Ich habe da ein pädagogisches Problem. (lang)

Hallo ihr Helferlein,

man könnte es auch Problem mit Doppelmoral nennen.

Sohnemann ist bei den Pfadfindern. Da der neue Gruppenleiter die Anwesenheit sehr streng nimmt, wird Fernbleiben nur wg. Krankheit oder anderen wichtigen Gründen akzeptiert. Einfach keine Lust zählt nicht. Der moralische Druck scheint recht hoch zu sein. Unser Sohn braucht jedenfalls immer häufiger Überwindung hin zu gehen, letztlich gefällt es ihm dann aber immer gut.

Obwohl er dies weiß, aber dennoch auch Mal absolut keinen Bock, oder „wichtigeres“ vor hat, hadert er sehr mit sich und würde am liebsten anrufen, dass er heute nicht kommt. Das kann er ja aber nicht, da er sonst schwindeln müsste. Ganz abmelden bei den Pfadis möchte er sich aber auch nicht. Dies entwickelt sich langsam zu einem kleinen „Drama“ bei uns, da ich derlei Unannehmlichkeiten längst nicht mehr für ihn erledige.

Nun mein Problem, welches ich in ähnlicher Form schon öfters hatte:

Ich akzeptiere es, wenn jemand Mal zu etwas keine Lust hat und sich seinen Verpflichtungen einfach Mal entziehen will. Kameradschaftliches Verhalten, Pflichtbewusstsein und Ehrlichkeit sind natürlich Werte, die mir wichtig sind und ich zu vermitteln versuche.

Völlig genervt sagte ich ihm: Wenn der (Gruppenleiter) das so eng sieht und null tolerant ist, dann darf er sich nicht wundern, wenn man ihn anschwindelt.
Du hast also 3 Möglichkeiten. Hin gehen, ganz abmelden, oder schwindeln.

Pädagogisch ja nicht gerade wertvoll :frowning:

Einerseits denke ich, ganz ohne kleine Lügen kommt man eher selten durchs Leben und „harmlose Notlügen“ sind ja auch nicht sooo schlimm. Aber Lüge ist eben Lüge. Dann finde ich auch, manche Verbote kann man ruhig übergehen, sofern niemand anderes beeinträchtigt wird und man die Verantwortung dafür übernehmen kann.
Es gibt so viele kleine Dinge im Leben, die sich mit meiner Moral nicht vereinbaren lassen und ich mich doppelmoralisch verhalte/fühle/denke. Dennoch meine ich, wenn ein Mensch verantwortungsvoll, pflichtbewusst und im Grunde ehrlich und anständig ist, müssten kleine Verfehlungen, ohne Schaden für andere, doch akzeptabel sein?

Was haltet ihr davon? Mache ich mich unglaubwürdig, wenn ich anders handele als „predige“. Kann/darf/soll man einem Kind ab einem gewissen Alter vermitteln, dass im Leben nicht immer alles rund läuft und nicht alles ganz konsequent gelebt werden kann?

Diphda, im Gewissenskonflikt

Hallo Diphda,

Mache ich mich unglaubwürdig, wenn ich
anders handele als „predige“.

Ich finde, du machst dich eher unglaubwürdig, wenn du versuchst, dein Kind an der Realität vorbei zu erziehen. Es wirkt nun mal nicht authentisch, immer - bei jeder Kleinigkeit und in absolut jeder Situation - absolute Ehrlichkeit zu verlangen. Sicher - es ist eine Gratwanderung. Aber ab einem bestimmten Alter sollte das Ziel von Erziehung meiner Meinung nach nicht darin liegen, durch klare Anweisungen einfache Wege fürs Leben vorzugeben. Für viel schwieriger, aber sinnvoller halte ich es, das Kind zu lehren, sich seinem eigenen Gewissen zu stellen, seine eigenen Entscheidungen zu treffen und bei dieser Gratwanderung niemals ins Extrem abzurutschen. Jede Entscheidung sollte wohl überlegt sein. Doch gerade diese Denkfähigkeit nimmst du dem Kind, wenn du ihm einen absoluten Weg (in diesem Falle Ehrlichkeit um jeden Preis - auch um den Preis des eigenen Wohlergehens) vorgibst, anstatt ihm bei der Findung des für sein Wohlbefinden sowie für sein Gewissen und für sein Verständnis (welchen Sinn hat diese strikte Regelung? macht sie überhaupt Sinn?) zuträglichsten Mittelweges zu helfen. Deswegen finde ich nicht, dass du dich in dieser Situation unglaubwürdig verhalten hast.

Grüße,
Anja

Hallo Diphda,

also ich denke auch, dass er lernen sollte, mit seinem gewissen umzugehen. dass ehißt, wenn er schwindelt und dann die ganze woche an diesen schwindel denken muss, dann wird er sich das nächste mal nicht fürs schwindeln entscheiden.
andererseits solltest du ihm vielleicht, wenn er gerade nicht gehen mag, ins gedächtnis rufen, was er dort möglicherweise alles tolles verpaßt… bei mir hilft das immer! ;o)

wünsch dir viel glück

p.s. er weiß längst, dass auch erwachsene manchmal schwindeln, also tu lieber nicht so, als wärst du die wahrheit in person. DAS macht dich unglaubwürdig!

Hallo Pinky,

also das:

wenn er schwindelt und dann
die ganze woche an diesen schwindel denken muss, dann wird er
sich das nächste mal nicht fürs schwindeln entscheiden.

halte ich fuer eine Illusion.
Nach einer Woche hat er die Luege verdaut und gelernt,
dass es - ohne Konsequenzen - funktioniert.
Beim naechsten Mal faellt es ihm dann leichter.

Ansonsten bin ich aber auch der Meinung, dass
er bereits weiss, dass Erwachsene auch nicht immer
die Wahrheit sagen. Er wird wohl lernen, dass man
mit einer guten Luege davon kommt, aber nicht allzu oft.

Gruesse
Elke

Hallo Anja,

ich habe mir meinen Artikel nochmals durchgelesen. Da klingt es so, als würde ich ihm den „Übermenschen“ vorleben und von ihm absolut moralisch unbedenkliches Verhalten abverlangen.
Nein so ist es nicht, das würde ich gar nicht schaffen *g*.

