Kreditverzicht in 20 Jahren, wann/wie bilanzieren?

Hallo,

heute wende ich mich mal wieder an dieses Forum, ich habe eine Frage eines Freundes und kann diese nicht beantworten. Zwar habe ich ihn schon an einen Berater verwiesen, mich interessiert dennoch die Lösung.

Folgender Fall:

Ein Unternehmen hat eine hohe Verbindlichkeit (Immobiliendarlehen) und diese stellt nahezu (99%) die einzige Verbindlichkeit des Unternehmens dar. Die wirtschaftliche Lage lässt eine Tilgung- und Zinszahlung wie vor 10 Jahren vereinbart nicht zu. Ein Insolvenzverfahren kommt nicht in Frage, da eine die Immobilie (als einzige Sicherheit) zur Zeit keinen passablen Marktwert hat. Also schließt das Unternehmen als letzte Rettung einen Notarvertrag über folgendes:

  1. Über eine verlängerte Dauer zahlt das Unternehmen monatliche Raten
  2. Nach dem Ende der Dauer der Ratenzahlung verzichtet die Bank auf alle weiteren Forderung bis auf eine Summe x

Natürlich auch Besserungsklauseln, Erhaltungsklauseln etc…

Folgendes angelehntes Beispiel:

Darlehen einst 1.000.000 EUR
Stand aktuell 800.000 EUR
Gesamtleistungen nun 20 Jahre x 12 x 2.000 EUR = 480.000
Letzte Rate = 150.000 EUR

Ohne Berechnung von Zinsen verzichtet die Bank netto auf 170.000 EUR.

Nun schickt die Bank nach dem 1. Jahr mit dieser Zahlungsvereinbarung
folgende Abrechnung:

800.000 Stand 1.1.04
-24.000 Tilgungen
+40.000 Zinsbelastung
816.000 Stand 31.12.04

Na toll! Der „Darlehensstand“ wird also Jahr zu Jahr grösser. Dem Unternehmer ist es eigentlich egal, er hat ja eine notarielle Urkunde in der steht:

  1. Letzte Rate am … = 150.000
  2. Verzicht der Bank auf alle restlichen Zins- Darlehensforderungen

Problem (welches bisher verkannt wurde): die Einkommensteuer!

Wenn man das Beispiel (habe mit 5% und glatten Zahlen gerechnet) mal bis zum Ende der 20 Jahre rechnet, kommt ein Endsaldo von: 1,3 Mio. EUR raus!!!

Ziehe ich nun die 150.000 EUR Endrate ab, verzichtet die Bank auf knappe 1,15 Mio. EUR!!!

Klar, man muss mit Zinsen rechnen, aber was hat das für Auswirkungen auf die Steuer des Unternehmens (Personengesellschaft X & Y)?

  1. In den laufenden Jahren wird eine „Zinsaufwendung“ gebucht welche Verluste verursacht.
  2. Die Verzichtssumme nach 20 Jahren ist „Sanierungsgewinn“
  3. Die Summe der Verlustvorträge wird bei weitem nicht den Sanierungsgewinn erreichen (ca. 50%).

Endergebnis: Das Unternehmen hat zwar nach 20 Jahren keinen Bankkredit mehr am Hals, wohl aber eine nahezu gleichhohe Steuerschuld!

Bis hier richtig?

Sollte das Unternehmen nicht darauf drängen, dass die Bank nicht normale Verzugszinsen (5% über Basis zur Zeit) berechnet, sondern Null?

Hier ist die Politik der Bank (eine Sparkasse) wohl: Verluste möglichst in die Zukunft zu verschieben und Erträge nun verbuchen, da der Gewährträger schon genug ausgleichen musste in den letzten Jahren (mehrere Großprojekte der SPK im Umland gingen „zu Null“ aus).

