Arbeitsverweigerer in der DDR

Guten Tag,

meine Mutter ist der Meinung, wenn jemand in DDR keine Lust aufs Arbeiten hatte, dann wurde diese Menschen ins Gefängnis gesperrt.

Ich habe gehört, sie wurden eher mitgeschleift, weil es ja offiziell keine Arbeitslosen gab. Sie bekamen also ihr Gehalt und blieben ggf. zu Hause.

Welche Version stimmt?

Hallo Julia
Beide Varianten sind richtig.
Bei der ersten wurden die Leute unter einem anderen Vorwand eingebuchtet, das beobachtete Pinkeln in Richtung Fahne soll schon gereicht haben.
Bei der zweiten, häufigeren Variante wurden sie „verdeckt“ beschäftigt, da sie selten zu etwas zu gebrauchen waren, wurden sie nur „mitgeschleift“ sonst kümmerte sich keiner drum.
Ein Arbeitsamt in dem Sinne gab es nicht, das Ganze wurde über BGL, FDGB, oder örtliche Verwaltungen abgewickelt.
Gruß
Rochus

Moin,

Welche Version stimmt?

beide, zumindestens etwas.

Offiziell gab es keine Arbeitslose und Assoziale waren ideologisch auch ein Problem.

Ein Freund meines Vaters erzählte gerne die Geschichte von einem Werkmeister, der mit einem Kollegen wettete, daß er eine Woche keinerlei sinnvolle Arbeit tun würde, ohne daß es auffiehle oder Sanktionen nach sich zöge.
Er kam Montags ins Werk, zog sich den Blaumann an, packte die Werkeugkiste und bummelte im Werk von einem zum anderen quatschte dort ein paar Minuten, trank hier einen Kaffee (oder was auch immer) und kriegte die Woche so ohne weiteres rum.

Ob es so was häufiger gab, wer weiß?!

Gandalf

Hallo

Ein Freund meines Vaters erzählte gerne die Geschichte von
einem Werkmeister, der mit einem Kollegen wettete, daß er eine
Woche keinerlei sinnvolle Arbeit tun würde, ohne daß es
auffiehle oder Sanktionen nach sich zöge
.
Er kam Montags ins Werk, zog sich den Blaumann an, packte die
Werkeugkiste und bummelte im Werk von einem zum anderen
quatschte dort ein paar Minuten, trank hier einen Kaffee (oder
was auch immer) und kriegte die Woche so ohne weiteres rum.

Das klingt nicht sehr wahrscheinlich.

Wenn er ein Werkmeister war dann hatte er die ganze Woche auch Berichte abzugeben oder Termine.
Denn auch in der DDR war die Bürokratie enorm. Dazu kamen die Eingriffe von parteilichen Organen.
Es gab Termine mit der BGL, der Wettbewerbskommission bzw. Planungskommission, Neurerkommission,
den Parteifunktionären und FDJ-Funktionären, sowie anderen Abteilungen (je nach der Werksstruktur).

Für einen Meister wäre es in einem VEB zu 99% unmöglich eine solche Wette zu gewinnen.
Zumindest nicht, ohne das es jemandem aufgefallen wäre oder es eben doch Sanktionen gab.

Ein normaler Produktionsarbeiter, oder ein Montageteam im Außendienst o.ä hätten da mehr Chancen gehabt.
Aber Arbeit wurde in der Regel kontrolliert und daher war es ohne zu tricksen nahezu unmöglich.

Fakt ist jedoch, das es einige Arbeitsplätze gab, die wirklich nur geschaffen wurden um bestimmte Leute nicht entlassen zu müssen. Ich habe in den Ferien einmal in einem Werk gearbeitet, das eine „Abteilung für fehlerfreies Arbeiten“ hatte.
Dort waren 5 Mann beschäftigt, die tatsächlich nur durch das Werk liefen um zu schauen, das die Leute ihrer Arbeitsaufgabe gemäß ihrer Arbeitsplatzbeschreibung nachgingen, um darüber dann Protokolle zu verfassen.

Gruß Parzival

2 Like

Hallo Julia,
es gab in der DDR den Straftatbestand des „Asozialen Verhaltens“.
Auszug StGB-DDR
§ 249. Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten. (1) Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung dadurch gefährdet, daß er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit hartnäckig entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist, oder wer der Prostitution nachgeht oder wer sich auf ändere unlautere Weise Mittel zum Unterhalt verschafft, wird mit Verurteilung auf Bewährung oder mit Haftstrafe, Arbeitserziehung oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft. Zusätzlich kann auf Aufenthaltsbeschränkung und auf staatliche Kontroll- und Erziehungsaufsicht erkannt werden.