Ich bin vor seinen Augen schon über rote Ampel gegangen, ich benutze schlimme Worte beim Autofahren.

Es ging mir primär um eure Meinungen dass es eben schwierig ist, einerseits den Kids Werte, und sich an „Gesetze“ zu halten zu vermitteln, dies aber in gewissen Situationen zu relativieren.

Bspl. Wenn er 1 !! Mal klauen sollte, so finde ich dies zunächst nicht extrem schlimm, weil dieser Scheiß bei uns eben als Mutprobe auch „üblich“ war. Natürlich werde ich nicht hingehen und sagen klauen ist o.k. Dass das nicht o.k ist, weiß er selbst (was ich wirklich über so einen einmaligen Ausrutscher denke, muss ich dann irgendwie vor ihm verbergen). Wenn er nun aber auch weiß, dass Mal Lügen, Mal was nicht 100% korrekt machen etc. unter gewissen Umständen durchgeht, könnte es ja passieren, dass er dann auch entsprechend argumentiert, und „Verbote“ oder „Gebote“ zunehmend weniger ernst nimmt.

Ich oute mich Mal, um mein Anliegen zu verdeutlichen.

Ein krasses Beispiel hierzu:
Wir haben bis vor ca. 1-2 Jahren regelmäßig gekifft. Sohnemann hat und sollte dies mitbekommen (das hatte verschiedene Gründe und reifliche Überlegungen).
Wir erklärtem ihm, dass wir zwar etwas verbotenes tun, manche dafür ins Gefängnis kommen, wir aber niemanden schädigen, wenn wir abends im Bett nach einem anstrengenden Tag ne Tüte rauchen und dann selig einschlafen. Alkohol ist erlaubt und dennoch werden viele Menschen krank davon und einige sogar gewalttätig.
Auch erklärten wir ihm, dass er einige Filme normalerweise nicht sehen dürfte, wir sie ihn aber dennoch anschauen lassen, da wir das verantworten können (jederzeit umschalten, mit ihm überden Film reden etc.) obwohl dies ja „verboten“ wäre. So versuchten wir ihm zu vermitteln, dass nicht alles, das verboten ist, streng eingehalten werden muss, wenn man dies wirklich verantworten kann, und vor Allem!!, dies niemand anderen schädigt, behindert oder einschränkt. Wenn es schief geht, dann muss man jedoch auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.

Vielleicht geht mein Anliegen auch zu sehr ins Ethische/Philosophische

Ich finde, du machst dich eher unglaubwürdig, wenn du
versuchst, dein Kind an der Realität vorbei zu erziehen. Es
wirkt nun mal nicht authentisch, immer - bei jeder Kleinigkeit
und in absolut jeder Situation - absolute Ehrlichkeit zu
verlangen.

Tja, die Welt ist schlecht und darum ist es o.k. wenn man selbst auch nicht immer ehrlich ist, denn die anderen sind es ja auch nicht (immer). Das ist es, was mir Kopfzerbrechen bereitet.

Die Tendenz, die „Schandtaten“ anderer als Berechtigung/Verharmlosung der eigenen Schandtaten heranzuziehen ist ja beachtlich. (Die großen hinterziehen Millionen Steuern, was machen da die paar Euros/das bisschen Schwarzarbeit von mir).

Da ich gerne eine bessere Welt/den besseren Menschen hätte, lebe ich sehr ehrlich, merke aber, dass einem dies oft recht schwer gemacht wird, oder sogar mit Nachteilen verbunden ist. Da meine Moralvorstellungen eben unrealistisch sind, ich sie aber so gut es geht zu lebe, macht es mir ja Kopfzerbrechen, unseren Sohn auf das wirkliche Leben und die „böse Welt“ vorzubereiten und zu wappnen.

Werte vermitteln ja, aber gleichzeitig vermitteln, dass diese Werte eben nicht immer gelten. Klar, das ist realistisch, aber eben auch doppelmoralig und eine Gratwanderung, wie du es weiter unten ja schön beschreibst.

Sicher - es ist eine Gratwanderung. Aber ab einem
bestimmten Alter sollte das Ziel von Erziehung meiner Meinung
nach nicht darin liegen, durch klare Anweisungen einfache Wege
fürs Leben vorzugeben.

So ganz verstehe ich nicht wie du das meinst. Die Wege im Leben sind (zum glück) meist nicht (nie) einfach und ein Patentrezept dafür gibt es auch nicht.

Für viel schwieriger, aber sinnvoller
halte ich es, das Kind zu lehren, sich seinem eigenen Gewissen
zu stellen, seine eigenen Entscheidungen zu treffen und bei
dieser Gratwanderung niemals ins Extrem abzurutschen. Jede
Entscheidung sollte wohl überlegt sein.

Das hast du gut formuliert. Somit kann man als Eltern eben nur hoffen, dass die vermittelten Werte angenommen und verinnerlicht wurden und das Kind eine gute Balance findet, zwischen Recht und Unrecht(tun) zu entscheiden. Die Frage ist, wie kann ich das „erzieherisch“ am besten erreichen?

Doch gerade diese
Denkfähigkeit nimmst du dem Kind, wenn du ihm einen absoluten
Weg (in diesem Falle Ehrlichkeit um jeden Preis - auch um den
Preis des eigenen Wohlergehens) vorgibst, anstatt ihm bei der
Findung des für sein Wohlbefinden sowie für sein Gewissen und
für sein Verständnis (welchen Sinn hat diese strikte Regelung?
macht sie überhaupt Sinn?) zuträglichsten Mittelweges zu
helfen. Deswegen finde ich nicht, dass du dich in dieser
Situation unglaubwürdig verhalten hast.

Das hast du auch wieder super ausgedrückt.
Rein realistisch gesehen, habe ich mich natürlich nicht unglaubwürdig verhalten, da die Welt eben so „tickt“ und ich selbst ja auch „zwiespältig“ denke und handele. Rein moralisch habe ich aber eben anders gehandelt, als gepredigt.
Manchmal bin ich eben unsicher und mache mir Gedanken, ob und wie ich meinem Sohn dieses Problem richtig vermitteln kann und für ihn dennoch die eigentlichen Werte wichtiger bleiben, als sein eigenes Wohlbefinden/Bequemlichkeit oder Vorteil.

