Übergang von Schamanismus zur Religion haltbar?

Hallo,
immer wieder findet sich die Behauptung, dass der Schamanismus als Vorläufer der Religionen gesehen wird. Dies bezieht sich wohl auf die Vorstellung von Wesen außerhalb der wahrnehmbaren Welt, den Naturgeistern und je nach Kultur auch Dämonen und bösen Geistern. Auf jeden Fall machtvolle Wesen einer „Anderswelt“.
Es ist vorstellbar, dass die Geister der Schamanen Vorläufer von Göttern sind, die sich irgendwann einmal als Glaube an eine Götterwelt mit einer obersten Gottheit manifestiert hat und heute als (Natur-)Religion bezeichnet werden kann?
Und weiter: Aus dieser polytheistischen Religion sind später die abrahamitischen Buchreligionen hervorgegangen, so zumindest meine Vorstellung ohne eine Kenntnis der Forschung auf diesem Gebiet.
Frage also: Ist eine derartige Vorstellung zum Übergang vom Schamanismus zur Religion wissenschaftlich haltbar oder bleibt es eine nicht nachweisbare Behauptung?

Dank für Antworten und besten Gruß
Castiglio

Hi

Es ist eine nicht haltbare, aber sehr beliebte Behauptung, die auch lange galt aber mittlerweile dankenswerter Weise ad acta gelegt wird.

Sie gehörte zur evolutionären Religionstheorie welche in etwa so ging:
Affen

Hallo Kate,

Polytheismus oder Monotheismus - und die Entwicklung - ist mir klar. Aber warum brauchen Menschen überhaupt Religionen? Solcherlei Denkweise an Gott (an einen alles vergebenden Gott, siehe Beichte) scheinen mir schädlich. Nach dieser Denke ist ja jedes Verbrechen entschuldbar. Hat man ja im katholischen Serbien und Kroatien abermals gesehen wo das hinführt.
Gott ist doch nach Denkweise der christlichen Religionen Allwissend. Warum verhindert er nicht?

lg Schoorsch

Hi

Warum gibt es Religion?

  • das ist eine Grundfrage der Religionswissenschaft und darauf gibt es so viele Antworten wie Religionswissenschaftler (und auch sonst hat jeder dazu eine Meinung).

Ich wüsste nicht warum der Glaube an einen Gott schädlich sein sollte. Es kommt viel mehr darauf an, welche Regeln und Praktiken man dieser Gottheit zuschreibt. Wenn ein Gott so oft Menschenopfer will, dass es die Gemeinschaft ausdünnt, dann ist das natürlich schädlich.
Ein guter, vergebender Gott dagegen spendet Hoffnung und Trost.
Aber diese Unterteilung kann nicht vollkommen strikt gemacht werden, wir tendieren z.B. dazu Kulte mit Menschenopfern als grundsätzlich „böse“ zu sehen. Während es allerdings so ist, dass sich die meisten religiösen Gruppen mit der Zeit vom Menschenopfer wegbewegen, hatte es doch meist - so wie das immer weiter bestehende Opfer an sich - eine grundlegende soziale Bedeutung.
Welche das genau ist, daran scheiden sich die Geister, Girard hat da z.B. was drüber veröffentlicht, kannst dich ja mal einlesen.

Vollkommen entschuldbar ist eigentlich das wenigste, der Sühnegedanke des Katholizismus ist sogar relativ selten in der Welt. Zum einen ist da der Unterschied zwischen Diesseits- und Jenseitsreligionen. In einer Diesseits-Religion hat man nur eine Chance und wenn das Verbrechen zu schlimm ist, wird man vom Angesicht der Erde getilgt und das wars. In Jenseitsreligionen kann man das so oder so sehen: Entweder das Leben wird im Diesseits getilgt und dafür findet man im Jenseits bei ausreichender Reue Vergebung, oder man terrorisiert das Diesseits und erhält im Jenseits die gerechte Strafe, je nachdem.

