Hallo Erle
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort (und auch Danke an die anderen beiden!).
Um noch mal etwas grade zu rücken: Ich wußte seit Ende Mai, daß ich zum 1. August arbeitslos sein würde (Kündigung des Arbeitgebers zum Ende der Probezeit). Da ich in dem Job allerdings auch nicht glücklich war, hab ich selbst schon seit April nach anderen Möglichkeiten gesucht. Es war aber nichts zu finden. Selbst jetzt noch wäre ich vermutlich glücklicher, wenn ich eine Anstellung finden würde, aber es ist hier im Moment wirklich ziemlich schwer.
Schon deswegen hab ich mir natürlich intensive Gedanken gemacht, wie ich diese Situation lösen könnte. Und deswegen bin ich Mitte Juni schon beim Arbeitsamt gewesen, weniger um die künftige Arbeitslosigkeit zu melden, sondern eher, um Mittel und Wege der Vermeidung zu finden. Ebenfalls hab ich die Bereitschaft aufgezeigt, mich eventuell selbständig zu machen, wenn es denn gar nicht möglich sei, relativ schnell eine neue Stelle zu finden. Ich bekam allerdings nur folgendes zu hören: „Sie können sich doch freuen, daß Sie Arbeitslosengeld bekommen, das muß Ihnen doch reichen…“
In der Zeit bis zum zweiten Gespräch hab ich viele Bewerbungen geschrieben, viele Absagen bekommen und weiter versucht, Wege aus der Arbeitslosigkeit zu finden.
Wegen des unerfreulichen ersten Gesprächs habe ich bei dem zweiten Gespräch einen Zeugen mitgebracht. Ich habe dem Beamten erklärt, daß ich für die Selbständigkeit einen Anfangsauftrag hätte, ich allerdings noch nicht sicher sei, ob Folgeaufträge da wären, deswegen würde ich Überbrückungsgeld beantragen wollen. Aus dieser Situation kam dann der Ratschlag, ich solle den Auftrag in der Wartezeit bearbeiten.
Ich finde darum nicht, daß ich geschauspielert habe. Ich mag nur nicht so besonders gerne Almosen bekommen, sondern möchte selbst etwas tun. Natürlich könnte ich mich auch einfach hinsetzen, Arbeitslosengeld kassieren (wie mir ja im ersten Gespräch geraten wurde…) und jammern, daß der Staat ja nix tut. Genau diesen Weg wollte ich nicht gehen, das ist ja der Grund, warum ich so wütend bin.
Ich denke schon, daß mir ein Schaden entstanden ist. Als „anerkannte Selbständige“ hätte ich werben können, Aufträge suchen und annehmen können etc.
Ich gebe Dir allerdings wirklich recht, daß die ganze Gesetzgebung und auch die Zuständigkeit für dieses Überbrückungsgeld verwirrend, nebulös und falsch sind. Es scheint niemand so recht zu durchschauen, wie das nun eigentlich gehen soll. Selbst die offiziellen Broschüren des Arbeitsamtes zu diesem Thema sind irreführend…
Insoweit noch einmal danke und sorry für diese ausführliche Antwort, es war mir aber ein Anliegen, das mit der Schauspielerei richtig zu stellen.
Gruß
Heidrun
hi Heidrun,
ich will mal versuchen, Dir eine Anwort in dieser kniffeligen
Angelegenheit zu geben: Dabei ist einiges nicht eindeutig zu
beantworten, weil mir einige Fakten fehlen.
- es ist richtig, dass Dich dieser „Beamte“ falsch beraten
hat.
Für den Anspruch auf Überbrückungsgeld ist es seit dem
Job-AQTIV-G vom 10. 12. 2001 (BGBl. I S. 3443), in Kraft ab 1.
- 2002 nicht mehr notwendig, dass man 4 Wochen
Arbeitslosengeld bekommen hat.