Sorry für die langen Ausführungen und danke fürs Lesen

Diphda, immer wieder Mal ihre Erziehungsansätze und -methoden hinterfragend

für mich verwirrend und widersprüchlich
Hallo Diphda!

Dein erstes posting war für mich gut nachvollziehbar.
Einerseits sollen die Kinder ehrlich sein, andererseits aber nicht um jeden Preis an einer Sache teilnehmen, wenn sie mal nicht mögen.

Wie bei Euch, so gibt es bei uns auch „weiße“ und „schwarze“ Lügen. Also im Notfall ist eine Ausrede = weiße Lüge akzeptabel, sollte aber nicht zur Gewohnheit werden.

Jemand anderes schrieb ja schon, dass nur Übermenschen völlig ohne Schwindeln durch´s Leben kommen, und dass Schwindeln menschlich ist.

Bei dem folgenden Text allerdings habe ich Bauchschmerzen:

Ich oute mich Mal, um mein Anliegen zu verdeutlichen.
Ein krasses Beispiel hierzu:
Wir haben bis vor ca. 1-2 Jahren regelmäßig gekifft. Sohnemann
hat und sollte dies mitbekommen (das hatte verschiedene Gründe
und reifliche Überlegungen).
Wir erklärtem ihm, dass wir zwar etwas verbotenes tun, manche
dafür ins Gefängnis kommen, wir aber niemanden schädigen, wenn
wir abends im Bett nach einem anstrengenden Tag ne Tüte
rauchen und dann selig einschlafen.

Da stellen sich mir die Nackenhaare hoch, und die Erklärung für das Kind, etwas Verbotenes zu tun, finde ich nicht hilfreich.

Für mich liegt nahe, dass Kindern damit vermittelt wird „meine Eltern tun etwas Verbotenes, also wird´s schon okay sein, wenn ich das auch mache“.
Mal abgesehen davon, dass regelmäßiges Kiffen z.B. das Führen eines KFZ bzw. die Teilnahme am Straßenverkehr verbietet.
Insofern ist das mit dem „niemanden schädigen“ nicht richtig.

Alkohol ist erlaubt und
dennoch werden viele Menschen krank davon und einige sogar
gewalttätig.

Stimme Dir total zu!

Auch erklärten wir ihm, dass er einige Filme normalerweise
nicht sehen dürfte, wir sie ihn aber dennoch anschauen lassen,
da wir das verantworten können (jederzeit umschalten, mit ihm
überden Film reden etc.) obwohl dies ja „verboten“ wäre. So
versuchten wir ihm zu vermitteln, dass nicht alles, das
verboten ist, streng eingehalten werden muss, wenn man dies
wirklich verantworten kann, und vor Allem!!, dies niemand
anderen schädigt, behindert oder einschränkt.

Eben das ist ein Problem.
So wie der Mensch nach einem Rausch am nächsten Tag noch Rest-Alkohol hat, finden sich im Menschen die Reste von Tüten, und beides wäre im Falle eines Falles zu Deinen Ungunsten = Schuld bei Unfällen im Straßenverkehr ausgelegt worden.

Wenn es schief
geht, dann muss man jedoch auch bereit sein, die Konsequenzen
zu tragen.

In Bezug auf die Pfadfinder-Ausrede stimme ich Dir völlig zu, den Rest sehe ich anders.
Da sind die Konsequenzen nicht absehbar gewesen.

Tja, die Welt ist schlecht und darum ist es o.k. wenn man
selbst auch nicht immer ehrlich ist, denn die anderen sind es
ja auch nicht (immer). Das ist es, was mir Kopfzerbrechen
bereitet.

Da komme ich jetzt nicht mehr so richtig mit.
Einerseits ist eine Ausrede bei den Pfadfindern ein echtes Problem, andererseits war Kiffen in Gegenwart des Kindes okay?
Das ist für mich ein krasser Widerspruch.

Die Tendenz, die „Schandtaten“ anderer als
Berechtigung/Verharmlosung der eigenen Schandtaten
heranzuziehen ist ja beachtlich. (Die großen hinterziehen
Millionen Steuern, was machen da die paar Euros/das bisschen
Schwarzarbeit von mir).
Da ich gerne eine bessere Welt/den besseren Menschen hätte,
lebe ich sehr ehrlich, merke aber, dass einem dies oft recht
schwer gemacht wird, oder sogar mit Nachteilen verbunden ist.
Da meine Moralvorstellungen eben unrealistisch sind, ich sie
aber so gut es geht zu lebe, macht es mir ja Kopfzerbrechen,
unseren Sohn auf das wirkliche Leben und die „böse Welt“
vorzubereiten und zu wappnen.
Werte vermitteln ja, aber gleichzeitig vermitteln, dass diese
Werte eben nicht immer gelten. Klar, das ist realistisch, aber
eben auch doppelmoralig und eine Gratwanderung, wie du es
weiter unten ja schön beschreibst.

Ist denn Dein Verhalten in puncto Tüte nicht ebenso eine Doppelmoral?
Ehrlich gegenüber dem Kind, unehrlich gegen den Gesetzen…aber immerhin habt Ihr das ja eingestellt, sodass dieser Punkt nicht mehr aktuell ist.

Das hast du gut formuliert. Somit kann man als Eltern eben nur
hoffen, dass die vermittelten Werte angenommen und
verinnerlicht wurden und das Kind eine gute Balance findet,
zwischen Recht und Unrecht(tun) zu entscheiden. Die Frage ist,
wie kann ich das „erzieherisch“ am besten erreichen?

Kinder haben feine Antennen, sie merken schnell was richtig und falsch, ehrlich und unehrlich gesagt/gelebt wird.
Und genau da sehe ich auch ein Problem, denn wenn mit Genuss etwas getan wird, das eigentlich verboten ist, kommt beim Kind m.E. etwas an, das schizophren ist.

Ich habe lange überlegt, ob ich das jetzt so schreibe oder nicht. Letztendlich habe ich mich doch dazu entschlossen, und es liegt sicher nicht in meiner Absicht, den moralischen Zeigefinger zu heben.
Für mich ist das alles nur ein ziemlich krasser Widerspruch in sich, und ich habe versucht mir vorzustellen, wie verwirrend das alles auf ein Kind wirken mag.