(2) In leichten Fällen kann von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen und auf staatliche Kontroll- und Erziehungsaufsicht erkannt werden.

(3) Ist der Täter nach Absatz 1 oder wegen eines Verbrechens gegen die Persönlichkeit, Jugend und Familie, das sozialistische, persönliche, oder private Eigentum, die allgemeine Sicherheit oder die staatliche Ordnung bereits bestraft, kann auf Arbeitserziehung oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren erkannt werden.

Durch Gesetz vom 7. April 1977 wurden im § 249 Abs. 1 das Wort „Arbeitserziehung“ gestrichen und im Abs. 3 wurden die Worte „Arbeitserziehung oder“ gestrichen.

Durch Gesetz vom 28. Juni 1979 erhielt der § 249 folgende Fassung:
„§ 249. Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch asoziales Verhalten. (1) Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer der Prostitution nachgeht oder in sonstiger Weise die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch eine asoziale Lebensweise beeinträchtigt.
(3) In leichten Fällen kann von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen und auf staatliche Kontroll- und Erziehungsaufsicht erkannt werden.
(4) Ist der Täter nach Absatz 1 oder 2 oder wegen eines Verbrechens bereits bestraft, kann auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren erkannt werden.
(5) Zusätzlich kann auf Aufenthaltsbeschränkung und auf staatliche Kontroll- und Erziehungsaufsicht erkannt werden.“

Durch Gesetz vom 14. Dezember 1988 wurde der § 249 Abs. 4 aufgehoben.

GRüße
Almut

Hallo Rochus,
in der DDR gab es schon die Ämter für Arbeit. Näheres dazu findest Du bei google mit dem Suchstring „Amt für Arbeit DDR“.

Dachsgruß

Hallo Almut,
dazu noch eine Anmerkung:

Durch Gesetz vom 28. Juni 1979 erhielt der § 249 folgende
Fassung:
„§ 249. Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und
Sicherheit durch asoziales Verhalten. (1) Wer das
gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die
öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er
sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl
er arbeitsfähig ist, wird mit Verurteilung auf Bewährung,
Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
bestraft.“

Der Straftatbestand war nur erfüllt, wenn der arbeitsfähige Täter sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzog u n d dadurch das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt wurden. Dies galt also nicht für Hausfrauen, Rentner oder Personen, die wegen unzureichender Ausbildung, wegen ihres Gesundheitszustandes o.a. Gründen eine ihnen angebotene Arbeit nicht aufnahmen.
Beeinträchtigungen konnten z.B. sein:
-Verleitung anderer Personen zu Arbeitsbummelei oder Prostitution,
-Bestreiten des lebensunterhaltes durch Straftaten,
-Herumvagabundieren, Übernachten in Parks oder Bahnhöfen,
-Nichterfüllen finanzieller Pflichten (Miete, Unterhalt, Energiekosten…),
-erhebliche Vernachlässigung von Erziehungspflichten

etc.

Dachsgruß

Hallo,

na dann hätte Honecker sich ja selber verhaften müssen…*grinz*…

1 Like

Hallo,

im Kommunismus war die Arbeitsorganisation ohnehin „aufgebläht“…

Die ZENTRALE Lenkung aus Moskau schaffte doch mehr Quaos als Produktivität…

In fast jedem größeren Betrieb waren doch etliche Leute auf der Planstelle KURIER beschäftigt…

Schließlich mussten viele dringends notwendige Materialen auf dem kleinen Dienstweg beschaft werden,um zum B. überhaupt die Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen…persönliche Kontakte waren das A und O in der DDR…ansosnten wäre das ganze System schon in den 1950er-Jahren zusammengebrochen…

Hallo,

Es gab Termine mit der BGL, der Wettbewerbskommission bzw.
Planungskommission, Neurerkommission,
den Parteifunktionären und FDJ-Funktionären, sowie anderen
Abteilungen (je nach der Werksstruktur).

es ging ja um sinnvolle Tätigkeit.

(So gesehen haben wir aber heutzutage auch genug Leute, die nur auf Besprchungen sind, ohne etwas zu tun)

Gruß
T.