Hallo
Klar ist Ermessungssache, was anderes wenn z.B. dein Kind bei
spielen mit „Spielzeugauto“ sich am Kopf einen ratscher
zuzieht, der Blutet, solange dein Kind kein Bluter ist, kann
man das so regeln, aber anders sieht es aus, dein Kind tobt im
Hochbett, fällt dabei, Bluterguss oder Riss an der Stirn, es
Blutet, sonst gehts im erstmal gut, da geht Sicherheit vor,
auch wenn es „nur“ eine Wunde ist die man so machen kann,
lieber RTW und wenn nötig Notarzt weil es es im Kopf Blutungen
gibt die nur durch Röntgen etc. festgestellt werden können,
dann gibt sich nicht nur der RTW/Notarzt der es nicht für
nötig hielt die Schuld, sondern auch du, weil nach einer Zeit
wenn es dann auffällt ist es meist zu spät!
Dann dürfte niemand mehr im eigenen Auto oder Taxi in ein Krankenhaus fahren. Dann müsste jedes Kind, was gestürzt ist, ein CT bekommen, klinisch für 72 Stunden überwacht und dann noch mal mit einem CT belastet werden.
Es ist unnötige Panikmache bei einem Sturz mit Kopfanprall mit / ohne Wunde auf eine Hirnblutung zu verweisen, wenn es dem Kind gut geht und keine Risikofaktoren (z.B. Gerinnungsstörung) vorliegen. Klar gibt es den Wolf im Schafspelz, aber was wie ein Hund bellt, ist selten eine Katze. Sicher ist es eine Ausnahmesituation für die Eltern, wenn ihr Kind aus dem Hochbett gestürzt ist, aber es ist nicht per se ein Grund den Rettungsdienst zu alarmieren, wenn das Kind sich unauffällig verhält und nur lokalisierte Schmerzen an der Beule am Kopf beklagt. Das gehört auf Grund der Fallhöhe sicher ärztlich evaluiert, aber es kann genauso gut in einem Taxi transportiert werden.
Klar, wird der Rettungsdienst sich nicht weigern so ein Kind mitzunehmen, wenn er mal vor Ort ist, aber der Grund hierfür ist auch zum Grossteil ein gewisses eigenes Absichern in dieser Gesellschaft, in der wegen allem mit einem Rechtsanwalt gedroht wird.
Von mir als Aerztin in der Klinik wird dann auch verlangt, dass ich Entscheidungen treffe, die zwischen Rechtsanwalt und Oekonomie und vor allem der Gesundheit des Patienten standhalten können.
Und auch hier muss man den Eltern auch eine gewisse Grundverantwortung zurückgeben. Wenn ich ein Kind nach einem Bagatelltrauma mit Kopfanprall auf dem Notfall klinisch als unauffällig befunden habe, werde ich das Kind nicht mit einem CT belasten, aber die Eltern anhalten, sich jederzeit wieder vorzustellen, wenn das Kind Zeichen einer Gehirnerschütterung zeigt oder sich für sie auffällig präsentiert. Und auch bei einer Gehirnerschütterung ohne Blutungsneigung wird nicht sofort mit dem CT geschossen, sondern das Kind zunächst klinisch überwacht.
Es gibt in der Medizin keine 100%, die sich jeder von uns Wünschen würde. Es wird immer eine Art Restrisiko bleiben. Aber das muss die Gesellschaft auch bereit sein zu tragen und ggfs. bei Aenderung des klinischen Verlaufs bereit sein, sich wiedervorzustellen.
Und zum Thema Rettungsdienst nicht als günstiges Taxi
Missbrauchen, machen doch die gut betuchten Privatpatienten
sowieso, ergo warum dann die plötzliche einschränkung bei
normalen Gesetzlichen?
Und weil einer eine Bank überfällt, ist es plötzlich auch in Ordnung, dass wir alle eine Bank überfallen? Sowohl für die betuchten Privatpatienten wie auch für den Allgemeinversichterten ist der Missbrauch des Rettungsdienstes nicht in Ordnung.
Und mal kurz Krankenhaus anrufen, gute
Idee, die haben ja nix anderes zutun und werden Hocherfreut
ein ans Telefon zu gehen um zu quatschen, der nur die
Ambulanz könnte das beantworten und selbst die werden sich
hüten zu sagen „nee geht auch ohne, wenn die nicht wissen was
sache ist, kenne auch keinen Arzt der Telefonische Diagnosen
stellt“.
Du führst diese Diskussion sehr polemisierend. Sehr schade, wie ich finde.
Ich arbeite in einem Krankenhaus und kann mir diesen Blickwinkel - so glaube ich - erlauben. Wir haben ein extra Beratungstelefon für genau diese Situationen.
Zum Beispiel in der Schweiz sind Beratungstelefone eine Institution für sich, die z.T. sogar von den Krankenkassen angeboten werden, um unnötige Arztkonsultationen bzw. Rettungsdiensteinsätze zu mindern.
Und es geht hier nicht, um die telefonische Diagnosestellung, sondern um die Unterstützung der Kindseltern eine Situation zunächst mal einzuschätzen. Und man kann sehr gut Warnzeichen, die einen Rettungsdiensteinsatz fordern, am Telefon erfragen und den Kindseltern eine Empfehlung aussprechen.
Und ich kann dir berichten, dass ich nur in den aller seltensten Fällen Eltern empfehlen muss einen Rettungsdienst zu alarmieren, obwohl unser Einzugsgebiet sehr gross und die Anfahrtszeit auch mal eine Stunde dauern kann.
Wenn man den Eltern eines Kindes mit Ohrenschmerzen oder einem Magen-Darm-Infekt bereits am Telefon hilfreiche Tipps geben kann, dann spar ich mir in 3-Minuten-Telefonat eine 20-Minuten-Konsultation auf dem Notfall, das Kind muss nicht um 3 Uhr in der Nacht ins Krankenhaus geschleppt werden und mit einem wildfremden Arzt konsultiert werden und die Kindseltern haben vielleicht ein paar Stunden Schlaf hinzugewonnen und können sich am Folgetag an ihren vertrauten Kinderarzt wenden. Und die Eltern haben jederzeit die Möglichkeit sich nochmals zu melden oder doch ihr Kind vorzustellen, wenn sie möchten, dass ein Arzt ihr Kind beurteilt.
Wenn man in der Medizin eine 100-Prozent-Absicherung erwartet, dann ist man in diesem Job leider falsch. Man muss auch bereits sein, eine Verantwortung für seine Entscheidungen zu übernehmen… das gilt für Eltern wie für das medizinische Personal.
Viele Grüsse,
(B)Engel