Liebe Grüße,
Angelika

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Hallo Angelika,

Dein erstes posting war für mich gut nachvollziehbar.

schön!

Einerseits sollen die Kinder ehrlich sein, andererseits aber
nicht um jeden Preis an einer Sache teilnehmen, wenn sie mal
nicht mögen.

Richtig!

Wie bei Euch, so gibt es bei uns auch „weiße“ und „schwarze“
Lügen. Also im Notfall ist eine Ausrede = weiße Lüge
akzeptabel, sollte aber nicht zur Gewohnheit werden.

Auch richtig!

Jemand anderes schrieb ja schon, dass nur Übermenschen völlig
ohne Schwindeln durch´s Leben kommen, und dass Schwindeln
menschlich ist.

Ebenfalls verstanden wie es ungefähr gemeint war.

Bei dem folgenden Text allerdings habe ich Bauchschmerzen:

Verstehe ich in Anbetracht der öffentlichen Meinung und Krininalisierung dieser Personen.

Ich oute mich Mal, um mein Anliegen zu verdeutlichen.
Ein krasses Beispiel hierzu:
Wir haben bis vor ca. 1-2 Jahren regelmäßig gekifft. Sohnemann
hat und sollte dies mitbekommen (das hatte verschiedene Gründe
und reifliche Überlegungen).
Wir erklärtem ihm, dass wir zwar etwas verbotenes tun, manche
dafür ins Gefängnis kommen, wir aber niemanden schädigen, wenn
wir abends im Bett nach einem anstrengenden Tag ne Tüte
rauchen und dann selig einschlafen.

Da stellen sich mir die Nackenhaare hoch, und die Erklärung
für das Kind, etwas Verbotenes zu tun, finde ich nicht
hilfreich.

Verstehe ich, da i. d. R. „friedliche“ Kiffer gesellschaftlich kriminalisiert sind, wohingegen legalisierte, randalierende und gewalttätige Alkoholiker gesellschaftlich eher den Status eines Kranken zugesprochen bekommen, obwohl sie meist wesentlich verheerenderes anstellen, als die Mehrzahl der kriminellen, aber friedlichen Kiffer :wink:

Das gehört ja zu dieser Doppelmoral. Verbot ist Verbot. Wer legt fest, welche Übertretung, welchen „Verbotes“ oder Wertvorstellung „verwerflicher“ ist? Ich fühlte mich als Kiffer mindestens so verantwortungsvoll, wie der nicht kriminelle „out of control“ Alkoholkonsument. Wir haben die Verantwortung für unser Gschäft und unsere Mitarbeiter stets erfüllt. Manch Alkoholiker hätte ich dies nicht zugetraut! Ich fühlte mich nicht kriminell. Wir tragen zur Gesellschaft bei, schaffen Arbeitplätze und zahlen auch noch, trotz Verhöhnung unserer Unternehmerkollegen, ehrlich unsere Steuern!
Manch Alki liegt dem Staat mehr auf der Tasche als wir!

Wer also maßt sich an, dass diese Gesetzesübertretung (Kiffen) schwerer wiegt, als die moralische einer Lüge, oder während sich andere ganz legal die Birne zuhauen (Alk) und andere schädigen?
Liegt das nicht auch im eigenen Ermessen und der eigenen Verantwortung und Rechtfertigung?

Für mich liegt nahe, dass Kindern damit vermittelt wird „meine
Eltern tun etwas Verbotenes, also wird´s schon okay sein, wenn
ich das auch mache“.

Das ist doch eben das „Problem“. Ist eine Lüge oder gar das Bestehlen eines Freundes schwerwiegender (moralische Komponente), als das Besteheln oder Belügen einer Institution (gesetzl. komponente)?! Es ist und bleibt Unrecht und „verbotenes“ oder unmoralisches Handeln. Gemessen mit zweierlei Maß?

Eine rote Ampel zu missachten ist auch verboten. Krass gesagt: Im schlimmsten Fall kann ich einen Tanklastzug zum Umkippen bringen mit mehreren Toten.

Das Kind soll also lernen, wann was o.k. ist, und wann nicht. Dazu muss man ihm eine Basis zu Recht und Unrecht vermitteln und geleichzeitig die Fähigkeit zu entscheiden, wo die Grenzen sind, bzw. dies selbst zu beurteilen und zu bewerten.

Mal abgesehen davon, dass regelmäßiges Kiffen z.B. das Führen
eines KFZ bzw. die Teilnahme am Straßenverkehr verbietet.
Insofern ist das mit dem „niemanden schädigen“ nicht richtig.

Woher hast du diese Gewissheit, woher weißt du das, auf Grundwelcher Erfahrungen kannst du das mit Sicherheit behaupten?
Da kannst du evtl. nicht mitreden und bist von den Medien, Meinungen und Fremdinfos abhängig. Ich und mein Mann sind seit Jahrzehnten unfallfei. Wenn ich abends ne Tüte rauchte, war ich am nächsten Tag nicht mehr „unzurechnungsfähig“. Ich habe meine Erfahrungen mit Alk und kann dir versichern, dass ich nach einem ordentlchen Suff am nächsten Tag weitaus mehr Zweifel hatte ein Kfz zu führen, als nach einem Joint!

Alkohol ist erlaubt und
dennoch werden viele Menschen krank davon und einige sogar
gewalttätig.

Stimme Dir total zu!

Na also. Alk ist erlaubt/legal trotz der möglichen schlimmen Auswirkungen. Wird allerdings anders oder z. T. als weniger verwerflich geahndet/bewertet, als illegaler Konsum (Haschisch) mit i. d. R. soagar harmloseren Auswirkungen.

Auch erklärten wir ihm, dass er einige Filme normalerweise
nicht sehen dürfte, wir sie ihn aber dennoch anschauen lassen,
da wir das verantworten können (jederzeit umschalten, mit ihm
überden Film reden etc.) obwohl dies ja „verboten“ wäre. So
versuchten wir ihm zu vermitteln, dass nicht alles, das
verboten ist, streng eingehalten werden muss, wenn man dies
wirklich verantworten kann, und vor Allem!!, dies niemand
anderen schädigt, behindert oder einschränkt.

