Abschied von Uni

Hallo,

ich werde im Februar/März 2010 mit meinem Studium an der Uni Erlangen-Nbg. fertig sein. Natürlich ist man stolz, wenn man es endlich geschafft hat. War ja beim Abi auch so. Aber das Abi wurde dann auch zelebriert mit Abschlussfahrt, Abistreich und feierlicher Zeugnisvergabe.
Beim Abschied von der Uni sieht es da leider oft ganz anders aus. An meiner Uni wird, zumindest in meiner Fakultät, überhaupt keine feierliche Verabschiedung oder gar Zeugnisübergabe gemacht. Man geht zur letzten (mündlichen) Prüfung, an deren Ende man dann mitgeteilt bekommt, ob man die Prüfungen geschafft hat. Das wars dann. Die Zeugnisse bekommt man dann entweder zugeschickt oder man muss sie sich im Studentensekretariat abholen.
Wie kommt es, dass an vielen deutschen Hochschulen keine Abschlussfeierlichkeiten mit Zeugnisvergabe stattfinden? Einzelne Unis sind zwar jetzt schon dazu übergegangen solche Feiern nach amerikanischem Vorbild mit Talar und allem drum und dran zu organisieren, oder zumindest einzelne Fakultäten (meist wohl wirtschaftswissenschaftliche und juristische Fachbereiche), aber üblich scheint es nicht zu sein. Ist das den Unis zu viel Aufwand? Oder warum ist eine Abschlussfeier an Unis so unüblich?

Gruß Tanja

Hallo Tanja,

Wie kommt es, dass an vielen deutschen Hochschulen keine
Abschlussfeierlichkeiten mit Zeugnisvergabe stattfinden?

Das liegt an 1968, unmittelbar am Spruch „Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren“ ablesbar. Alles Formale schien damals unnütz, wenn nicht reaktionär: seitdem siezen sich die Studenten nicht mehr, müssen keine Krawatten mehr tragen und, tja, müssen sich nicht an so alten Zöpfen wie Zeugnisausgaben abarbeiten…

Gruß,
Andreas

Behördenverwaltung

Oder warum ist eine Abschlussfeier an Unis so unüblich?

Anders als in den USA haben unsere Hochschulen ihr Budget aus fixen staatlichen Zuwendungen und Drittmitteln aus der Industrie. Spenden in den Umfängen wie „drüben“ üblich sind die absolute Ausnahme (Karl-Völker-Stiftung http://www.fue.hs-mannheim.de/modules.php?name=af_Co…).

Dann werden Hochschulen meist immer noch als Behördeverwaltet, denn als international agierendes Unternehmen mit Marktorientierung und Kundenzentriertheit geführt. Ja, Hochschulen verkaufen ein Produkt. Das ist nur bisher bei wenigen Rektoren angekommen.

Gruß

Stefan

Moin,

könnte es auch daran liegen, dass es in D keine echten Abschluss jahrgänge an den Unis gibt, und daher weniger Gemeinsamkeitsgefühl unter den Examinierten und ihren Profs?

Die schriftlichen Prüfungen machen Studenten aus den verschiedensten Semestern gemeinsam; viele kennen sich untereinander nicht einmal.
Die Termine für die mündlichen Prüfungen waren zu meiner Zeit (Ende der 70er) ziemlich weit gestreut. Es gab also kein gemeinsames Hoffen, Zittern und Freuen.
Das wäre eventuell schon ein Grund dafür, dass niemand Wert auf eine solche Veranstaltung legt.

Wenn ich mich nicht irre, gibt es an der hiesigen Fachhochschule solche Abschlussfeierlichkeiten. Eine Fachhochschule ist halt stärker schulisch in Jahrgängen strukturiert als eine Uni, und dort entwickelt sich daher auch eher eine Art Jahrgangs-Solidarität.

Pit

Hi,

Anders als in den USA haben unsere Hochschulen ihr Budget aus
fixen staatlichen Zuwendungen und Drittmitteln aus der
Industrie. Spenden in den Umfängen wie „drüben“ üblich sind
die absolute Ausnahme (Karl-Völker-Stiftung
http://www.fue.hs-mannheim.de/modules.php?name=af_Co…).

Dann werden Hochschulen meist immer noch als Behördeverwaltet,
denn als international agierendes Unternehmen mit
Marktorientierung und Kundenzentriertheit geführt. Ja,
Hochschulen verkaufen ein Produkt. Das ist nur bisher bei
wenigen Rektoren angekommen.

