Sportunterricht in der DDR?

Liebe/-r Experte/-in,

zum Tag der deutschen Einheit am 9.11 plane ich zurzeit einen Projekttag mit meiner 6. Klasse. Wir würden gerne einen Schulalltag in der DDR nachempfinden und haben uns als Schwerpunkt den Sportunterricht, der ja eine große Bedeutung hatte, herausgesucht. Wie könnte ich eine typische Sportstunde aus Zeiten der DDR gestalten? Auf was muss ich achten? Z.B. Gab es typische Aufwärmübungen? Welche Unterschiede gibt es im Vergleich zu unserem Sportunterricht?

Vielen Dank im Voraus!
Nadine G.

also, ich schildere mal ganz kurz einen „typischen“, wenn auch klischeebehafteten sportunterricht
aufwärmen alle (!!!) zusammen in reih und glied, dehn- und streckübungen
typische übungen waren hock- und strecksprung, bockspringen, völkerball und schlagballweitwurf - dies wurde auch gerne mit „übungshandgranaten“ (kein scherz!!!) gemacht
ansonsten lag die konformität vorallem darin, dass alle kinder einheitlich sportbekleidung anhatten, ich erinnere mich an eine rote kurze hose und ein weißes oberhemd

ich hoffe, geholfen zu haben

liebe grüße

Guten Tag Nadine G.,
zum einen erst mal eine Verbesserung. Der 9.11. ist Tag der Grenzöffnung und gleichzeitig der Tag der Progrome (Angriff durch Nazis auf jüdische Geschäfte), als auch der Tag der Ausrufung der Republik 1918 aber nie der Tag der deutschen Einheit. Dies ist der 03.10. Als Lehrer sollte man das eigentlich wissen!
Daher erstmal einwenig Geschichtsstunde:
09.11.1918 Ausrufung der deutschen Republik
09.11.1933 Progromnacht in Deutschland, von den Nazis selbst als „Kristallnacht“ bezeichnet. Jüdische Geschäfte werden zerstört, Synagogen angezündet. Die jüdischen Ladenbesitzer geschlagen, verhaftet mancher Orts auch durch den Mopp getötet.
09.11.1989 Günther Schabowski (Mitglied des Ministerrats der DDR und der Volkskammer) verkündet auf einer Pressekonferenz am Abend des besagten Tages im Sendezentrum des DDR Fernsehens Berlin-Adlershof vor internationaler Presse, dass alle Grenzübergangsstellen zur BRD und Westberlin für alle DDR Bürger geöffnet werden. Auf Nachfrage eines Jornalisten, ab wann das gelte, kam die Antwort: „Meines Wissens gilt es ab sofort“.
Dies nahmen tausende DDR Bürger zum Anlass, an die Grenze zu gehen. Anfangs weigerten sich die DDR Grenzer, diese zu öffnen. Doch der immer mehr werdenden Menschenmassen konnten die sogenannten Vorzeune und Schlagbäume irgendwann nicht mehr stand halten. Um eine Eskalation zu verhindern, wurde die Grenze geöffnet. Dies war zu erst in Berlin der Fall, da da mehr Menschen an den Grenzen waren. Der erste Schlagbaum öffnete sich gegen 23.45 Uhr in der Bornholmerstrasse.Soweit zum 09.11.
Ein knappes Jahr später erfolgte dann zum 03.10.1990 die Vereinigung der DDR mit der BRD zu einem geeinten Deutschland.
Nun zum Sportunterricht. Da gab es zum Unterricht in der BRD keinen großen Unterschied. Dort wurde genauso gern mal Fussball gespielt (für die Jungs) und Volleyball (für die Mädchen). Auch wurde Weitsprung oder Laufen, Klettern und Werfen (anfangs Ballwurf bis zur 6.Klasse und ab 7.klasse Kugelstoßen) trainiert.
Und dann gab es Sport, der Region gebunden war.
Ich selber bin im Thüringer Wald groß geworden. Dort war der Wintersport sehr gefragt. Immer wenn schönes Wetter war und Schnee lag wurde im Sportunterricht Ski gefahren. Wer keine eigenen Skier hatte, hat sie sich kostenlos an der Schule für den Unterricht ausleihen dürfen.
Der einzige Unterschied war, das wir damals mehr Respekt vor unseren Lehrern hatten, als die Jugend heute.Und zeigte sich auch schon zum Beginn eines Unterrichts.
