Wem gehört letztlich der Zuschuss der DRV zur KV?

Arbeitnehmer ist seit 01.06.2012 Regelaltersrentner. Er hat sein Beschäftigungsverhältnis exakt für zwei weitere volle Monate (Juni und Juli 2012) im vollen Umfang und zu gleichen Bedingungen fortgesetzt.
Versicherungsverhältnis: freiwillig in der GKV bis Ende Juli 2012 versichert, weil Beitragsbemessungsgrenze allein durch den Arbeitsverdienst schon überschritten.
Ab 01.08.2012 Krankenversicherung der Rentner, weil alleinig nur noch Rentenbezüge aus der Regelaltersrente.
Der Arbeitgeber zahlte bis 31.07.2012 maximale Zuschüsse zur KV, der Gesamtbetrag (Anteil plus Arbeitgeberzuschguss) wurde durch den Arbeitgeber an die KV abgeführt (Maximalbetrag bis zur Beitragsbemessungsgrenze).

Nun kam für zwei Monate der Betrag aus der Regelaltersrente hinzu. Als freiwillig Versicherter zahlte die DRV einen Zuschuss zu den Beiträgen für die KV mit der Rente aus.

Diesen Zuschuss möchte jetzt die KV aber für sich allein beanspruchen. Die KV ist der Meinung, dass ihr dieser Zuschuss unabhängig von der Beitragsbemessungsgrenze zustehe. Damit würde in der Summe mehr an die KV zahlen gezahlt werden als bis zur Beitragsbemessungsgrenze zulässig ist.

Bekommt der Betreffende noch eine Betriebsrente nachgezahlt, wird die Überzahlungssituation an die KV noch heftiger.

Die Meinung der mit dem Sozialrecht bewanderten Experten zu dieser Konstellation gehen weit auseinander.Jeder greift auf Paragrafen des SGB zurück, fordert so, wie es dort wörtlich steht. Doch an der Umsetzung und Erklärung dazu scheiden sich die Geister.
Was gilt denn nun hier?

Hallo,

also ich finde den § 240 Abs. 3 SGB V schön:

Für freiwillige Mitglieder, die neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ist der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen. Soweit dies insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuß des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen.

Les ich so, wenn das Einkommen über der BBG liegt, muss von der Rente nur der Zuschuss des RV-Trägers an die KK gezahlt werden. Aus dem Einkommen müssen Beiträge bis zur BBG entrichtet werden.

Im übrigen ist bei der Zuschussberechnung des RV-Trägers jede weitere Einkommens- oder Zuschussquelle völlig schnurz; d.h. der Zuschuss wird immer gezahlt.

LG
S_E

Guten Tag,
hier beißen sich aus meiner Sicht zwei tolle Dinge. Der Gesetzgeber legt primär als oberste Kategorie fest, dass in der Summe keine KV-Beiträge zu zahlen sind, die über einen Grenzbetrag hinaus gehen. Im Internen der Versicherungen heißt es aber, getrennt berechnen und alles kassieren, was möglich ist.
Die Festlegung, dass Zuschüsse des Rentenversicherungsträgers bei freiwillig in der GKV Versicherten an die KV gehen, dürfte eigentlich nur die Rangfolge der Rechenschritte betreffen.
Vertragspartner ist der Versicherte. Die RV ist nur Dienstleister und zahlt ordnungsgemäß nach Gesetz aus. Richtig müsste doch sein, dass bei allen Rechenkunststücken zum Schluss doch wieder der maximal an die KV abzuführende Betrag stehen dürfte (siehe SGB V §231 Abs.2). Aber über die Durchführung dieses Erstattungsverfahrens gibt es selbst auf Nachfrage keine offiziellen Hinweise.

Ich finde den internen Text der KV auch recht interessant. Dort steht indirekt "Wenn der Betreffende freiwillig Versicherte in der GKV den Zuschuss für den KV-Beitrag nicht freiwillig bei der RV beantragt, nehmen wir als KV den betreffenden Versicherten persönlich in Regress. Wo bleibt da die „Freiwilligkeit“?
Möchte da die GKV diese Beträge über einen geschickten „Durchlauf“ selbst erhalten?
Auch bestehende Satzungen unterliegen höher stehenden geltenden Gesetzesvorgaben.
Man greift einfach auf SGB V § 240 Abs. 3 zurück,wo es im SATZ 2 heißt „Soweit dies insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzubehalten.“ Man vergisst aber dabei - bewusst oder unbewusst - dass man die private „Einzahlung“ dann nachträglich reduzieren müsste. auch ein Arbeitgeber ist nur Dienstleister beim Abführen von Beträgen an die KV. Er macht es stellvertretend für den Arbeitnehmer.

