Geste beim katholischen Gebet

Als ich gestern im Wald an einer Klosterruine saß, kam ein älteres Paar des Weges, das sich vor dem dort errichteten hohen Christus am Kreuz einer nach dem anderen 2x bekreuzigte, dann still betete und nach einer Weile, sich abermals 2x bekreuzigend, wieder ging.

Die beiden machten abgesehen vom Bekreuzigen vorm Gebet allerdings noch eine andere Geste: Sie vollzogen mit hoch erhobenem Arm bzw. der Hand zur Christusfigur hin leicht wedelnde Bewegungen, etwa so, als schrieben sie etwas in die Luft. Beide sprachen beim Weggehen übrigens vermutlich polnisch (?) miteinander.

Was hatte die Geste nach dem Bekreuzigen zu bedeuten? Habe das vorher noch nie gesehen, allerdings auch noch nie Katholiken beim Gebet ausserhalb einer Kirche beobachten können.

Danke vorab.

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  1. modus orandi dominici
    Hallo ~//~

im frühen Christentum war eine große Anzahl von Gebetshaltungen und Gebetsgesten verbreitet. Eine mittelalterliche Handschrift „Modi Orandi Sancti Dominici“, entstanden um ca 1280 im direkten Schülerkreis des Dominicus, beschreibt und illustriert 9 davon. In diversen Traditionen der lateinischen und der östlichen Kirchen haben diese sich alle erhalten. Sie sind unter der Bezeichnung „die 9 Gebetshaltungen des Dominikus“ geläufig.

Eine Wiedergabe dieses Dokuments gibt es hier. Der modus orandi Nr 7. dürfte in rudimentärer Weise dem entsprechen, was du beobachtet hast.

Grüße :wink:
Metapher

Segensgeste
Danke!
(Ts, „fisheaters“, darauf muss man auch erstmal kommen :wink:

Die beschriebene Geste wurde nur mit einem erhobenen Arm und nur von dem Mann ausgeführt, sie erinnerte (so wird mir jetzt klar) an die Segensgeste. Die wird jedoch kaum in Richtung des Kreuzes und ganz sicher nicht von Laien ausgeführt, oder?

Erneuten Dank vorab.

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Die beschriebene Geste wurde nur mit einem erhobenen Arm und nur von dem Mann ausgeführt, sie erinnerte (so wird mir jetzt klar) an die Segensgeste.

Das ist durchaus möglich: Vielleicht hat er ein Kreuzzeichen in die Luft gemalt?

Die wird jedoch kaum in Richtung des Kreuzes
und ganz sicher nicht von Laien ausgeführt, oder?

Es könnte ein Segen sein, den der Mann als Familienoberhaupt über seine Familie in der Heimat legte. Vielleicht eine lokale Tradition. Dafür gibt es keine röm.-kath. Maßregelungen.

Und „Segen spenden“ können in christlichen Traditionen nicht nur Kleriker (die jeweils spezielle Segensriten haben). Auch Mönche/Nonnen oder Ordensleute haben einen Segen. Auch Eltern für ihre Kinder, oder Eheleute wechselseitig. Die Formen (Handauflegen oder Kreuzzeichen, der Text des Segensspruchs) sind dabei nicht festgelegt. Die „Anrufung“ der Trinität ist aber allgemeiner Bestandteil, durch den es zum speziell christl. Segen wird.

erneuten Gruß :wink:
Metapher

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Vielen Dank :smile:

Das ist durchaus möglich: Vielleicht hat er ein Kreuzzeichen in die Luft gemalt?

Möglich, die Geste ist mir aus meinem Alltag zu unvertraut, um sie in anderen Zusammenhängen als den üblichen schnell zu entziffern.

Es könnte ein Segen sein, den der Mann als Familienoberhaupt über seine Familie in der Heimat legte. Vielleicht eine lokale Tradition. Dafür gibt es keine röm.-kath. Maßregelungen.

Interessant. Ich hatte mich gefragt, ob diese Geste im Ritus der polnischen Katholiken (denn solche schienen es zu sein) üblich sein könnte.

Und „Segen spenden“ können in christlichen Traditionen nicht nur Kleriker (die jeweils spezielle Segensriten haben). Auch Mönche/Nonnen oder Ordensleute haben einen Segen. Auch Eltern für ihre Kinder, oder Eheleute wechselseitig. Die Formen (Handauflegen oder Kreuzzeichen, der Text des Segensspruchs) sind dabei nicht festgelegt. Die „Anrufung“ der Trinität ist aber allgemeiner Bestandteil, durch den es zum speziell christl. Segen wird.

Dass das Segenspenden im privaten Umfeld von Laien praktiziert wird, habe ich schon mal gesehen. Mich hat die Geste zum Kreuz hin bzw. im Dialog des Mannes mit der Christusfigur am Kreuz irritiert.

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Hallo,

Die beiden machten abgesehen vom Bekreuzigen vorm Gebet
allerdings noch eine andere Geste: Sie vollzogen mit hoch
erhobenem Arm bzw. der Hand zur Christusfigur hin leicht
wedelnde Bewegungen,

weiter schriebst du:
Mich hat die Geste zum Kreuz hin bzw. im Dialog des Mannes mit der Christusfigur am Kreuz irritiert.
ja, es ist eine Begrüßungsgeste zum Kreuz (zu Jesus) bevor der Mann (Frau) an ihn
Gebete richtete.
Dies ist wohl bei gläubigen „östlichen“ Christen nichts Ungewöhnliches.
Die Ikonenverehrung ist ja bekannt und belegt dies.
Ähnliche „Gesten“ sind z.Bsp. das Kreuzeichen wenn Christen an einem Weg-Kreuz
vorübergehen ( z.Bsp. in Kärnten auch an einem Bildstock) verbunden mit einem
Gruß an den Heiligen (oft die Gottesmutter) oder auch die Kniebeuge beim Betreten einer
Kirche vor dem „Allerheiligsten“ oder auch vor dem „Bildnis“ eines verehrten Heiligen.
Letzteres kann eben auch durch eine Begrüßungsgeste Geste erfolgen.

Metapher hat dies ja auch als Gebetsgesten aus dem Mittelalters gedeutet.
Dies ist hier aber eher unwahrscheinlich.
Auch als Segensgeste „zum Kreuz“ kann man dies kaum interpretieren da ja beide diese
Geste vollzogen.
Es kann auch einfach ein persönliches eingewöhntes religiöses Verhalten dieser beiden
Gläubigen sein.Ich kenne hier verschiedene.

Gruß Viktor