Haben Tiere eine Seele ?

Hi @All.

Wie sehen das die verschiedenen Religionen ?

Wenn ein Tier keine Seele besitzt, fehlt ihm dann der
Draht zu ‚Gott‘ ?

Oder geht es ‚Gott‘ oder wem auch immer nur um den
Menschen ?

???
voller Fragen,

Jump

Hi Jump,

der Evolutionstheorie folgend müssen Tiere zwangsläufig eine Seele haben.
Es ist für die Menschen sehr beschämend, Tieren eine Seele abzusprechen, wenn sie selbst nicht in der Lage sind, ihre eigene Seele zu verstehen. Wie kann ein Mensch positiv feststellen, dass Tiere keine Seele hätten?

Gruß,
Francesco

Hallo Jump

Wie sehen das die verschiedenen Religionen ?

Wenn ein Tier keine Seele besitzt, fehlt ihm dann der
Draht zu ‚Gott‘ ?

Oder geht es ‚Gott‘ oder wem auch immer nur um den
Menschen ?

Die Bibel macht dazu keine Aussagen, sie stellt den Menschen lediglich als den Verwalter des Tierreiches dar. Durch den Sündenfall nehmen die Menschen diese Rolle aber sehr schlecht wahr.

Verschiedene christliche Strömungen haben diese Frage verschieden beantwortet, in früherer Zeit zu oft in Richtung der Ausbeutung von Tieren. In neuerer Zeit schwimmt die evangelische Kirche ziemlich auf der modernen Welle mit, Tiere sehr viel ernster zu nehmen.

Aber persönlich stellt sich für all die, die schon einmal einen Hund oder eine Katze besessen haben, diese Frage gar nicht. Ich brauche mir unsere Katzen nur anzusehen, da ist mir klar, daß sie eine Seele haben, wenn auch „nur“ eine, die ihrer Gehirnentwicklung entspricht. Allerdings bin ich auch der Meinung, daß es keiner Seele bedarf, um Kontakt mit Gott zu haben, sondern im Gegenteil, es bedarf einer Seele, um sich von Gott zu unterscheiden.

Gruß
Thomas

Hallo Sprung,

die Bibel macht sehr wohl klare Aussage zu diesem Thema.
In meiner bevorzugten Übersetzung (Neue Welt-Überstetzung) steht in 1. Mose 1:20,21
20 Und Gott sprach weiter: „Die Wasser sollen ein Gewimmel lebender Seelen hervorwimmeln, und fliegende Geschöpfe mögen an der Vorderseite der Ausdehnung der Himmel über der Erde fliegen.“ 21 Und Gott ging daran, die großen Seeungetüme zu erschaffen und jede lebende Seele, die sich regt, die die Wasser hervorwimmelten, nach ihren Arten und jedes geflügelte fliegende Geschöpf nach seiner Art. Und Gott sah dann, daß [es] gut [war].
In den Versen 24 und 30 werden wiederum die Tiere als lebendige Seelen bezeichnet.

Das hebräische Wort, das hier mit Seele übersetzt wird, ist das Wort „Néphesch“.

In einer alten Lutherübersetzung lautet der gleiche Absatz
20 Und Gott spracH: Es errege sich das Wasser mit webende und lebendigen Tieren, und Gevögel fliege auf Erden unter der festen des Himmels
21 Und Gott schuf große Walfische und allerlei Getier, das da lebt und webt, davon das Wasser sich erregte ein jegliches nach seiner Art. Und Gott sah, daß es gut war.

Interessanterweise wird das gleiche Wort Nephesch bei Luther später in 2.Mose 2:7 mit Seele übersetzt.
Und also ward der Mensch eine lebendige Seele

Zusammengefasst bedeutet dies, dass in der Bibel sowohl Menschen als auch Tiere lebendige Seelen sind. Ein Unterschied wird allenfalls vom Übersetzer gemacht.

Der Gedanke von einer Trennung vom Körper und Seele ist auch kein ursprünglicher Bestandteil vom Juden- und Christentum, sondern floß es später aus den griechischen Philosophien über.

Gruß
Carlos

Thomas von Aquin
Hallo,

Wie sehen das die verschiedenen Religionen ?

für die katholische Kirche kann Thomas von Aquin als maßgeblich gelten.