Eben das ist ein Problem.
So wie der Mensch nach einem Rausch am nächsten Tag noch
Rest-Alkohol hat, finden sich im Menschen die Reste von Tüten,
und beides wäre im Falle eines Falles zu Deinen Ungunsten =
Schuld bei Unfällen im Straßenverkehr ausgelegt worden.

Ich würde es mit jedem, mit hohem Restalkohol, jederzeit aufnehemen, mit Rest-THC besser abzuschneiden. Wenn ich morgens aufstehe, bin ich, nach ner Tüte am Abend zuvor, nüchtern und kann meinen Verpflichtungen nachgehen. Alkoholiker können das allerdings teilwiese auch sehr gut und sind womöglich fahrtüchtiger als ein Wenigtrinker nach einem Bier.
Die Gesetze sind generell ja gut und richtig, da sie unser Zusammenleben regeln

Wenn es schief
geht, dann muss man jedoch auch bereit sein, die Konsequenzen
zu tragen.

In Bezug auf die Pfadfinder-Ausrede stimme ich Dir völlig zu,
den Rest sehe ich anders.
Da sind die Konsequenzen nicht absehbar gewesen.

Warum nicht? Über die Konsequenzen eines möglichen Unfalls nach Drogenkonsum ist man sich doch generell, aber spätestens nach Ernüchterung bewusst. Setzen wir Mal eine gleichwertige Bewusstseinstrübung beider Drogen voraus. Meinst du ein Kiffer oder Alki merkt nicht, in welcher Verfassung er ist? Hängt es nicht vielmehr von dem individuellen, verinnerlichtem! Verantwortungsgefühl ab? Ich kann jedenfalls beschwören, dass ich unter Alkoholeinfluss für die Gesellschaft wesentlich gefährlicher war, als unter THC-Einfluss. Alk macht mutig und stark, nach nem Joint wollte ich einfach nur meine Ruhe und relaxen

Tja, die Welt ist schlecht und darum ist es o.k. wenn man
selbst auch nicht immer ehrlich ist, denn die anderen sind es
ja auch nicht (immer). Das ist es, was mir Kopfzerbrechen
bereitet.

Da komme ich jetzt nicht mehr so richtig mit.
Einerseits ist eine Ausrede bei den Pfadfindern ein echtes
Problem, andererseits war Kiffen in Gegenwart des Kindes okay?
Das ist für mich ein krasser Widerspruch.

Na es geht um die Doppelmoral, oder wie du es nennst, schizophrene Message.
Das war einfach nur ein harmloses Beispiel für das, was ein „Gewissenskonflikt“ auslösen kann. Da ich eine strenge Moral habe, unterscheide ich zw. zwischenmenschlicher und gesetzlicher Moral bzw. Gesetz. Wichtig ist bei allen Entscheidungen, ob man das Handeln anderen gegenüber vertreten kann oder nicht, ob es sich auf deren oder mein Empfinden und Gefühle direkt auswirkt. Insofern finde ich die Gesetzesübertretung des Kiffens abend allein im Bett sogar weniger verwerflich, als das „Anlügen“ eines Mitmenschen. Das illegale Kiffen geschieht unabhängig von menschlichen Beziehungen und Gefühlen, das Anlügen richtet sich direkt „gegen“ einen Menschen, wirkt sich also auf meinen zwischenmenschlichen Umgang aus.

Die Tendenz, die „Schandtaten“ anderer als
Berechtigung/Verharmlosung der eigenen Schandtaten
heranzuziehen ist ja beachtlich. (Die großen hinterziehen
Millionen Steuern, was machen da die paar Euros/das bisschen
Schwarzarbeit von mir).
Da ich gerne eine bessere Welt/den besseren Menschen hätte,
lebe ich sehr ehrlich, merke aber, dass einem dies oft recht
schwer gemacht wird, oder sogar mit Nachteilen verbunden ist.
Da meine Moralvorstellungen eben unrealistisch sind, ich sie
aber so gut es geht zu lebe, macht es mir ja Kopfzerbrechen,
unseren Sohn auf das wirkliche Leben und die „böse Welt“
vorzubereiten und zu wappnen.
Werte vermitteln ja, aber gleichzeitig vermitteln, dass diese
Werte eben nicht immer gelten. Klar, das ist realistisch, aber
eben auch doppelmoralig und eine Gratwanderung, wie du es
weiter unten ja schön beschreibst.

Ist denn Dein Verhalten in puncto Tüte nicht ebenso eine
Doppelmoral?

Habe ich ja nie bestritten, und ist ja das, was ich zum Thema mache.
Es ist nicht weniger doppelmoralig, als wenn ich ihm sage: Dann musst du ihn eben anschwindeln". Es geht doch ums Prinzip und sekundär um die Sache. Wer bestimmt in welchen Fällen und inwieweit Doppelmoral und unkorrektes Verhalten angebracht ist?
Allerdings verschieben sich die Ansichten über „erlaubte“ oder „moralisch akzeptable“ Moral offensichtlich ab dem Punkt, ab dem zwischen zwischenmenschlichen und gestzlichen Übertretungen unterschieden wird. Warum eigentlich?

In deinem interessantem Statement lese ich heraus, dass die gestzliche Übertretungen (Kiffen) als schlimmer „bewertet“ werden, als menschliche Verfehlungen wie das harmlose „weiße“ (Not)-Anlügen eines einem nahestehenden Menschen (Gruppenleiter der Pfadis).

Ehrlich gegenüber dem Kind, unehrlich gegen den
Gesetzen…aber immerhin habt Ihr das ja eingestellt,
sodass dieser Punkt nicht mehr aktuell ist.

Richtig.

Das hast du gut formuliert. Somit kann man als Eltern eben nur
hoffen, dass die vermittelten Werte angenommen und
verinnerlicht wurden und das Kind eine gute Balance findet,
zwischen Recht und Unrecht(tun) zu entscheiden. Die Frage ist,
wie kann ich das „erzieherisch“ am besten erreichen?

Kinder haben feine Antennen, sie merken schnell was richtig
und falsch, ehrlich und unehrlich gesagt/gelebt wird.

Dann wäre ja alles total easy.

Und genau da sehe ich auch ein Problem, denn wenn mit Genuss
etwas getan wird, das eigentlich verboten ist, kommt beim Kind
m.E. etwas an, das schizophren ist.

