Der erste Weltkrieg ein totaler Krieg?

Hallo!
Ich würde gerne wissen ob der 1. WK als totaler Krieg bezeichnet werden kann? Was spricht dafür, was dagegen? Als Definition des totalen Krieges habe ich hier:
Totale Mobilisierung
Totale Kontrolle
Totale, rücksichtslose Methoden
Totale, radikale Kriegsziele
Strenge innerstaatliche Führung

Es wäre super wenn ihr zu den einzelnen Punkte Pro und Contra Punkte für mich hättet. Ich hab schon ein bisschen gegoogelt, konnte aber nichts finden :frowning:

Danke euch schonmal!!!

Was meinst DU denn?
Hallo
Wenn Du eventuell mal deine eigenen Gedanken zum Thema präsentieren würdest, dann wäre es für uns alle viel einfach, insbesondere da wir dann deinen Wissensstand einschätzen können.

LG
Mike

Hallo

Also meiner Meinung nach ein eher Nein.

Der Erste Weltkrieg war schlimm genug, keine Frage, aber er hat in Dingen wie Schrecken, Kriegsverbrechen und Opferzahlen (auch Dauer) nicht die Ausmaße des Zweiten erreicht.

Denk doch mal an die vielen Kindersoldaten. Der Erste WK hat war auch hauptsächlich ein Stellungskrieg mit wechselseitigen nutzlosen Offensiven.
Trotzdem ging er nicht bis zum Äußersten und die Kapitulation wurde vor dem Einmarsch in Deutschland beschlossen. Es hatte viel mehr sinnlose Tote geben können.

Ach ja, das mit der autoritären Saatsmacht hinkt auch ein bisschen (vergleichsweise).

Du hast natürlich Recht, dass Ludendorff den „totalen Krieg“ wollte, aber dafür war Deutschland glücklicherweise nicht bereit.

Sorry, dass ich nicht noch mehr schreiben kann/will (diese Ausführungen genügen noch nicht).

Definition des totalen Krieges habe ich hier:
Totale Mobilisierung
Totale Kontrolle
Totale, rücksichtslose Methoden
Totale, radikale Kriegsziele
Strenge innerstaatliche Führung

Hallo Petra,

Ich denke, dass solche Klassifizierungen wie „total“ oder „gerecht“ eher in der Kategorie „Propaganda“ gehören und wenig darüber aussagen, wer den Krieg wie „gut“ oder „schlecht“ gefunden hat.

Auch wenn diese Definition aus Wikipedia stammt, hat sie keinen Aussagewert: Wirklich anfangen kann man damit nichts, wenn „total“ wiederum mit „total“ erklärt wird.

Ist die Mobilisierung nicht „total“, dann kann der Krieg nicht „total“ gewesen sein?
Aber was ist eine „totale“ Mobilisierung? Wenn alle Bürger von 16 bis 65 Jahren eingezogen werden? Oder nur die wehrfähige, männliche Bevölkerung? Und welcher Anteil darf dann in der Heimat die Wirtschaft und Kriegsfähigkeit aufrecht erhalten?

Nach einer solchen Definition wäre der Dreißigjährige Krieg kein totaler Krieg gewesen, weil dieser Krieg auf Basis von geworbenen Landsknechten betrieben wurde.
Oder der Völkermord von Ruanda, der im wesentlichen nicht durch reguläre (=mobilisierbare) Truppen betrieben wurde, in seiner Grausamkeit sicher Spitzenpositionen einnahm.

Ähnlich verhält es sich bei den anderen Komponenten dieser Definition:
Wo ist ein Krieg nicht mit Manipulation des „Volkswillens“ verbunden? War dann der Erste Weltkrieg nicht total, weil der Volkswillen schon gleich zu Anfang von extremer Kriegsbegeisterung stand? Beim Zweiten Weltkrieg war dagegen von einer Kriegsbegeisterung wenig zu spüren. War da das Volk manipuliert?
Ähnliches gilt für die Methoden: Ist es rücksichtslos, den Gegner mit dem Flammenwerfer zu beschießen oder sollte man die Schützengräben lieber mit Giftgas fluten?
Ist es ein totales Kriegsziel, wenn man nicht nur die Regierung ersetzen sondern auch noch terretoriale Ansprüche durchsetzen will?

