Fistel am Oberkiefer

Hallo,

seit einigen Wochen habe ich eine Fistel innen am Oberkiefer. Ausgangspunkt scheint der neuverkronte Zahn zu sein. Dort wurde 1 Jahr vorher eine Wurzelbehandlung gemacht mit anschließender Wurzelresektion von außen. Der Zahn war damals noch einigermaßen okay, deswegen wurde mit der Verkronung gewartet, bis mir vor ein paar Wochen eine Ecke abbrach. Nach der Resektion auch keinerlei Schmerzen oder andere Beschwerden, alles einwandfrei. Nachdem der Zahn verkront worden war, tat sich erst auch nichts, bis auf leichte Biss-Schmerzen, die aber auch vergingen. Dann plötzlich die Beule innen. Der ZA machte die Beule auf, tat Medikamente rein und das Ding war für 5 Tage weg. Dann kam es wieder. Gleiche Prozedur, homöopathisches Mittel bekommen (Silicea), Fistel für 3 Tage weg, nun wieder da.

Jetzt sagt mein Zahnarzt, wir lassen das Teil da. Da es mal ganz klein ist und mal groß und ich eigentlich nicht wirklich Schmerzen habe, will er keinen erneuten Eingriff machen. Ich habe auch noch nicht herausgefunden, durch was sich das Teil vergrößert. Mal kommt es nach dem Essen, mal über Nacht. Und schwillt dann auch wieder ab.

So ewig möchte ich das Ding ja nun nicht behalten und es stellt ja irgendwie auch einen Entzündungsherd dar.

Hat jemand Erfahrungen damit und weiß, wie man die Fistel wegbekommt?

Vielen Dank für eure Antworten.

Servus Maren,

stell’ Dir folgende Horrorsituation vor: irgendwer spritzt Dir täglich eine unbekannte Menge unbekannter Bakteriensuppe in den Körper. Wann gehst Du zur Polizei?

Die wiederkehrenden Schwellungen sind Abszesse. Weil das oft genug vorkommt, hat Dein Körper schon einen Notausgang für den Körper geschaffen (die Fistel) damit er den Eiter, zusammen mit den Erregern, wieder loswerden kann. Das Depot dafür liegt in Deinem wurzelbehandelten Zahn.

Was kann man tun?

  1. Wurzelbehandlung

Das ist schon passiert, offensichtlich ohne Erfolg, denn der Zahn spuckt Bakterien in die Umgebung Deines Zahnes. Prinzipiell kann man eine Revision der Wurzelbehandlung machen. Dazu muß die neue Krone entweder durchgebohrt werden, damit man wieder ran kann, oder die Krone muß runter. Erfolgsaussichten? Bei routinierten KollegInnen, die gute Wurzelnehandlungen können (und sich das auch bezahlen lassen) - nicht schlecht. Ich würde dann vorher nach den Behandlungsstatistiken fragen.

Erneute Resektion?

Nur zusammen mit einer sogenannten ‚retrograden Wurzelfüllung‘. Das heißt, daß die Abdichtung des Zahnes gegen den Körper praktisch ‚von hinten‘ versucht wird. Kann klappen, nachdem die Bakterien dabei nur besser eingesiegelt werden können, ist das eigentliche Problem - eben die verbliebenen Bakterien - damit immer noch nicht weg.

Zahnentfernung?

Damit sind die Bakterien weg, aber der Zahn auch. Danach muß er unter Umständen ersetzt werden. Natürlich gehen ZahnärztInnen UND PatientInnen diesen Weg äußerst ungern, weil vorher ja schon Geduld, Geld und aufwändige Behandlung investiert worden sind.

Kann man deshalb die Hände in den Schoß legen?

Wenn Du Glück hast, ja. Was tust Du z.B., wenn Deine Autowerkstätte Dir mit diesem Satz Dein Auto nach einer Überprüfung Deiner Bremsen zurückgibt?

Mein unmaßgeblicher Ratschlag: laß ihn rausnehmen. Es wird nicht von selber besser und das Geld für eine teure Wurzelbehandlung mit Restrisiko kannst Du schon in eine Brücke stecken.

Kai

Hallo Kai,

danke für die schnelle Antwort. Das sind ja tolle Aussichten :frowning:(.

Was mich irritiert ist, dass der ZA die Wurzel 2x geröntgt hat und da ist nichts zu sehen. Demnach kann es ja eigentlich nicht von der Wurzel kommen.

Und verstehe ich das richtig, dass ich eine erneute Wurzelresektion von der anderen Seite dann selber zahlen muss??? Wenn ja, wieso ist das denn so? Eine Brücke wäre ja nun wirklich das Letzte, nachdem ich schon so viel Geld in die Krone gesteckt habe :frowning:(

Servus Maren,
der Reihe nach:

  1. um das Wurzelende eines resezierten Zahns sieht man im Röntgenbild eine annähernd kreisförmige dunkle Stelle, weil an dieser Stelle ja der Knochen herausgefräst worden ist. Wenn man da ‚Nichts‘ sieht, ist entweder nicht reseziert worden, oder es ist ein anderer Zahn auf dem Bild. %-| Ich habe nach passenden Röntgenbildern gegoogelt, habe aber nix Gescheites gefunden.