- es ist richtig, dass die Aufforderung, Deinen Auftrag zu
bearbeiten und dann später abzurechnen eine Aufforderung zum
Betrug ist. Als Arbeitslose, die vermutlich mehr als 15
Stunden wöchentlich bereits selbständig tätig ist, steht Dir
kein Arbeitslosengeld mehr zu. Wenn Du weniger als 15 Std. pro
Woche brauchst, bist Du zwar noch arbeitslos, mußt aber das
Einkommen daraus anrechne lassen. Hier könnte der Beamte
gemeint haben, dass es bei der Anrechnng auf den Zeitpunkt des
Zuflusses ankommt (wenn man es positiv sehen will). Auf alle
Fälle hättest Du diese Tätigkeit formell anzeigen müssen, was
Du gegenüber dem Beamten (vielleicht) getan hast. Hier kommt
es sehr auf den genauen Wortlaut des Gespräches an. Wenn Ihr
nur in der Möglichkeitsform gesprochen habt, war das keine
formelle Meldung! Gleichwohl wäre auch ein im Konjunktiv
formulierte derartige Aufforderung ein Aufforderung zum
Betrug!!
3.was meinst Du genau, wenn Du sagst, dass Du stinksauer bist,
weil Dein Berater Deine Eigeninitiative bereits Mitte Juli
abgeblockt hat? Hast Du damals bereits Deine Absicht, Dich
selbständig zu machen, geäußert?
Das Problem könnte darin bestehn, dass Dein Berater erkannt
hat, dass Du eigentlich gar nicht arbeitslos wirst/bist,
vielleicht Deine Arbeitslosgket selbst herbeigeführt hast…
ich will nichts unterstellen Nach meinen Erfahrungen haben
die Arbeitsvermittler mit der Anwendung der Vorschriften zum
Überbrückungsgeld ein Riesenproblem, weil nach
„Expertenmeinung“ zu 90% ein reiner Mitnahmeeffekt bedient
wird.
Vor dem 1.1.2002 mußten 4 Wochen Arbeitslosengeld „abgesessen“
werden, seitdem muß „nur noch Arbeitslosigkeit beendet oder
vermieden werden.“ Und hier liegt auch noch der Hund begraben.
Arbeitslosigkeit in diesm Sinne heißt halt auch, bereit sein,
zumutbare Arbeiten selbst aktiv zu suchen und vom Arbeitsamt
anzunehmen. Es ist sicher nicht abwegig, dass die
Arbeitsvermittler erhebliche Zweifel an dieser Bereitschaft
haben, wenn schon vor der Arbeitslosigkeit ein fertiges
Konzept für die Selbständigkeit vorliegt und wie in Deinem
Fall sogar schon ein (lukrativer) Auftrag. Diese Situation ist
aber nicht dem Arbeitsamt oder dem Arbeitslosen vorzuwerfen,
sondern eindeutig dem Gesetzgeber.
- Wo ist Dein Schaden? Bis jetzt hast Du noch nichts
verloren, sondern Arbeitslosengeld bekommen.
Wenn Du jammerst, dass Du Dich nicht so früh wie möglich
selbständig machen konntest, nährst Du den Verdacht, dass
Arbeitslosigkeit eigenlich gar nichteingerteten wäre, sondern
nur zum Zwecke des Übrbrückungsgeldes gebraucht wird. Wie
gesagt kein Vorwurf, sondern ein eindeutiger Feler in der
Gesetzgebung. -Nach meiner Meinung sollte diese Leistung
steuerfinanziert und daher ohne diese Schauspielerei beim
Arbeitsamt besser durch das Finanzamt durchgeführt werden -
Falls Du das Entgelt für Deinen Auftrag als Nebeneinkünfte
angibst, wird entweder angerechnet oder für diese Zeit das
Arbeitslosengeld aberkannt, der Antrag auf Überbrückungsgeld
ist davon zunächst unberührt.
Erst wenn der abgelehnt werden würde, mit der Begründung, Du
seist ja bereits selbständig und hättest daher verspätet
Antrag gestellt, wärst du beschwert und könntest im
Widerspruchverfahren den ganzen Fall aufrollen.
Mein Rat daher: Mache einen Termin bei Deinem Leistungsberater
und laß Dich dort beraten.
mfg
erle