Der Unterricht begann immer damit (im übrigen hatten Jungen und Mädchen getrennten Sportunterricht und das nicht wegen der Geschlechter Trennung, sondern weil die Jungen auch mal Sportarten trainierten, die damals für Mädchen nicht so angesagt waren wie: Fussball, Boxen, Stangenklettern gegen die Uhr, Sprungübung über Pferd, Turnübungen am Reck. Umgekehrte Sportarten wie Bodenturnen, Schwebebalken,Volleyball etc. von Jungs verpönt waren.) das alle sich in Reih und Glied aufzustellen hatten (von groß nach klein) und der sogenannte „Melder“ vor ihnen stand (dieser wurde wöchentlich gewechselt,also jeder Klassenkammerad war mal Melder)und rief: „Achtung! Stillgestanden!“ das erfolgte immer,wenn der Lehrer bei den Jungs oder die Lehrerin bei den Mädchen den Turnsaal betrat bzw. bei Sport im Freien auf dem Appellplatz kam. Es folgte weiter: „Zur Meldung für den Sportunterricht bei Herrn/Frau … die Augen links/rechts“ -abhängig wo der/die Leherer(in) stand. Dann erfogte das Kommando „abzählen!“. Also begann der/die Größte mit 1 (drehte dabei den Kopf in Richtung des Nachfolgers nach der Zahlnennung wieder zurück in die Richtung des Lehrers) 2…3…4…5…6…7…usw. .der letzte (also der kleinste) nannte seine Zahl machte dabei einen Schritt nach vorne und sagte den Zusatz „durch“.(war meistens ich,da ich lange der kleinste war)
Wenn also 8 Jungen normalerweise in der Klasse waren, aber beim Durchzählen man nur bis 7 kam, mußte der Melder bei seiner Meldung nun dem Lehrer den Fehlgrund und den Namen nennen. War dem Melder der Fehlende nicht bekannt, hatte dieser somit unentschuldigt gefehlt.Hier also ein paar Varianten der Meldung des Melders an den Lehrer. Dabei drehte sich der Lherer und der Schüler zueinander zu:
„Herr …ich melde die Klasse …(Besp.6a) ist vollzählig zum Sportunterricht angetreten“ -wenn keiner fehlte.
„Herr …ich melde die Klasse 6a ist zum Sportunterricht angetreten. Es fehlt …entschuldigt aus Krankheitsgründen“ oder „Es fehlt… Er ist vom Sportunterricht befreit.“ oder „Es fehlt einer unentschuldigt.“ (letzteres kam in unserer Klasse nie vor, da wir alle gerne Sport machten.)
Danach drehten sich beide wieder zur Formation.
Wichtig dabei. Alle Schüler hatten stramm wie ein Soldat zu stehen und dabei absolutes Redeverbot aus Respekt vor dem Lehrer mit dem Blick zum Lehrer.
Dann übernahm der Lehrer das Kommando.
„Klasse 6a stillgestanden! Die Augen geradeaus!
Zum heutigen Sportunterricht begrüße ich euch mit einem freundlichen ´Guten Morgen/Tag´!“ Worauf alle im Chor antworteten „Guten Morgen/Tag Herr/Frau …!“
dann erfolgte das Kommando vom Lehrer an den Melder:
„Danke Melder.Zurück ins Glied!“ Hatte dieser sich in die Formation eingegliedert, folgte vom Lehrer das Kommando :
„Klasse 6a rührt euch!“ Das hiess, man mußte nicht mehr stramm wie ein Soldat stehen. Man konnte also eine läßigere Haltung annehmen.Bedeutete aber nicht, die Formation verlassen zu dürfen auch galt weiterhin das Redeverbot. Es sei denn, der Lehrer war nicht ganz so streng (und unserer war so einer).Er ließ meistens einen Halbkreis um sich bilden,um dann allen zu erklären was für den Sportunterricht auf den Plan steht und was das Stundenziel sein soll. Dennoch galt auch bei ihm. Wenn jemand was sagen wollte oder eine Frage hatte ,hatte er sich zu melden und zu bitten ob er was sagen dürfe. Wollte unser Lehrer bei seinen Erklärungen nicht unterbrochen werden, verweigerte er das Wort des Schülers. Wiedersetzte sich dieser und mit zunehmenden Alter taten wir das alle mal, konnte unser Lehrer auch mal laut werden. Tat man das häufig um zu stören, konnte man vom Lehrer des Feldes verwiesen werden -sprich der Sportunterricht war für denjenigen vorbei. Da es manche gab die genau das wollten-weil sie an dem Tag keine Lust auf Sport hatten oder so-, gab es dafür einen eingetragenen Tatel ins Klassenbuch.Bei 3 Tateln wurden diese Schüler in der nächsten Klassensitzung vor der gesamten Klasse gezwungen, für ihr Fehlverhalten sich zu entschuldigen und zu erklären warum er es getan hat.
Kam man in kurzer Zeit sogar auf mehr als 3 Tatel, mußte man nicht nur vor der eigenen Klasse sich rechtfertigen, sondern wurde bei den sogenannten Klassenappellen nach vorne gerufen und hatte sich vor der gesamten angetretenen Schule, also allen Klassen (1 bis 10) zu entschuldigen und zu erklären. Das konnte dann richtig peinlich werden für denjenigen. So erzielte man aber den Respekt und den Gehorsam vor den Lehrern, eines Erwachsenen überhaupt und schliesslich auch seinen Klassenkameraden gegenüber.
Am Ende des Sportunterrichts gab es das gleiche Prozetere wie zu Beginn. Aber ohne Meldung an den Lehrer.

