Mutter Kind Heim

Hallo.Ich bin Oma eines einjährigen Mädchens.Die junge achtzehnjärige Mutter lebt seit kurz vor der Geburt in einem Mutter Kind Heim. Leider sehr weit weg von ihrer eigenen Mutter.Sie fühlt sich in diesem Heim überhaupt nicht wohl, weint sehr viel und hat in den Hilfeplangesprächen immer darum gebeten in ein anderes Heim wechseln zu dürfen, in der Nähe ihrer Familie.Die Betreuer und die Frau vom Jugendamt stellen sie aber unter Druck.Wenn sie nicht zur Schule geht oder wenn sie nicht den Hilfeplan unterschreibt wie er jetzt festgelegt ist kommt ihr Kind in eine Pflegefamilie usw.Bisher kümmert sie sich sehr gut um ihre kleine Tochter.Trotzdem haben wir alle Angst dass sie irgendwann hinschmeißt, da sie mittlerweile psychisch sehr angeschlagen ist.Um uns oder ihre Familie zu besuchen muß sie sehr lange Bahnstrecken in Kauf nehmen.Wir genauso.Ich habe mal etwas von einem Zustimmungsantrag ans Jugendamt gehört, damit sie das Heim wechseln kann.Kennt sich jemand damit aus?

Hallo zurück,
wenn es stimmt, wie Sie sagen, finde ich die Haltung des Jugendamtes unprofessionell. Man bewegt keinen Menschen mit Druck zu einer Entwicklung.
Klar ist, dass sie den Hilfeplan unterschreiben und der Planung zustimmen muss. Genauso muss sie auch dann an der Umsetzung dieses Planes mitarbeiten.
Das Jugendamt ist grundsätzlich bestrebt, dass die eingesetzte Hilfe greift und hilft. Darum müssten sie die Art der Hilfe aber auch an Ihrer Tochter und ihren Fähigkeiten und eben auch an ihren Wünschen und Vorstellungen, an ihren Perspektiven anpassen.

Wenn die junge Mutter ein Mutter Kind Heim in der Nähe der Familie ausgemacht hat, wenn sich die Zuständigkeit des Jugendamtes nicht ändert, sondern sich die Erfolgsaussichten positiv verbessern, dass Ihre Tochter in absehbarer Zeit allein klarkommt, müssten die doch eigentlich zustimmen. Wenn sie eine Schule kurz vor einem Abschluss wechselt, ist das sehr schlecht. Dann sollte ein Umzug nach dem Abschluss angegangen werden.
Sollte es in Ihrer Nähe keine solche Möglichkeiten geben, ist das auch nicht gut. Wenn Sie aber deutlich klarstellen können, dass alle vereinbarte Planungen auch in Ihrer Nähe umgesetzt werden könnten und wenn sich durch die Unterstützung Ihrer eigenen Eltern, also Ihnen die Situation zusätzlich stabilisiert, kann ich eine Weigerung des Jugendamtes nicht nachvollziehen.
Reden Sie Klartext. Fragen Sie danach, was einem Umzug entgegenspricht und sorgen Sie durch Vorarbeit (Schule suchen, Mutter Kind Einrichtung etc.) für eine Entkräftung der möglichen Argumente. Unterstreichen Sie, indem Sie genau beschreiben, wie Ihre Form der Unterstützung sein könnte. Was haben Sie zu bieten? … hihi.

Wenn ein ausgelassenes zielorientiertes Gespräch nicht möglich ist, gehen Sie zur Leitung und bitten dort um Hilfe und Klärung.

Wenn das auch nichts hilft, könnten Sie auch einen Anwalt nehmen und Ihre Tochter unterstützen, was dann jedoch zur Beendigung der Hilfe führen könnte und das mit großer Wahrscheinlichkeit.

Um Ihre Enkelin „wegzunehmen“ braucht es fundamentale Argumente in Sachen Kindeswohlgefährdung, die sicherlich nicht zutreffen. Sie sagen, Ihre Tochter kümmere sich jetzt ganz gut um ihr Kind.

Ich habe ein Buch geschrieben: Hilfe, mein Kind bockt.
Dort stehen viele Ein´zelheiten zu den Aufgeban des Jugendamtes und unter welchen Bedingungen man das Sorgerecht verlieren kann, und was man tun kann, um genau das zu verhindern.
www.hilfe-mein-kind-bockt.de

Ich bin sehr neugierig, wie es weitergeht. Schreiben Sie mir:
[email protected]

Viel, viel Glück Ihnen und Ihrer Tochter.

Sooo möchtig ist das Jugendamt nicht. Die können aber gut Bange machen.