Zumindest als geschichtliche Kategorie taugt das Etikett „total“ nicht, sondern sagt mehr über den Geist der Zeit der Geschichtsschreibung als über das bewertete Ereignis aus.

Ciao, Allesquatsch

Der Erste Weltkrieg war schlimm genug, keine Frage, aber er
hat in Dingen wie Schrecken, Kriegsverbrechen und Opferzahlen
(auch Dauer) nicht die Ausmaße des Zweiten erreicht.

Zumindest gemessen an der beteiligten Bevölkerung und der Größe der
beteiligten Streitkräfte stimmt diese Aussage definitiv nicht.
Der Stellungskrieg im Westen wurde bewusst als „Blutpumpe“ betrieben und hat Verlustzahlen erreicht, an die keine der Schlachten des Zweiten Weltkriegs heranreichte. Der Kriegsverlauf im Osten und im Nahen Osten hatte ganz andere Formen, wenn man Gallipoli mal ausnimmt.

Trotzdem ging er nicht bis zum Äußersten und die Kapitulation
wurde vor dem Einmarsch in Deutschland beschlossen.

Von „Beschluss“ kann hier wirklich nicht die Rede sein - im Gegenteil wurde der Krieg so lange vorgesetzt, bis die Mittelmächte implodierten: In Russland, Türkei, Österreich und Deutschland war der Zusammenbruch staatlicher Ordnung wesentlicher Treiber für das Ende.

Ciao, Allesquatsch

Mein Wissenstand ist nicht sonderlich groß :wink:…Also was mir bisher so eingefallen ist, dass ca. 13 Mio Männer in Deutschland während des 1. WK in der Armee tätig waren, was (nach meiner Recherche) etwa der Hälfte aller Männer zwischen 20 und 65 Jahren entspricht. Nach diesem Punkt könnte man schon von einer totalen Mobilisierung sprechen.
Auch wurden rücksichtslose Methoden, wie etwa der Chlorgas-Angriff der Deutschen an der Westfront, eingesetz als man merkte dass der Krieg nicht voran geht.
Aber zu den anderen Punkten konnte ich noch nicht wirklich was finden bzw mir erschließen.
Ich wäre euch so dankbar, wenn ihr mir noch ein paar Anstöße (gerne auch Internetseiten) geben könntet, da ich die Infos für eine Klausur brauche.

Danke!!!

Hi!

Auch wenn diese Definition aus Wikipedia stammt, hat sie
keinen Aussagewert: Wirklich anfangen kann man damit nichts,

Na, frag mal einen Historiker dazu, ob man etwas damit anfangen kann…

Zumindest als geschichtliche Kategorie taugt das Etikett
„total“ nicht, sondern sagt mehr über den Geist der Zeit der
Geschichtsschreibung als über das bewertete Ereignis aus.

Nun, das magst du vielleicht glauben, es aber ist eine in der Geschichtswissenschaft auch heute durchaus übliche Kategorie, nur deshalb wird sie auch bei Wikipedia verwendet. Ein sehr prägnantes Beispiel von hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2005-3-078: „…benutzt Müller d as mittlerweile als wissenschaftliche Erkenntniskategorie fruchtbar verwendete Konzept des „totalen Krieges“, das die Totalisierung der Kriegsanstrengungen und die Mobilisierung der ganzen Gesellschaft in den Kriegen des 20. Jahrhundert untersucht“
Grüße
mitzihsc

Hallo

Der Erste Weltkrieg war schlimm genug, keine Frage, aber er
hat in Dingen wie Schrecken, Kriegsverbrechen und Opferzahlen
(auch Dauer) nicht die Ausmaße des Zweiten erreicht.

Zumindest gemessen an der beteiligten Bevölkerung und der
Größe der
beteiligten Streitkräfte stimmt diese Aussage definitiv nicht.
Der Stellungskrieg im Westen wurde bewusst als „Blutpumpe“
betrieben und hat Verlustzahlen erreicht, an die keine der
Schlachten des Zweiten Weltkriegs heranreichte. Der
Kriegsverlauf im Osten und im Nahen Osten hatte ganz andere
Formen, wenn man Gallipoli mal ausnimmt.

