Hallo Detlef,
nun ja, da ich selber eine geschrieben habe und mittlerweile regelmäßig welche als Betreuer begleite:
a) Eine Diplomarbeit ist eine selbständig eigenständige wissenschaftliche Arbeit. Das sollte man im Hinterkopf behalten. Du bist schließlich am Ende Deines Studiums, solltest bereits Semesterarbeiten erstellt haben …
b1) Der Industriebetreuer ist im Grunde nur fachlicher Berater und gibt das Thema grob vor (v.a. bei TU, bei FH mag es ein bisschen anders sein). Wichtig ist, mit dem benotenden Betreuer der Hochschule Kontakt zu halten. Mir persönlich ist es rel. egal, was in der Diplomarbeit in Papierform steht, ich will das von mir vergebene Thema fachlich bearbeitet wissen. Dass ich die Diplomarbeit durchlesen und korrigieren „darf“, ist der Nachteil der Geschichte für mich (Aufwand, so spannend sind ~100 Seiten studentische Ergüsse nicht), dafür erwarte ich eben das von mir erhoffte fachliche Ergebnis. Beides muss allerdings nicht allzuviel miteinander zu tun haben. Hochschullehrer haben häufig theoretische Ansprüche, die mir nichts nützen, zu denen ich nichts beitragen kann und wo ich der falsche Ansprechpartner bin.
b2) Es macht deswegen Sinn, den Industriebetreuer frühzeitig mit dem Hochschulbetreuer zusammenzubringen, damit ein gemeinsames Verständnis des Inhalts, des Unternehmens, der Abteilungsziele etc. da ist und Betreuungsregeln abgesprochen sind. Erspart spätere organisatorische und thematische Reibereien.
c) In der Regel verlange ich von meinen Diplomanden zu Beginn einen groben Terminplan mit selbstgesetzten Meilensteinen. Die Arbeitsergebnisse zu diesen Meilensteinen sollten soweit beschrieben sein, dass sie in einer Meilenstein-Durchsprache kontrollierbar sind. Mit dieser Vorarbeit biete ich meinen Studenten an, gemeinsame Reviews zu halten, um ggf. rechtzeitig eingreifen zu können, wenn etwas klemmt.
Ich gebe allerdings zu, dass fast alle meine Studenten bisher mit der Erstellung dieses Plans Probleme hatten. Keine Ahnung warum, vor allem, wenn ich mir vorstelle, dass nicht wenige vermutlich später Projekte bearbeiten werden … Macht aber natürlich das Kontrollieren der Arbeitsfortschritte nicht einfacher.
d) Häufig vergebe ich rel. allgemine Themen mit wissenschaftlichem Anspruch, die keinen festgesetzten Endtermin haben. Da mein Unternehmen Diplomarbeiten nur pauschal vergütet, obliegt die zeitliche Planung letztendlich dem Studenten. Ich bin immer ansprechbar bei Problemen, erwarte aber, dass man auf mich zu kommt. Wenn ein Student meint, nicht mit mir reden zu müssen, dann 2 Monate länger braucht, weil er ein paar unnötige Schlenkerer gemacht hat, dann ist das sein „Problem“. (Meine Studenten müssen auch nicht im Büro sein, da sie keine Arbeitszeiten haben.)
e) Da ich es auf das fachliche Ergebnis abgesehen habe, kann der Hochschulbetreuer eine „parallele“ Reviewstruktur aufbauen. Gerne werden hier Termine für die Abgabe der Gliederung der Arbeit etc. gesetzt. Beides muss der Student selbstständig im Griff haben. Wie gesagt, beim Inhalt und der Struktur der endgültigen Arbeit rede ich dem Hochschullehrer nicht rein, es sei denn, die Arbeit driftet fachlich zu sehr ab. War aber bisher nie so.
f) Zur Aussage, dass Betreuer keine Zeit haben: Betreuer wollen ein Ergebnis haben. Aus diesem Grund werden sie sich in der Regel Zeit nehmen. Nur werden sie sicher nicht die Zeit haben, hinter dem Studenten her zu laufen und ihm Händchen zu halten, vor allem, wenn sie noch andere Mitarbeiter als Führungskraft betreuen.
Selbstorganisation und -verantwortung ist gefragt und das Selbstbewusstsein, Betreuungszeit aktiv einzufordern.
Zwei Tipps hierzu: Wöchentliche Regeldurchsprache einrichten, dann hast Du schon mal ~1h sicher „reserviert“. Zwischendurch Fragen sammeln, in eine Struktur bringen und dann in einem Aufwasch durchsprechen. Nichts nervt:wink: mehr, als ein Student, der alle 5 Minuten mit einer trivialen Kleckerfrage kommt. Lieber dann am Anfang täglich 20 Min. gut vorbereitet und effektiv …
Grüße
Jürgen