er auch bzgl. des Inhalts ganz sicher sein möchte, einen Gerichtsvollzieher beauftragen.

Das widerspricht irgendwie meiner Rechtsauffassung. Wäre
interessant ob es Präzedenzfälle gibt.

Es gibt in Deutschland kein Präzedenzfallsystem. Was mein Vorredner und ich dir hier erläutert haben, ist aber (mit Ausnahme der Behauptung, man könne jemanden wegen der Zugangsvereitelung verklagen) anerkannt und zwar sowohl in der Rechtsprechung als auch der Fachliteratur. Auf die Besonderheit der Zugangsvereitelung wurdest du ja schon hingewiesen. Wenn es aber wirklich nur darum, dass jemand das Abholen „verschleppt“ in dem Sinne, dass er einfach zu dusselig war, dann zieht der Absender den Kürzeren.

Wirklich so?

Falls der Empfänger
das Schreiben nicht abholt, kann man ihn ggf. wegen
Vereitelung der Zustellung verklagen,

Ist das wirklich so?

Nein, nicht direkt natürlich. Man tut so , als sei das Schreiben zugegangen und klagt auf die entsprechende Rechtsfolge bzw. lässt sich ggf. darauf verklagen. In diesem Verfahren versucht man dann, den Empfänger so zu stellen, als hätte dieser das Schreiben erhalten, da er unter normalen Umständen das Schreiben hätte erhalten müssen, wenn er den Zugang nicht vereitelt hätte. Der Nachweis ist aber schwierig, daher ist die Erfolgschance nicht sehr hoch. Direkt wegen Vereitelung der Zustellung verklagt man natürlich nicht…

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(mit Ausnahme der Behauptung, man könne jemanden wegen der
Zugangsvereitelung verklagen)

Das war unglücklich ausgedrückt, direkt kann man das natürlich nicht…

Hallo,

nach wie vor finde ich diesen Artikel http://www.answer24.de/article/Die_sichere_Zustellun…
als sehr ausführlich und deutlich in Bezug auf den Zugang von Willenserklärungen.

Gruß
Nita

Also ist die einzig sichere Zustellungsart die mittels Postzustellungsurkunde. Dies ist laut Post nur für Ämter, Behörden, Gerichtsvollzieher möglich. nicht für Privatpersonen.
Muss man also für eine wirklich sichere Zustellung einen Gerichtsvollzieher beauftragen? Was kostet dieser?

Gruß

Eine weitere sichere Zustellungsart ist die per Boten. Einfach einen Freund, Bekannten oder ein Familienmitglied bitten, das Schreiben zu lesen, zu kuvertieren und dem Empfänger zuzustellen und die Zustellung auf einem Doppel bestätigen lassen. Auch die Aufgabe eines Einwurfeinschreibens durch einen Boten kann man empfehlen, auch wenn diese nicht ganz so sicher ist…