Da muss ich dir Recht geben, aber das habe ich auch nicht gemeint. Über die Mobilisierung habe ich abgesehen von den Kindersoldaten nichts gesagt. Ich meinte die absoluten Opferzahlen; natürlich hat der 2. Wk länger gedauert.
Aber die Vorgehensweise gegen den Gegner und allem voran gegen dessen Zivilbevöllkerung waren im Zweiten weitaus „totaler“. Leute in besetzten Landstrichen werden massakriert, währen sich durch mit Partisanen und werden noch schlimmer massakriert und weiter… auch etwas „total“.

Zum Punkt Mobilisierung: Wenn der Stadtstaat Athen (Antike) seine gesamten Streitkräfte zur Verteidigung gegen Sparta aufbringt, so ist dies nichts ungewöhnliches, insbesondere geschichtlich gesehen (zugegeben, der Vergleich hinkt).

Trotzdem ging er nicht bis zum Äußersten und die Kapitulation
wurde vor dem Einmarsch in Deutschland beschlossen.

Von „Beschluss“ kann hier wirklich nicht die Rede sein - im
Gegenteil wurde der Krieg so lange vorgesetzt, bis die
Mittelmächte implodierten: In Russland, Türkei, Österreich und
Deutschland war der Zusammenbruch staatlicher Ordnung
wesentlicher Treiber für das Ende.

Zugegenben, Beschluss ist das falsche Wort, eigentlich wollte ich unterzeichnet schreiben, aber den Fehler darfst du mir gerne vorhalten.
Trotz allem war noch etwas Politik im Spiel und der Krieg wurde nicht fast (

Deine Kritik war schon berechtigt, aber ich will ja auch nicht
wie der unwissende Vollidiot dastehen, der nur Quatsch
ablässt.

Sorry, wenn das bei Dir so ankam. Ich wollte nur die Aussagen korrigieren, wo ich eine andere Meinung vertrete. Die erhebt nicht den Anspruch auf absolute Wahrheit.

Aber die Vorgehensweise gegen den Gegner und allem voran gegen
dessen Zivilbevöllkerung waren im Zweiten weitaus „totaler“.
Leute in besetzten Landstrichen werden massakriert, währen
sich durch mit Partisanen und werden noch schlimmer
massakriert und weiter… auch etwas „total“.

Wobei man hier aber differenzieren sollte. Durch den Stellungskrieg im Westen war nur ein Bruchteil der Fläche und Bevölkerung betroffen und das Massensterben bereits dadurch auf die Soldaten konzentriert. Schaust Du Dir aber die betroffenen Gebiete zwischen Ärmelkanal und Verdun an, erwischte es die dortige Bevölkerung kaum besser.
Für die bewusste Zerstörung und Terrorisierung von zivilen Zielen gab es im ersten Weltkrieg aber auch einfach weniger technische Möglichkeiten. Die vorhandenen wurden aber auch eingesetzt (Dicke Berta, Bombardierung von London mit Zeppelinen, Zerstörung der Kathedrale von Reims)

Bewusster Angriff gegen die Zivilbevölkerung war im Zweiten Weltkrieg allerdings sehr punktuell: Ostfeldzug, China, Korea, Phillipinen, Bombardierung von Großstädten.

Ciao, Allesquatsch

Das kann man so stehen lassen.

Gruß
Florian

Dsnke für die Info.

Allerdings frage ich mich, wo diese Kategorisierung überhaupt greifen kann. Die Möglichkeit und Notwendigkeit die komplette Gesellschaft auf Kriegführung umzustellen, setzt natürlich gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen und Techniken voraus, die von Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts gegeben waren.

Ciao, Allesquatsch

Aber die Vorgehensweise gegen den Gegner und allem voran gegen
dessen Zivilbevöllkerung waren im Zweiten weitaus „totaler“.
Leute in besetzten Landstrichen werden massakriert, währen
sich durch mit Partisanen und werden noch schlimmer
massakriert und weiter… auch etwas „total“.

