Polnische Veranstaltungstickets / USt.-Ausweis

Hallo,

die deutsche Firma XY verkauft Tickets in Deutschland für Musik Open Airs in Polen.

Bisher wurde es so gemacht:

die deutschen Privatkunden erhalten eine deutsche Rechnung wo für die Tickets 0% MWSt. ausgewiesen ist, da der Ort der Veranstaltung nicht in Deutschland ist. Firma XY erhält nach der Veranstaltung eine Sammelrechnung der polnischen Veranstalter-Firma wo die polnische USt. ausgewiesen ist. Am Jahresende reicht Firma XY diese Rechnung bei einem polnischen MWSt.-Rückerstattungsservice ein und bekommt diese 1 Jahr später vom polnischen Finanzamt wieder zurück.

Nun soll das System von Rechnung zu Gutschrift verändert werden, d.h. Firma XY erhältt keine Rechnung vom polnischen Veranstalter sondern schreibt ihm eine Gutschrift mit 0% deutscher USt., so wie es auch bei größeren Ticketservices üblich ist. (Beide Firmen (deutsche und polnische) haben eine USt.-IdNr.)
Auch die deutschen Privatkunden bekommen eine Rechnung mit 0% USt. da der Ort der Veranstaltung nicht Deutschland ist.

Nur die Frage ist: im Falle des Gutschrift-Systems taucht nirgendwo die USt. auf und das polnische Finanzamt wird sicherlich nicht darauf verzichten wollen. Ist das Gutschrift-System wie oben beschrieben dennoch rechtlich einwandfrei?

Servus,

grundsätzlich ändert sich nichts am Sachverhalt, wenn eine Rechnung durch die besondere Form der Gutschrift vom Leistungsempfänger gestellt wird.

Um beurteilen zu können, wie diese Gutschrift aussehen muss - bzw. vorher die Rechnung aussehen musste, wäre es nötig zu wissen, wer welche Leistung an wen erbracht hat:

Der deutsche Unternehmer erbringt an den polnischen Veranstalter eine Vermittlungsleistung?

Der polnische Veranstalter erbringt an den deutschen Unternehmer eine sonstige kulturelle, künstlerische etc. Leistung im Sinn des § 3a Abs 2 Nr. 3a UStG?

Es gibt sicher auch noch andere Möglichkeiten - jedenfalls muss man zur umsatzsteuerlichen Beurteilung wissen, was genau die beiden Unternehmer vereinbart haben. Wahrscheinlich wissen sie es selber nicht so genau. In solchen Fällen hilft oft die Gegenprobe: Was passiert, wenn der Postsack mit den Tickets auf dem Weg von PL nach D unter die Eisenbahn kommt? Was passiert, wenn die auftretenden Künstler kurz vor dem Auftritt an gefälschtem Wódka sterben, wenn das Publikum aus D bereits angereist ist? Was passiert, wenn ein Kunde des deutschen Unternehmens bezahlt hat, das Ticket erhalten hat, aber dann in PL am Eingang von der Security hohnlachend abgewiesen wird wegen des lächerlichen Wischs Papier, mit dem er da reinwill? Usw.

Wieauchimmer:

Nach deutschem USt-Recht ist es rechtlich einwandfrei, wenn eine Rechnung in Form einer Gutschrift vom Leistungsempfänger gestellt wird, wenn sich Leistungserbringer und Leistungsempfänger über diesen Abrechnungsmodus einig sind.

Aber: Von der formalen Abrechnungsweise wird der Ort der Leistung (= Steuerbarkeit) und deren Steuerpflicht überhaupt nicht berührt. Wenn zutreffend polnische USt auf der Rechnung ausgewiesen war - das ist wahrscheinlich richtig, der Einzelfall wäre zu prüfen, vgl. oben -, dann gehört sie selbstverständlich auch auf die Gutschrift. Es ist beinahe egal, ob der Zettel von einem deutschen oder von einem polnischen Unternehmer getippt wird. Beinahe deswegen, weil die formalen Vorschriften für den Inhalt einer Rechnung in PL noch strikter sind als in D, d.h. der deutsche Unternehmer kann sich da leicht vertun.

Schöne Grüße

MM

Ohje ich habe etwas herausgefunden: XY ist umsatzsteuerpflichtig in Polen, d.h. auf den deutschen Rechnungen an Privatkunden muss polnische USt. ausgewiesen werden, ebenso auf den Sammel-Gutschriften an die polnische Veranstalterfirma. XY müsste sich dazu dort registrieren lassen und einen polnischen Steuerberater engagieren.

Das heißt bei einem Hausbesuch (Steuerprüfung) des deutschen Finanzamtes wird dies auffliegen das XY 0% MWSt. den Privatkunden berechnet hat, obwohl dort die polnische MWSt. ausgewiesen sein müsste.

Frage: reicht der Arm des polnischen Finanzamtes bis nach Deutschland und gibt es ein Rechtshilfeabkommen? Oder bleibt das ganze gar folgenlos?

Hallo,

verstehe ich die Frage tatsächlich so, dass du wissen willst, ob es „weniger“ schlimm ist polnische Steuer als deutsche Steuer zu hinterziehen?

Ich muss mich verlesen haben.

… entschuldigt sich Berta

Frage: reicht der Arm des polnischen Finanzamtes bis nach
Deutschland und gibt es ein Rechtshilfeabkommen? Oder bleibt
das ganze gar folgenlos?

Selbstanzeige bei polnischem Finanzamt???
Es stellt sich die Frage was XY am besten nun macht:

Selbstanzeige und Nachzahlung?
Falls nicht welche Konsequenzen drohen, da XY ja in Polen weder registriert noch einen Firmensitz hat?

Servus,

die Frage der Selbstanzeige wäre hier nach polnischem Recht zu beurteilen. Ich weiß nicht, ob es dieses Instrument dort gibt - zu vermuten ist es allerdings, weil das polnische Steuerrecht seit den 1990ern vieles aus dem deutschen übernommen hat.

Falls nicht welche Konsequenzen drohen, da XY ja in Polen
weder registriert noch einen Firmensitz hat?

Wie es mit Amtshilfe D-PL ausschaut, weiß ich nicht. Ich weiß aber von einzelnen Fällen, dass der polnische Fiskus - wohl auch zum Ausgleich für die komfortablen Steuersätze - knochenhart und unerbittlich agiert, da kann man nicht so freundlich jovial diskutieren wie mit den Deutschen.

Je nach den in Frage stehenden Beträgen ist es wohl keine übertriebene Vorsicht, wenn man sich in der beschriebenen Situation in die Obhut eines Fachmanns vor Ort begibt, bevor der Veranstaltungsort als Gelände für eine SEK-Übung auserkoren wird (war n Scherz).

Schöne Grüße

MM