Bei einem Vokabellernbattle Lernerfolg möglich?

Einen wunderschönen Guten Abend!

Ich wende mich einmal mit einer etwas ungewöhnlichen Frage an Sie und hoffe, Sie können mir weiterhelfen. Allerdings kann es passieren, dass die Frage etwas…umständlich formuliert wird. Dafür entschuldige ich mich schon einmal.

Ich will eine Homepage mit Schülerhilfen aufbauen, die sehr viel Lernmöglichkeiten bietet. Meine „neue“ Idee ist zugegebenermaßen aus einem vollkommen anderen Bereich entlehnt, aus dem Autorenbereich.
In einem Forum gibt es einen „Battle“, in dem jemand vorgibt, wieviel Wörter in einem bestimmten Zeitpunkt geschrieben werden sollen, und wer mitmachen will, der kann sich eintragen und dann immer seine Wortanzahl pro Tag eintragen lassen.

Nun bin ich auf den Trichter gekommen, dass man diese Idee ja auch auf den Lernbereich umsetzen könnte, zum Beispiel beim Vokabellernen.
Ich stelle mir jetzt auf der einen Seite einen kontinuierlichen Monatsbattle vor (so zwischen 500 und 750 Vokabeln im Monat), auf der anderen Seite aber auch sehr kurze „Battles“ (vielleicht so 30 Minuten am Stück. Oder Alternativ 120 Vokabeln am Wochenende).

Wie schaut es bei solchen kurzen „Battles“ aus? Ist da ein Lernerfolg gegeben?
Und wie kann man die Motivation einstufen? Können sie beim langfristigen „Battle“ Ehrgeiz wecken? Oder läuft man eher Gefahr, demotiviert zu werden, wenn man sieht, dass andere fleißiger waren?

Wäre schön, wenn mir da jemand helfen kann.
LG und Dankeschön im Voraus.

Michael Vogl

Hallo!

Also grundsätzlich ist das eine gute Idee, weil gerade Jungs unter Wettbewerbsbedingungen sehr gut lernen, weil sie sich eben gerne mit anderen messen.
Aber du solltest beachten, dass die Höchstzahl an Vokabeln, die man an einem Tag nachhaltig lernen kann (also so, dass man sie auch ne Woche später noch weiß…) 7 beträgt. Also nix mit 120 an einem Wochenende…

Lg, Sarah

Hallo Michael,

also ich find die Idee gut :smile: Zumindest beobachte ich das grad fasziniert in einem nicht näher genannten sozialen Netzwerk. Dort posten die Leute täglich, wieviele Kilometer in welcher Zeit sie gerannt sind. Oder wieviele Liegestützen sie gemacht haben. Und ich hab mal was ähnliches in einer Diät-Gruppe gemacht. Es ist einfach ein gewisses - gleichgesinntes - Publikum da, vor dem ich mich einfach nicht durch Nicht-Leistung „blamieren“ will. Kann also bei entsprechend veranlagten Menschen durchaus helfen.

Nur: ich glaube im Trend der Zeit ist weniger die „Internetseite“ sondern mehr die „App“ für was-weiss-ich-denn-was-für-ein-Mobilgerät. Zumindest die Lauf- und Liegestütz-Erfolge werden meistens über irgendwelche „xPhones“ veröffentlicht.

Achja, die Anzahl der Vokabeln kommt mir auch recht hoch vor (aber ich finde was an die 150 Liegestütze auch ziemlich viel *g* Ich lande meist bei Nummer drei flach aufm Bauch, weswegen ich das auch lieber nicht veröffentliche), da müsstest gucken, was wirklich realistisch ist. Und gegen das Vergessen kannst ja mit „Lernkärtchen-Strategie“ angehen. Sozusagen den Neben-Wettbewerb: Wieviele Vokabeln kann der User nach x Tagen/Wochen noch?

