Hallo Michael!
Und hier liegt der Denkfehler. Das beschädigte Fahrzeug hatte
ein gewisses Alter, weshalb der Sachverständige es als
Differenzbesteuert bewertet hat. Wäre der Wagen erst 1 Jahr
alt gewesen, hätte der SV das Fahrzeug sehr wahrscheinlich mit
Regelbesteuerung bewertet. Hat er aber nicht! Somit gibt es
nicht mehr als im Gutachten angegeben. Die SV gehen nämlich
davon aus, dass ein gleichwertiges Fahrzeug problemlos
differenzbesteuert von einem Händler bezogen werden kann. Oder
anders ausgedrückt: Wer ein regelbesteuertes Fahrzeug kauft
zahlt in den Augen der SV immer zuviel!
Ok. verstaendlich. An welche Kriterien misst es sich nun, wann
etwas regelbesteuert, wann etwas differenzbesteuert wird? Der
§ 25a UStG ist da nicht ganz eindeutig.
Wie bereits geschildert muss ein Fahrzeug grundsätzlich mit 19% besteuert werden. Nur wenn der Händler das Fahrzeug von einer Privatperson gekauft hat (welche natürlich keine Umsatzsteuer ausweisen kann) kann der Verkäufer die Differenzbesteuerung anwenden. Muss er aber nicht.
Regelbesteuerung findet immer bei neuen Waren statt. Ein neues ::Fahrzeug, welches an einen Käufer verkauft wird (egal ob zum ::Vorsteuerabzug berechtigt oder nicht) wird mit 19% vom ::Nettoverkaufspreis besteuert. Ein Wahlrecht gibt es hierbei nicht. ::Einen Gebrauchtwagen, welchen der Händler von einem
Unternehmen kauft, bleibt regelbesteuert. Kauft der Händler
diesen dagegen von einer Privatperson, so darf er ihn
differenzbesteuern (wodurch das Fahrzeug für den
Endverbraucher billiger wird).
Er kann doch aber dann nur seinen Gewinn bzw. Umsatz
besteuern, und nicht etwa den gesamten Verkaufspreis noch
einmal, sonst waeren ja im Verkaufsprozess insgesamt zweimal
besteuert worden.
Jain. Bei einem Unternehmen, welches ein Fahrzeug kauft, fällt zwar die Umsatzsteuer an, dieses bekommt die Steuer aber vom Finanzamt zurück. Hierzu ein Beispiel:
Händler A verkauft einen PKW an Firma X zum Nettopreis von 10.000 €. Auf der Rechnung steht somit ein Kaufpreis von 10.000 € zuzüglich 19% Umsatzsteuer = 11.900 €.
Die Umsatzsteuer in Höhe von 1.190 € gehört dem Staat - also muss der Händler diese an das Finanzamt abführen.
Firma X reicht nun die Rechnung seinerseits beim zuständigen Finanzamt ein und erhält die 1.900 € Umsatzsteuer zurück. Kaufpreis somit unverändert 10.000 €
Nach 1 Jahr verkauft Firma X das Fahrzeug an einen Händler B für nun 8.000 € zuzüglich 19% Umsatzsteuer = 9.520 €
Der Händler B bekommt die 1.520 € Umsatzsteuer nun wieder erstattet, während das Unternehmen X diese an das Finanzamt abführt. Bis zu diesem Zeitpunkt sind also noch gar keine Steuern angefallen.
Verkauft der Händler B das Fahrzeug nun für 9.000 € zuzüglich 19% Umsatzsteuer = 10.710 € an eine Privatperson, so muss diese den vollen Kaufpreis zahlen und hat keine Möglichkeit der Steuererstattung durch das Finanzamt. Fazit: Erst jetzt freut sich der Fiskus.
Nach weiteren 2 Jahren verkauft diese Privatperson das Fahrzeug für 6.000 € an Händler C. Da die Privatperson keine Umsatzsteuer ausweisen kann, bekommt der Händler auch nix vom Finanzamt erstattet. Verkauft er nun das Fahrzeug an eine weitere Person / Unternehmen für 7.000 € netto, so hat er einen Gewinn von 1.000 €. Nun hat er die Wahl, ob er die 1.000 € mit 19% versteuert (Differenzbesteuerung) oder lieber die Regelbesteuerung anwendet. Wofür wird er sich wohl entscheiden?
Da der Verkaufspreis nun aber auf den Einkaufspreis schließen lassen würde (was ein Händler natürlich nicht will) gibt es im deutschen Steuerrecht gewisse Pauschalen die angewendet werden können.
Viel interessanter ist aber die Frage wann ein Sachverständiger welche Besteuerungsart anwendet. Hierfür gibt es keine festen Regeln. Aber das zu erläutern würde hier zu weit führen.
Wie oben geschildert: Regelbesteuerung 19% vom Nettokaufpreis.
Differenzbesteuerung 19% von der Differenz zwischen Ein- und
Verkaufspreis. Das hat zur Folge, dass ein regelbesteuertes
Fahrzeug für Privatpersonen immer deutlich teurer ist, als ein
differenzbesteuertes. Und das muss der Schädiger bzw. seine
Versicherung nunmal nicht akzeptieren.
Ja, das ist mir verstaendlich, dass bei der Regelbesteuerung
der Betrag fuer den Letztverbraucher hoeher liegen wird. Es
kann doch aber eben nicht sein, dass, wenn bereits etwas
regelbesteuert wird, ein weiteres Mal bei Verkauf die
Regelbesteuerung zum Trage kommt. Wenn der jeweilige Gewinn,
die Marge zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis noch einmal
besteuert werden wuerde, waere fuer mich dies sinnvoll und
verstaendlich…
Eine doppelte Besteuerung liegt ja nicht gar nicht vor (siehe oben)
Viele Gruesse
Knipser
PS: Und ist es nicht so, dass man von einer Versicherung den
Anteil der USt zurueckerstattet bekommen kann, sofern der
Netto-Einkaufspreis den Netto-Wiederbeschaffungspreis nicht
uebersteigt? Naemlich dann macht es wohl einen unterschied, ob
die Ersatzanschaffung differenz- oder regelbesteuert ist.
Hier hilft die Vorstellung, dass man einen Schaden in 2 Bereiche aufteilen muss: Den tatsächlichen Schaden (also ohne Steuern) und die damit in Verbindung stehenden Kosten (hierunter fällt die Steuer). Die Kosten werden immer nur erstattet, wenn sie angefallen sind. Von daher wird auch die Umsatzsteuer nur im tatsächlich angefallenem Umfang erstattet. Die Grenze für die erstattungsfähigen Kosten ist dabei immer der im Gutachten genannte Wert.