Was ist wahr an dieser Geschichte

Ich schreibe meine Abschlussarbeit über die Entstehung des christlichen Glaubens in Europa. Und vorallem über die Verfolgungen der Christen in dieser Zeit.
Dazu kam mir eine Geschichte in den Sinn, die ich vor langer Zeit gehört habe:
Römische Legionäre und ihr Hauptmann werden Christen. Der Kaiser befiehlt ihnen, dem Glauben abzuschwöhren, als sie dass nicht tun müssen sie in eine Reihe stehen und jeder 10 wird geköpft. Sie sollen bis zum Schluss alle durgehalten haben.

Gibt es Beweise für diese Geschichten? Ist das wirklich so geschehen? Kann man sie irgendwo nachlesen? Der einzige Fakt, an den ich mich noch erinnere, ist, dass es in der heutigen Schweiz geschehen sein muss… falls überhaupt…

Ich danke schon im Voraus für jegliche Hinweise.

In diesem Zusammenhang weiß ich davon nichts, aber das Dezimieren war im Römischen Reich wohl üblich:

http://de.wikipedia.org/wiki/Dezimieren

Levay

Hallo Joelle,

Römische Legionäre und ihr Hauptmann werden Christen. Der
Kaiser befiehlt ihnen, dem Glauben abzuschwöhren, als sie dass
nicht tun müssen sie in eine Reihe stehen und jeder 10 wird
geköpft. Sie sollen bis zum Schluss alle durgehalten haben.

es handelt sich um die sog. ‚thebäische Legion‘ und ihren Kommandeur Mauritius. Der Schurke soll der Kaiser Maximian gewesen sein.

Gibt es Beweise für diese Geschichten? Ist das wirklich so
geschehen?

Ich bitte Dich - natürlich nicht. Das ist genauso blanke Erfindung wie die 11.000 als Märtyrerinnen umgekommenen Kölner Jungfrauen und - BTW - die meisten anderen Märtyrergeschichten. Legenden - anders gesagt, fromme Lügengeschichten.

Die Dezimierung als Disziplinarstrafe ist zwar historisch - mir ist allerdings kein Beleg bekannt, dass sie nach dem Ende der Republik jemals angewandt wurde. Auch in der Republik war sie extrem selten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Mauritius_(Heiliger)

Freundliche Grüße,
Ralf

Wow! Vielen Dank. Ihr seid wirklich effizient!
Naja. wenn ich sie schon nicht als wahre Geschichte einsetzen kann, dann wenigstens als Legende. Obwohl kaum etwas aus dieser Zeit der Christenverfolgung unumstritten ist. Nicht einmal Kaiser Nero will man wirklich als Christenhasser abtun, obwohl er bei Laienerzählungen immer der schlimmste wahr (aber schon von der Zeit her ist es kaum möglich, dass er viele Christen hätte hinrichten lassen können…)
Danke nochmals für den Hinweis.

Hallo,

also diese Geschichte gehört zu den Legenden.
Wahr ist aber etwas anderes:
In der Frühzeit war das Christentum extrem friedlich (hat sich leider dann schnell geändert). Die ersten Christen lehnten jeden Kampf ab.
Und so gab es logischerweise Probleme, wenn Soldaten zum Christentum übertraten bzw. wenn Christen zur Armee eingezogen wurden - die kerle wollten einfach nicht ihren Gegenern die Schädel einschlagen. Das ist verschiedentlich im römischen Heer vorgekommen und soll vereinzelt auch dazu geführt haben, daß die Kampfverweigerer zum Tode verurteilt wurden. Aber spätestens Ende des 3. Jahrhunderts hatte sich dann das Problem erledigt - da hatte man dann offenbar die Sache mit der allgemeinen Menschenliebe schon wieder vergessen. War wohl praktisch zu unbequem geworden…

Gernot Geyer

OT Dezimierung und Marschall Vorwärts
Hat nicht Blücher im Quartier bei Verbündeten (eh. Rheinbundstaaten) nach einem irregulären ANschlag auf seine Preußen mal Dezimieren lassen bis sich die Attentäter ergaben?