Warum lässt ein allmächtiger Gott Leid und Schmerz zu?
Google mal nach „Theodizee“.

Wenn du aber fragst warum ein allwissender Gott das zulässt - naja, er/sie ist halt allwissend und weiß es wohl besser als du :wink:

lg
Kate

Katholisches Serbien?
Servus,

ganz am Rande: Was kann man sich unter dem „katholischen Serbien“ vorstellen? Ist das Bistum Subotica gemeint? Mit etwa 10 % (Stadt Subotica) und auf dem Land noch kleineren Anteilen an der Bevölkerung sind auch dort die Katholiken in der Diaspora.

Schöne Grüße

MM

1 Like

Hallo Kate,
danke für die Erläuterungen, die mir einleuchten.
Gerne würde ich noch einen Hinweis bekommen, mit welcher Literatur ich den VertreterInnen dieser Auffassung entgegentreten kann.
Danke
Castiglio

1 Like

wir tendieren z.B. dazu Kulte mit Menschenopfern als
grundsätzlich „böse“ zu sehen.

Hi,

aber ist es nicht eine der Grundlagen des Christentums, dass Gott seinen Sohn opfert? … Für ein Sünde, die die Menschen nicht einmal begangen haben, sondern geerbt haben?

Schöne Grüße

vV

1 Like

Hi

Warum fangen immer alle vom Christentum an? Bin ich Theologin?

ums mal soziologisch zu sagen: Who cares? Als Gottessohn gehörte er nicht zur Gruppe, als Prediger auch nicht, im Sinne des Menschenopfers war er also eine gute Wahl weil er sowohl a) als Außenseiter entbehrlich als auch b) vom Rang her (wenn man ihn als Gottessohn versteht) ein höchstheiliges Opfer war.

die Schwierigkeit Jesus als Menschenopfer zu sehen ist, dass er nicht von seiner eigenen Gemeinschaft geopfert wurde, sondern von einer fremden hingerichtet, somit war sein Tod ein echter Mord, jedoch durch die Justiz (= Kontrolle über legitimierte Gewalt) gestützt, und spirituell als Opfer verstanden (aber eben von einer anderen Menschengruppe als jener, die ihn „dargebracht“ hat).

Von daher ist der Tod Jesu kein echtes Menschenopfer.
Er kann aber als Selbstaufopferung im Sinn des rituellen Selbstmords verstanden werden, da er sich mit seinen Kräften ja hätte wehren können, wenn es nicht der Sinn gewesen wäre, zu sterben.

lg
Kate

Hi

Puh, schwierig. Es gibt da bestimmt einige Rundumschläge, aber v.a. ergibt sich das aus aktuellen Fallstudien in der jeweiligen Kultur.

Daher kann ich jetzt nur als Beispiel Sarah Allen nennen, die viel über den chinesischen Schamanismus geschrieben hat und wenn man selbigen in die Gegenwart verfolgt, eröffnet sich, dass da nicht viel mit evolutionären Stufen ist, sondern eher eine behäbige Gleichzeitigkeit diverser Religionsstrukturen.
Zum aktuellen Fortbestehen des Schamanismus sind 2-3 nette Artikel in „Faiths on Display“ von Oakes (Hrsg.) erschienen 2010 glaub ich.

lg
Kate

Selbstaufopferung im Sinn des rituellen
Selbstmords verstanden werden,

Hallole,

das ist ja mal eine Theorie!

Auch wenn er nicht in die Kategorie der Menschenopfer passt, soll ja dieses Opfer nötig gewesen sein.

Und mit diesem Opfer konnte man dann dem grandiosen Scheitern des Jesus nachträglich einen Sinn geben.

Und wenn wir darin übereinstimmen, dass dieses Opfer erforderlich war, dann ist doch auch uns heutigen Menschen das Menschenopfer nicht so wirklich fremd.

Schöne Grüße

vV

Prähistorischer Schamanismus und Urmutterkult
(Habe erst gestern wieder in das Brett reingeschaut)

Hi.

