Hund bellt sobald er alleine ist

Hey
Meine Hündin (Labrador, 5 Jahre) bellt seit einigen Monaten über jede Kleinigkeit. Besonders wenn sie alleine ist, aber auch wenn jemand mit im Raum ist. Sie ist fast nie über längere Zeit alleine, da meine Mutter nicht arbeitet. Allerdings konnten wir sie früher alleine lassen, ohne das sie bellt. Woran liegt es, dass sie nun so oft bellt?

Hallo,

ich vermute, dass der Hund zuviel Aufmerksamkeit bekommt. Wenn jede Aktion des Hundes beantwortet wird - sei es durch Streicheln oder durch Schimpfen - kommt der Hund zu dem Schluss, dass dies der Normalzustand ist. Er beginnt auszuprobieren, ob er noch mehr Kontrolle ausüben kann. In diesem Fall wäre das z.B. das Bellen in Anwesenheit des Menschen.

Der Hund bellt und erreicht vermutlich, dass Frauchen sich ihm irgendwie zuwendet. Wahrscheinlich wird sie ihm sagen, dass er die Klappe halten soll, aber das Ziel für den Hund ist erreicht: Sie beantwortet seine Aktion mit einer Reaktion.

Durch die ständige Nähe und Verfügbarkeit des Menschen passieren nun beim Alleinbleiben zwei Dinge:

  1. Der Hund fällt in ein Loch, weil er es nicht gewöhnt ist, ohne die permanente menschliche Nähe auszukommen und
  2. Er probiert das aus, was in Anwesenheit des Menschen prima funktioniert: Er bellt in der Hoffnung, entsprechend „Antwort“ zu bekommen.

Abhilfe: Das Bellen ab sofort ignorieren. Ignorieren heißt:

  • Den Hund nicht ansprechen, weder tadelnd noch freundlich
  • Den Hund nicht anschauen (schwer!)
  • Bewusst etwas anderes tun als sich irgendwie dem Hund zu nähern.
    Gleichzeitig muss er lernen, dass er nicht der Mittelpunkt der Welt ist. Das heißt:

In den nächsten 3 Wochen wird JEDE Aufforderung des Hundes, mit ihm Kontakt aufzunehmen ignoriert. Wenn er herkommt, um gestreichelt zu werden, wird er ignoriert (s.o.). Wenn er sich ankuschelt, steht man auf und geht woanders hin. Wenn er sich in den Weg stellt oder setzt, schiebt man ihn - ohne ihn anzuschauen und anzusprechen - sanft aber nachdrücklich zur Seite und geht weiter.

Natürlich darf der Hund weiterhin gestreichelt und beschmust werden, aber: Die Initiative geht IMMER vom Menschen aus. Heißt: Nur dann, wenn der Hund grade etwas völlig anders tut als sich um den Menschen zu kümmern (also z.B. liegen, dösen, fressen…) wird er hergerufen und kriegt seine Streicheleinheiten. Wichtig: Auch das Ende bestimmt der Mensch. Wenn er aufhört zu streicheln, werden weitere Aufforderungen des Hundes ignoriert. Und: Wenn der Hund gehen will, bevor der Mensch das Ende beschlossen hat, wird er zurückgerufen, noch eine bis zwei Minuten weitergestreichelt und dann entlassen.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sich am Anfang zeigen, dass der Hund keineswegs jedesmal begeistert angedüst kommt, sobald er dazu aufgefordert wird. Hier werden nämlich grade die Rollen vertauscht, und das wird er kaum ohne weiteres akzeptieren. Hier heißt es, konsequent bleiben.

Ein paar Themen weiter unten habe ich auch was zum Alleinbleiben geschrieben, was auch hier passt.

Das Ganze wird nur funktionieren, wenn es konsequent umgesetzt wird. Wenn nicht, werdet ihr einen dauernervenden Hund haben, der möglicherweise irgendwann auch massiver fordert. Die nächste Stufe ist oft das Anspringen des Besitzers oder das Kneifen in irgendwelche Körperteile.

Schöne Grüße,
Jule