Ist es nicht auch schizophren zu sagen Zitat:

> Wie bei Euch, so gibt es bei uns auch „weiße“ und „schwarze“ Lügen.
Ist nun eine Lüge eine Lüge, oder gibt es verschiednene Lügen? Letzlich ist es Doppelmoral, also im übertragenen eben schizophren.
Wo ist da der Unterschied zu den gestzlichen Übertretungen, die nur einem selbst betreffen?
Ich kann doch (streng genommen) nicht sagen lügen darf man nicht, gleichzeitig aber auch, manchmal ist es eben o.k., bzw. manchmal muss man eben lügen um sein Wohlbefinden zu schützen.
Wer nur setzt fest, wann eine Lüge o.k. ist und wann nicht?
Wer legt fest, dass das Belügen oder Betrügen eines Menschen!! weniger schwer wiegt, als das Übertreten eines Gestzes ohne Schädigung eines einzelnen Menschen (Kiffen, Steuerbetrug, Schwarzarbeit)?

Ich habe lange überlegt, ob ich das jetzt so schreibe oder
nicht. Letztendlich habe ich mich doch dazu entschlossen, und
es liegt sicher nicht in meiner Absicht, den moralischen
Zeigefinger zu heben.

Nein das empfinde ich nicht so und ist doch gut dass dudich kritisch äußerst, und das finde ich auch toll!
Man kann sich doch austauschen. Unterschiedliche Meinungen kann einem weiterbringen, wenn man offen dafür ist und dies will. Aber jeder hat eben seine persönlichen Grenzen, denen er sich allerdings meiner Meinung nach immer wieder stellen sollte, indem er bereit ist sie, bzw. seine eigene Sichtweise zu hinterfragen.

Für mich ist das alles nur ein ziemlich krasser Widerspruch in
sich, und ich habe versucht mir vorzustellen, wie verwirrend
das alles auf ein Kind wirken mag.

Es gibt im Leben so viele Dinge, die für ein Kind verwirrend sind. Dies betrifft wahrscheinlich insbesondere das unterschiedliche Verhalten der Eltern und der Umwelt. Darin liegt ja der Lernprozess und Aufgabe. Nämlich die Mannigfaltigkeit und Widersprüchlichleit des Lebens zu erfahren und einen adäquaten Umgang damit zu finden.

Sicher habe ich in meiner Erziehung (einfach ein doofes Wort) einiges falsch gemacht. Glücklicherweise habe ich betreffend Sozialverhalten unseres Sohnes, abgesehen von seinen seltenen, schwer nachvollziehbaren Wutausbrüchen (ADS, eher MCD)durchweg positive Rückmeldungen. So ganz daneben geraten ist er bis jetz noch nicht, aber die richtige Pubertät kommt ja noch. Wer weiß was sich dann zeigt.

Außerdem wird m. E. der Einfluss der Erziehung überschätzt. Es gibt Familien mit 2 „anständigen, gesellschaftsfähigen“ Kids und 1 „missratenem“ das eine Verbrecherlaufbahn einschlug und keiner weiß warum.

Diphda, die Romanschreiberin

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Hallo Diphda,

zunächst einmal sind Durchhaltevermögen und Selbstdiziplin äußerst nützliche Tugenden, die ein Mensch nicht von Geburt an hat, sondern trainiert werden müssen. Solange es ihm gut gefällt, kannst du ihn darin unterstützen sich aufzuraffen.
Wenn dein Sohn immer weniger Lust hat hinzugehen, dann soll er es ganz lassen. Solche Gruppen leben von der Zuverlässigkeit. Wenn die einzelnen Mitglieder je nach Lust kommen oder nicht. Dann gibt es immer häufiger Situationen, wo geplante Unternehmungen mangels Masse ausfallen.

Einerseits denke ich, ganz ohne kleine Lügen kommt man eher
selten durchs Leben und „harmlose Notlügen“ sind ja auch nicht
sooo schlimm. Aber Lüge ist eben Lüge. Dann finde ich auch,
manche Verbote kann man ruhig übergehen, sofern niemand
anderes beeinträchtigt wird und man die Verantwortung dafür
übernehmen kann.

Gelogen wurde schon immer und die Akzeptanz von Lügen scheint in den letzten Jahrzehnten gewachsen.
Ich stelle dagegen das einfache Prinzip „Behandle andere Menschen so wie du selbst behandelst werden willst.“
Wann und in welchen Situationen möchtest du nun selbst belogen werden?

Was ist eine Notlüge? Ich persönlich kenne Lügen, aus Bequemlichkeit, aus Feigheit und um nicht für eigenes Verhalten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ehrlichkeit bedeutet nicht, dass man beleidigend oder unverschämt ist. Im Gegenteil, wenn man immer ehrlich ist und dabei den anderen respektiert, wird man auch von anderen Menschen respektiert und akzeptiert.

Gruß
Carlos

Hallo Carlos,

zunächst einmal sind Durchhaltevermögen und Selbstdiziplin
äußerst nützliche Tugenden, die ein Mensch nicht von Geburt an
hat, sondern trainiert werden müssen. Solange es ihm gut
gefällt, kannst du ihn darin unterstützen sich aufzuraffen.

Tue ich auch, und er sich selbst auch.

Wenn dein Sohn immer weniger Lust hat hinzugehen, dann soll er
es ganz lassen. Solche Gruppen leben von der Zuverlässigkeit.
Wenn die einzelnen Mitglieder je nach Lust kommen oder nicht.
Dann gibt es immer häufiger Situationen, wo geplante
Unternehmungen mangels Masse ausfallen.

Du sprichst mir aus der Seele! Genau dies erklärte ich ihm unter Anderem auch, und führte wiedermal ein langes Gespräch mit ihm.
Da das „keine Lust“ und die Diskussionen sich häuften, versuchte ich zu erfahren, was ihn wirklich bewegt.
Resultat:
Er hat Probleme sich zu entscheiden und steckt in großem Zwiespalt.
Seine Äußerungen:
Ich will nicht austreten, weil die Gruppe mich braucht und Armin (Gruppenleiter) mich sehr mag. Und ich weiß ja, dass es mir meistens gefällt, wenn ich mich überwunden habe und hin gehe.
Sein Hauptmotiv ist also, dass er die Gefühle der anderen nicht verletzen möchte, zumal er sich selbst in der Gruppe ja auch wohl fühlt und sich angenommen und geliebt fühlt.