Frage also: Ist eine derartige Vorstellung zum Übergang vom Schamanismus zur Religion wissenschaftlich haltbar oder bleibt es eine nicht nachweisbare Behauptung?

Kate trägt in ihrem mehr emotional als wissenschaftlich geschriebenen Artikel kaum zur Klärung des Verhältnisses von Schamanismus und Religion bei.

Relevant ist für deine Fragestellung vor allem die Rolle des Schamanismus in der prähistorischen Religion. Mir geht es hier darum, den inneren Zusammenhang von Schamanismus und Religionsentstehung zum Ausdruck zu bringen. Schamanismus ist - und in diesem Punkt hat Kate eine richtige Feststellung gemacht - keine Religion, sondern eine Praxis im Rahmen einer Religion. Im Fall der prähistorischen Religion bildet, wie ich unten ausführen werde, die Urmutter-Verehrung den religiösen Rahmen.

Zunächst zu den wichtigsten Charakteristika des Schamanismus:

  1. Ekstase = ein Altered-State-of-Conciousness mit (zumindest subjektiver) Out-of-Body-Experience = Seelenflug

  2. methodischer Einsatz von Gesang, Trommeln, Tanzen und psychoaktiven Drogen, um den ASC kontrolliert herbeizuführen

  3. (zumindest subjektive) Fähigkeit der Krankenheitsdiagnose

  4. (zumindest subjektive) Kontakte zu übernatürlichen Wesenheiten

  5. (zumindest subjektive) initiatorische Erfahrung von Tod und Wiedergeburt

  6. Krankheitsanfälle aufgrund (zumindest subjektiv erfahrener) Angriffe durch ´böse Geister´

  7. (zumindest subjektive) Beziehungen zu Geistern von Tieren sowie die Fähigkeit, sich in ein Tier zu verwandeln

  8. charismatische Führerschaft in einer Gruppe

++++++

Zur Geschichte:

  1. Ca. 300.000 bis ca. 150.000: die altpaläolitische Proto-Religion mit ihrem Akzent auf ekstatischen Ritualen und sozialer Bindung

  2. ca. 150.000 bis ca. 35.000: eine Übergangsform, die den bereits bestehenden Merkmalen das schamanistische Heilritual hinzufügt

  3. ab ca. 35.000: die jungpaläolithische Religion, welche zusätzlich Höhlenkunst, komplexere Formen des Begräbnisses und, nebst anderen Artefakten, die Produktion von sog. Venus-Figurinen einschließt.

Zu 1)

Elementare religiöse Verhaltensformen (Rituale) gehören zum Repertoire menschlicher Instinkte. Sie fördern ursprünglich, als vertrauensbildende Maßnahmen, die Herausbildung oder Stabilität einer Gemeinschaft. Analoge Beispiele sind Schimpansen und Bonobos, deren Gruppen sich für die Futtersuche aufteilen und beim Wiederzusammentreffen ritualisierte Verhaltensweisen wie Umarmen, Küssen und rhythmisches Schreien veranstalten. Begegnen sich zwei Gruppen von Bonobos, kann wechselseitige sexuelle Stimulation das Teilen von Nahrung begünstigen. Die Lustgefühle resultieren aus der Produktion körpereigener Drogen. Da Schimpansen und Bonobos zu 99,4 Prozent die gleichen Gene haben wie Menschen, kann man aus ihrem Verhalten Schlüsse auf das Verhalten der Prä-Paläolithiker ziehen.

Zu 2)

Die eigentliche Religiosität beginnt mit dem Bewusstwerden des Übernatürlichen. Dieses markiert den Beginn des Schamanismus, der hauptsächlich als Methode zu definieren ist, durch veränderte Bewusstseinszustände mit einer geistigen Welt in Kontakt zu treten, um das Wohl der eigenen Gruppe fördern. Die zu diesem Zweck angestrebten ekstatischen Zustände werden durch durch rhythmisches Tanzen, Gesang, nervenbelastende Initiationen und die Einnahme psychoaktiver Drogen ausgelöst.