Vielleicht hilft Dir das ja ein weni weiter…

*wink*

Petzi

Hallo! :smile:

Ersteinmal vielen lieben Dank für die Meinungen.
Allerdings mag ich eine Aussage nicht so unterschreiben:

Aber du solltest beachten, dass die Höchstzahl an Vokabeln,
die man an einem Tag nachhaltig lernen kann (also so, dass man
sie auch ne Woche später noch weiß…) 7 beträgt. Also nix mit
120 an einem Wochenende…

Der amerikanische Psychologe Sidney Smith hat Mitte der 50er Jahre nachgewiesen, dass es (durchschnittlich) nicht möglich ist, nicht mehr als sieben Zahlen über einen kurzen Zeitraum zu behalten.
Dennoch hält sich dieser Mythos bis heute hartnäckig auch für alle Lernbereiche.

Anders sieht es aus, wenn Sie die Ebbinghaus`sche (Vergessens)Kurve, die besagt, dass innerhalb von 7 Tagen nur noch 20 % der Gelernten im Gedächtnis verblieben sind, sofern dieses Wissen nicht wiederholt wird (allerdings behaupte ich, das weitaus mehr im Gedächtnis verblieben ist, jedoch nicht durch Wiederholungen stark genug eingefärbt, so dass es einfach nicht mehr gefunden wird).

Lieben Gruß
Michael Vogl

Hallo!

Es gibt dazu umfangreiche psychologische und unterrichtspraktische Versuche. 7+/-2 kommt dabei überall als Grenze raus.

LG, Sarah

1 Like

Hallo SarahS!

Haben Sie Quellen dazu?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Gedächtnis so schlecht arbeitet.
Wie gesagt, ich kann mir vorstellen, dass die Ebbinghaus’ sche Vergessenskurve sicherlich Recht hat, dass man innerhalb von 7 Tagen bis zu 80 % den Stof vergessen hat, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Informationen, die der Mensch über den Tag verteilt behält, nur aus maximal 9 Fakten bestehen kann.

LG
Michael Vogl

Hallo!

Haben Sie Quellen dazu?

Also in meinem Buch über Pädagogische Psychologie (Mietzel, Gerd, Pädagogische Psychologie des Lernens und Lehrens) steht das so drin, mit dem Gedächtnis. Nicht nur der Herr Mietzel geht von diesen 7+/-2 items aus.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Gedächtnis so
schlecht arbeitet.
Wie gesagt, ich kann mir vorstellen, dass die Ebbinghaus’ sche
Vergessenskurve sicherlich Recht hat, dass man innerhalb von 7
Tagen bis zu 80 % den Stof vergessen hat, aber ich kann mir
nicht vorstellen, dass die Informationen, die der Mensch über
den Tag verteilt behält, nur aus maximal 9 Fakten bestehen
kann.

Anders als bei Ebbinghaus geht es hier aber nicht um reines Auswendiglernen. Vokabeln lernen ist ein ganz anderes Kaliber. Das Wort muss nicht nur auswendig gelernt werden (dann vergisst man es wieder), sondern es muss kodiert werden, und zwar auf ca. 7 verschiedene Arten (z.B. auditiv, visuell, taktil, olfaktorisch…). Gerade beim Englischen muss man dann auch noch Schreibung und Lautung getrennt lernen, man muss sich sicher sein, dass man das Wort sowohl geschrieben als auch gesprochen versteht und in beide Richtungen kann… Meine Englischdidaktik fasst den Erwerb von Vokabeln auf 13 Seiten kurz zusammen. So einfach, wie Sie sich das vorstellen, ist es eben nicht.

LG, Sarah

LG
Michael Vogl

Hallo SarahS!

Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich erst jetzt wieder melde

Nicht nur der Herr Mietzel
geht von diesen 7+/-2 items aus.

Das mag ohne weiteres sein. Nur kann ich mich einfach nicht damit anfreunden, weil es bedeutet, dass ein Lernender - und damit meine ich sowohl Schüler im Kinder/Jugendalter als auch in der Erwachsenenbildung - höchstens 7 Fakten am Tag lernen kann.

Anders als bei Ebbinghaus geht es hier aber nicht um reines
Auswendiglernen. Vokabeln lernen ist ein ganz anderes Kaliber.
Das Wort muss nicht nur auswendig gelernt werden (dann
vergisst man es wieder), sondern es muss kodiert werden, und
zwar auf ca. 7 verschiedene Arten (z.B. auditiv, visuell,
taktil, olfaktorisch…). Gerade beim Englischen muss man
dann auch noch Schreibung und Lautung getrennt lernen, man
muss sich sicher sein, dass man das Wort sowohl geschrieben
als auch gesprochen versteht und in beide Richtungen kann…
Meine Englischdidaktik fasst den Erwerb von Vokabeln auf 13
Seiten kurz zusammen. So einfach, wie Sie sich das vorstellen,
ist es eben nicht.

