Wegeunfall - Welche Unfallversicherung?

Hallo zusammen,

Wegeunfälle von Wohnort zur Arbeitsstätte und umgekehrt sind ja meines Wissen über die gesetzliche Unfallversicherung versichert.

Angenommen ein Arbeitnehmer hat nun neben seiner Vollzeitbeschäftigung eine Nebentätigkeit auf Minijob-Basis.
Wie sähe der Versicherungsschutz denn bei einem Wegeunfall aus, wenn der AN von einem Arbeitgeber zum anderen fährt? Welche Berufsgenossenschaft wäre zuständig?

Vielen Dank schon mal

LG Kathi

Hallo,

ein solcher Unfall erfüllt sowohl die Voraussetzungen eines Wegeunfalles bei Arbeitgeber A (Weg von der Arbeit) als auch bei B (Weg zur Arbeit). Sicherheitshalber sollte der Unfall von beiden AG an ihre BG gemeldet werden. Dem AN kann es egal sein, da einer auf alle Fälle leisten muss. Der Zuständigkeitsstreit darf auch nicht auf dem Rücken des AN ausgetragen werden. Da heisst, eine BG muss sofort vorläufige Leistungen erbringen. Man braucht also nicht zu warten, bis sich beide geeinigt haben (§ 139 SGB VII).
http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_7/__139.html

Gruß Woko

Danke und ein schönes Wochenende

Woko, da muss ich Dir das erste Mal widersprechen.

Beim Wegeunfall sind stets nur direkte Wege versichert, also der direkte Weg vom häuslichen Wohnbereich zur Arbeit und umgekehrt ( siehe auch Problematik der Umwege und Abwege - bei letzterem besteht dann gar kein Versicherungsschutz mehr ) ; verlässt ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber und begibt sich nicht auf dem direkten Weg nach Hause, sondern zu seiner nächsten Arbeitsstelle kann der Versicherungsschutz aus dem ersten Arbeitsverhältnis bereits entfallen sein, denn es ist anzunehmen, dass der zweite Arbeitgeber nicht direkt auf dem üblichen Nach-Hause-Weg liegt. Es reicht bereits eine Strassenbreite in die falsche Richtung ( Abweg ) , um den Versicherungsschutz aus dem ersten Arbeitsverhältnis zu verlieren.

Daher wird nur eine Meldung gegenüber dem zweiten Arbeitgeber wichtig sein.

Hallo Westemoreland,

auch diese Lösung hat etwas für sich. Hier spricht wohl der Praktiker. Aus der Lebenserfahrung weiss man allerdings. dass manchmal doppelt genäht besser hält (wenn ein AG schlampt). Dass eine Vermehrung der Ansprüche nicht eintritt, ist klar.

In diesem Falle könnte man sogar statt eines Arbeitsweges analog einen Betriebweg zwischen zwei Betriebsstätten annehmen.

Trotzdem bleibe ich dabei, dass es sich auch von A nach B um einen Wegeunfall von A handelt. Voraussetzung ist nämlich nicht, dass es sich bei dem Weg von der Arbeit um einen solchen zur Wohnung handelt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Erforderlich ist nur ein regelmäßiges Ziel, das unmittelbar angesteuert wird. Eine uv-versicherte Arbeit kann man wohl kaum als eigenwirtschaftliche Tätigkeit ansehen.
Mittelbar lässt sich das auch damit begründen, dass kein Umweg vorliegt, wenn man einen anderen Betrieb ansteuert, um gemeinsam mit anderen Arbeitnehmern dann den Heimweg anzutreten. Umsomehr muss das dann gelten, wenn der AN seine eigene 2. Ast. aufsucht.

Zugegeben, das ist in diesem Falle nur rechtstheoretisch. Aber ein Streit zwischen zwei UV kann auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden :smile: - trotz des Finanzausgleiches.

Gruß Woko

Hallo Woko,

Nein. Das it leider ganz falsch. Der innere Zusammenhang zwischen weg und Tätigkeit muss so eng und gewichtig sein, dass es gerechtfertigt ist, den Weg der versicherten Tätigkeit zuzuordnen. Das ist der Fall, wenn der zurückgelegte Weg wesentlich dazu diente, a) die versicherte Tätigkeit aufzunehmen oder b) nach Beendigung der Betriebstätigkeit - in der Regel - die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt des Weges von dem Ort der Tätigkeit zu erreichen. Es ist zwar richtig, dass z.B. am Ende der Tätigkeit ein Dritter Ort stehen kann, aber: 1. muss dieser dritte Ort in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblichen Weg des Versicherten stehen. Ferner ist das Motiv für den Aufenthalt am dritten Ort: Zwecke allgemeinen privaten Interesses ( neuerliche Tätigkeit ) stehen der Aufnahme und Leistung der ersten versicherten Tätigkeit weniger nahe als Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit und der Arbeitskraft ( also sind versicherte dritte Wege eher Besuche bei der Freundin um dort zu übernachten - soweit nicht ungewöhnlich weit entfernt, als die neuerliche wenig erholsame Aufnahme einer weiteren Tätigkeit ).

