Hallo Daniel!
. . . tja, deine Frage ist so herzerfrischend naiv, das ich gar nicht weiss, wo ich anfangen soll . . .
Zunächst mal: ein Chemiker kann nur Sachen finden, die er explizit sucht. Es gibt (leider) keine BlackBox, wo man ein Stückchen reinschiebt, und an deren Ende ein Drucker steht, der alles auflistet. Man muss schon einen Verdacht äußern, den man überprüfen kann.
Und die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Wenn wir mal ein beliebiges Gerät aus Plastik nehmen, dann wären denkbare Kandidaten zur Überprüfung Weichmacher, Flammschutzhemmer, UV-Stabilisatoren, Monomere der Grundformulierung etc. Wohlgemerkt, das sind nicht vier Substanzen, sondern vier Gruppen von Substanzen, in denen es jeweils Dutzende bis tausende von möglichen Stoffen gibt.
Auf so einer Probe könnte ich monatelang drauf rumkochen, Analysen für eine halbe Million Euro durchführen und dennoch am Ende nur sagen: Das und das ist nicht drin. Aber niemand (niemand seriöses) kann dir jemals bestätigen, das es garantiert zu 120% unbedenklich ist - weil es immer noch Substanzen gibt, auf die man nicht getestet hat, an die man nicht gedacht hat, für die es noch gar keine Analysenmethoden gibt.
Als nächstes muss dir klar sein, das es "frei von . . . " nicht gibt. Die Null ist nur eine mathematische Abstraktion, in der Natur kommt sie nicht vor. So wie ich die Dicke eines Haares nicht mit einem Zollstock messen kann, so kann ich Bestandteile im Milliardenstel-Gramm-Bereich nicht mit einer Methode finden, die nur Millionstel-Gramm schafft. Und jede Methode ist irgendwo am Ende - und je genauer sie ist, desto teurer ist sie auch.
Ein Großteil der Lebensmittel- und anderer Skandale der letzten Jahrzehnte lag nicht daran, das jemand plötzlich was reingetan hätte. Es war immer schon da, nur hatte dann ein Wissenschaftler für seine Doktorarbeit die Analysenmethoden verfeinert, woraufhin man es dann erst finden konnte. Beispielsweise Acrylamid in Pommesfett.
Wenn dir jemand sagt, das dieser Stoff nicht drin sein, dann lügt er. Die korrekte Aussage ist immer: kleiner als … - und dann die untere Nachweisgrenze der Methode. So wie ein Haar dünner als ca. 1/2 mm ist - die untere Nachweisgrenze eines Zollstocks.
Damit kommen wir dann zur Definition von „unbedenklich“: Ist dir klar, das Salz (ja, ganz gewöhnliches Kochsalz, das du dir auf die Pommes streust) ein tödliches Gift ist?
So gut wie jede Substanz ist schädlich, die Dosis macht es. Und auch, wenn man alles versucht, diese schädliche Dosis einzugrenzen, so ist dies in Anbetracht der Vielzahl von Substanzen, die eingesetzt werden - und auch natürlich vokommen! - kaum zu schaffen. Und selbst die vorhandenen Grenzwerte sind mit Vorsicht zu betrachten, da man das ja schlecht an Menschen ausprobieren kann, und die Hochrechnung von Tierversuchen (die man ja auch nicht mehr will!) alles andere als unumstritten ist.
Hinzukommt, das man dabei auch nur die einzelnen Substanzen betrachten kann. Abschätzunge wie sie dieser Weichmacher zusammen mit dem Flammschutzhemmer in Kombination mit dem UV-Stabilisator und dann auch noch in verschiedenen Konzentrationen . . . ist in Anbetracht der Abermilliarden denkbarer Kombinationen völlig illusorisch.
Und selbst wenn man das könnte bliebe noch die Frage der Langzeittest, wie wirkt es sich auf deine Kinder oder Kindeskinder aus?
Man versucht wirklich alles, um die technisch unvermeidbaren Substanzen so harmlos wie möglich zuhalten, und von denen auch nur so wenig wie möglich zu verwenden, aber ein gewisses Restrisiko wird es immer geben. Klingt blöd, ist aber so - das Leben ist nun mal nicht ungefährlich.
Und jetzt zur rechtlichen Betrachtung:
Geräte, die in deiner Küche stehen, fallen in die Gruppe der „Lebensmittelbedarfsgegenstände“, die rechtlich geregelt sind und auch von der Überwachung kontrolliert werden. Natürlich gilt alles, was oben gesagt wurde, auch für die Methoden der Überwachung, aber die kennen ihre Pappenheimer. Du kannst dir relativ sicher sein, das das meiste, was in Deutschland so verkauft wird, relativ unbedenklich ist.
Wie gesagt, ein Restrisiko kann niemand ernsthaft ausschließen - und natürlich dürfte das Restrisiko bei chinesischer Ramschware nicht unerheblich höher sein als bei Markenware Made in Germany - auch wenn uns die Werbung etwas anderes glauben machen möchte, Qualität hat nun mal ihren Preis, und derartige Faktoren sind ein klares Qualitätsmerkmal.
Wie auch immer, wenn du dennoch wenigstens mal nach den Kosten derartiger Analysen fragen willst:
Die kompetentesten Ansprechpartner auf dem Migrationsgebiet sind die Kollegen des Instituts Dr. Nehring in Braunschweig und des Instituts Fresenius in Taunusstein.
Aber wenn du dir da wirklich Sorgen machst, kann ich dir nur dazu raten, den ganzen chinesischen Plastik-Krempel aus deiner Küche zu entfernen und durch Markenware zu ersetzen. Möglichst aus Edelstahl, das dürfte das Restrisiko einige Zehnerpotenzen niedriger liegen.
Dafür musst du zwar richtig tief in die Tasche langen, aber eine umfassende Analyse lässt sich realistisch betrachtet nur mit einem Sechser im Lotto bezahlen . . .
Tut mir leid, wenn ich jetzt bei dir und anderen interessierten Lesern ein paar Illusionen zerstört haben sollte, aber unsere Welt ist nun mal alles andere als einfach.
lg, mabuse