Soweit meine eigenen Lebenserfahrungen als Schüler in der DDR
alberich

hallo Tanja ,
zunächst wundert es mich auf welche ideen ihr kommt um dinge zu inszenieren die einer realen beziehung entbehren.
lass doch deine schüler in einer reihe antreten , durchzählen, rechtsherum drehen und dann in einem lockeren lauf in einer reihe hintereinander um den oder zum sportplatz laufen .danach wurde festgestellt wer alles aus der klasse anwesend ist , wer fehlte wurde im klassenbuch mit einer notiz festgehalten .
vielleicht geben dir andere user hier noch weitere tipps , um deinen „spleen“ zu komplettieren.
viel spass

Hallo Nadine,
über Deine Frage musste ich schmunzeln: heute spielen wir mal DDR und gruseln uns dabei ein bisschen …
Letztlich wird es hinsichtlich fanatischer Sportlehrer nicht anders als heute gewesen sein, ich errinnere mich aber an solche Kuriositäten wie einheitliche Sportkleidung oder Handgranatenweitwurf für die Jungs !
Viele Grüße, Frank.

Bitte wenden Sie sich an einen autorisierten Sportlehrer.

Klaus L.

Liebe/-r Experte/-in,

zum Tag der deutschen Einheit am 9.11 plane ich einen
Projekttag Schulalltag in der DDR, Schwerpunkt Sportunterricht. Wie könnte ich eine typische Sportstunde der DDR gestalten? Auf was muss ich achten? Welche Unterschiede gibt es im
Vergleich zu unserem Sportunterricht?

Vielen Dank im Voraus!
Nadine G.

Hallo Nadin,
zuvor eine Berichtigung: Der Tag der deutschen Einheit ist nicht der 9.11., denn das ist der Tag des Mauerfalls, der Tag der deutschen Einheit ist der 3. Oktober!
Nun zu deiner Frage: Es ist richtig, dass der Sportunterricht in der DDR eine wichtige Rolle gespielt hat, weil dadurch auch Einfluss auf die Gesundheit genommen werden sollte im Hinblick auf das spätere Leben nach dem Motto „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist“ und bei den Jungen war die Vorbereitung auf den späteren Militärdienst oder anderen Dienst bei den „bewaffneten Organen“ von besonderer Bedeutung. Neben Sport war auch Kraft, Durchhaltevermögen, Ausdauer und vor allem Disziplin ein wichtiger Anteil in diesem Unterricht. Er begann und endete grundsätzlich folgender Maßen: Die Schüler stellten sich auf (zum Beispiel in 2-Reihe hintereinander, aber da gab es keine besondere Form), nahmen Haltung an (wie beim Millitär „Stillgestanden“, das wurde aber nicht gesagt). Der Lehrer sagte „Sport“ und die Schüler antworteten im Chor „frei“ und das dreimal hinter einander zu Beginn des Spaortunterrichtes und damit endete er auch. Die Losung „Sport frei“ wurde in verteilten Rollen (Leher und Schüler) als Sportgruß je 3 x im Wechsel gesprochen. Und dann verlief der Unterricht so wie auch hier an den Schulen, je nach dem was dran war (Laufen, Springen, Turnen usw). Ich hoffe, ich konnte dir helfen.

Hallo Nadine G.,

unter
http://www.bstu.bund.de/DE/Wissen/Bildung/Unterricht…

findest Du auch die „Stasi-Stücke“, vielleicht hilft Dir das Ja auch. Ein Stück handelt von der „Ranzenkontrolle“: Während das Sportunterrichts wird bei einem Schüler der Ranzen durchsucht, um einen Nachschlössel für die Wohnung anfertigen zu können. Ziel der Übung ist die Installation einer Wanze.

