Hallo,
dein Hund hatte ein ganzes Jahr Zeit sich daran zu gewöhnen, dass er nie allein sein muss. Es ist völlig logisch, dass er diesen für ihn angenehmen Zustand nicht aufgeben will. Dabei tut er genau das, was in dieser Situation angebracht ist: Er nimmt winselnd und bellend Kontakt auf. Dass er früher mal alleine bleiben konnte, hat er vergessen. Daran wird er sich auch nicht wieder erinnern.
Jetzt ist die frage ob es sinnvoll ist statt den Hund zu ignorieren ihn bei ungewünschtem verhalten zu maßregeln?
Was Schimpfen und Ähnliches betrifft: Nein. Der Hund kriegt damit ja letzten Endes ebenfalls, was er will: Aufmerksamkeit. Es spielt für ihn keine Rolle, ob diese positiv oder negativ ist. Es mag durchaus sein, dass es dir gelingt, erst mal für Ruhe zu sorgen, indem du ihn maßregelst. Das wird aber nichts daran ändern, dass er wieder loslegt, sobald er allein ist.
Was der Hund in diesem Fall beim Maßregeln lernt ist ja nur, dass er JETZT die Klappe zu halten hat. Dass dies auch gilt, wenn du nicht da bist, kann er nicht verstehen, da er zu einer solchen Übertragsleistung nicht in der Lage ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass er mit seinem Theater ja inzwischen auch erfolgreich war: Bellen und Jaulen haben dazu geführt, dass sich irgendwer mit ihm beschäftigt hat. Das wird es auch mühsam machen, es nochmal mit einem normalen Alleinbleibtraining zu versuchen.
Dies würde so aussehen, dass du als erstes verhinderst, dass der Hund dir in der Wohnung folgt, indem du die Tür schließt und ihn im Raum zurück lässt. Anfangs nur für ein paar Sekunden - kurz genug, dass er nicht anfängt zu bellen, dann immer ein wenig länger. Das Ganze zigmal am Tag, so dass er nach einiger Zeit aufgibt, zu versuchen, gleich hinter dir her zu laufen. Beim Öffnen der Tür nicht auf ihn reagieren und ihn auch nicht loben und niemals öffnen, wenn er Theater macht.
Das Problem könnte sein, dass du die Zeit dafür nicht hast. 14 Tage bis 3 Wochen müsste das Ganze schon trainiert werden.
Bleiben zwei Möglichkeiten:
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Du findest einen Hundesitter, der den Hund während deiner Arbeitszeit betreut.
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Du versuchst es mit einem Sprayhalsband mit Fernbedienung (KEIN Anti-Bell-Halsband, das selbstständig auslöst). Hierbei ist sinnvoll, dass der Hund das Halsband ein paar Tage trägt, ohne dass es ausgelöst wird. Er soll sich einfach nur dran gewöhnen. Die meisten Hunde checken zwar ohnehin irgendwann, dass die Bestrafung mit dem Halsband im Zusammenhang steht, aber wenn bis dahin nicht bereits eine Verhaltensänderung passiert ist, ist der Zug eh abgefahren und es spielt keine Rolle mehr.
Zuerst testest du ohne Hund (der soll das überhaupt nicht mitkriegen) ob das Band durch mehrere Türen und Wände zuverlässig auslöst. Erfahrungsgemäß klappt das nur bei den teuren Bändern einigermaßen gut. Nimm zum Sprühen nur Wasser, alles was Aromen hat (Citrus und Konsorten) reizt enorm die Schleimhäute und Augen.
Dann trägt der Hund das Band mehrere Tage Tag und Nacht (auch draußen) ohne dass was passiert. Dann machst du irgendwann die Zimmertür zu und hast die Hand am Auslöser. Und sobald der Hund anfängt, Geräusche zu machen, löst du aus. Du wartest, ob er es nochmal probiert, wenn ja, löst du wieder aus. Wenn er ein Weilchen ruhig bleibt, öffnest du kommentarlos die Zimmertür.
Risiken und Nebenwirkungen: Schreckreize nutzen sich schnell ab. Wenn der Hund nach wenigen Wiederholungen nicht ausreichend beeindruckt ist, dass er nicht mehr wagt, Krach zu machen, wird ihn das Sprühen bald nicht mehr stören. Damit ist diese Methode für alle Zeiten verbraucht.
Wenn der Hund unter großem Stress ist, kann es sein, dass er auf andere Dinge ausweicht und z.B. beginnt, Gegenstände zu zerstören, unsauber zu werden oder sich selbst zu verletzen.
Schöne Grüße,
Jule