Unter dem Aspekt des ´rituellen Heilens´ scheint die schamanistische Praxis des Homo sapiens einen evolutionären Vorteil gehabt zu haben. Zwei Studien von J. McClenon zeigen, dass schamanismuspraktizierende Gruppen einen evolutionären Vorteil gegenüber Gruppen ohne Schamanismus hatten, weil sie besser imstande waren, Krankheitskrisen, emotionalen Aufruhr und den Stress des Kindergebärens zu bewältigen.

Einen konzeptuellen Überbau der übernatürlich orientierten Praxis gab es zunächst nicht. Vermutlich reichten einfache Begriffe für die Kommunikation zwischen Schamane und Patient aus. Im Zentrum stand ganz pragmatisch das Ritual, durch welches die Kräfte der übernatürlichen Welt für die sichtbare Welt nutzbar gemacht wurden. Ein ausgearbeitetes theoretisches Konzept war dafür nicht erforderlich.

Zu 3)

Die konventionelle Religionswissenschaft ging bisher davon aus, dass das prähistorische Schamanentum eine Domäne der Männer war. Eine Untersuchung von Prof. Dean R. Snow aus dem Jahr 2013 hat allerdings ergeben, dass die Handabdrücke in diversen Kulthöhlen, die als ´Signaturen´ von Felsmalereien anzusehen sind, in der Überzahl ein weibliches Gender aufweisen. Die Hypothese liegt also nahe, dass schamanistische Praxis über Jahrzehntausende vorwiegend eine Angelegenheit der Frauen war. Laut Fachwissenschaftlern wie M. Winkelman und D. Lewis-Williams ist Höhlenkunst ein Produkt ekstatischer schamanischer Zustände und geschah oft im Zusammenhang mit Initiationen. Dafür sprechen auch die Orte mancher Zeichnungen, die in engen Stollen liegen und nur in unbequemer Körperhaltung erreicht werden können.

Die weibliche Dominanz im paläolithischen Schamanentum harmoniert mit der in der Religionswissenschaft nicht unumstrittenen These von der Urmutter-zentrierten paläolithischen Religiosität. Hier ist nicht der Ort, das Für und Wider dieser These zu diskutieren, ich begnüge mich mit dem Statement, dass die für die ´Urmutter´-Verehrung sprechenden Indizien ein größeres argumentatives Gewicht haben als alle dagegen angeführten skeptischen Argumente.

Die Paläolithiker dachten analogisch: Ähnlich wie der menschliche Mutterschoß bringt auch die Erde Leben zyklisch hervor, also imaginierte man sie als einen alles gebärenden Mutterschoß, in den das Leben sterbend zurückkehrt, um in neuer Gestalt wiederzuerstehen, und übertrug diese Vorstellung auf die Kulthöhle, die somit den Mutterleib und die ´Mutter Erde´ repräsentiert. Noch viele Jahrtausende später wird man in Ägypten das Sterben als Rückkehr in den Schoß der göttlichen Urmutter Nut (= Vulva) ansehen, deren Bild die Deckel vieler Särge zierte. Vermutlich galt die paläolithische Urmutter auch als Ur-Ahnin aller menschlichen Mütter, d.h. alle matrilinearen Generationen gingen aus ihr hervor.