Andererseits meint er, er will als nicht hin, weil er „besseres“ vor hat. Z. B. mit Freunden treffen (was Freitags eh meistens nicht klappt) oder PC spielen, Musik hören, Rumbasteln und Experimentieren , was er öfter könnte als er es tut. Also eher nicht sehr schlagkräftige Gründe.

Ich sagte ihm, dass er sich klar werden müsse, ob er auch seinetwillen hin geht und es nichts bringt, nur der anderen wegen hin zu gehen, wenn dies dann nur halbherzig und aus reinem Pflichtgefühl geschieht. Jemand, der auch auf seine Gefühle und Bedürfnisse hört, etwas gerne tut und Spaß hat, kann anderen mehr geben, als jemand, der nur aus Pflicht handelt.
Auch sagte ich ihm, dass ich ihm diese Entscheidung nicht abnehmen kann und werde.

Ich vermute inzwischen ich habe ihm zu lange die wirklichen Entscheidungen abgenommen, insofern, dass ich ihm die Entscheidungsfindung sehr erleichterte anhand von Aufzeigen der Möglichkeiten und deren Konsequenzen. Er musste wohl selbst zu wenig nachdenken und in sich gehen und sich die Lösungen erarbeiten?

Ich hatte das Gefühl er macht so lange ein Thema bzw. Drama aus dieser Pfadfindergeschichte, bis ich am Ende meiner Geduld bin und ihm sage: „Ich habe keinen Bock mehr auf das wöchentliche Trara, dann melde ich dich jetzt ab“. Ich denke er ist so unentschieden, dass er sich die Entscheidung von mir abnehmen lassen möchte.
Auch das erklärte ich ihm, und dass ich die Verantwortung habe, ihm beizubringen Entscheidungen zu treffen. Ich denke er hat dies verstanden, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob es vielleicht etwas zu viel Erklärung war. Andererseits führten wir schon recht früh „tiefgreifendere“ Gespräche mit ihm, bei denen er immer sagen konnte wenn es ihm zu viel wurde, und er tat dies dann auch hin und wieder.

Als er merkte, dass er bei mir nichts errreicht und die Zeit näher rückte, wurde ihm plötzlich schlecht. (Was ich ihm rein psychosomatisch auch glaubte) Er entschied sich Armin anzurufen, obwohl es eigentlich zu spät dazu war, sprach auf den Anrufbeantworter, packte die 1. Hilfe-Tasche für die er die Verantwortung hat, radelte 10 Min. zu früh zum Treffpunkt, war froh, dass der Gruppenleiter wie erwartet noch nicht da war, und drückte die Tasche einem Kameraden in die Hand und ließ sich entschuldigen.

Ungefähr 30-60 Minuten zuhause ging es ihm wieder gut.

Gelogen wurde schon immer und die Akzeptanz von Lügen scheint
in den letzten Jahrzehnten gewachsen.
Ich stelle dagegen das einfache Prinzip „Behandle andere
Menschen so wie du selbst behandelst werden willst.“
Wann und in welchen Situationen möchtest du nun selbst belogen
werden?

Perfekt, das vermittle ich ihm auch, wobei ich auch betone, dass Menschen aus verschiedenen Gründen (Schmerzen, Sorgen, schlechte Laune, Stress etc.) auch Dinge tun, die sie selbst nicht in Ordnung finden. Negative Gefühle und Agressionen werden bei uns in der Familie nicht verdammt, sondern zugelassen. Er weiß, dass dies dazu gehört, wir uns aber trotzdem lieben.

Was ist eine Notlüge? Ich persönlich kenne Lügen, aus
Bequemlichkeit, aus Feigheit und um nicht für eigenes
Verhalten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Ehrlichkeit
bedeutet nicht, dass man beleidigend oder unverschämt ist. Im
Gegenteil, wenn man immer ehrlich ist und dabei den
anderen respektiert, wird man auch von anderen Menschen
respektiert und akzeptiert.

Meine Idealvorstellung entspricht deiner „Theorie“. Die Realität sieht aber oft anders aus, wobei wir wieder beim Thema wären -> Doppelmoral, um sich Unannehmlichkeiten zu ersparen! Ich kann mich da nicht ausnehmen. Mag ja sein, dass euch Zeugen Jehovas dies besser gelingt.

Meine Erfahrung ist, dass die Leute die „Wahrheit“ oder meine Ehrlichkeit überhaupt nicht hören wollen. Ich hatte oft Probleme, weil ich keinen Honig um den Bart schmierte, sondern aus ehrlichen, freundschaftlichen und gut gemeinten Gründen die „Wahrheit“ sagte. Ich erntete eher/meist Ablehnung, statt Dankbarkeit/Verständnis ihnen die Augen geöffnet und sie auf ihren blinden Fleck aufmerksam gemacht zu haben.

Diphda, die am Dienstag mit Söhnchen (aber leider ohne Papa *heul*)ne Woche ins Disneyland fährt und abschaltet *freu*

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Hallo Diphda,

für stellt sich die Frage, ob hier das eigentliche Problem wirklich ist, wann man die Wahrheit sagt und wann nicht - also ob „Notlügen“ gelegentlich erlaubt sind oder nicht?

Denn egal, wie Ihr Euch im Einzelfall entscheidet, so ändert sich doch an der Grundsituation nichts, daß der Gruppenleiter hier einen ziemlichen Druck aufzubauen zu scheint. Er braucht das gar nicht wissentlich tun. Das kann auch aus eigener Unsicherheit sein oder auch von durchaus guten Absichten motiviert sein.

Ich habe - als ich in der Oberstufe war - selber zwei Kindergruppen geleitet. Ich habe mir ganz viel Arbeit für die Gruppenstunden gemacht und die Themen so gestaltet, daß sie aufeinander aufbauen. Deshalb war es mir auch wichtig, daß die Kinder möglichst kontinuierlich kommen. Wenn Kinder mal nicht gekommen sind, dann habe ich das gleich auf mich bezogen und gedacht, daß es den Kindern nicht gefallen hat.

