Hallo,
meine persönliche Ansicht ist, dass der 1.Wk durchaus ein „totaler“ Krieg war, allerdings nicht von Anfang an.
Das „totale“ am „totalen Krieg“ ist meiner Ansicht nach das Allumfassende Wesen des Krieges. Damit meine ich, dass der Krieg und alle damit verbundenen Aufwände alles andere im Leben des Volkes überlagern.
Gründe, die dafür sprechen:
-Mobilisierung immer größerer Teile der Bevölkerung (insbesondere ab 1917!)
-Konzentration der wirtschaftlichen Kräfte auf den Krieg (in D. etwa ab 1916 feststellbar)
-Zentrale Koordinierung der wirtschaftlicehn Kriegsanstrengungen (n D. auch etwa ab 16/17, durch das Kriegswirtschaftsamt der OHL, die seitdem faktisch auch die Regierungsgewalt im DR. innehatte)
Damit verbunden die vollkommene Unterordnung des öffentlichen Lebens unter die Kriegsanstrengungen. Im D.R. wurden in Belgien und Nordfrankreich „rekrutierte“ Zivilisten zur Zwangsarbeit in der deutschen Wirtschaft eingesetzt, um Soldaten für die Front frei zu machen.
Weiterhin:
- Einsatz von Völkerrechtlich nicht zulässigen oder zumindest fragwürdigen Mitteln (Giftgas, U-Bootkrieg, Bombardierung ziviler Städte, Hungerblockaden)
Gerade die Britische Seeblockade ist für mich ein Moment, das den 1.Wk schon recht „total“ macht, da dadurch eben nicht nur die an der Front fechtenden Truppen sondern mehr noch die Heimat getroffen wurde. Besonders dramatisch wurden die Auswirkungen der Seeblockade ab 1916.
Weiterhin finden wir auch eine Rücksichtslose Ausbeutung der besetzten Gebiete. In den besetzten Gebieten war es durchaus nicht selten, dass alles Metall, das irgendwie Kriegswichtig aussah, zur Verarbeitung nach Deutschland verbracht wurde.
Für die totalisierung des Krieges spricht auch die vollständige Erfassung des kulturellen Lebens in der Heimat. Kein Lichtspielhaus, kein Theater das nicht Durchhaltefilme oder Kriegstheaterstücke aufgeführt hätte, kein öffentlicher Platz an dem nicht Plakate für die Zeichnung von Kriegsanleihen geworben hätten oder dafür, Gold, Messing und Kupfer für die Kriegsindustrie bereitzustellen.
Keine Zeitung, in der nicht täglich zig Todesanzeigen von gefallenen Soldaten zu lesen gewesen wären.
Diese genannten Punkte treffen in besonderem Maße auf Deutschland zu, zum Teil auf Österreich-Ungarn und in vielen Aspekten auch auf Frankreich und England.
Die Frage ob der Krieg nun total war, muss meiner Ansicht nach zeitlich und räumlich differenziert werden. Für die USA war er es eher nicht, ebenso wenig wie für Australien oder Indien. Für die Mittelmächte, und insbesondere Deutschland war der Krieg aber durchaus ab etwa dem Herbst 1916 ein „totaler Krieg“ und ich denke, man kann auch sagen, dass für Frankreich und England der Krieg spätestens ab 1917 zum totalen Krieg wurde.