Im ersten Weltkrieg fing das deutsche Militär im Westen am ersten Tag mit der Massenerschießung belgischer Zivilisten und der Brandschatzung belgischer Ortschaften an (Franctireurpsychose). Umgekehrt wurden ab dem ersten Tag tausende ostpreußische Zivilisten von den einrückenden Russen nach Sibirien verschleppt.

Wobei man hier aber differenzieren sollte. Durch den
Stellungskrieg im Westen war nur ein Bruchteil der Fläche und
Bevölkerung betroffen und das Massensterben bereits dadurch
auf die Soldaten konzentriert. Schaust Du Dir aber die
betroffenen Gebiete zwischen Ärmelkanal und Verdun an,
erwischte es die dortige Bevölkerung kaum besser.
Für die bewusste Zerstörung und Terrorisierung von zivilen
Zielen gab es im ersten Weltkrieg aber auch einfach weniger
technische Möglichkeiten. Die vorhandenen wurden aber auch
eingesetzt (Dicke Berta, Bombardierung von London mit
Zeppelinen, Zerstörung der Kathedrale von Reims)

Immerhin starben im ersten Weltkrieg durch die britische Hungerblockade Deutschlands etwa genausoviel Frauen und Kinder wie im zweiten durch die Flächenbombardements der Städte.

Bewusster Angriff gegen die Zivilbevölkerung war im Zweiten
Weltkrieg allerdings sehr punktuell: Ostfeldzug, China, Korea,
Phillipinen, Bombardierung von Großstädten.

Der wesentliche Unterschied im Leid der Zivilbevölkerung im Vergleich zum ersten Weltkrieg ist in Russland und China zu sehen. In beiden Ländern wurden Zivilisten nicht infolge kriegerischer Ereignisse, sondern im Rahmen eines von der deutschen bzw. japanischen Regierung initiierten ethnischen Säuberungsprogramms bewusst um viele Millionen dezimiert. Das hatte aber nicht unmittelbar mit den Kriegshandlungen zu tun, war daher auch kein Kriegsverbrechen, sondern ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Rein vom militärischen Standpunkt war der erste Weltkrieg kein bisschen weniger total als der zweite.

Gruß
smalbop

Grüß dich, Petra1985!
Naja, erste Elemente in diese Richtung gab es wohl schon. Da war schon einmal der totale Ubootkrieg, der Deutschland besonders angekreidet wurde, und aber auch noch etwas weit weniger Bekanntes: http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackgr… Es ging um den Versuch, über das Osmanische Reich die Mohammedaner (wie man damals wohl noch eher gesagt hat) zum „Heiligen Krieg“ gegen die Feinde der Mittelmächte aufzuhetzen. Das Kalkül war einfach: Russland, Großbritannien, Frankreich, alle hatten jede Menge natürlich mitunter auch sich unterdrückt fühlende Moslems in ihren Reichen. Dagegen verstanden es Deutschland und Österreich-Ungarn irgendwie, mit ihnen klarzukommen, ob in Tanganyika oder Bosnien. Notfalls sah man dafür auch schon mal bei den Armeniern weg (oder Schlimmeres). Dass hier die Büchse der Pandora erstmals geöffnet wurde, ist offensichtlich …
Gruß
Sepp

Hallo,

meine persönliche Ansicht ist, dass der 1.Wk durchaus ein „totaler“ Krieg war, allerdings nicht von Anfang an.

Das „totale“ am „totalen Krieg“ ist meiner Ansicht nach das Allumfassende Wesen des Krieges. Damit meine ich, dass der Krieg und alle damit verbundenen Aufwände alles andere im Leben des Volkes überlagern.

Gründe, die dafür sprechen:

-Mobilisierung immer größerer Teile der Bevölkerung (insbesondere ab 1917!)
-Konzentration der wirtschaftlichen Kräfte auf den Krieg (in D. etwa ab 1916 feststellbar)
-Zentrale Koordinierung der wirtschaftlicehn Kriegsanstrengungen (n D. auch etwa ab 16/17, durch das Kriegswirtschaftsamt der OHL, die seitdem faktisch auch die Regierungsgewalt im DR. innehatte)
Damit verbunden die vollkommene Unterordnung des öffentlichen Lebens unter die Kriegsanstrengungen. Im D.R. wurden in Belgien und Nordfrankreich „rekrutierte“ Zivilisten zur Zwangsarbeit in der deutschen Wirtschaft eingesetzt, um Soldaten für die Front frei zu machen.