Ich bin mit Ihnen konform, dass man Stoff auf verschiedene Arten vermitteln muss. Allerdings werden Sie sicherlich nachvollziehen können, dass ich taktil und olfaktorisch nicht auf eine Webseite bringen kann, wenngleich ich die Bereiche visuell und auditiv auf jeden Fall umsetzen will (wobei ich noch das Auditive dadurch noch verstärken will, in dem ich Schreiben fürs Hören anwende).

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: ich zweifele Ihr Wissen nicht an, und einiges von dem, was Sie geschrieben haben, würde ich auch sehr gerne umsetzen wollen (auch wenn ich befürchte, dass ich es als Einzelperson wohl nicht so hinbekomme).

Dennoch würde ich es gerne mal ausprobieren mit einem solchen Battle. Und wenn es nur testweise ist.

LG
Michael Vogl

LG, Sarah

Hallo!

Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich erst jetzt wieder melde

Kein Problem.

Nicht nur der Herr Mietzel
geht von diesen 7+/-2 items aus.

Das mag ohne weiteres sein. Nur kann ich mich einfach nicht
damit anfreunden, weil es bedeutet, dass ein Lernender - und
damit meine ich sowohl Schüler im Kinder/Jugendalter als auch
in der Erwachsenenbildung - höchstens 7 Fakten am Tag lernen
kann.

So ist das ja auch nicht. Es gehen nur 7+/-2 auf einmal, und es geht hauptsächlich ums reine Behalten und abrufen können. Und dabei kommt es darauf an, wie gut die Inhalte in ein bereits vorhandenes Wissensnetz übertragen werden können. Ist das Vorwissen umfangreich, geht es schneller, bzw. eine bestimmte Sache ist vielleicht gar nicht mehr neu - Matthäus-Effekt: wer hat, dem wird gegeben. Das hat der Herr Ebbinghaus ja bewiesen - beim zweiten Mal lernen der selben sinnlosen Liste hat sich die Behaltensleistung deutlich gesteigert.

Ich bin mit Ihnen konform, dass man Stoff auf verschiedene
Arten vermitteln muss. Allerdings werden Sie sicherlich
nachvollziehen können, dass ich taktil und olfaktorisch nicht
auf eine Webseite bringen kann,

Direkt können Sie das natürlich nicht - aber Sie können den Nutzern Tipps geben! Schreiben Sie doch auf Ihre Webseite, dass man das Wort „Knoblauch“ evtl. besser lernt, wenn man dran riecht…

wenngleich ich die Bereiche
visuell und auditiv auf jeden Fall umsetzen will (wobei ich
noch das Auditive dadurch noch verstärken will, in dem ich
Schreiben fürs Hören anwende).

Fürs Auditive wäre es halt wichtig, einen Muttersprachler zur Hand zu haben, um eine gute Aussprache garantieren zu können. Fürs Visuelle wären auch bewegte Bilder gut.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: ich zweifele Ihr Wissen
nicht an, und einiges von dem, was Sie geschrieben haben,
würde ich auch sehr gerne umsetzen wollen (auch wenn ich
befürchte, dass ich es als Einzelperson wohl nicht so
hinbekomme).

Man muss ja nicht perfekt sein - das Beste ist, so viel wie möglich umzusetzen und den Lernern zusätzliche Tipps zu geben, die sie berücksichtigen können. Es hilft ja auch nicht alles bei jedem.

Dennoch würde ich es gerne mal ausprobieren mit einem solchen
Battle. Und wenn es nur testweise ist.

Probieren Sies - es wird den Nutzern Spaß machen. Aber warum versuchen Sie es nicht mal mit 70 pro Woche? Oder 220 im Monat? Oder meinetwegen die 120, die Sie für ein Wochenende geplant hatten, in einer Woche? Und dann fragen Sie die selben Vokabeln eine Woche später noch mal ab - das ist auch lehrreich für die Nutzer, und Sie sehen, wie viel geht.

LG, Sarah