Die Bank wird hier aber wohl aus obigen Gründen an ihrer Vorgehensweise nichts ändern. Sollte man einfach wider der Zinsberechnung der Bank einen geringeren zinsaufwand bilanzieren? Wobei dies zum Falschausweis der Verbindlichkeiten führt. Einen Aktivposten kann man ja für solche Fälle nach den GoB auch nicht bilden. Ist nicht schon die Buchung des Aufwandes fehlerhaft? Kann man hier noch von einer Bilanzwahrheit sprechen?

Was meint ihr???

Danke für alle Antworten:

der Showbee

Mhh,

also ich versuche mich gerade in die Lage der Bank zu versetzen. Welches Interesse soll denn eine Bank an so einem Deal haben? Ich denke eher dass die Vertragsgestaltung so gemeint ist, dass eine jährliche Tilgung von 24.000 € zzgl. der jährlich anfallenden Zinsen erfolgen soll.

Denn es macht generell keinen Sinn, einen Ratenzahlung zu vereinbaren, bei der der Zinsanteil höher liegt als die Raten, klar dass dann die Verbindlichkeit steigt.

Darüber hinaus stellt sich die Frage warum, bei unterstellten Vertragsbedingungen, die Bank irgendwann in Zukunft auf 1,3 Mio Euro verzichtet wenn sie im Falle einer Insolvenz/Zwangsversteigerung nur 800 Mio Euro abzgl. des zu erwartenden Versteigerungserlöses verlieren würde, dass passt irgendwie nicht.

Darüber hinaus stellt sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Frage, warum diese Immobilie nicht mehr Rendite abwirft (ich unterstelle mal stark vereinfacht dass die Einnahmen in etwa der Ratenzahlungen von 24.000 € entsprechen da ja ganz offensichtlich nicht mehr getilgt werden kann), wie schon oben angegeben ist die vereinbarte Tilgung ja unterhalb der Zinsaufwendungen angesiedelt, warum also noch zwanzig Jahre laufen lassen wenn das Objekt sehr offensichtlich eine negative Rendite erwirtschaftet?

Hallo Deri,

also ich versuche mich gerade in die Lage der Bank zu
versetzen. Welches Interesse soll denn eine Bank an so einem
Deal haben? Ich denke eher dass die Vertragsgestaltung so
gemeint ist, dass eine jährliche Tilgung von 24.000 €
zzgl. der jährlich anfallenden Zinsen erfolgen soll.

das steht ausser Frage! Ich habe die Notarurkunde gesehen. Langfristig rechnet die Bank lieber über 20 Jahre mit einem Rechnungszins von 1% und hat 20 Jahre keinen Ausfall.

Die genannte Tilgung ist tatsächlich nur Tilgung und Zahlung auf Zinsen sollen nicht erfolgen. Klar ist auch: die Bank macht den Deal nur, da eine Veräusserung des Objektes nun nahezu einen Totalverlust bringen würde (keinerlei Nachfrage, sehr spezielle bauweise, komische Anlage etc.) und eigentlich nicht verwertbar ist. Deswegen hat die Bank lieber auch den Deal gemacht als die Kunden in die InsO zu treiben.

Denn es macht generell keinen Sinn, einen Ratenzahlung zu
vereinbaren, bei der der Zinsanteil höher liegt als die Raten,
klar dass dann die Verbindlichkeit steigt.

jep, macht für dich keinen Sinn, nur für die Bank (Sparkasse!!!) die nun keine Ausfälle verbuchen will. Nur öffentliche Unternehmen können es sich leisten solche Deals zu machen. Klar, sie besch… sich selber, wenn sie nun 20 Jahre Zinseinnahmen verbuchen (ohne sie tatsächlich zu bekommen) und dann in 20 Jahren einen gigantischen Verlust verbuchen. Liegt wohl auch daran, das Vorstand und Sachbearbeiter allesamt über 50 sind und den Tag nicht mehr in de Bank erleben werden.