Weiterhin:

  • Einsatz von Völkerrechtlich nicht zulässigen oder zumindest fragwürdigen Mitteln (Giftgas, U-Bootkrieg, Bombardierung ziviler Städte, Hungerblockaden)

Gerade die Britische Seeblockade ist für mich ein Moment, das den 1.Wk schon recht „total“ macht, da dadurch eben nicht nur die an der Front fechtenden Truppen sondern mehr noch die Heimat getroffen wurde. Besonders dramatisch wurden die Auswirkungen der Seeblockade ab 1916.

Weiterhin finden wir auch eine Rücksichtslose Ausbeutung der besetzten Gebiete. In den besetzten Gebieten war es durchaus nicht selten, dass alles Metall, das irgendwie Kriegswichtig aussah, zur Verarbeitung nach Deutschland verbracht wurde.

Für die totalisierung des Krieges spricht auch die vollständige Erfassung des kulturellen Lebens in der Heimat. Kein Lichtspielhaus, kein Theater das nicht Durchhaltefilme oder Kriegstheaterstücke aufgeführt hätte, kein öffentlicher Platz an dem nicht Plakate für die Zeichnung von Kriegsanleihen geworben hätten oder dafür, Gold, Messing und Kupfer für die Kriegsindustrie bereitzustellen.
Keine Zeitung, in der nicht täglich zig Todesanzeigen von gefallenen Soldaten zu lesen gewesen wären.

Diese genannten Punkte treffen in besonderem Maße auf Deutschland zu, zum Teil auf Österreich-Ungarn und in vielen Aspekten auch auf Frankreich und England.

Die Frage ob der Krieg nun total war, muss meiner Ansicht nach zeitlich und räumlich differenziert werden. Für die USA war er es eher nicht, ebenso wenig wie für Australien oder Indien. Für die Mittelmächte, und insbesondere Deutschland war der Krieg aber durchaus ab etwa dem Herbst 1916 ein „totaler Krieg“ und ich denke, man kann auch sagen, dass für Frankreich und England der Krieg spätestens ab 1917 zum totalen Krieg wurde.

Hallo,

Allerdings frage ich mich, wo diese Kategorisierung überhaupt
greifen kann. Die Möglichkeit und Notwendigkeit die komplette
Gesellschaft auf Kriegführung umzustellen, setzt natürlich
gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen und Techniken
voraus, die von Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts
gegeben waren.

Bin jetzt nicht weiter in der Lage, detailliert über den Forschungsstand Auskunft zu geben, aber dieser Aspekt des „totalen Krieges“, „die komplette Gesellschaft auf Kriegführung umzustellen“, ist meiner Meinung nach auch in anderen, vorindustriellen Epochen und Gesellschaften denkbar, während das mit der „quasi-industriellen Kriegsführung“ aufgrund der technischen Hochentwicklung natürlich schwieriger ist.
Übrigens scheint man tatsächlich genau dies ab und an zu erörtern:
"Konferenz "Krieg und Wirtschaft. Von der Antike bis ins 21. Fragestellungen der Konferenz: „Sind Aspekte wie ‚Rüstungswettlauf‘, ‚Totaler Krieg‘, ‚Heimatfront‘, und ‚Zwangsarbeit‘ singuläre Phänomene des 20. Jahrhunderts, oder waren sie auch Begleit- und Folgeerscheinungen früherer militärischer Konflikte?“- „War der Erste Weltkrieg wirklich der erste ‚totale‘ Krieg, oder gab es Vergleichbares auch in vorangegangenen Epochen?“ "
Interessant…
Ergebnisse der Konferenz übrigens hier: www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=29246

Grüße
mitzisch

Servus

Aber die Vorgehensweise gegen den Gegner und allem voran gegen
dessen Zivilbevöllkerung waren im Zweiten weitaus „totaler“.
Leute in besetzten Landstrichen werden massakriert, währen
sich durch mit Partisanen und werden noch schlimmer
massakriert und weiter… auch etwas „total“.

