Treibstoffablass

Hallo,

hat der Treibstoffschnellablass (feul dumping) in Notfällen immer nur den Zweck das Gewicht zu reduzieren? Plausibel wäre doch auch, dass bei Eintritt eines Notfalles, der zur Landung zwingt, einen eventuell damit verursachten Brand möglichst wenig „Nahrung“ zu geben. Davon ist aber in den entsprechenden Google-Links nicht die Rede. Ist die Brandverhütung also nicht Funktion des Treibstoffablasses? Gibt es neben einen Treibstoff-Schnell-Ablass auch einen „normalen“ nicht schnellen Treibstoffablass, der vielleicht einen anderen Zweck erfüllt?

Vielen Dank
Martin Unterholzner

Hallo Martin,

hat der Treibstoffschnellablass (feul dumping) in Notfällen
immer nur den Zweck das Gewicht zu reduzieren? Plausibel wäre
doch auch, dass bei Eintritt eines Notfalles, der zur Landung
zwingt, einen eventuell damit verursachten Brand möglichst
wenig „Nahrung“ zu geben. Davon ist aber in den entsprechenden
Google-Links nicht die Rede. Ist die Brandverhütung also nicht
Funktion des Treibstoffablasses? Gibt es neben einen
Treibstoff-Schnell-Ablass auch einen „normalen“ nicht
schnellen Treibstoffablass, der vielleicht einen anderen Zweck
erfüllt?

Ein Problem besteht darin, dass das maximale Startgewicht grösser ist als das maximale Landegewicht. Das Fahrwerk muss ja den Stoss bei der Landung abfedern und an die tragende Struktur weitergeben. Wenn also eine vollgetankte Maschine gleich nach den Start wieder landen muss, muss das überzählige Gewicht weg. Also ablassen oder Kreise fliegen.

Wenn man den Sprit ablässt veringert sich die Brandgefahr, aber die Explosionsgefahr erhöht sich dabei.
Ein Voller Tank kann eigentlich nicht explodieren, sondern nur auslaufen und dann in Brand geraten.
Ein leerer Tank ist mit Spritdämpfen gefüllt, wenn da eben Sauerstoff mit drin ist, ist das Gemisch höchst explosiv, was auch schon die Ursache für Flugzeugabstürze war, bei denen die Maschine schon in der Luft explodiert ist (eine davon war eine 747 bei welcher eine Spritpumpe durchgenrannt ist).
Mittlerweile ist man so schlau und ersetzt das Volumen, welches durch den verbrauchten oder abgelassenen Sprit fehlt, nicht mehr mit Aussenluft (welche Sauerstoff enthält), sondern mit Inertgas, eigentlich den Abgasen aus den Triebwerken. Bei Öltankern macht man das schon lange so. Allerdings weiss ich nicht on ältere Maschinen damit nachgerüstet werden.

MfG Peter(TOO)

Hallo,

AFAIK gibt es keinen „normalen“ Treibstoffablass. Auch hat nicht jedes Flugzeug ein System um Treibstoff abzulassen. Wenn das maximale Startgewicht nicht höher (oder in einem tolerierbaren Rahmen höher) ist als das maximale Landegewicht wird ein solches System erst gar nicht eingebaut. Damit kann man auch das weit verbreitete Gerücht entkräften, dass Flugzeuge angeblich standardmäßig Treibstoff vor der Landung ablassen.

Ciao
Kaj

Hi,

Ein Problem besteht darin, dass das maximale Startgewicht
grösser ist als das maximale Landegewicht. Das Fahrwerk muss
ja den Stoss bei der Landung abfedern und an die tragende
Struktur weitergeben.

Das eigentliche Problem ist aber nicht die Belastung bei der Landung selbst, sondern das Abbremsen der hohen Masse.
Für ein vollgeladenes, mit dem maximalen Startgewicht gestartetes Flugzeug ist es unter Umständen nicht möglich auf der zur Verfügung stehenden Bahn zum Stehen zukommen.

Das Spritablassen dient dazu die kinetische Energie zuverringern und den Bremsweg zu verkürzen.

Grüße
Felix

So nicht richtig!

Das eigentliche Problem ist aber nicht die Belastung bei der
Landung selbst, sondern das Abbremsen der hohen Masse.
Für ein vollgeladenes, mit dem maximalen Startgewicht
gestartetes Flugzeug ist es unter Umständen nicht möglich auf
der zur Verfügung stehenden Bahn zum Stehen zukommen.

Das Spritablassen dient dazu die kinetische Energie
zuverringern und den Bremsweg zu verkürzen.

Grüße
Felix

Hallo Felix,

das ist so nicht richtig. Sicherlich kommt ein reduziertes LAW auch den Bremsen zu Gute, der vorrangige Grund liegt aber tatsächlich in der Strukturbelastung bei der Landung.

Gruß,

Nabla

1 Like

Hallo Nabla,

Tja, ich hätte Stein und Bein schwören können, dass… Aber in diesem Fall vertrau ich dir mehr als mir :wink:

Zwei kleine Fragen dazu:
Wie hoch ist der Einfluss des Gewichts auf die Landestrecke? Meiner Meinung nach sollten sich solche Treibstoffmengen wie sie Langstreckenflugzeuge mitnehmen doch sehr deutlich bemerkbar machen (auch bei einer möglichen Landung mit abschließendem starkem Bremsen).

Ist die Strukturbelastung ein tatsächlich existierendes Problem oder will man diesbezüglich nur kein Risiko eingehen und verringert vorsorglich das Gewicht? (hoffe man kann den Sinn der Frage verstehen…)

Gruß und danke für eine Antwort
Felix

Wie hoch ist der Einfluss des Gewichts auf die Landestrecke?