Richtig
müsste doch sein, dass bei allen Rechenkunststücken zum
Schluss doch wieder der maximal an die KV abzuführende Betrag
stehen dürfte (siehe SGB V §231 Abs.2). Aber über die
Durchführung dieses Erstattungsverfahrens gibt es selbst auf
Nachfrage keine offiziellen Hinweise.

Der § 231 SGB V bezieht sich auf den § 230 SGB V und schon dessen Überschrift schließt die Anwendung aus: _Rangfolge der Einnahmearten versicherungspflichtig Beschäftigter _

Wir haben hier aber keine versicherungspflichtige Beschäftigung, sonst würden ja auch keine freiwilligen Beiträge gezahlt werden. Und da steht auch nicht „dem Grunde nach versicherungspflichtige Beschäftigung“, was eine Erweiterung auf versicherungsfreie Beschäftigungen bedeuten könnte.

Möchte da die GKV diese Beträge über einen geschickten
„Durchlauf“ selbst erhalten?

Nein, sie macht nur das, wozu der Gesetzgeber sie verpflichtet hat.

Auch bestehende Satzungen unterliegen höher stehenden
geltenden Gesetzesvorgaben.

Wäre ja auch schlimm wenns nicht so wäre und jeder seine Satzung am geltenden Recht vorbei machen könnte?!

Man vergisst aber dabei - bewusst oder unbewusst - dass man
die private „Einzahlung“ dann nachträglich reduzieren müsste.

Ich zitiere hier mal aus dem Sozialversicherungs-Handbuch Beitragsrecht (Hrsg. Gustav Figge; Verlag Dr. Otto Schmidt Köln):

_5.7.4.2.1 Beitrag für freiwillig versicherte Rentner

Für freiwillig versicherte Beschäftigte (einschließlich freiwillig versicherter Beamter) mit Rentenbezug ist nach § 240 Abs. 3 Satz 1 SGB V der Zahlbetrag der deutschen oder einer ausländischen Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur BBG-KV zu berücksichtigen. Soweit dies insgesamt zu einer über der BBG-KV liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrags aus der Rente nur der Zuschuss des RV-Trägers nach § 106 SGB VI als zusätzlicher KV-Beitrag an die KK zu zahlen. Diese besondere Form der Beitragsbemessung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, da sie zu einer Gleichstellung mit pflichtversicherten ArbN führt, die gleichzeitig Rente beziehen (BSG v. 25.4.1991 – 12 RK 6/90, USK 9152, wg. Hinterbliebenenrentern BSG v. 19.12.1991 – 12 RK 11/90, Die Beiträge 1992, 77)._

Bei freiwillig Versicherten, die Arbeitsentgelt aus einer kv-freien Beschäftigung und gleichzeitig Rente erhalten, sind entsprechend § 240 Abs. 3 SGB V (§ 2 Abs. 3 BVGrdS) zunächst das Arbeitsentgelt und danach alle weiteren Einkünfte in der nach § 238a SGB V vorgesehenen Reihenfolge für die Beitragsbemessung in der freiwilligen Versicherung heranzuziehen. Die Regelung des § 240 Abs. 3 SGB V geht der des § 238a SGB V, nach der das Arbeitsentgelt eigentlich als sonstige Einnahme an nachrangiger Stelle heranzuziehen wäre, vor (bestätigt durch BSG v. 28.9.2011 – B 12 KR 23/09 R). Das gilt nicht für ein Arbeitsentgelt, das in einer versicherungsfreien geringfügig entlohnten Beschäftigung erzielt wird, weil dieses Arbeitsentgelt bei der Beitragsbemessung nicht zu berücksichtigen ist.

Für weitergehende Ausführungen lohnt sich eine Lektüre der Gesetzesbegründungen.

Und mal btw: Wenn einem eine Rechtslage nicht gefällt, stehen einem Tür und Tor offen den Rechtsweg zu beschreiten. Hier hindert auch einem niemand daran. Nur ich habe für meinen Teil schon aufgegeben die Masse der Vorschriften v.a. im Sozialversicherungsrecht nach Sinn und Unsinn zu hinterfragen; sonst würde ich nie mit meiner Arbeit fertig werden.

Greetz
S_E