Viele Grüße
Martin Pfennigschmidt

Hallo,
einen Zustimmungsantrag gibt es w.W.nicht.
Die Hilfe zur Erziehung des Jugenamtes soll ja Erreichen,daß Mutter und Kind auf Dauer zusammen bleiben können. Ich würde daher Ihnen als Großmutter empfehlen,alles zu tun,damitIhre Tochter das Angebot annimmt und ihr Kind nicht von ihr getrennt wird.
Sie muß jetzt dem Jugenamt beweisen, daß sie für sich und ihr Kind Verantwortung übernehmen kann. Wenn sie die Möglichkeit hat,eine Ausbildung zu machen, ist dies die beste Garantie um später auf eigenen Füßen stehen zu können und auch als alleinerziehende Mutter
nicht bei Hartz 4 zu landen.
Also, Mut machen, Hilfe annehmen und durchstarten…mit dem Enkelkind ! Später kann sie dann immer noch in Ihre Nähe ziehen und das Kind tagsüber bei Ihnen in Pflege geben um arbeiten und Geld verdienen zu können.
Gruß,
Reinhard

Hallo Herr Pfennigschmidt,
vielen Dank für ihre schnelle und sehr hilfreiche Antwort.Ihr Buch habe ich schon durchgelesen.Es hat mir schon bei vielen Erziehungsfragen weitergeholfen und jetzt habe ich schon wieder reingeschaut wegen unserem aktuellen Problem.Ich habe heute einen Termin für den 15. Mai bei der Dame beim Jugendamt gemacht.Ich hoffe ich kann sie von einem Wechsel überzeugen.Prospekte von einem Mutter Kind Heim in unserer Nähe habe ich schon besorgt.Freie Plätze haben sie im Moment auch.Ihr Hauptargument gegen einen Wechsel ist, das meine Enkeltochter dort in dem Heim wo sie jetzt ist ihre gewohnte Umgebung hat.Meiner Meinung nach gewöhnt sich aber ein einjähriges Kind sehr schnell auch an eine andere Umgebung, noch dazu wenn es seiner Mutter dort auch besser geht.Ich meine im " normalen " Leben zieht man ja vielleicht auch mal um.Ein weiteres Argument könnte sein das sie verhindern will dass unsere Tochter ein zu enges Verhältnis zu uns hat und dadurch ihre Selbstständigkeit in Frage gestellt wird.Dazu möchte ich sagen dass sie ja weiterhin in einem Mutter Kind Heim leben wird bis sie selbstständig genug ist um alleine zu leben und nicht bei uns zu Hause, da ich auch arbeiten gehe.Vielleicht kann ich die Jugendamtsdame ja davon überzeugen dass auch die Nähe zur Familie und die kleinen Dinge im Leben wie vielleicht mal einen gemeinsamen Ausflug zu machen, zusammen einen Kuchen backen usw, auch zur Weiterentwicklung gehören.Ich habe mir schon einige Notizen gemacht die ich zu dem Termin mitnehmen werde.Ich hoffe ich sage nicht`s Falsches :wink:
Viele Grüße aus NRW :smile:

Super Ausgangslage und sehr gute Argumente, die Sie mitbringen. Und Sie haben recht. Einer Einjährigen ist sehr egal, wo sie lebt.

Schreiben Sie mir gern, wje das Gespräch war.
LG

Martin

Hallo Herr Pfennigschmidt,
ich bereite mich gerade auf das bevorstehende Gespräch mit dem Jugendamt am 15.Mai vor.
Habe da eine kurze Frage,der§36 Abs.1 SGB8 und §5 Abs.1SGB8,gelten die auch noch für meine Tochter? Weil sie ja schon volljährig ist und Mutter.
LG

Hallo zurück, „sunshine“
Der erste Paragraph gilt natürlich, jedoch verschiebt sich Ihr Problem auf Ihre Tochter. Nun geht es nur in zweiter Linie um sie selbst und in erster um das kleine Kind.
Bei Paragraph 15 verstehe ich die Frage nicht ganz. Dieser besagt nur die Eigenständigkeit der Länder, und weiterhin, dass der überwiegende Lebensort Ihrer TOchter über die jugendamtliche Zuständigkeit bestimmt.
Oder wie war die Frage gemeint.
Jedenfalls wäre wichtig, ob Ihre Tochter noch Leistungen der Jugendhilfe für sich selbst und ihr Kind beantragt hat oder nur für das Kind. Bei einem Mutter Kind Heim gehe von ersterem aus, nämlich dass eine Jugendhilfe für Ihre Tochter schon bestand und nun erweitert wurde.
So richtig? Dan gilt der Paragraph in zweierlei Hinsicht für Ihre Tochter, die mitwirken muss bei der Hilfe, die für sie selbst bewilligt wurde, und als Mutter Hilfen bei der Erziehung für ihr Kind beantragt.

LG Martin

Der zweite Paragraph ist Paragraph 5 Abs.1 SGB 8.In ihm geht es um das Recht der Wahl von Einrichtungen.
Ihr wurde ja gar nicht gesagt dass sie da eine Wahl oder ein Mitbestimmungsrecht hat.
LG

Hallo Herr Pfennigschmidt,
ich meinte diesen §. Trifft der bei meiner Tochter nicht zu?
LG

§ 5 Wunsch- und Wahlrecht

(1) Die Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Sie sind auf dieses Recht hinzuweisen.
(2) Der Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Wünscht der Leistungsberechtigte die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in einer Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung im Einzelfall oder nach Maßgabe des Hilfeplanes (§ 36) geboten ist.