Wenn ein Tier keine Seele besitzt, fehlt ihm dann der
Draht zu ‚Gott‘ ?

Dass Tiere eine Seele haben, setzt Thomas von Aquin einfach voraus. Die Frage ist für ihn lediglich, welcher Art diese Seele ist und wodurch sie sich von der menschlichen Seele unterscheidet.

Während er z. B. nachzuweisen versucht, dass der Mensch eine selbständige Seele hat, meint er bei den Tieren bloß eine vom Körper abhängige Seele zu erkennen. (S.th. I, 75, 3)
Während er dem Menschen eine (freien) Willen im Sinne einer vollkommenen Zweckerkenntnis zuerkennt, bezeichnet er die Tiere als Inhaber einer un vollkommenen Zweckerkenntnis. (S. th. II, 6, 2)
Nach ihm haben Tiere einen „Instinkt“, der beim Menschen aber zur (keineswegs etwa höherwertigen, sondern nur andersartigen) „Absicht“ wird. (S. th. II, 12, 5)
Somit haben Tiere (im Gegensatz zum Menschen) auch keine Wahl.
(S. th. II, 13, 2)

Soweit der Hausheilige der katholischen Kirche.

Herzliche Grüße

Thomas Miller (nicht von Aquin!)

Seele und Gefühle
Hi Jump,

wenn es stimmt, dass der Schöpfung ein Schöpfungsprinzip - nennen wir es Gott - zugrunde liegt, dann kann man annehmen, dass sich der göttliche Wille in den Produkten seines Schaffens äußert. Göttlichkeit wohnt also der Schöpfung inne. Daher kann es nach dieser Sichtweise gar keinen Unterschied machen, ob es sich um eine genetische Frühform oder um eine Weiterentwicklung handelt. Die göttliche „All“-Seele manifestiert sich in allem.

Das Christentum scheint sich da durch seinen Dualismus von „hier sündiger, unvollkommener Mensch“ - „dort der allmächtige, perfekte Schöpfer“ schwerer zu tun als asiatische Religionen und Weltanschauungen.

Für den westlichen Menschen, der sich im Zusammenhang mit der Seele eher an die individuellen Gefühle klammert, scheint der Zugang eher über die Erkenntnis möglich zu sein, dass Tiere genauso fühlen wie Menschen.

Siehe dazu „Animalisches Inferno“
http://www.b-treude.de/tiergefuhle.htm

Burkhard Treude

ja, eine tierseele.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass in der Bibel sowohl
Menschen als auch Tiere lebendige Seelen sind. Ein Unterschied
wird allenfalls vom Übersetzer gemacht.

das stimmt so nicht.

schauen wir noch einmal:

  1. moses, 1:20:
    und gott sprache, die wasser sollen wimmeln von lebenden wesen (nefesch chaja), vögel usw.

dann weiter unten in 2,7:
und gott schuf den menschen, er bildete ihn aus dem staub aus dem boden, und blies in seine nase den lebensatem, neshamat chajim.

neshama heißt die seele, und zwar nur die menschliche.

Während er dem Menschen eine (freien) Willen im Sinne einer
vollkommenen Zweckerkenntnis zuerkennt, bezeichnet er die
Tiere als Inhaber einer un vollkommenen Zweckerkenntnis.
Nach ihm haben Tiere einen „Instinkt“…

Hallo Thomas,

der freie Wille mit vollkommener Zweckerkenntnis entspricht einem idealisierten Menschenbild. Zusammen mit dem „Instinkt“ der Tiere, auch wenn man diesen nicht geringer bewertet, wird daraus eine entstellende bis falsche Folgerung.

Versteht man unter Instinkt triebgesteuertes Verhalten, läßt sich der grundsätzliche Unterschied zwischen Mensch und Tier schon nicht mehr ohne weiteres konstruieren. Einfache Beobachtung zeigt aber, daß bei Mensch UND Tier das Verhalten sowohl triebgesteuert als auch dem nicht zwangsläufigen, somit dem mehr oder weniger freien Willen unterliegt.