Stilistisch ungewöhnlich, aber vom Sinn her charakteristisch für das paläolithische Denken präsentiert sich der Eingang der Höhle von La Magdeleine in Frankreich: Hier säumen zwei Frauenreliefs mit besonders betontem Schamdreieck den Eingang. Ihre Bedeutung lag vermutlich darin, den Besuchern der Höhle zu signalisieren, dass sie den weiblichen Schoß der Erde betreten, den Ort der Wiedergeburt von Tieren und Menschen im Rahmen des kosmischen Erneuerungskreislaufs. Im Innern vieler Höhlen finden sich Vulva-Zeichen verschiedener Art, die in der Höhle von zentraler Bedeutung sind. In El Castillo sind an den Wänden vier leuchtend rot gemalte Vulven zu sehen, neben die ein schwarzer Pfeil (ein Todeszeichen) gezeichnet wurde, was zusammengenommen als Symbolisierung von Tod und Wiedergeburt gedeutet werden kann. In Bedeilhac ist eine Vulva sehr naturgetreu im Lehmboden dargestellt, sie steht ´offen´ und zeigt die Klitoris. Die Beispiele ließen sich lange fortsetzen. Zu beachten ist, dass es sich dabei nicht um Sexual-, sondern um Regenerationssymbole handelt.

Die Rituale in diesen Kulthöhlen wurden, wie schon oben erwähnt, mehrheitlich vermutlich von Schamaninnen durchgeführt. Insofern der Schamanismus also eine ursprünglich weiblich dominierte Praxis war, ist diese Praxis als integraler Bestandteil der Urmutter-Religion anzusehen.

Einen weiteren Hinweis auf die zentrale Stellung des Weiblichen in der paläolithischen Religion liefern die zahlreichen Frauenfigurinen (oft mit betonter Vulva), die in einem Gebiet gefunden wurden, das vom Atlantik bis nach Sibirien reicht. Die meisten stammen aus der Zeit des Gravettien (29.000-22.000 vuZ).

Dass das Paläolithikum kein männliches Pendant zur ´Muttergöttin´ kannte, ist nur aus der Unkenntnis der Vaterschaft erklärbar. Aus demselben Grund hinterließ diese Ära auch keine fruchtbarkeitssymbolischen Darstellungen des Phallus. Das änderte sich nach der Einführung der Viezucht ab etwa 10.000 vuZ. Die ältesten bekannten Darstellungen eines menschlichen Sexualaktes stammen aus dem späten 9. Jahrtausend vuZ, der Frühphase des Neolithikums: ein Steinrelief und eine Steinskulptur aus der Natufien-Kultur in Ain Sakhri in Jordanien. Etwa zeitgleich ist die Steinskulptur eines ithyphallischen ´Fruchtbarkeitsgottes´ zu datieren, die man in Göbekli Tepe fand.

Weitere Funde fallen laut Catal-Hüyük-Ausgräber James Mellaart in das 6. Jahrtausend (5.800 vuZ in Tepe Güran, 5.800 vuZ in Sarab, 5.500 vuZ in Tell-es Sawwan und 5.000 vuZ in der Halaf-Kultur). Der Phallus etablierte sich also erst im Neolithikum als sakrales Symbol. Das ist umso erstaunlicher, als das Gegenstück, die sakral überhöhte Vagina, schon seit Jahrzehntausenden die religiöse Ikonographie prägte. Da ihr Fruchtbarkeitsaspekt diese Praxis begründete, kann das Fehlen des symbolischen Phallus nur bedeuten, dass die Vaterschaft bis zur Einführung der Viehzucht unbekannt war.

Im neolithischen Catal Hüyük (um 7000) sind, aus archäologischer Sicht erstmals, Indizien für einen maskulinen Gott erkennbar, der als stiergestaltiger Sohn der Urmutter verehrt wurde. Aus diesem Stiergott entwickelten sich nach und nach die unterschiedlichen Ausformungen männlicher Gottheiten, die zunächst vor allem eines waren: Fruchtbarkeitsgötter. Das lässt sich z.B. am Fruchtbarkeitsgott Enki erkennen, dem am frühesten nachweisbaren Mann-Gott der sumerischen Religion.