Das Heft kann bei der Jahn-Behörde bestellt werden (Link)

Beste Grüße
Matthias H.

Liebe Nadine,

ich kenne leider den heutigen Sportunterricht nicht, und daher auch nicht die heute üblichen Aufwärmübungen. Aber was mir in Erinnerung geblieben ist, und heute bestimmt nicht mehr üblich ist, ist die Aufstellung/Meldung am Beginn (jeder) Unterrichtsstunde. Im „Sport“ hieß das konkret:

  1. Alle Schüler stehen nebeneinander sortiert nach Alphabet der Nachnamen oder Körpergröße (das weiß ich leider nicht mehr genau).
  2. Der/die diensthabende Schüler/in steht allen gegenüber (neben dem Lehrer) und ruft laut die Kommandos:
  • „Stillgestanden!“ (alle sind still und halten die Hände an der Seite)
  • „Richtet Euch!“ (alle Schüler schauen jetzt nach rechts und stellen sich exakt neben dem rechten Nachbar in einer Linie auf)
  • „Augen gerade aus!“ (alle schauen wieder nach vorn).
  • und dann zum Lehrer gewandt: „Herr/Frau …, ich melde hiermit die Klasse xx zum Unterricht bereit!“
  1. Dann begrüßt der/die Lehrer/in die Schüler mit dem Pioniergruß. Die Einleitung weiß ich leider nicht mehr oder sie war individuell. Aber der Gruß lautete:
    Lehrer: „Für Frieden und Sozialismus: Seid bereit!“
    Alle antworten: „Immer bereit!“
    Danach eröffnet der Lehrer die Stunde und gibt die nächsten Anweisungen.

Ich hoffe, ich konnte helfen?

P.S.:
Der „Tag der deutschen Einheit“ ist in jedem Jahr seit 1990 der 03.Oktober, der Tag des Mauerfalls war der 09.11.1989, das ist ein großer Unterschied!

Hallo,

ich erinnere mich nur an ein einziges gemeinsames Merkmal aller Sportstunden: Sie begannen immer mit dem Gruß (Lehrer:smile: Sport (Schüler:smile: frei!

Angela P.

Also davon kann ich nur abraten. Ich hatte 12 Jahre Sportunterricht in der DDR. Wir haben nie irgendwelche Aufwaermuebungen gemacht. Es ging immer gleich los, ob Barren oder Weitsprung. Wenn Gymnastik dran war haben wir wippende Bewegungen mit ausgestreckten Armen machen muessen und ueberhaubt wurde immer nachgefedert, also alles voellig verkehrt nach heutigem Wissen. Uebrigens gab es auch keine Duschen und ab der siebenten Klasse haben wir dann schoen nach Schweiss gestunken den restlich Schultag lang. Das koennte man den Schuelern heute mal erzaehlen. Ich ging von 1970 bis 1982 in die Schule.

Viel Glueck
K.

Hallo,

zuerst mußte sich die Klasse nebeneinander in einer Reihe aufstellen. Der Lehrer sagte „Sport“, die Klasse daraufhin „frei“. Dann gab es ganz normalen Sportunterricht. Geräteturnen z.B. oder Bockspringen, aber auch Handball, Völkerball.

MfG

Der Tag der deutschen Einheit ist doch der 3.10.??? oder? Am 9.11. war der Fall der Mauer! Oder?
Unser Sportunterricht war 3x die Woche. Jeweils ca. 75 min. eine Doppelstunde, mit Zeit zum umziehen und waschen. Normale Aufwärmung, lockerer Lauf und dann Gymnastik anschließend laut Plan, Leichtathletik, Bodenturnen oder Geräte je nach dem. Am Ende des Unterrichts oft Basket-, Handball- oder Volleyball. Die Jungen spielten oft Fußball. In den ersten Schuljahren spielten wir Völkerball jetzt nennt man das wohl Zweifelderball. Oft auch Spiele 2 oder 3 Mannschaften und dann Hindernisparcour, kasten springen o.ä. Alles völlig unspektakulär. Interessant vielleicht, das von 1000 Schülern nur 3 oder 5 Schüler Übergewicht hatten. Kein Schüler kam mit dem Auto 1980. Alle zu Fuß bzw. mit dem Rad. Gebracht wurden die Kinder nur in den ersten Schultagen. danach gingen alle Kinder selbständig zur Schule. Meist mit Freunden und/oder Geschwistern.
Ich hoffe ich konnte Dir helfen.