Die Beobachtung zeigt auch, daß Tiere sogar abwägen können. Das zeigt sich z. B. in außergewöhnlichen Gefahrensituationen. Eine Hündin ignoriert weitgehend eigene Verletzungen, um z. B. ihr Junges zu retten. Das macht sie aber nicht um jeden Preis. Weitere Beispiele sind müßig. Es gibt zu viele davon. Ein Tier kann Trauer empfinden, Freude und Schmerz, kann kommunizieren, mit List und Hinterlist ein Ziel verfolgen, kann treu sein oder auch betrügen, kennt Zuneigung und Liebe ebenso wie Abneigung, kann lernfähig oder auch lustlos sein…beliebig fortsetzbar.

Ein Beispiel doch noch: Es ist gründlich falsch, im Verhalten balzender junger Männer Ähnlichkeiten mit dem Tierreich zu erkennen. Vielmehr ist unschwer IDENTISCHES Verhalten bei geringfügig unterschiedlicher Wahl der Mittel zu erkennen.

Die Frage, ob Tiere eine Seele haben, kann nur aus einem degenerierten und der Natur völlig entfremdeten Hirn kommen. Die Aussage, es gäbe keine dummen Fragen, wird Lügen gestraft. Die Frage, sofern sie von einem erwachsenen Menschen kommt, soll entweder provozieren oder ist mit Verlaub ein Indiz für Dummheit.

Sollte Letzteres zutreffen, befindet sich der Fragesteller in bester Gesellschaft. Dem Tier die Instinktsteuerung zuzuschreiben - selbstredend ohne Bewertung - ist eine beliebte Methode zur Rechtfertigung des Umgangs mit Tieren.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,

Die Frage, ob Tiere eine Seele haben, kann nur aus einem
degenerierten und der Natur völlig entfremdeten Hirn kommen.
Die Aussage, es gäbe keine dummen Fragen, wird Lügen gestraft.
Die Frage, sofern sie von einem erwachsenen Menschen kommt,
soll entweder provozieren oder ist mit Verlaub ein Indiz für
Dummheit.
Sollte Letzteres zutreffen, befindet sich der Fragesteller in
bester Gesellschaft. Dem Tier die Instinktsteuerung
zuzuschreiben - selbstredend ohne Bewertung - ist eine
beliebte Methode zur Rechtfertigung des Umgangs mit Tieren.

abgesehen davon, dass mir deine Ausdrucksweise etwas unpassend vorkommt, meinte ich, mich deutlich genug von Thomas von Aquin distanziert zu haben. Bei der Frage nach der „Seele“ und der Frage nach der „Freiheit“ werden gleich zwei hochkomplizierte Dinge in einer viel zu einfachen Form thematisiert.

Gefragt wurde ja auch nach der Meinung der Religionen. Mein Beispiel galt hier dem Katholizismus.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

falsches brett :smile:
gefragt war eine religiöse oder religionsphilosophische antwort und keine lektion in biologie. die annahme, der mensch wäre nur ein tier, ist ideologisch, wenn auch modern. zudem halte ich diese einstellung für gefährlich, weil sie die notwendigkeit einer rechtlichen und ethischen sonderstellung des menschen abstreitet und somit alles, was unter den begriff menschenrechte fällt, ad absurdum führt. daß der mensch auch ein tier ist, dem stimme ich absolut zu! *g*

Hallo Lehitraot,

vielleicht kann ich ja nicht lesen, aber ich erkannte zwei Fragenkomplexe: Haben Tiere eine Seele und wie stehen die Religionen dazu.

Mindestens die erste Frage hat mit religiösen Aspekten nicht so arg viel zu tun. Insofern mag es das falsche Brett sein, wobei das dann schon für die Fragestellung gilt.

…halte ich diese einstellung für gefährlich, weil sie die
notwendigkeit einer rechtlichen und ethischen sonderstellung
des menschen abstreitet und somit alles, was unter den begriff
menschenrechte fällt, ad absurdum führt.

Nun wirds aber bunt. Wir können doch die Kenntnisnahme von Sachverhalten in der Natur nicht von anderen Aspekten, schon
überhaupt nicht von rechtlichen, also von Menschen gemachten Erfordernissen, abhängig machen. Zur Beurteilung sind biologische Lektionen durchaus geeignet, religionsphilosophische Betrachtungen eher nicht. Diese Einschätzung wird nicht schon dadurch falsch, daß mindestens in der katholischen Kirche die Ignoranz naturgegebener Sachverhalte Tradition hat.
Im übrigen ist nicht zu erkennen, daß durch die Kenntnisnahme der Eigenschaften und Fähigkeiten von Tieren die Menschenrechte auch nur berührt werden. Es gerät lediglich eine Art der Argumentation in Gefahr, die stets die beliebige Verfahrensweise mit Tieren zum Ziel hat.