Wann und auf welche Weise das Schamanenamt gegenüber dem Amt des weltlichen Führers (mit Priesterfunktion) an Bedeutung verlor, darüber kann im Detail nur spekuliert werden. Vermutlich trat diese Entwicklung nicht vor dem 5. Jt. vuZ ein, als der Übergang zu kriegerisch orientierten Gesellschaften stattfand. Gleichzeitig, aber sehr allmählich nur, begann auch der Übergang von einer von Göttinnen dominierten Religion zu einem Polytheismus mit starken männlichen Anteilen und einem ausdifferenzierten System göttlicher Zuständigkeiten. In Sumer spielte der Schamanismus offiziell keine Rolle mehr, was vor allem daraus hervorgeht, dass im sumerischen Denken die Unsterblichkeit der Seele keine nennenswerte Bedeutung hatte. Manche Mythen, z.B. Inannas Abstieg in die Unterwelt, lassen sich aber als schamanistische Parabeln deuten (so Prof. Walter Burkert). Im Zuge der Ausdifferenzierung des religiösen Denkens und seiner Instrumentalisierung für Herrschaftszwecke kam es in manchen Religionen zu einer Aufspaltung in ´exoterische´ und ´esoterische´ Religiosität (innerhalb einer Religion) – das lässt sich in der Antike z.B. in Ägypten und in Griechenland beobachten, wo Mysterienkulte als Ausdruck einer direkten Verbindung der Eingeweihten zum Übernatürlichen entstanden, eine Verbindung, die in der exoterisch-offiziellen Religion nur dem Herrscher und ggfs. den höchsten Priestern vorbehalten war.

Das Weiterbestehen des Schamanentums bzw. einzelner schamanischer Praktiken inner- und außerhalb der historisch bedeutsamen polytheistischen Religionen ist ein zu weites Gebiet, um an dieser Stelle näher darauf einzugehen.

Chan

OT: gegen persönlich Kritik an Kate

Kate trägt in ihrem mehr emotional als wissenschaftlich
geschriebenen Artikel kaum zur Klärung des Verhältnisses von
Schamanismus und Religion bei.

Mh, und ich Narr erwartete nach diesem völlig unnötigen Seitenhieb doch einen wissenschaftlich geschriebenen Artikel und musste feststellen, dass du diesem Anspruch nicht im Ansatz gerecht wirst, noch überhaupt auf die Fragestellung eingegangen bist.

Da sind mir doch die Beiträge von Kate, welche dir zu emotional sind, wesentlich lieber, tragen sie doch immerhin zur Diskussion und Klärung bei.

8 Like

Hallo?

Als Fragesteller erlaube ich mir darauf zu antworten, dass mir der Beitrag von Chan sehr wohl eine nachvollziehbare Vorstellung einer Entwicklung vom Schamanismus hin zur Religion gegeben hat, die auch mit Belegen gespickt ist. Die entsprechende Nachfrage zu Belegen hat Kate mit einem "puh, schwierig" beantwortet, was ihre Darstellung für mich weniger glaubwürdig gemacht hat, obwohl ich willens war, sie zu akzeptieren. Nach Chan`s Beitrag fühle ich mich in meiner anfänglichen Vorstellung bestärkt, dass aus einer schamanistischen Kultur eine religiöse Kultur hervorgehen kann, aber nicht zwingend muss.
Im Umkehrschluss könnte angenommen werden, dass für die Entwicklung religiöser Kultur der Schamanismus ein fruchtbarer Boden gewesen ist.

Danke für den ausführlichen und (aus meiner Sicht) erhellenden Beitrag, Ch`an!

Gruß
C.

1 Like

OT: gegen Blender
Servus,

neugierhalber: Ist Dir bei dieser Gelegenheit aufgefallen, dass Du eigentlich danach gefragt hattest, ob man sich eine Entwicklung vom Schamanismus hin zu anderen Religionen vorstellen kann?

Schöne Grüße

MM

2 Like

Hallo,

Als Fragesteller erlaube ich mir darauf zu antworten, dass mir
der Beitrag von Ch`an sehr wohl eine nachvollziehbare
Vorstellung einer Entwicklung vom Schamanismus hin zur
Religion gegeben hat, die auch mit Belegen gespickt ist.