!!! Betriebsweg ist gar nicht !! Denn das wären nämlich nur Dienstwege, die im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt werden und nicht lediglich der versicherten Tätigkeit vorausgehen oder folgen (Der Arbeitgeber schickt Dich zum Abholen der Post oder zur Bank)

(aus: Bereiter-Hahn/Schieke/Mehrtens Die gesetzliche Unfallversicherung)

Hallo Westemoreland,

vielen Dank für den regen Meinungsaustausch zu dieser Frage.

hinsichtlich des Betriebswege stimme ich dir zu, da dies nur hilfsweise durch „analog“ angeführt wurde, wenn man beide Arbeitsverhältnisse als Gesamtheit betrachtet.

hinsichtlich der anderen Argumente;

Der innere Zusammenhang zwischen weg und Tätigkeit muss so eng und gewichtig sein, dass es gerechtfertigt ist, den Weg der versicherten Tätigkeit zuzuordnen. Das ist der Fall, wenn der zurückgelegte Weg
wesentlich dazu diente, a) die versicherte Tätigkeit aufzunehmen

Genau mit diesem Argument, könnte die BG von Arbeitgeber B nämlich auch den Weg von A nach B als versicherten Weg ablehnen. Er hatte seinen ursprünglichen Weg ja für Beschäftigung A unterbrochen. Die Folge wäre, dass der Weg überhaupt nicht versichert wäre.

b)nach Beendigung der Betriebstätigkeit -in der Regel - die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt… stehen. …Motiv für den Aufenthalt am dritten… privaten Interesses (neuerliche Tätigkeit) stehen …der ersten versicherten Tätigkeit weniger nahe als …Erhaltung der Gesundheit und der Arbeitskraft , als die neuerliche wenig erholsame Aufnahme einer weiteren Tätigkeit.

Hier wird also der Weg zwischen A und B gewichtet nach dem Hauptzusammenhang des Weges zwischen beiden Beschäftigungen. Wenn der AN bei A nur 1 Std. arbeitet und bei B dann 6 Std., würde sich an der Betrachtung etwas ändern, da die Erholungsphase dann nicht erforderlich ist?

Die angeführten Rechtsquellen und andere sind mir aus der Vergangenheit bekannt. Diese Kommentare berücksichten aber zu wenig die Veränderungen der tatsächlichen Arbeitswelt. Heute gibt es nicht nur Hauptbeschäftigung und daneben die Nebenbeschäftigung. Die Arbeitswelt ist heute vielfach geprägt vom Fehlen einer Hauptbeschäftigung. Es bestehen oft mehrere geringfügige und kurzfristige Beschäftigungen nebeneinander, sogar mit versicherten und unversicherten selbständigen Tätigkeiten.
Deshalb wäre auch hier eine differenziertere Betrachtung angebracht.

Gruß Woko

Hallo Woko,

Nur noch eine kurze Bemerkung: Durch den Weg zu Arbeitgeber A hat der Versicherte seinen Weg zu Arbeitgeber B nicht unterbrochen, sondern hat ihn bei Arbeitgeber A beendet. Die vermutlich doch erhebliche Arbeitszeit von mehr als zwei Stunden lässt den folgenden Weg ( zu Arbeitgeber B ) als neuen Sachverhalt erscheinen und hier wäre ausschlaggebend, dass sich der Versicherte auf dem Weg zu seinem zweiten Arbeitsverhältnis machte um dort zu arbeiten
( Handlungstendenz ). Daher trifft ihn auch die Versicherung aus dem zweiten Arbeitsverhältnis.

Übrigens ist die Frage gar nicht so unbedeutend für die Arbeitgeber: Die Berufsgenossenschaften erheben Beitragszuschläge oder Nachlässe im Zuge einer individuellen Berücksichtigung des Unfallgeschehens, die ja bekanntlich über die Beiträge nicht erfolgt. Arbeitgeber A wird ggf. einen Teufel tun, den Unfall seinem Betrieb zuzuordnen um damit ggf. einen Beitragszuschlag zahlen zu müssen.

Die Frage, ob die Rechtsprechung noch Berücksichtigung im modernen Arbeitsleben nimmt, stellt sich hier nicht. Der Fall lässt sich einfach lösen.

Schönes Wochenende noch.