Die Denkweise erinnert mich spontan an einen amerikanischen Bundesstaat. Denen kam die Zahl Pi zu kompliziert vor und sie wollten per Gesetz auf 'ne glatte 3 runden. Diese Kraft hat kein Gesetz, kein vermeintlicher Sachzwang und keine Religion, daß sich damit Vorgaben der Natur verbiegen ließen.

Gruß
Wolfgang

PS: Bisher lernte ich Dich als angenehm klaren Kopf kennen und schätzen und hoffe, Dein Einwurf war als Satire zu verstehen.

PS: Bisher lernte ich Dich als angenehm klaren Kopf kennen und
schätzen und hoffe, Dein Einwurf war als Satire zu verstehen.

nein war keine satire… mich stört bloß der überhandnehmende biologismus ein wenig. sogar da wo er gar nicht hingehört, wird er einem aufgedrückt. dieses brett meine ich damit im besonderen. und ethische diskussionen im allgemeinen.

ich bleibe weiterhin ein klarer kopf :smile:

Seele - religionsgeschichtlich
Hi Jump

Wie sehen das die verschiedenen Religionen ?

Die anderen beiden Unterfragen erledigen sich wohl von selbst mit dieser ersten, da sowohl ein Seele-Begriff wie auch ein Gottesbegriff immer nur innerhalb eines bestimmten religionssprachlichen Raumes betrachtet werden können.

Die Frage selbst „Haben Tiere eine Seele…“ würde ich, um mißverständliche Diskussionen zu umgehen, vielleicht so formulieren:
„Welche ‚Seele‘-Begriffe gibt es in verschiedenen religiösen oder philosophischen Konzeptionen und beziehen sich diese nur auf den Menschen oder auch auf andere Lebenwesen?“

Dabei ist es, wie bei allen religiösen (und auch philosophischen) Begriffen, immer das Problem, den Begriff „Seele“ zunächst in anderen Sprachen bzw. Denksystemen überhaupt zu identifizieren. Denn schnell wird etwas mit „Seele“ übersetzt, das aber gar nicht dem Begriff entspricht, wie er im deutschsprachigen Raum verwendet wird - abgesehen davon, daß selbst dieser keineswegs eindeutig ist.

Allgemein kann man sagen, daß Seelenbegriffe in der Geschichte aller bekannten Kulturen häufig etwas mit Dämonologie (also im weiteren Sinne etwas mit archaischer „Psychologie“) zu tun haben, auch mit Krankheits- bzw. Heilungstheorien (im sibirischen Schamanismus z.B.) und mit Todesvorstellungen (die ka’ in Ägypten), mit Gefühlen im weiteren Sinne ebenfalls (germanische Vorstellung vom Austausch der Seelen zweier Liebender), mit Theorien des Träumens und der Phantasie (Tibet, Sibirien, Australien…), und mit der Formulierung höchster Lebensziele (Integration des individuellen atman mit dem universellen brahman im frühen Hinduismus). Darüberhinaus aber auch mit physischem, sinnlichen Leben überhaupt: und damit kommt tatsächlich auch die Pflanzen- und Tierwelt in die Seelenvorstellungen mit hinein.

Die Schwierigkeit eines Vergleichs der Vorstellungen liegt - neben den Übersetzungsproblemen der Bezeichnungen - auch in deren ungeheuerer Vielfalt und Komplexität. So gibt es im antiken chinesischen Kuan-Jin-Zi fünf verschiedene Begriffe für Seelenartiges ‚hun‘, ‚poh‘, ‚shen‘ (= ungefähr ‚spiritus‘), ‚guei‘ (= ungefähr ‚dämon‘) und ‚zing‘ (= ungefähr ‚äther‘). In einigen Stämmen Sibiriens wird unterschieden zwischen einer „Seele“, die sich - wie man es in der Phantasie tut - an einen anderen Ort begeben kann (wenn die von einem Dämon gefangen wird, wird man krank), einer, die im Traum den Körper verläßt und beim Erwachen zurückkommt, und einer, die den Körper beim Tod verläßt. Die griechische ‚psyche‘, die dem lebenden Menschen prä- und postexistent ist, und von der sich die wesentlichen Züge christlicher Seelenbegriffe herleiten, steht also nicht allein in der Weltgeschichte.

