§ 165 AO, Nachforschung

Ich grüsse Euch!

Bezüglich der Einkommensteuer 1996 wurde ein Bescheid im Juli 1998 erlassen. Er enthielt folgenden Vermerk:
„Der Bescheid ist nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert. Er ist nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig.“
Auf der Rückseite steht unter „Erläuterungen“ neben einigen Erläuterungen zu Zinsen, Kinderfreibeträgen und Arbeitnehmersparzulage folgendes bezüglich der Vorläufigkeit:
"Der Bescheid ist im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bzw. andere gerichtliche Verfahren vorläufig hinsichtlich

  • der Höhe der Kinderfreibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG)
  • der Nichtabziehbarkeit privater Schuldzinsen (§ 12 EStG)
    Die Vorläufigkeitserklärung erfolgt aus verfahrenstechnischen Gründen und ist nicht dahin zu verstehen, daß die Regelungen als Verfassungswidrig angesehen werden. Änderungen dieser Regelungen werden von Amts wegen berücksichtigt; ein Einspruch ist insoweit nicht erforderlich."

Wenn nun über 5 Jahre später das FA einen Brief folgenden Inhaltes schreibt („Prüfung der Steuererklärung 1996“): Aufgrund „einer hier vorliegenden Mitteilung… über Entschädigungszahlung“ bitten wir um Aufgliederung der Mieteinahmen für die A-Immobilie, stellen sich dem interessierten Laien…

…folgende Fragen:
a) Kann das Finanzamt jetzt überhaupt noch Nachfragen zu der Steuererklärung stellen (und dem Steuerpflichtigen damit u. U. einen Haufen Arbeit machen)? Was passiert, wenn der Steuerpflichtige keine diesbezüglichen Unterlagen mehr hat?
b) Wenn Nachfragen aufgrund Fristablaufs nicht mehr möglich sind: Wie kann man das dem FA schonend beibringen ohne auf Konfrontationskurs zu gehen?
c) Wie lange kann das Finanzamt eigentlich noch Bescheide, die (nach Meinung von Steuerlaien) erledigt sind, auf diese Weise wieder aufrollen? D. h. wie lange müssen Steuerpflichtige eigentlich alle Belege, die in irgendeiner Form mit den Steuererklärungen zusammenhängen, aufheben?

Danke

Aufgrund „einer hier vorliegenden Mitteilung… über
Entschädigungszahlung“ bitten wir um Aufgliederung der
Mieteinahmen für die A-Immobilie, stellen sich dem
interessierten Laien…

hi wolf,

das finanzamt ermittelt wegen einer mitteilung eines anderen finanzamtes. sicherlich wurde irgendwo eine betriebsprüfung gemacht, aus der dein name & anschrift hervorgeht. es stellt sich nun für das finanzamt so dar: die ermittlungen des anderen FA decken sich nicht 1:1 mit deiner steuererklärung. steuerhinterziehung? im schlimmsten fall. änderung wegen neuer tatsachen (§ 173 AO) im günstigen fall.

im konkreten fall solltest du die noch vorhandenen unterlagen prüfen, selber entscheiden (durch gehöriges nachdenken) ob du was verschwiegen hast und dann ggf. einen steuerberater besuchen. wenn du nix zu verheimlichen hattest/hast, kannst du sicherlich auch mit dem bearbeiter im FA freundlich telefonieren, den sachverhalt schriftlich aufsetzen und gerne einen termin im FA zur vorlage der noch vorhandenen belege ausmachen.

mfg vom

showbee

Hallo Showbee,

wenn du nix zu verheimlichen hattest/hast, kannst du
sicherlich auch mit dem bearbeiter im FA freundlich
telefonieren, den sachverhalt schriftlich aufsetzen und gerne
einen termin im FA zur vorlage der noch vorhandenen belege
ausmachen.

Da ist sicherlich nichts zu verheimlichen - zumindest auf den ersten Blick. Aber kannst Du dich noch an Details Deiner Steuererklärung von vor 7 Jahren (!) erinnern???

steuerhinterziehung? im schlimmsten fall. änderung wegen neuer
tatsachen (§ 173 AO) im günstigen fall.

ich denke sogar positiv: Die Zahlen stimmen. Das Problem ist nur: Vielleicht sind die Belege gar nicht mehr da, mit denen man das belegen kann.

Daß im Interesse aller Steuerzahler einem Verdacht der Steuerhinterziehung nachgegangen wird, ist ja aus Sicht aller Steuerbürger richtig. Nur - und jetzt stelle ich nochmals meine Ursprungsfrage:
Darf jetzt niemand mehr seine Kontoauszüge, Dividendenbelege etc. aus den Siebziger Jahren wegwerfen, weil vielleicht das FA durch irgendeine Querverbindung noch „eine Nachfrage“ hat, die er ohne die Kontoauszüge etc. nicht mehr beantworten kann? Wie lange müssen wir den gesamten Krempel aufheben und was passiert, wenn irgendwelche Belege von vor -zig Jahren nicht mehr auffindbar sind?