Es ist schon lustig, wie du Beitrage umdeutest.
Verstehst du überhaupt was du liest ?
Ch’an hat sehr richtig festgestellt
Schamanismus ist - und in diesem Punkt hat Kate eine richtige Feststellung gemacht - keine Religion, sondern eine Praxis im Rahmen einer Religion.

Du wolltest gar keine Information, sondern eine Bestätigung deiner Voreingenommenheit.
Diese glaubtest du in den (langen und garnicht immer überzeugenden) weiteren
Ausführungen von Ch’an gefunden zu haben - seine vorausgehende klare Aussage hast du
einfach ignoriert .
Solche „Fragesteller“ haben wir gern.

dass aus einer schamanistischen Kultur eine religiöse Kultur hervorgehen kann, aber nicht
zwingend muss.

Nein, ohne „religiöse Kultur“ hat Schamismus keine Basis, da dort der Glaube an
beinflußbare (höhere) Mächte - wie auch immer - dazu präsent sein muß.
(daß „Medizinmänner“ manchmal als Schamanen bezeichnet wurden wird wohl dem
Verständnis des Begriffes Begriff Schamanismus nicht gerecht obwohl beide „Figuren“
oft in einer Person präsent waren (sind).

Gruß Viktor

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Hallo VIKTOR,

gerne gebe ich Dir für diesen Beitrag einen Stern!

Gandalf

neugierhalber: Ist Dir bei dieser Gelegenheit aufgefallen,
dass Du eigentlich danach gefragt hattest, ob man sich eine
Entwicklung vom Schamanismus hin zu anderen Religionen
vorstellen kann?

Hi,
die Frage stellt sich mir noch immer. Ich habe auch nichts anderes behauptet, was einige aber scheints nicht bemerkt haben. Im Gegensatz zu Kate, die dies kategorisch ausgeschlossen hat ("sehr beliebte Behauptung, die auch lange galt aber mittlerweile dankenswerter Weise ad acta gelegt wird") habe ich aus Chan`s Beitrag herausgelesen, dass es durchaus Hinweise gibt, die eine Entwicklung vom Schamanen zum Priesterfürsten denkbar machen.
Aber das soll er selber noch einmal deutlich machen.

Aufgrund mangelnder Belege und damit Glaubwürdigkeit der Ausführung von Kate habe ich mich daher der Auffassung von Ch`an angeschlossen. Andere sachdienliche Hinweise habe ich nicht gefunden bisher.
Gegen Unterstellungen („Du wolltest gar keine Information, sondern eine Bestätigung deiner Voreingenommenheit“) muss ich mich zur Wehr setzen. Wenn Victor Probleme mit meinem Beitrag hat, soll er das mit Familie, Freunden oder notfalls Therapeut besprechen, denn hier ist wohl nicht der Ort für seine Probleme mit jemandem.
Hier ist nur die Sachebene gefragt, von mir jedenfalls.

Herzlichst
C.

3 Like

Hi

Da muss ich jetzt aber eingreifen, du hast meinen Beitrag nicht richtig gelesen. An keiner Stelle habe ich behauptet, dass sich aus einem Schamanismus keine andere Religion entwickeln kann (im Gegenteil) - wobei der Priesterfürst extrem spezifisch wäre - ich habe mit dem von dir aus dem Kontext herausgerissen zitierten Satz ganz deutlich die evolutionäre Religionsgeschichte abgelehnt, nach der behauptet wird, der Schamanismus sei eine Vorstufe des Polytheismus und in sofern diesem gegenüber Minderwertig, so wie es in jener Theorie der Polytheismus gegenüber dem Monotheismus ist, welcher als höchstes der Gefühle angesehen wird und somit als beste Religionsform. Was außerhalb der Theologie Unsinn ist.