Aus F=m*a und v=t*a bekommt man

t=v*m/F.

t=Zeit, F=Schubkraft, m=Masse, a=Beschleunigung

Also ist die Zeit proportional zu Masse, Geschwindigkeit und Beschleunigung (bzw. Verzögerung, is ja das Gleiche).

Ist die Strukturbelastung ein tatsächlich existierendes
Problem oder will man diesbezüglich nur kein Risiko eingehen
und verringert vorsorglich das Gewicht?

Die Hersteller limitieren das MLW nicht ohne Grund. Der Landestoß ist nicht ohne, erst recht nicht wenn man z.B. nur mit einer Seite aufkommt (Seitenwind). Da geht schon ein Ächzen durchs Gebälk.

Gruß,

Roland
(arbeitet beim größten Zivilflugzeug-Hersteller der Welt!)

Ein paar Zahlen…
Hallo Felix,

ich habe mal ein paar Zahlen vom A300 zusammengesucht. Vorweg die Rahmenparameter: Das Dry Operating Weight beim A300 liegt bei ca. 90 Tonnen, das Max Take Off Weight bei 165t, das Max Landing Weight bei 138t.
Nachfolgend die Daten: Gewicht - Approachspeed (Vref 30/40) - Req FAR Field Length (dry Runway, no wind)

100t - 117kt - 1200m
120t - 126kt - 1320m
130t - 130kt - 1390m
140t - 135kt - 1490m
150t - 140kt - 1600m
165t - 147kt - ~1900m

Du siehst, alleine schon zwischen 100t und 150t verdoppelt sich das Gewicht, während die Landestrecke lediglich um 33% anwächst. Die Speeds bewegen sich ebenfalls im normalen Bereich, da wir durch Windzuschläge von bis zu 20kt ebenfalls oft Approachspeeds von über 140kt, teilweise auch von über 150kt haben.

Die Strukturbelastung ist also tatsächlich der limitierende Faktor. Auf dem A300 wird z.B. bei einer Overweight Landing die Vertikalgeschwindigkeit beim Aufsetzen von max 360 Fuß/Minute vorgeschrieben. Ob es primär die Stoßkräfte selbst sind oder aber wie von Roland erwähnt, die mit einem evtl. Stoß verbundenen Scher- und Seitekräfte, kann ich Dir nicht beantworten, daß müßte ein Strukturfachmann tun.

Gruß,

Nabla

Hallo Nabla,

Die Strukturbelastung ist also tatsächlich der limitierende
Faktor. Auf dem A300 wird z.B. bei einer Overweight Landing
die Vertikalgeschwindigkeit beim Aufsetzen von max 360
Fuß/Minute vorgeschrieben.

Die Sinkgeschwindigkeit begrenzt die vertikalen Kräfte welche über das Fahrwerk übertragen werden. Das Fahrwerk federt diese aber ab, sodass physikalisch kein „harter Schlag“ entstehen kann.

Ob es primär die Stoßkräfte selbst
sind oder aber wie von Roland erwähnt, die mit einem evtl.
Stoß verbundenen Scher- und Seitekräfte, kann ich Dir nicht
beantworten, daß müßte ein Strukturfachmann tun.

Die Scherkräfte bei Seitenwind sind dann ein anderes Problem. Hier ist das Fahrwerk ja steiff und das Hauptfahrwerk will eigentlich geradeaus fahren, sodass es nur wegknicken kann, wenn die Last zu gross wird.
Die dabei auftretenden Kräfte sieht man nach einer entsprechenden Landung auch an den Reifen. Nach einer entsprechend „schrägen“ Landung können vor dem Start neu montierte Reiffen, ganz schön alt aussehen. Diese Kräfte werden als Scher- und Torosionskräfte zwangsweise über das Fahrwerk übertragen.

MfG Peter(TOO)

Die Strukturbelastung ist also tatsächlich der limitierende
Faktor. Auf dem A300 wird z.B. bei einer Overweight Landing
die Vertikalgeschwindigkeit beim Aufsetzen von max 360
Fuß/Minute vorgeschrieben.

Die Sinkgeschwindigkeit begrenzt die vertikalen Kräfte welche
über das Fahrwerk übertragen werden. Das Fahrwerk federt diese
aber ab, sodass physikalisch kein „harter Schlag“ entstehen
kann.

Hallo Peter,

richtig, in der Theorie kommt das hin - leider hat Mutter Natur aber in ihrer unendlichen Vielfalt dem Wind Böen und Fallwinde geschenkt, so daß alles Bemühen des Menschen nur begrenzt limitierend auf die Vertikalgeschwindigkeit wirken kann… :wink:

Gruß,

Nabla

Uhu Nabla,

richtig, in der Theorie kommt das hin - leider hat Mutter
Natur aber in ihrer unendlichen Vielfalt dem Wind Böen und
Fallwinde geschenkt, so daß alles Bemühen des Menschen nur
begrenzt limitierend auf die Vertikalgeschwindigkeit wirken
kann… :wink:

Du musst halt nur richtig fliegen :wink:))

Technisch betrachtet musst du das so tun, dass du die Sinkrate auch bei Fallwinden nicht überschreitest.

Immer diese unfähigen Praktiker, welche sich nicht an die Theorie halten.

Aber bei entsprechenden Wind- und Gewichtsverhältnissen muss die Sinkrate ja auch angepasst werden.

MfG Peter(TOO)

Die Sinkgeschwindigkeit begrenzt die vertikalen Kräfte welche
über das Fahrwerk übertragen werden. Das Fahrwerk federt diese
aber ab, sodass physikalisch kein „harter Schlag“ entstehen
kann.

Ich habe da schon so manches durchgeschlagenes Federbein gesehen. Da half nur noch auswechseln. Wenn das kein „harter Schlag“ war …

Manfred