Mir hat sehr geholfen, daß eine etwas ältere Freundin mit mir darüber gesprochen hat. Ich konnte dann lockerer mit der Situation umgehen. Mir war nämlich gar nicht bewußt, welcher Druck durch meine Erwartungshaltung entstanden war.

Deshalb würde ich Dir raten, zu überlegen, ob Du nicht mit dem Gruppenleiter darüber reden willst. Sag ihm, welche Wertvorstellungen Du teilst und wie Du die gesamte Situation erlebst, und daß Du es schade findest, daß Dein Kind, das ja eigentlich gern zu den Gruppenstunden geht, immer öfter überlegt nicht zu kommen.

Viele Grüße

Iris

Hallo Iris,

Denn egal, wie Ihr Euch im Einzelfall entscheidet, so ändert
sich doch an der Grundsituation nichts, daß der Gruppenleiter
hier einen ziemlichen Druck aufzubauen zu scheint.

Da sprichst du etwas gutes an! Ich hattte schon mit ihm gesprochen und vorsichtig darauf hingewiesen, dass durch diesen Zwang die Freiwilligkeit leiden kann und ich speziell bei meinem Sohn das Gefühl habe, dass er aus Pflicht oder aus Angst zugeben zu müssen, dass er keine Lust hat, kommt.

Ich habe - als ich in der Oberstufe war - selber zwei
Kindergruppen geleitet. Ich habe mir ganz viel Arbeit für die
Gruppenstunden gemacht und die Themen so gestaltet, daß sie
aufeinander aufbauen. Deshalb war es mir auch wichtig, daß die
Kinder möglichst kontinuierlich kommen.

So argumentierte er auch und auch, wie es Carlos beschrieb. Es hat etwas mit Gruppenzugehörigkeit, Pflichtgefühl und Disziplin zu tun.

Aber so wertvoll solche Dinge sind, man kann dies auch überstrapazieren.

Deshalb würde ich Dir raten, zu überlegen, ob Du nicht mit dem
Gruppenleiter darüber reden willst. Sag ihm, welche
Wertvorstellungen Du teilst und wie Du die gesamte Situation
erlebst, und daß Du es schade findest, daß Dein Kind, das ja
eigentlich gern zu den Gruppenstunden geht, immer öfter
überlegt nicht zu kommen.

Ich erklärte unserem sohn, dass ich den Gruppenleiter diesbezüglich zwar zu intolerant empfinde, aber auch das Problem, dass die Gruppe, wenn immer ein paar fehlen nicht zusammenwachsen kann und man sich auf seine Kameraden verlassen können muss. Ich brachte das Bsp. Fußballverein (wo er zwar nicht ist). Wenn 11 Spieler gebraucht werden und es kommen immer nur 8, bekommt man keine Mannschaft zusammen und kann nicht spielen.

Leider bekomme ich langsam das Gefühl ich/wir habe/n unseren Sohn zu „sozial“ oder „moralisch“ erzogen und er braucht jetzt eine massivere Portion Egoismus. In unserer Familie bekommt aber jeder seine Auszeiten und darf seine Bedürfnisse ausleben. Vielleicht reicht das einem Jungen in, oder kurz vor der Pubertät ja nicht?

Diphda, sich immer wieder den Kopf zerbrechend

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selbstgestrickte Familienmoral
Hallo, Du Romanschreiberin!*g*

Ohne jetzt auf alles Punkt für Punkt einzugehen, ja, es gibt für mich zwei unterschiedliche Arten der Unwahrheit.

Lügen und Flunkern. Das eine ist für uns nicht okay, das andere manchmal erlaubt. Das nenne ich unsere „selbstgestrickte“ Familienmoral, und wie ich sehe, stricken fast alle Familien…

In Bezug auf Autofahren und THC/Alkohol spreche ich dahingehend aus Erfahrung, als dass meine Freundin täglich im Straßenverkehrsamt genau mit den Folgen von unterschätzten Rest-THC und Rest-Alk. zu tun hat.

Interessant fand ich den Hinweis auf Euer ADS-Kind.
Bei uns ist ADS auch ein Thema, das durch die ganze Familie geht.
Bin selbst betroffen, ebenso wie unser Sohn.
Wusstest Du, dass unbehandelte ADS-ler sich häufig selbst „therapieren“ (bitte nicht als Aufforderung verstehen)indem sie rauchen, kiffen oder trinken.

Liebe Grüße,
Angelika

Hallo Diphda,

Da das „keine Lust“ und die Diskussionen sich häuften,
versuchte ich zu erfahren, was ihn wirklich bewegt.
Resultat:
Er hat Probleme sich zu entscheiden und steckt in großem
Zwiespalt.

Es handelt sich nicht um ein existentielles Problem oder um eines, bei dem lanfristige Schäden für deinen Sohn entstehen könnten. Es geht hier um die Freizeitgestaltung.
Dein Sohn wird in seinem Leben noch viele Dillemas lösen müssen.

Ich sehe folgende Möglichkeiten.

  • Du führst die wöchentlichen Diskussionen weiter.
  • Du sagst ihm autoritär, dass er hingehen soll.
  • Du überredest ihn überhaupt nicht mehr hinzugehen.
  • Du sagst ihm prakmatisch, dass er das mit Armin selber klären soll. Und was das Schwindeln betrifft, kannst du ihn fragen, ob Armin sich leicht täuschen lässt.

Ahnst du, welche Möglichkeit ich bevorzuge? :wink:

Diphda, die am Dienstag mit Söhnchen (aber leider ohne Papa
*heul*)ne Woche ins Disneyland fährt und abschaltet *freu*

Genießt es! Ich war auch schon dort und war wunderschön.

Gruß
Carlos

Hi diphda!
Habe gerade deinen Artikel gelesen.
Hier nur ganz kurz mein Eindruck.
Du schreibst, daß dein Sohn sogar Bauchschmerzen hat, wenn er zu seiner Gruppe muß.
Und wenn er dann nicht hin brauch, ginge es ihm gleich besser.
Mich als Mutter hat das betroffen gemacht.
Er hat also nicht nur keine Lust dorthin zu gehen, sondern meines Erachtens nach hat er Angst.
Keine Lust macht doch keine Bauchschmerzen…???

Liebe Grüße und einen schönen Tag noch!
Neith