Darüber hinaus stellt sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht
die Frage, warum diese Immobilie nicht mehr Rendite abwirft
(ich unterstelle mal stark vereinfacht dass die Einnahmen in
etwa der Ratenzahlungen von 24.000 € entsprechen da ja
ganz offensichtlich nicht mehr getilgt werden kann), wie schon
oben angegeben ist die vereinbarte Tilgung ja unterhalb der
Zinsaufwendungen angesiedelt, warum also noch zwanzig Jahre
laufen lassen wenn das Objekt sehr offensichtlich eine
negative Rendite erwirtschaftet?

naja, das Objekt hat in der aktuellen Lage eine rendite, jedoch nur vor Zinsen! Ohne eine Zinsbelastung kommt schon eine passable Rendite raus.

also, bitte nicht über Sinn und Zweck der Vereinbarung grübeln, Problem ist die bilanzielle Würdigung!!!

mfg vom

showbee

Hi Showbee!

Schön auch mal wieder etwas von dir zu hören.

Nun zu einem Lösungsansatz:
Ich dachte bisher immer, dass wir in der Buchhaltung die jeweils entstandenen und vorhandenen Vertragsverhälnisse erfassen. Wo also kein Vertrag ist, sei es Kauf-, Miet-, Arbeits-, Werk- oder auch ein Darlehensvertrag, kann ich in der Buchhaltung keine Buchungen veranlassen (Ausnahme bildet in Teilbereichen die Rückstellung).

ERGO: Der Buchhaltung wird der Nachtrag zum Darlehensvertrag zu Grunde gelegt (Notar-Urkunde) und fertig. Der von der Bank fehlerhaft ausgewiesene Zinsbetrag darf in die Buchhaltung nicht mit einfließen, weil er vertraglich nicht entsteht! Soweit zu Handels- und Steuerbilanz.

PROBLEM: Die Bank will ja sicherlich ab und zu mal zwischendurch eine Bilanz sehen. Und die werden sich doch arg wundern, wenn der Bilanzposten nicht mit dem übereinstimmt, was die bei sich so ausweisen.
LÖSUNG: Es gibt die sogenannten „Sonderbilanzen im weiteren Sinne“. Bei der Erstellung der selben ist man ja nicht an die Bewertungsmaßstäbe von HGB/EStG gebunden und kann daher in einer solchen Bilanz auch die sonst nicht anzusetzenden „Zinsen“ berücksichtigen.

Und auch gegenüber dem Finanzamt dürfte dann die Abweichung zwischen den Werten laut Kontoauszug der Bank und Buchhaltung erklärbar sein. Wird aber für die Bank nicht sehr gut aussehen. Dies kann deinem Freund aber sicherlich egal sein.

BARUL76

Hi Showbee!

Schön auch mal wieder etwas von dir zu hören.

Hallo Barul,

ja, bin wieder zurück im Inland :wink:

ERGO: Der Buchhaltung wird der Nachtrag zum Darlehensvertrag
zu Grunde gelegt (Notar-Urkunde) und fertig. Der von der Bank
fehlerhaft ausgewiesene Zinsbetrag darf in die Buchhaltung
nicht mit einfließen, weil er vertraglich nicht entsteht!
Soweit zu Handels- und Steuerbilanz.

das Problem: in dem Verzicht steht nix von Zinsen. Die Zinsen waren nur „Berechnungsgrundlage“ zur Verzichtssumme. Es wurde die mögliche monatliche Gesamtleistung betrachtet, dann wurde gerechnet, welcher Restbetrag bei 1% p.a. steht. Diesen erhält die Bank als letzte Rate.

Wie gesagt, in der Vereinbarung steht kein Zinssatz, der alte Kreditvertrag ist gekündigt und in Abwicklung. Die Abwicklung ist nun notar-vertraglich geregelt: Tilgung mtl. / Dauer / Verzicht

Korrekt wäre nun auch in der Bilanz/Buchhaltung mit 1% zu rechnen, dann würde es zu keinerlei Abweichungen kommen. Ich denke die sinnvollste Lösung wird wohl dennoch nur ein Gespräch mit der Bank sein…

Danke dennoch:

der showbee