  2. Ich hatte nicht gemeint, daß ‚von der anderen Seite‘ reseziert werden könne, sondern an derselben Stelle noch einmal mit anschließendem Verschluß von ‚hinten‘.
    Suchwort wäre ‚retrograde Wurzelfüllung‘

  3. Dein Zahnarzt hat sich wohl in einem Dilemma gesehen: einerseits gab der Zahn keine Ruhe und mußte nach der Wurzelbehandlung reseziert werden, was ja durchaus nicht erwünscht ist, andererseits fing er bereits zu bröckeln an, weswegen eine Krone nötig schien, damit der Zahn sich nicht zerlegt. Vielleicht hätte der ZA noch gerne eine Weile abgewartet, aber von einer zerbröselten Ruine hättest Du auch nichts gehabt. Deshalb die Krone als ‚Zahnerhaltungsmaßnahme‘. (Zahn)ärztliche Voraussicht hat immer Grenzen. Wenn PatienInnen von dieser Tatsache betroffen werden, trifft man als Behandler selten auf Verständnis.

  4. Natürlich ist der Verlust eines eben überkronten Zahnes eine mittlere Katastrophe. Aber - was hättest Du denn hier geschrieben, wenn Dein Zahnarzt gesagt hätte: „Eigentlich müßte ich bei diesem Zahn jetzt eine Wurzelbehandlung machen, aber so etwas geht schon mal schief, mit allen möglichen gesundheitlichen Folgen und Kosten. Ich schlage Ihnen vor, ihn gleich zu ziehen. Das spart Ihnen und mir eine Menge Ärger“?

  5. Das einzige, was mir nicht auch hätte passieren können, wäre der schwachsinnige Einsatz eines homöopathischen Medikaments im Falle einer eitrigen Infektion.

  6. Ich habe ja schon vorsichtig angedeutet, daß nicht jeder gezogene Zahn unbedingt ersetzt werden muß. Normalerweise wird man wegen so etwas von Kollegen zerfleischt. Daß dies nicht der Fall ist, erklärt sich damit, daß hier nur anständige Zahnärzte posten.

  7. Verunsichert bin ich jetzt nur deshalb, weil auf dem Röntgenbild angeblich nichts zu sehen ist. Das paßt nicht mit dem zusammen, was Du anfangs geschildert hast. In solchen Fällen neige ich dann schon sehr zu einer ‚zweiten Meinung‘. Wenn Du Dich traust, sag das Deinem Doc und lass Dir die Aufnahmen mitgeben.

Es tut mir leid, daß ich Dir lauter schlechte Nachrichten schicke - Du kannst mich ja vielleicht mal fragen, wie man das mit der Zahnseide macht, oder so ;-(

Kai

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Hallo Kai,

vielen Dank nochmals für die ausführliche Info. Was du schreibst, klingt sehr plausibel!

Den Zahn nicht zu ersetzen, hmm, nun ich würde dir zustimmen, wenn er ziemlich weit hinten liegen würde und man die Lücke dann nicht sehen würde. Aber es ist der sechste Zahn (von vorn gezählt auf der rechten Seite), und man würde beim Lachen schon sehen, dass da was fehlt :wink:

Das mit der zweiten Meinung klingt gut, das werd ich dann in Angriff nehmen. Im Moment bekomme ich noch Antibiotikum, da ich aufgrund eines Herzklappenfehler (Mitralklappenprolaps) bei solchen Geschichten dieses immer einnehmen muss, leider. Ein Blutcheck bei meinem Hausarzt steht demnächst auch an, da ich schon gern wissen möchte, ob sich da die Entzündung im Blut nachweisen lässt.

Vielleicht sollte ich dir einen Besuch abstatten, du klingst in meinen Augen sehr vertrauenswürdig :smile:)

Gute Zahnärzte zu finden, die die Erhaltung des Zahnes in den Vordergrund stellen, sind leider schwer zu finden, das weiß ich aus eigener Erfahrung.

Liebe Grüße
Maren

Hallo Maren,

der fachlich sehr guten Ausführung von Kai ist kaum etwas hinzuzufügen.
Als ebenfalls Betroffene kann ich nur sagen, dass die Zahnerhaltung an und für sich eine Sache ist, aber die andere auch die Einsicht, dass man damit auch das Gegenteil erreichen kann.
Die Entzündungsherde können, in der Blutbahn verstreut, immer neue Probleme aufwerfen.
Hatte von 8 Jahren ein ähnliches Problem. Nach aufwändiger Wurzelbehandlung hatte dann die „Zahnärztin“ den Zahn lediglich verplompt. 12 Monate später hatte ich an diesem Backenzahn dann eine doppelte Fraktur. Da endlich habe ich eine 2. Meinung eingeholt. Der Zahn war nicht mehr zu retten, zwei Wurzelkanäle waren bei der nach der Wurzelspitzenresektion nachfolgenden Aufbereitung schlichtweg vergessen worden. Über die Folgen einer Verplombung wurde gar kein Wort verloren (solche Zähne - das weiss ich jetzt - müssen immer überkront werden).
Nach einer sehr umfangreichen Vorbesprechung und Erläuterung aller Optionen habe ich mich dann für Implantate entschieden und es bis heute nicht bereut.
Folge dem Rat von Kai, schnellstens eine weitere fachliche Meinung einzuholen und investiere dann in die Zukunft.
Gute Besserung wünscht Bommelmops