Steuer Straftat

Hallo, ich schreibe einen Roman und habe nachfolgendes Problem in einer Passage und hoffe das mir jemand mit Fachwissen weiterhelfen kann.

Die Geschichte spielt ab dem Jahr 2000 und die Hauptfigur war Selbständig tätig und hat die ersten 1,5 Jahre seine Buchführung in einer Tüte ohne wiederspruch zum Steuerberater getragen.
Nachdem der Steuerberater innerhalb der Kanslei wechselte wurde die Hauptfigur von dem neuen Betater angewiesen eine Ordentliche Buchführung ab zu geben da er so nicht arbeiten könne.
Nach vielen Monaten mit lernen brachte die Hauptfigur es fertig seine Buchführung in Ordnern abgeheftet ab zu geben.
( Jetzt die Dramatik )
Dann 2006 eine Buchprüfung durch das Finanzamt für die Jahre 2000-2002.
Es wurden einige Unregelmäßigkeiten festgestellt und man bezichtigte die Hauptfigur der Hinterziehung von ( Jahr 2000)ca 13000.- Eur und ( 2001 ) ca 4000.- Eur und ca ( 2002) 500.- Eur.
Die Hauptfigur musste dann infolge Ende 2006 Insolvenz anmelden .
Nun bekam jetzt vom Gericht die Hauptfigur eine Vorladung als Angeklagter der Steuerhinterziehung für den oben genannten Zeitraum.
Die Hauptfigur hatte dem Finanzamt in einer Anhörung der Steuerfahndung mitgeteilt das sie sich nichts vorzuwerfen habe da sie ja schließlich als Buchführungs unfähiger einen Steuerberater hätte der das schließlich zu verantworten habe und das nach dem Wechsel des selbigen die Buchführung fast in Ordnung sei ( Wenn die wollen finden die immer was ) …
Ein Freund fragte mich nun : Warum also noch eine Anklage gegen die Hauptfigur wenn der Steuerberater ( der nicht auffindbar ist sonst wäre er ja vorgeladen ) den Mist gebaut hat … Es wurden auch verschiedene Dinge in den Unterlagen gefunden die von Ersten Steuerberater überhaupt nicht gebucht wurden .
Vorgeladen wurde der neue Steuerberater der alles richtig machte und die Finanzbeamtin die Ihren Job auch nicht 100 % machte da die Hauptfigur selber nach überfliegen der Akten ( Es sind einfach zu viele ) etwas zu seiner Entlastung gefunden habe das sie übersehen hatte.
Die Hauptfigur verdient 850.- Eur Netto und kann sich einen Anwalt nicht leisten, ist das ein Problem wenn die Hauptfigur da ohne hingeht oder soll ich auch gleich mit einbauen das die Hauptfigur ihre Zahnbürste einpackt weil die Hauptfigur sowieso der Dumme ist und in den Knast muss ?
Kann jemand helfen da ich mich nicht so gut in diesen dingen auskenne und der Roman so Realistich wie möglich sein soll da es sich so ja auch im Realen Leben hätte abspielen können ?
( Bitte keine Kommentare über meine Rechtschreibung oder das der Roman so nicht veröffentlicht werden sollte )
Grüsse Intersurf

Servus,

Nachdem der Steuerberater innerhalb der Kanslei wechselte
wurde die Hauptfigur von dem neuen Betater angewiesen eine
Ordentliche Buchführung ab zu geben da er so nicht arbeiten
könne.

Unrealistisch, meine ich:

(1) Die FiBu, die einem StB übergeben wird, wird nicht durch den StB erledigt. Obwohl er als freiberuflich Tätiger seine Kanzlei so organisieren muss, daß er persönlich die Tätigkeit seiner Mitarbeiter inhaltlich, formal und sachlich überblicken, kontrollieren und verantworten kann: Selber buchen tut ein StB nicht, falls es sich nicht um eine Klein-aber-Fein-Bude handelt, oder etwa die FiBu zu einem Nobelbordell bei St. Augustin oder zu einer Hazienda bei Recife oder sonstwas, was eher in Richtung Giftschrank geht.

(2) In einer Kanzlei, die so bedeutend ist, daß dort mehrere StB tätig sind, gibt es auch einige Sachbearbeiter, die aus beliebigen Schuhkarton- und Lidltütensammlungen etwas machen können, was jeder Außenprüfung standhält. Ferner bläst der Wind aus ständiger Rechtsprechung zur Beraterhaftung entgegen landläufiger Ansicht „Der Schwarze Peter landet eh immer beim Mandanten“ so heftig gegen die StB, daß auf der Grundlage einer Lidltütensammlung immer nach der sicheren Seite, d.h. ungefähr so gearbeitet wird, wie bei Außenprüfung im Rahmen einer Vollschätzung. Aus dem Nähkästchen dazu: Die „abstrakteste“ Überschussrechnung, die ich mal gemacht habe, habe ich auf der Grundlage einer nicht sehr vollständigen Sammlung von Einkaufsrechnungen, eines Pachtvertrages und einer Getränkekarte mehr interpoliert als erstellt. Sonst gabs nichts an Belegen. Der Kneipier hat ganz seltsam dreingeschaut, als er das Ergebnis sah - es entsprach ziemlich genau dem, das er tatsächlich erzielte… Und der Mitarbeiter auf dem FA, der den Klumpatsch veranlagen musste, hat sich zwei Jahre später, als wir beide zur Körperschaftsteuer aufgerückt waren, an mich erinnert „Ach, Sie haben doch damals die Kneipe vom Drago Pavelic (Name geändert) zurechtgebogen?“