Hallo Joelle,
wie ich mittlerweile gesehen habe, existiert auch ein Wikipedia-Artikel direkt zur thebäischen Legion: http://de.wikipedia.org/wiki/Thebaische_Legion. Von besonderem Interesse dürfte der dort verlinkte Vortrag von Alexander Speidel sein:
http://www.mavors.org/PDFs/ThebaeischeLegion.pdf
Dieser Vortrag veranlasst mich auch, mein posting von heute morgen in Bezug auf Anwendung der Dezimierung in der Kaiserzeit zu korrigieren. Speidel nennt als letzte belegte (durch Cassius Dio) Dezimierung das Jahr 68 - und eine weitere durch Tacitus bezeugte für das Jahr 20. Mein Quellenstudium ist wohl doch schon etwas zu lange her …

Freundliche Grüße,
Ralf

1 Like

Ganz a kleins bissel off topic
Hi Joelle

Der
Kaiser befiehlt ihnen, dem Glauben abzuschwöhren, als sie dass
nicht tun müssen sie in eine Reihe stehen und jeder 10 wird
geköpft. Sie sollen bis zum Schluss alle durgehalten haben.

Sag jetzt nicht, dass die neun vor dem Zehnten immer grinsend auf ihrem Glauben beharrt haben. Das wär a bissel gemein wär das, oder?
Nix für ungut,
Branden

Nur ganz am Rande gab es in der Frühzeit des Christentums keine Wehrpflicht. Die Legion war eine Freiwilligen-Berufsarmee. Im Gegenteil musste man sich bewerben und wurde einem i. d. R. strengen Auswahlverfahren unterzogen.
Zumindest den Teil mit religiös begründeter Wehrdienstverweigerung von Wehrpflichtigen gab es also nicht. Soweit ich weiß, war es zumindest außerhalb von Feldzügen auch möglich seinen vorzeitigen Abschied zu verlangen, nur gingen einem dann alle Privilegien und Versorgungsansprüche verloren, so dass dies sehr selten vorkam. Also gab es auch da einen Ausweg für Bekehrte.

Gruß
Werner

Alles Legenden und Mythen.
So war nun mal die Geschichtsschreibung der Antike und Spätantike. Es war „legitim“ alles im Lichte der Herrschenden (egal ob Kaiser oder „Götter“)so darzustellen, dass die Nchwelt DAS erfuhr, sprich: annehmen sollte, was erhofft/erwünscht wurde.

Geschichte wurde früher NICHT von Historikern, Wissenschaftlern geschrieben, sondern von Erzählerern, Literaten, und vor allem von politisch oder religiös motivierten Geschichtsschreibern der Mächtigen.

Wie können wir da Wahrheit erwarten?

In diesem Zusammenhang auch nicht von antiken Geschichtsschreibungen oder erst recht nicht von
antiken Religionen, die man als eine literarische Gattung (Mythen, Märchen, Legenden) kategorisieren muss.

http://www.philtalk.de/cgi-bin/YaBB.cgi?board=antike…

Macht Religion krank?
fragte jemand an anderer Stelle.

Religion ist etwas krankhaftes!
Und etwas, was vernichtet,
was die Welt ver - h e r r - lichen muss.

„Konfessionalisierung“

Das hiess früher (und auch noch heute), dass die Mächtigen (Monarchen, Regierungen, die Politiker) auf die „richtige Seite“ gebracht werden mussten.

Sonst war die Chance auf Durchsetzung und Verbreitung einer Religion gleich null.

Jede Religion, will sie erfolgreich sein, muss den
Pakt mit der Politik, mit der Weltmacht eingehen.

Siehe auch die unzähligen Glaubenskriege
wie den „Dreissigjährigen Krieg“ oder (Stichworte:smile: Hugenotten, niederländischer Aufstand, englischer Bürgerkrieg u.a.

Der englische Bürgerkrieg im 17.Jhdt. führte sogar zur Überwindung von konfessionellen Kriegen, Spannungen. Oder?)

http://www.philtalk.de/cgi-bin/YaBB.cgi?board=religi…