Das trifft aber auch alles auf die Schulen zu - trotzdem werden die Abschlußzeugnisse auch heute noch im Rahmen einer kleinen Feier überreicht. Man muß nicht Alles mit dem angeblich so trägen Behördendenken erklären wollen…

Gruß Stefan

Hallo,
das ist offensichtlich von Uni zu Uni und von Fachbereich zu Fachbereich verschieden.
Zur Zeit meines Studiums (Examen 1975) war das Procedere genauso wie bei dir: Irgendwann waren die Prüfungen rum, man erhielt einen vorläufigen Bescheid über das Bestehen und später das Zeugnis per Post.
Meine ältere Tochter hat in Passau Jura studiert, da gab es eine sehr schöne Absolventenfeier in der Uni mit Musik, Ansprachen und Zeugnisverleihung.
Meine jüngere Tochter hat Geographie mit Schwerpunkt Fremdenverkehr an der Uni Trier studiert. Da gibt es einmal im Jahr eine Feier für alle Absolventen des Jahrgangs - obwohl die meisten natürlich zu diesem Zeitpunkt ihre Zeugnisse längst haben.
Ich finde es auch schade, dass es offenbar an vielen Unis da keinen festlichen Abschluss gibt, und mir soll sich keiner mit mangelnden Geldmitteln der Unis rausreden, ich bin sicher, man kann auch eine Feier organisieren, die den Fachbereich höchstens mit den Heizkosten fürs Audimax belastet (und wenn das auch noch zu teuer ist machen wir die Feier halt immer im Sommer…)
Gruß Orchidee

Hallo,

ich glaube auch, es liegt an den fehlenden Jahrgängen. An meiner Ex-Uni gibt es allerdings einmal im Jahr so eine Feier für gesammelte Abschlusshaber, die in meinem Fall sieben Monate nach Bestehen der Prüfung stattgefunden hat, weswegen ich längst anderswo war und vermutlich auch sonst nicht hingegangen wäre.

Mal ehrlich, hättest du Lust dazu, in einem überfüllten Hörsaal Stunden darauf zu warten, von einem Unimenschen, den du wahrscheinlich nicht einmal kennst, dein Zeugnis in die Hand gedrückt zu bekommen? Der Reiz an Abi-Feiern liegt doch zum großen Teil darin, dass „man“ als Jahrgang die Schule hinter sich gebracht hat. Man hat viele der Mitabiturienten acht oder neun Jahre lang täglich gesehen, kann launige Reden über Klassenfahrten halten und sich nochmal Sextanerfotos angucken. Dass da das Bedürfnis nach einem Ritual besteht, verstehe ich, und wer bei so einer Veranstaltung eine Rede hält, kennt die Geehrten nahezu alle persönlich, das kann also nett werden.
Aber an der Uni? Nur eine Kommilitonin, mit der ich etwas mehr zu tun hatte, hat ungefähr zeitgleich mit mir den Abschluss gemacht, die anderen haben entweder länger gebraucht, mancher vielleicht auch kürzer, ein paar waren grade im Ausland oder beim Praktikum und so weiter. Das Gefühl, „wir“ als Gruppe müssten uns jetzt feiern, bestand da wirklich nicht, wogegen es bei einer Schuljahrgangsstufe vielleicht vorhanden und berechtigt ist. Obwohl das Bedürfnis nach solcherlei Übergangsritualen mit zunehmendem Alter wohl auch abnimmt.
Ich kenne jedenfalls niemanden, der bei dieser Veranstaltung gewesen ist - vielleicht sind die Unis daher auch etwas zurückhaltender, weil die meisten Studenten es vorziehen, ihr Zeugnis einfach von der Sekretariatstante aus der Schublade gezogen zu bekommen.

Grüße
Sonja

Hi

Naja, es gibt vielleicht keine Jahrgänge, aber soweit ich das beobachtet habe bleiben doch oft Cliquen aus den selben Anfangssemestern kleben „Hey, du hast doch auch SS05 angefangen! …“ und wenn alles geregelt läuft wird man ja auch recht gleichzeitig fertig, selbst wenn nicht, nicht so schlimm, denn zu einem Semester drüber und drunter hat man anders als bei Jahrgängen auch ein recht enges Verhältnis.

Natürlich nicht zu jedem, dafür sind es einfach zu viele.

lg
Kate