Die ‚seola‘ (von der ‚Seele‘ kommt) im germanischen Raum ist mit der gotischen ‚saivala‘ identisch, die manche Autoren von ‚saivs‘ (= die See) ableiten. Andere sehen die Wortverwandtschaft mit griech. ‚aiólos‘ (= leicht beweglich). Diese seola ist etwas, das „im“ Menschen ist, und das ihn auch verlassen kann, insbesondere wenn er stirbt. Dann kann sie auch in andere Lebenwesen überspringen: Pflanzen (Blume, Baum) oder Tiere (Schlange, Maus und besonders Schmetterling und Vogel, in welcher Gestalt die seola wohl meistens eh gedacht wurde).

Sie hat aber auch eine enge Verwandtschaft mit anderen dämonologischen Wesen: So kann sie z.B. als ‚irwisch‘ (Irrlicht) auf dunklen Pfaden und im Moor ihr Unwesen treiben und Wanderer auf Irrwege locken (wie der ‚butz‘).

Von dieser seola (femininum), die nur dem Menschen zukommt, ist das ‚ferah‘ (neutrum, altnordisch ‚fiör‘) zu unterscheiden, das im Sinne von Leben, Lebenskraft allen Lebewesen zukommt, sogar in dem gotischen ‚fairhvus‘ die Bedeutung „Welt aller Lebewesen“ annimmt. ‚ferah‘ ist sprachlich verwandt mit altpersisch ‚ferver‘ („Geister“, „Seelen“).

Auch der ‚ahma‘ (masculinum, verw. mit ‚anima‘, noch vorhanden im nach-‚ahmen‘) und der ‚atum‘ (davon ‚Atem‘, verw. mit sanskr. ‚atman‘) hat eher die Bedeutung „Lebenskraft“: Er ist das, was aus dem Körper entweicht, wenn dieser stirbt.

Das ‚getwas‘ (‚geist‘, Gespenst), wird erst relativ spät als „Geist“ zu einer Vokabel, die das lat. ‚spiritus‘ und ‚mens‘ (Vernunft) und das griech. ‚nous‘ (Vernunft, Denkvermögen) und ‚pneuma‘ (Wind, ‚Geist‘) übersetzt, und das dann im Deutschen Idealismus zum philosophischen Terminus wird.

Lat. ‚spiritus‘ (zu ‚spiro‘ hauchen), ‚anima‘, ‚animus‘ (verw. mit griech ‚anemos‘ Wind, aber Stammwort zu ‚animal‘ Lebewesen), griech. ‚psyche‘ (von ‚psycho‘ hauchen), ‚pneuma‘ (zu ‚pneo‘ wehen), ‚nous‘, altindisch ‚atman‘, auch die unten schon schon zitierte hebräische ‚neshamah chajjim‘ (Odem des Lebens): alles das sind Wörter im Bedeutungsraum „Atmen, Luft, Wind“. Insofern beziehen sie sich alle auf lebende Wesen.

Aristoteles hat dies Definition für ‚psyche‘ auf den Punkt gebracht: „Die erste Wirklichkeit (entelécheia) physischer Körper, die der Möglichkeit nach Leben haben“.

„Lebendes Wesen“ ist dementsprechend auch das unten erwähnte hebräische ‚näphäsh chajah‘ eher als „lebende Seele“. Aber bereits die Septuaginta übersetzt dieses Wort mit ‚psyche zosa‘, lebende Psyche. Wichtig für die Interpretation von 1. Mos. 2.7 ist, wenn man hier schon ‚näphäsh‘ unnötigerweise mit „Seele“ übersetzen will, daß dann der Mensch hier ‚näphäsh‘ IST, und nicht eine ‚näphäsh‘ HAT. ‚näphäsh‘ hat eine noch nicht geklärte Etymologie. Ursprünglich ist wohl „Kehle“ damit gemeint (siehe Ps. 69.2 "…das Wasser geht mir schon ‚al-näphäsh‘ bis zur Kehle). Aber ‚näphäsh‘ in 1. Mos. 9.4 deutet an, daß es, d.h. das Leben, nach israelitischer Auffassung seinen Sitz im Blut hat.