Gruß vom Wolf

rehi wolf,

Da ist sicherlich nichts zu verheimlichen - zumindest auf den
ersten Blick. Aber kannst Du dich noch an Details Deiner
Steuererklärung von vor 7 Jahren (!) erinnern???

öhommm, da habe ich noch gar keine gemacht, war ich doch noch schüler :wink:

ich denke sogar positiv: Die Zahlen stimmen. Das Problem ist
nur: Vielleicht sind die Belege gar nicht mehr da, mit denen
man das belegen kann.

es gilt ja immernoch die unschuldsvermutung. das finanzamt muss dir beweisen, dass du was falsch gemacht hast (im falle der steuerhinterziehung).

Darf jetzt niemand mehr seine Kontoauszüge, Dividendenbelege
etc. aus den Siebziger Jahren wegwerfen, weil vielleicht das
FA durch irgendeine Querverbindung noch „eine Nachfrage“ hat,
die er ohne die Kontoauszüge etc. nicht mehr beantworten kann?
Wie lange müssen wir den gesamten Krempel aufheben und was
passiert, wenn irgendwelche Belege von vor -zig Jahren nicht
mehr auffindbar sind?

also, es geht um 1996, der bescheid ist von 1998. die festsetzungsverjährung beträgt 5 jahre bei leichtfertiger steuerverkürzung, 10 jahre bei steuerhinterziehung ansonsten 4 jahre.

die frist beginnt für 1996 am 1.1.1997, jedoch erst wenn die steuererklärung eingereicht wurde (1997 oder 1998), spätestens jedoch am 1.1.99.

also gehen wir mal von einem beginn am 1.1.97 aus, dann wären die 4 jahre vorbei am 31.12.2000. also geht die ermittlung nur, wenn es sich um eine steuerhinterziehung handelt.

in solch einem fall sollte das finanzamt aber nicht den potentiellen straftäter anweisen sich selber preiszugeben. das geht alles nicht. die ablaufhemmung wegen vorläufigkeit (§165 iVm 171 abs. 8 AO) greift auch nicht, da sich die vorläufigkeit auf etwas anderes bezieht.

meine idee für eine vorgehensweise: anruf beim finanzamt, auf welcher grundlage sie ermitteln und auf welcher grundlage sie die steuerbescheide ändern wollen. einzig mögliche antwort aufgrund deiner angaben ist wohl der verdacht auf steuerhinterziehung, hiernach müsste dem sachbearbeiter der telefonhörer aus der hand fallen, da er dich nicht darüber belehrt hat, das du dich nicht selber belasten musst.

entweder die sache klärt sich nun unmittelbar auf, oder du solltest dir unbedingt einen steuerberater suchen, der mal die steuererklärungen (davon sollte man eine kopie haben) sowie die steuerbescheide untersucht auf dinge die ich nun nicht weiss.

alle weiteren schritte sollten von einem profi vor ort und nach beratung erfolgen.

mfg vom

showbee

Hallo!

Auch von mir noch ein kurzes Statement:

Anders als Showbee glabe ich nicht, dass dem Sachbearbeiter etwas aus der Hand fällt. Mit größter Wahrscheinlichkeit liegt der Anfrage aber das angesprochene Kontrollmaterial zugrunde. Wenn in der Erklärung nur eine Summe 53.578 DM steht, ist in keiner Weise erkennbar, ob ein Teilbetrag von 5.000 DM drinsteckt. Deshalb wird in derartigen Fällen regelmäßig eine Anfrage beim Steuerpflichtigen erfolgen.

Das Finanzamt kann (und muss) solange ermitteln, wie es dies für notwendig erachtet. Der Anfangsverdacht zur Steuerhinterziehung ist nur aus der o. g. Anfrage sicher noch nicht zu konstruieren. Und solange das so bleibt, musst Du Auskünfte erteilen, hast also kein Aussageverweigerungsrecht.

Am besten erstmal eine eigene Bestandsaufnahme machen:

  • sind Kontoauszüge da?
  • hat ein Verwalter die Abrechnung für´s Haus gemacht (Aufbewahrungspflicht!)?
  • sind eigene Aufstellungen da?
  • können die im Bescheid ausgewiesenen Einkünfte daraus schnell rekonstruiert werden?

Damit ab zum Steuerberater oder wenn alles sonnenklar erscheint, direkt den Nachweis beim Finanzamt führen.

Ciao!
Nemo