Wobei man hier aber differenzieren sollte. Durch den
Stellungskrieg im Westen war nur ein Bruchteil der Fläche und
Bevölkerung betroffen und das Massensterben bereits dadurch
auf die Soldaten konzentriert. Schaust Du Dir aber die
betroffenen Gebiete zwischen Ärmelkanal und Verdun an,
erwischte es die dortige Bevölkerung kaum besser.

Es gab alelrdings von keiner Seite Pläne gezielt gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen. Japan und das Deutsche Reich hingegen hatten sehr konkrete Pläne und kaum war eine Region besetzt kamen auch schon die Sonderkommandos. Also auch wenn Frankreich im WKI überrannt worden wäre, hätte es wohl für die Zivilbevölkerung eher Konsequenzen wie 1870/71 als 1940 gegeben.
Das Gleiche gilt natürlich auch im Osten.

Für die bewusste Zerstörung und Terrorisierung von zivilen
Zielen gab es im ersten Weltkrieg aber auch einfach weniger
technische Möglichkeiten. Die vorhandenen wurden aber auch
eingesetzt (Dicke Berta, Bombardierung von London mit
Zeppelinen, Zerstörung der Kathedrale von Reims)

Die Dicke Bertha hatte eine Reichweite ca 14 km. Es wäre mir auch neu, dass die Deutschen Artillerie gezielt gegen Zivilbevölkerung eingesetzt hätte. Und auch wenn die V3 im WKII gegen zivile Ziele eingesetzt wurde ist Artillerie eigentlich keine geeignete Waffe für solche Zwecke.

Bewusster Angriff gegen die Zivilbevölkerung war im Zweiten
Weltkrieg allerdings sehr punktuell: Ostfeldzug, China, Korea,
Phillipinen, Bombardierung von Großstädten.

Überall wo die Deutsche Armee einmarschiert ist, wurde gegen die Zivilbeälkerung vorgegangen. Leider wird oft vergessen, dass auch Juden, Roma und andere ‚unerwünschten‘ Volksgruppen natürlich zur Zivilbevölkerung der jeweiligen Länder gehören. Von daher war das Vorgehen der Nazis gegen die Zivilbevölkerung in eroberten Gebieten sehr wohl planmäßig und im großen Umfang und mitnichten eine punktuelle Erscheinung.

Ciao, Allesquatsch

Penegrin

Dsnke für die Info.

Servus

Allerdings frage ich mich, wo diese Kategorisierung überhaupt
greifen kann. Die Möglichkeit und Notwendigkeit die komplette
Gesellschaft auf Kriegführung umzustellen, setzt natürlich
gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen und Techniken
voraus, die von Mitte des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts
gegeben waren.

Sehe ich nicht so. Gerade in der Antike gibt es viele Beispiele von griechischen Stadtstaaten (besonders Sparta) oder auch im römischen Reich. Dass diese Kriege nicht das Ausmaß des WKII erreichten ist klar, für die Definition eines Totalen Krieges aber auch nicht zwingend notwendig.

Ciao, Allesquatsch

Penegrin

Es gab alelrdings von keiner Seite Pläne gezielt gegen die
Zivilbevölkerung vorzugehen. Japan und das Deutsche Reich
hingegen hatten sehr konkrete Pläne und kaum war eine Region
besetzt kamen auch schon die Sonderkommandos. Also auch wenn
Frankreich im WKI überrannt worden wäre, hätte es wohl für die
Zivilbevölkerung eher Konsequenzen wie 1870/71 als 1940
gegeben.
Das Gleiche gilt natürlich auch im Osten.

Es gab gravierende Unterschiede im Umgang mit der Bevölkerung der besetzten Gebiete. Ich kann absolut nicht nachvollziehen, dass es im Osten „das Gleich“ gewesen ist. Sowohl die Kampfhandlungen wie auch die Besatzung hatten im gesamten Osten einen anderen Charakter.