Womit wir bei einem ganz anderen Ausdruck von „Seele“ wären: nämlich dem des (schlagenden) Herzens griech. ‚kardia‘, lat. ‚cor‘. Das Herz - obgleich der am deutlichsten physische, biologische Ausdruck für Seelisches - steht, wo immer er benutzt wird, für „psychologisches“ im eigentlichen Sinne, für Emotionales, für das Gefühlsleben, die Selbstreflexion, die subjektive Befindlichkeit. Die (meiner ganz subjektiven Einschätzung nach) literaturgeschichtlich wichtigste Äußerung mit diesem Ausdruck „Herz“ findet sich in 1. Joh. 3.19 (mit einer etwas komplizierten Satzkonstruktion) „Und daran werden wir erkennen, daß wir ‚aus der Wahrheit‘ sind, und bringen vor ihm (in seiner Gegenwart) unserer Herz zur Ruhe, daß, wenn uns unser Herz auch verdammt, der Gott größer ist als unser Herz und er alles weiß“.

Interessant aber, daß Wörter, die mit „Leben“ im eigentlichen Sinne zu übersetzen wären, in vielen Sprachen ganz andere sind: lat. ‚vita‘, griech. ‚zoe‘ und ‚bios‘, hebr. ‚chajim‘.

Zusammenfassend kann man sagen, daß in den meisten Kulturen diejenige „Seele“, die ein Wesen zu einem „lebenden Wesen“ macht (ob Pflanze oder Tier), auch dem Menschen zukommt. Daß dem Menschen aber noch (mindestens) eine andere Art von „Seele“ zukommt, die ihn zum Menschen macht (und daher zu etwas anderem als ein Tier - womit aber meist nur eine andere Betrachtungsweise gemeint ist, nicht unbedingt ein „höherer“ Rang). Ferner, daß diese menschliche „Seele“ eher Verwandschaft mit „Dämonen“ hat, also mit Wesen, die ausschließlich immateriell sind, die sich aber anderer Lebewesen bedienen können, bzw. sich in sie hineinbegeben - und sie wieder verlassen - können.

Die europäische Philosophiegeschichte der Seelenbegriffe hab ich hier mal ausgelassen. Sie läuft einen komplizierten Entwicklungsweg über Augustinus, Plotin, die scholastischen Theorien, die deutsche Mystik (incl. später J. Böhme), Descartes und der Beginn des sog. Leib-Seele-Problems, Leibniz, die Materialisten (d’Holbach, Lamettrie) bis hin zu Wundt’s Aktualitätstheorie, nach der die Seele nur in ihren Abläufen, Funktionen besteht und nicht außerhalb seelischer Vorgänge eine selbständige Existenz besitzt. Ja und dann noch die Geschichte der Psychologie bis heute, in der ein „Ding“ wie „Seele“ oder „Psyche“ eigentlich überhaupt nicht vorkommt.

Gruß
Metapher

Hallo Lehitraot,

bitte schau noch einmal nach

  1. moses, 1:20:
    und gott sprache, die wasser sollen wimmeln von lebenden wesen
    (nefesch chaja), vögel usw.

In der Studienversion meiner Bibel steht hier;
néphesch chajjáh.

dann weiter unten in 2,7:
und gott schuf den menschen, er bildete ihn aus dem staub aus
dem boden, und blies in seine nase den lebensatem, neshamat
chajim.

In der Studienversion meiner Bibel steht hier wiederum;
nischmáth chajjím. Auch hier sehe ich keinen Widerspruch.

Aber im zweiten Teil des Verses steht der Ausdruck, auf den ich mich bezog;
lenéphesch chajjáh. Dies soll lebende Seele bedeuten.

Der gleiche Ausdruck néphesch chajjáh wird im 1.Mose 1:30 wird auf das Tierreich angewandt.

Habe ich da etwas falsch verstanden?

Gruß
Carlos

neshamah
HI lehitraot

…und blies in seine nase den lebensatem, neshamat chajim.
neshama heißt die seele, und zwar nur die menschliche.