Dann 2006 eine Buchprüfung durch das Finanzamt für die Jahre
2000-2002.

Die Jahresangaben und der Prüfungszeitraum sind realistisch. Die Prüfung heißt aber Betriebsprüfung.

Es wurden einige Unregelmäßigkeiten festgestellt und man
bezichtigte die Hauptfigur der Hinterziehung von ( Jahr
2000)ca 13000.- Eur und ( 2001 ) ca 4000.- Eur und ca ( 2002)
500.- Eur.

Ziemlich unwahrscheinlich. Wenn ich jetzt mal das Jahr 2000 hernehme: 13.000 € hinterzogene ESt entsprächen bei einem Einzelunternehmen, in dem etwa die Hälfte der Einnahmen schwarz gemacht wird, und dessen Inhaber zu den Knalltüten gehört, die bloß die Einnahmen frisieren, ohne sich dabei auch um die Ausgaben zu kümmern, je nach Branche übern Daumen 100 k€ verschwiegener Einnahmen. Wenn da überhaupt noch Einnahmen in halbwegs plausiblem Umfang erklärt werden - und das ist notwendig, weil eine völlig unsinnige Struktur der Überschussrechnung bereits bei der Veranlagung auffällt - geht es hier um Einnahmen von etwa 300 k€. Die will ich bei einem frischgebacknen Gründer aus den üblichen Lidltütenbranchen Gastwirt, Taxler, Nagelstudio etc. im ersten Jahr erstmal sehen.

Die Hauptfigur musste dann infolge Ende 2006 Insolvenz
anmelden.

Immerhin mit Fragezeichen. Von der Betriebsprüfung wird in der Regel keiner an die Wand gefahren; da wird die klassische Rede von der Kuh, die man noch melken will, beachtet - sogar am FA Ludwigshafen. - Einige Kameraden von der SteuFa, die immer am Freitagabend davon träumen, daß sie im Grund ihres Herzens eigentlich Pullacher Schlapphüte sind, sind da anders druff.

Nun bekam jetzt vom Gericht die Hauptfigur eine Vorladung als
Angeklagter der Steuerhinterziehung für den oben genannten
Zeitraum.

In diesem Zusammenhang bitte den Ablauf des Verfahrens nochmal bissel studieren. Ich habs jetzt auch nicht präzise da, aber dazwischen liegen u.a. die Schritte, daß der Prüfer bei BP mitteilt, daß er Sachverhalt XY der Bußgeld- und Strafsachenstelle mitteilt. Dann der Auftritt der SteuFa (die dabei eher selten im Spiel ist, und eh nicht, wenns offensichtlich um Schlamperei geht). Dann - zumindest bei einem steuerlich beratenen Steuerpflichtigen - allerlei Händel mit den Freunden von der SteuFa, bevor überhaupt die Staatsanwaltschaft und später das Gericht ins Spiel kommen.

Die Hauptfigur hatte dem Finanzamt in einer Anhörung der
Steuerfahndung mitgeteilt das sie sich nichts vorzuwerfen habe
da sie ja schließlich als Buchführungs unfähiger einen
Steuerberater hätte der das schließlich zu verantworten habe

OK, da ist der skizzierte Ablauf aufgegriffen. Aber wo ist der StB jetzt?

und das nach dem Wechsel des selbigen die Buchführung fast in
Ordnung sei ( Wenn die wollen finden die immer was ) …
Ein Freund fragte mich nun : Warum also noch eine Anklage
gegen die Hauptfigur wenn der Steuerberater ( der nicht
auffindbar ist sonst wäre er ja vorgeladen ) den Mist gebaut
hat …

Das ist jetzt allerdings schon realistisch: Anklage wird in Steuerhinterziehungssachen immer gegen den Steuerpflichtige erhoben, wenns überhaupt dazu kommt. (Derzeit siehts bei der Auslastung der Gerichte & Staatsanwälte eher so aus: „Wie, wegen 18 k€? Habt Ihr das nicht anders erledigt gekriegt?“) Gegen den pflichtvergessenen StB kann ggf. wegen Beihilfe ermittelt werden, aber das ist ein anderes Kapitel.

Es wurden auch verschiedene Dinge in den Unterlagen
gefunden die von Ersten Steuerberater überhaupt nicht gebucht
wurden.