Die Dicke Bertha hatte eine Reichweite ca 14 km. Es wäre mir
auch neu, dass die Deutschen Artillerie gezielt gegen
Zivilbevölkerung eingesetzt hätte. Und auch wenn die V3 im
WKII gegen zivile Ziele eingesetzt wurde ist Artillerie
eigentlich keine geeignete Waffe für solche Zwecke.

Sorry, Du hast vollkommen recht. Da hatte ich etwas durcheinander gebracht.

Überall wo die Deutsche Armee einmarschiert ist, wurde gegen
die Zivilbeälkerung vorgegangen. Leider wird oft vergessen,
dass auch Juden, Roma und andere ‚unerwünschten‘ Volksgruppen
natürlich zur Zivilbevölkerung der jeweiligen Länder gehören.
Von daher war das Vorgehen der Nazis gegen die
Zivilbevölkerung in eroberten Gebieten sehr wohl planmäßig und
im großen Umfang und mitnichten eine punktuelle Erscheinung.

Hier würde ich es wie smalbop sehen und Genozide nicht als Teil der Kriegsführung sehen.

Ciao, Allesquatsch

Hallo,

Überall wo die Deutsche Armee einmarschiert ist, wurde gegen
die Zivilbeälkerung vorgegangen. Leider wird oft vergessen,
dass auch Juden, Roma und andere ‚unerwünschten‘ Volksgruppen
natürlich zur Zivilbevölkerung der jeweiligen Länder gehören.
Von daher war das Vorgehen der Nazis gegen die
Zivilbevölkerung in eroberten Gebieten sehr wohl planmäßig und
im großen Umfang und mitnichten eine punktuelle Erscheinung.

Hier würde ich es wie smalbop sehen und Genozide nicht als
Teil der Kriegsführung sehen.

Ich stimme penegrin zu. Im 2. WK war Kriegsziel „Lebensraumgewinnung“, Krieg wurde aus ideologischen Gründen geführt und die Vernichtung „rassisch minderwertiger“ Bewohner der neu eroberten Gebiete und das Vorgehen zB. gegen die polnische Zivilbevölkerung mit gezielter Eliminierung von Eliten usw. KANN NICHT getrennt vom militärischen Vorgehen gesehen werden - beides ging Hand in Hand. Die Wehrmacht war Teil der Vernichtungsmaschinerie der Nazis. Ich denke, das hat die Forschung der letzten 20 Jahre klar gezeigt.
Gruß
mitzisch

Morgen

Es gab gravierende Unterschiede im Umgang mit der Bevölkerung
der besetzten Gebiete. Ich kann absolut nicht nachvollziehen,
dass es im Osten „das Gleich“ gewesen ist. Sowohl die
Kampfhandlungen wie auch die Besatzung hatten im gesamten
Osten einen anderen Charakter.

Sprechen wir vom WKI oder WKII? Natürlich kam es auch im WKI zu Übergriffen auf Zivilisten. Das geschah in Belgien und Frankreich genauso wie in Serbien. Allerdings muss man bedenken dass viele dieser Zwischenfälle im Einklang der Haager Landkriegsordnung waren und keinesfalls als von Oben diktiertes Vorgehen gegen Zivilisten angesehen werden kann.

Hier würde ich es wie smalbop sehen und Genozide nicht als
Teil der Kriegsführung sehen.

Dann solltet ihr euch beide schleunigst mit den Tatsachen bekannt machen. Gerade der Ostfeldzug war aus militärischer und ökonomischer Sicht Wahnsinn und rational eigentlich nicht zu erklären. Genausowenig wie die aufwändige industrielle Ermordung Millionen von Bürgern, die sich nie gegen den Staat erhoben hatten und im Gegenteil sogar ein wichtiger Teil der geistigen und wirtschaftlichen Elite des Reiches waren.

Alle diese Dinge werden nur duch die Ideologie des Nationalsozialismus begründet. Als Einstieg solltest du mal die Wikipedia Artikel zu den Themen ‚Generalplan Ost‘ und ‚Lebensraum im Osten‘ lesen. Denn diese Ideologie war nicht nur die treibende Kraft hinter der Kriegsführung sondern diktierte zum Teil auch strategische Entscheidungen, die den Kriegsverlauf nachhaltig beeinflussten.

Ciao, Allesquatsch

Penegrin

1 Like