Wie Du selbst schriebst: „…neshamat chajim“, „…den Hauch/Odem des Lebens“. neshamah ist weitgehend synonym zu ruah, wie Ps. 104.29.30 z.B. zeigt. Deshalb übersetzt die Septuaginta hier korrekt mit πνοη ζωης pnoe zoes = dito.

Gruß
Metapher

näphäsh … psyche
Hi Carlos

Aber im zweiten Teil des Verses steht der Ausdruck, auf den ich mich bezog;
lenéphesch chajjáh. Dies soll lebende Seele bedeuten.

Da die Septuaginta „wajehi … lenäphäsh chajjah“ mit „εγενετο … εις ψυχην ζωσαν“ (wurde … zu einer lebenden psyche) übersetzt hat, wird seitdem sehr häufig auch im Deutschen hier „wurde … zu einer lebenden Seele“ geschrieben. Aber es gilt nur ganz bedingt „psyche“ = „Seele“, denn die griech. psyche meinte etwas ganz anderes, als das, was heutzutage christlich unter „Seele“ verstanden wird. Man kann es grob so verstehen: psyche ist das, wodurch ein lebender physischer Körper „der sinnlichen Wahrnehmung fähig“ wird. So jedenfalls die aristotelische Bedeutung ungefähr. Aber auch die platonische psyche, die ebnfalls zur Zeit der Septuaginta noch aktuell war, die also im Körper gefangen ist und im Tode wieder frei wird, ist dasjenige im Menschen, das ihn zum „sehen“ der Ideen befähigt und das ihn zu einem denkenden Wesen macht. Aber auch das ist mit näphäsh nicht gemeint…

Der gleiche Ausdruck néphesch chajjáh wird im 1.Mose 1:30 wird auf das Tierreich angewandt.

… genau deshalb nämlich!

Zur Bedeutung und Etymologie von näphäsh siehe mein Posting „Seele…“ oben.

Gruß
Metapher

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THX @ALL
Hallo an Alle.

Habt dank fuer eure interessanten Postings.

Der Suchende Jump.

In der Studienversion meiner Bibel steht hier;
néphesch chajjáh.

In der Studienversion meiner Bibel steht hier wiederum;
nischmáth chajjím. Auch hier sehe ich keinen Widerspruch.

neshama kommt eben nur in bezug auf den menschen vor. nefesch haben beide, tier und mensch.

was bitte ist eine studienversion? ich dachte es gibt nur eine version der bibel.

ps: es heißt natürlich nischmat im constructus und nicht neshamat… hab ich zu schnell gelesen! :smile:

neshamah ist weitgehend synonym zu
ruah, wie Ps. 104.29.30 z.B. zeigt. Deshalb übersetzt die
Septuaginta hier korrekt mit πνοη
ζωης pnoe zoes = dito.

möglich. meines wissens nach ist neschama das, was den menschen vom tier unterscheidet. ich kann ja mal genauer nachsuchen. und daß tieren eine ruach zugestanden wird, kann ich mir auch ganz schwer vorstellen. ruach hat ja auch gott, das was ganz am anfang über dem wasser schwebt.

neshamah ist weitgehend synonym zu
ruah, wie Ps. 104.29.30 z.B. zeigt. Deshalb übersetzt die
Septuaginta hier korrekt mit πνοη
ζωης pnoe zoes = dito.

möglich. meines wissens nach ist neschama das, was den
menschen vom tier unterscheidet. ich kann ja mal genauer
nachsuchen.

brauchst du nicht nachzuschauen, weil ich genau darauf verweisen wollte. Nur hast du fälschlicherweise behauptet, neschama bedeute „Seele“ (in welchem Sinn auch immer… siehe das posting „seele“ oben) übersetzt und das ist schlicht falsch.

und daß tieren eine ruach zugestanden wird, kann
ich mir auch ganz schwer vorstellen.

Um Himmels Willen - wer hat das denn behauptet? Ich schrieb doch oben von „Hauch (des Lebens)“ mit dem Verweis auf PS. 104.29, und daß schon die Septuaginta einen Bezug zu griech. pneuma herstellt.

Die Identität ruah = pneuma (bezogen auf Gott und Mensch) stellt dann explizit Joh.3 durch eine Analogie aus der Genesis her

Metapher