Hallo zurück,
Ich hatte mich verlesen und 15 ststt 5 gelesen.
Selbstverständlich gilt Par. 5 - ebenso, wie alle anderen.
JUgendamt muss ihre Tochter einbeziehen.
Wichtig ist: Gab es von Anfang an schon Probleme und hat Ihre Tochter das damals auch schon gesagt? Und was waren deren damalige Argumente, nichts zu verändern?
Sehr gut, wenn Sie jetzt eine Einrichtung in der Nähe mit freien Plätzen haben.
Viel Glück beim Gespräch - und nehmen Sie eine gute Freundin mit. Das macht einen sicherer, es gibt einen Zeugen, und die Leute vom Amt sind meist freundlicher und passen besser auf, was sie sagen.

Martin Pfennigschmidt

Hallo
Danke das Sie mir immer so schnell antworten:smile:
Meine Tochter wollte von Anfang an nicht in dieses Mutter-Kind-Heim sondern in die Nähe ihrer Familie.Schon damals hatte ich ein Heim gefunden, welches in meiner Nähe war und Plätze frei hatte.Doch bei dem Hilfeplangespräch wollte die Frau vom Jugendamt davon nicht`s hören.Meine Tochter wäre jetzt in diesem Heim und da solle sie auch bleiben und sich eingewöhnen.Sie solle Abstand von mir bekommen und auf eigenen Beinen stehen.Das kann ich auch nachvollziehen, aber sie würde ja nicht bei uns zu Hause wohnen sondern weiterhin in einer Mutter Kind Einrichtung…nur halt in unserer Nähe.Besonders schlimm fand ich das meine Tochter mein Enkelkind dort in dem Heim Nachts im Büro entbunden hat.Anwesend war zu der Zeit auch nur eine sehr junge unerfahrene Nachtwache, die meine Tochter nicht ernst nahm als sie ihr immer sagte sie hätte Bauchschmerzen, die sich nachher als Wehen rausstellten.Kein guter Anfang für eine 17 jährige Mutter.
LG

Da haben Sie wirklich recht. Kein schöner Anfang!
Hoffentlich können Sie jetzt eine gute Lösung bewirken.
Ich wünsche dafür alles Gute und erfolgreiche Gespräche.

Hallo Herr Pfennigschmidt,
gestern war nun der Termin beim Jugendamt. Mit dabei war meine Tochter und die andere Oma meiner kleinen Enkelin.Es lief ganz anders als erwartet.Die Fallsachbearbeiterin vom Jugendamt war viel freundlicher als bei den Hilfeplangesprächen die bis jetzt immer im Mutter-Kind Heim stattfanden.Ich erklärte ihr kurz weshalb wir diesen Termin wollten.Von da an hat sie sich eigentlich ausschließlich mit meiner Tochter unterhalten.Auch sie war zum Glück viel offener als bei den Gesprächen im Heim, wo sie fast immer sehr still war und zum Schluß immer geweint hat. Endlich konnte sie unbefangen erklären warum sie in unserer Nähe sein möchte und warum sie sich in dem Heim nicht wohl fühlt, da sie ständig unter Druck gesetzt wird.Anfangs hatte ich den Eindruck das die Jugendamtsdame nicht so einfach bereit war uns ein Stück entgegen zu kommen.Aber je mehr meine Tochter aus sich herauskam und erzählte ,umso interessierte hörte sie zu und zeigte ein wenig Verständnis.Sie nahm sich geschlagene 1,5 Std für uns Zeit und sagte zum Schluß das sie erst noch mit dem Mutter-Kind Heim reden wird.Dann setzt sie sich mit ihrem Team zusammen und bespricht das alles.Sie könne uns nicht`s versprechen…aber es hätte sie sehr gefreut meine Tochter mal so offen kennen zu lernen.( Verschlossen war sie erst als sie in diesem Heim war :wink: )Die ganzen Paragrafen die ich mir in den endlosen Stunden aus dem KJHG rausgesucht hatte konnte ich gar nicht zur Sprache bringen.Aber ich habe es mir nicht nehmen lassen ihr zum Schluß ein paar Blätter mit zwei Mutter - Kind Heimen und passenden Schulen in unserer Nähe in die Hand zu drücken :smiley:. Vielleicht schaut sie ja mal rein!
LG aus Essen

Hallo zurück nach Essen aus Hanburg!
Ich freue mich riesig, dass sich die Sachlage sichtlich entspannt hat. Einerseits, weil Sie sich sehr gut vorbereitet und informiert haben, andererseits durch die Offenheit Ihrer Tochter. Ich glaube fest an die guten Möglichkeiten der Jugendhilfe - wenn die Mitarbeiter gut informiert und ein gutes Einfühlungsvermögen haben.
Sehr schön - super gelaufen!
Glückwunsch an Sie, Ihre Tochter und ihre Enkelin!!!

Herzliche Grüße
Martin Pfennigschmidt

Späte Antwort: Die Mutter hat ein Wunsch- und Wahlrecht bzgl. des Mutterkindheimes
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/__5.html