Das ist erstmal Sache der BP und wird behandelt, bevor die BuStra überhaupt aktiv wird. Ggf. kann - im Fall von wirklich groben Klopfern - daraus eine Ermittlung wegen Beihilfe werden. Steht aber nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit Ermittlung gegen den StPfl selber wegen Hinterziehung.

Vorgeladen wurde der neue Steuerberater der alles richtig
machte und die Finanzbeamtin die Ihren Job auch nicht 100 %
machte da die Hauptfigur selber nach überfliegen der Akten (
Es sind einfach zu viele ) etwas zu seiner Entlastung gefunden
habe das sie übersehen hatte.

Dieser Punkt ist schon auf der Ebene BP sehr beliebt - § 199 Abs 1 AO gerät bei Prüfern hie und da ein bissel ins Hintertreffen, aber ein StB, der den nicht im Ärmel behält, wenns hart auf hart kommt, müsste schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein.

Die Hauptfigur verdient 850.- Eur Netto und kann sich einen
Anwalt nicht leisten, ist das ein Problem wenn die Hauptfigur
da ohne hingeht oder soll ich auch gleich mit einbauen das die
Hauptfigur ihre Zahnbürste einpackt weil die Hauptfigur
sowieso der Dumme ist und in den Knast muss?

OK, die Hauptfigur wird offenbar zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens nicht mehr steuerlich beraten. Das muss in den Ablauf der Geschichte rein, sonst passts nicht.

Dennoch wird niemand, auch wenn er nicht Graf heißt und mit Amigo Mayer-Vorfelder jeden Mittwoch am Stammtisch sitzt, in so einer Sache vom Gerichtssaal weg eingekastelt.

Wieder einer aus dem Nähkästchen:

Ein Elektromeister hatte außerhalb seiner Bücher, die von seinem Installationsbetrieb handelten, einen schwunghaften Schwarzhandel mit Haushaltsgeräten betrieben und war dappich genug, daß die Einkaufsrechnungen alle im Installationsbetrieb rumhingen. Wegen allerhand Vorstrafen außerhalb des Steuerstrafrechts aus seiner wilden Jugendzeit und wegen des Umfangs der fraglichen Beträge (da gings um deutlich mehr als in der hier diskutierten Story) kam er um eine Haftstrafe nicht herum - selten genug, üblicherweise werden solche Situationen in dieser oder jener Form mit Geld abgehandelt.

Die Haftstrafe funktionierte so, daß er mit Rücksicht auf die Existenz seines Unternehmens und auf die seiner Mitarbeiter immer am Freitagabend einrücken und am Montagfrüh wieder raus durfte, und dieses nach ziemlich geruhsamer Vorbereitung der Chose. Er fuhr erlaubterweise jeweils mit einer großen Tasche mit Papierkrams drin und einigen Leitzordnern ein. Und endlich waren die Unterlagen, die er dem Steuerbüro präsentierte, in mustergültiger Ordnung!

Zusammenfassend:

  • Im Kern Deines Entwurfs treffen drei verschiedene Verfahren gegen drei verschiedene Personen wegen ganz verschiedener Straftatbestände zeitlich und örtlich zusammen. Ich vermute, daß das für die dramatische Konzeption nötig ist. Damit das funktioniert, muss aber zumindest im Fall StB und Finanzbeamtin viel mehr vorliegen als Schlamperei: Zu einer Straftat gehört immer Vorsatz (= „Wissen und Wollen“), und damit es überhaupt zur Eröffnung eines Strafverfahrens kommt, müssen greifbare Anhaltspunkte dafür vorliegen. Zur dramatischen Verquickung der drei Fälle wäre also eine Sachlage zu erfinden, die zumindest für den Staatsanwalt nach Vorsatz aussieht, auch wenn sie vielleicht fern davon ist.

  • Grobfahrlässigkeit ist kein Vorsatz, das ist auch dem beteiligten Staatsanwalt bekannt.

  • Daß sich überhaupt die SteuFa mit dem Ganzen beschäftigt, ist auch erklärungsbedürftig. Die ist nicht automatisch dabei, wenn ein Fall von der BP an die BuStra geht.

  • Es braucht auch gute Gründe (ggf. an allen Beträgen nochmal drei Nullen dran) dafür, daß überhaupt das Risiko einer Haftstrafe besteht.

Soweit meine 2 Cents.

Schöne Grüße

MM

Hallo,
danke für die breite Ausführung, es fehlt allerdings noch ob die Hauptfigur sich einen Anwalt nehmen sollte oder ob das eh egal ist weil er nicht gegen das FA ankommt und wenn ja was für einer wäre da am besten geeignet und wer zahlt den dann da die Hauptfigur nur Netto 850.- Eur. zur verfügung hat ?
Kann man da Prozesskostenbeihilfe mit einbauen oder so ähnlich, sollte natürlich schon in der Realität bleiben !!
Grüsse Intersurf