Desweiteren möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich hier in meiner Freizeit poste. Ich bekomme für die Antworten, die ich hier tippe, kein Geld und meine Miete zahlt sich nicht von alleine. Momentan habe ich mit Arbeit, Umzug und anderen privaten Dingen sehr viel zu tun, was meine Freizeit am Tag, so überhaupt vorhanden, auf ein Minimum beschränkt. Insofern lässt es die Zeit schlicht nicht zu, dass ich dir eine komplette Bibliographie zum Schamanismus abtippe, die dir auch nichts nützen würde, solange du dich nicht selbst mit dem Thema auseinandersetzt.

Ferner sei angemerkt das nur weil ein Text lang ist, dessen Länge nichts über die Qualität der enthaltenen Aussagen aussagt.
Das betrifft nicht nur Postings in diesem Forum sondern auch die Literatur zum Thema Schamanismus, weshalb ich dir mitteilte, dass die Situation schwierig ist. Der Großteil der Literatur zum Schamanismus ist wertend geschrieben.

lg
Kate

6 Like

Hi,

Da muss ich jetzt aber eingreifen, du hast meinen Beitrag
nicht richtig gelesen. An keiner Stelle habe ich behauptet,
dass sich aus einem Schamanismus keine andere Religion
entwickeln kann (im Gegenteil)

Hä? Castiglio hat doch gerade deinen Satz zitiert, in dem du behauptest, dies sei eine glücklicher Weise inzwischen überholte Ansicht! Das kann man nur verstehen als: Alle klugen Wissenschaftler wissen inzwischen, dass sich aus dem Schamanismus niemals eine Religion entwickeln kann (sagst du)! Und dein anschließender Text atmet eine gewisse Verachtung für eine evolutionäre Religionsvorstellung!

Karl

  • wobei der Priesterfürst

extrem spezifisch wäre - ich habe mit dem von dir aus dem
Kontext herausgerissen zitierten Satz ganz deutlich die
evolutionäre Religionsgeschichte abgelehnt, nach der behauptet
wird, der Schamanismus sei eine Vorstufe des Polytheismus und
in sofern diesem gegenüber Minderwertig, so wie es in jener
Theorie der Polytheismus gegenüber dem Monotheismus ist,
welcher als höchstes der Gefühle angesehen wird und somit als
beste Religionsform. Was außerhalb der Theologie Unsinn ist.

Desweiteren möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass ich
hier in meiner Freizeit poste. Ich bekomme für die Antworten,
die ich hier tippe, kein Geld und meine Miete zahlt sich nicht
von alleine. Momentan habe ich mit Arbeit, Umzug und anderen
privaten Dingen sehr viel zu tun, was meine Freizeit am Tag,
so überhaupt vorhanden, auf ein Minimum beschränkt. Insofern
lässt es die Zeit schlicht nicht zu, dass ich dir eine
komplette Bibliographie zum Schamanismus abtippe, die dir auch
nichts nützen würde, solange du dich nicht selbst mit dem
Thema auseinandersetzt.

Ferner sei angemerkt das nur weil ein Text lang ist, dessen
Länge nichts über die Qualität der enthaltenen Aussagen
aussagt.
Das betrifft nicht nur Postings in diesem Forum sondern auch
die Literatur zum Thema Schamanismus, weshalb ich dir
mitteilte, dass die Situation schwierig ist. Der Großteil der
Literatur zum Schamanismus ist wertend geschrieben.

lg
Kate

Hi,

um in diesen interessanten, aber chaotischen Artikelbaum noch mehr Verwirrung zu bringen: Laut Wikipedia ist die Definition von Schamanismus umstritten, strittig ist auch, wie dieser Begriff von „Religion“ abzugrenzen ist! Und in der Brockhaus-Enzyklopädie wird Schamanismus gar direkt als Religion bezeichnet!

Die Aussagen von Viktor und Chan, Schamanismus sei eine Form der Religionspraxis, sind also mögliche Definitionen, die Begriffe werden aber (leider) unterschiedlich und sicherlich oft unscharf gebraucht.

Karl