Wozu braucht man PCR?

Hallo,

kann jemand einem Laien eine verständliche Erklärung geben wozu man PCR braucht? Mir ist einigermaßen klar wie PCR funktioniert nur will mir irgendwie nicht so richtig eingehen warum man DNA so oft kopiert und was man dann später damit macht.

Vielen Dank für eure Hilfe
Michael

Hallo Michael!

kann jemand einem Laien eine verständliche Erklärung geben
wozu man PCR braucht?

Man braucht die Polymerase-Kettenreaktion (Kurz PCR) dazu, um möglichst viele identische DNA-Fragmente durch Vervielfältigung zu erlangen.

Mir ist einigermaßen klar wie PCR
funktioniert nur will mir irgendwie nicht so richtig eingehen
warum man DNA so oft kopiert und was man dann später damit
macht.

Je mehr Fragmente du zum Vergleichen hast, z.B. eines Vaterschaftstest, desto präziser die Aussage die man damit machen kann.

http://de.wikipedia.org/wiki/Polymerase-Kettenreakti…

lg
PaleMan

Hallo,

soweit ich verstanden habe benötigt man diese - quasi Kopierfunktion - um aus wenig Material mehr zu machen. Stell dir vor es ist nur wenig Rohstoff für Tests da, dann hilft es wenn man sich diesen selbst vermehren kann und statt einem Test vielleicht 20 verschiedene durchführen zu können. Finde ich logisch …

Hey,

genau so ist es.

Kleines Beispiel:
Polizeitatort und man findet nur wenig DNA. Der Täter hinterlässt ja nicht literweise Blut oder ähnliches.
Dann ist die PCR eine gute Methode diese kleine Mengen DNA sehr schnell zu vervielfältigen. Innerhalb kürzester Zeit hast du genug DNA, z.B. um bei der Elekrophorese sichtbare Ergebnisse zu zeigen. Bei kleineren Mengen sieht man da nicht allzu viel.

Andere Beispiele findest du, wenn du auf den Link von PaleMan gehst.

Gruß René

nur will mir irgendwie nicht so richtig eingehen
warum man DNA so oft kopiert

so oft kopiert: Denke an das berühmte Beispiel mit den Getreidekörnern auf dem Schachbrett. Auf Feld 1 ein Korn, auf Feld 2 2, Feld 3 4, Feld 4 8 Körner. Wieviele Körner sind auf Feld 64 ?
Antwort: mehr als die gesamte Getreideproduktion der Welt eines Jahres.
Wenn Du mit der PCR 20 Cyclen fährst, wieviel mehr DNA hast Du dann ?
Mit anderen Worten: Du kannst noch unvorstellbar geringe Mengen DNA hochspezifisch nachweisen.
Udo Becker

Hallo Michael,

kann jemand einem Laien eine verständliche Erklärung geben
wozu man PCR braucht? Mir ist einigermaßen klar wie PCR
funktioniert nur will mir irgendwie nicht so richtig eingehen
warum man DNA so oft kopiert und was man dann später damit
macht.

Wie du schon sagst, wird mit PCR ein DNA-Fragment amplifiziert. Ob das gewünschte DNA-Fragment vermehrt wird und wie lange das Amplifikat ist, hängt einerseits vom Template (also der eingesetzten DNA) als auch von der Wahl der Primer oder der PCR-Bedingungen (Pufferzusammensetzung, Wahl der Polymerase, Thermoprofil) ab. Nun kann man sich diese Abhängigkeiten für verschiedene Anwendungen und Fragestellungen zu Nutze machen. Ich zähle mal einige Beispiele auf.

Amplifikation zur Sequenzierung:

Hat man ein Stück unbekannter DNA (z.B. ein Restriktionsfragment) in ein Plasmid kloniert, so kann man dieses mit Hilfe von Primern, die am Plasmid oberhalb und unterhalb der Klonierungsstellen binden, das dazwischen liegende, unbekannte DNA-Fragment vermehren und das Produkt anschließend sequenzieren. Das ist nur eines von vielen denkbaren Beispielen, aber zum Sequenzieren muss man die DNA erst mal vermehren und dazu braucht man PCR.

Amplifikation zur Klonierung:

Will man ein Gen heterolog exprimieren (z.B. in E. coli) oder zu anderen Zwecken in ein Plasmid bringen, muss es erst mal mit PCR vermehrt werden. Danach kann das gewonnene PCR-Produkt entweder direkt oder nach Behandlung mit Restriktionsenzymen in ein Plasmid eingebaut werden. Durch die Wahl des geeigneten Vektors kann gleichzeitig noch ein Tag (RFP, YFP, GFP, HA, His, Myc etc.) an das Wunschgen angefügt werden, mit dem das codierte Protein schließlich nachgewiesen, lokalisiert oder isoliert werden kann. Will man das Gen mutieren, dann kann man in einer weiteren PCR-Reaktion mit sog. Mutagenisierungsprimern (gezielt) oder error-prone PCR (ungerichtet) Mutationen in das Gen einbringen. Das Plasmid mit dem so manipulierten Gen kann nun in eine geeignete Zelle gebracht werden.

Mutagenisierung:

Das wurde ja im Abschnitt oberhalb schon erwähnt. Mit PCR kann man gezielt oder ungezielt Mutationen in Gene einbringen, um beispielsweise ein Enzym zu deregulieren (z.B. unabhängig vom Stoffwechselzustand immer aktiv), die Aktivität eines Enzyms zu verbessern oder bestimmte andere Eigenschaften eines Proteins zu verändern.

Genotypisierung:

Gibt es von einem Gen zwei (oder mehr) Allele, so kann man mit PCRs feststellen, ob der untersuchte Organismus homozygot für eines der Allele oder heterozygot ist, wenn man die Primer so wählt, dass zumindest einer der Beiden spezifisch für eines der Allele ist. Das Vorhandensein eines Produkts (Primer passt) oder nicht (Primer passt nicht) oder dessen Länge (bei Insertionen oder Deletionen) lassen dann entsprechende Rückschlüsse zu.

Weiteres Beispiel: Bei Pflanzen werden gerne mit Hilfe von Agrobakterien Gene ausgeschaltet, was dadurch geschieht, dass das Agrobakterium ein bekanntes DNA-Stück in ein Gen der Wirtspflanze einbaut und es dadurch unbrauchbar macht. Will man wissen, ob eine Pflanze diese Insertion enthält, und ob diese auf beiden homologen Chromosomen vorhanden ist, kann man durch geschickte Wahl der Primer nachweisen, ob die T-DNA (so nennt man das eingebaute DNA-Stück) vorhanden ist oder nicht, und falls ja, ob es auf einem oder beiden homologen Chromosomen inseriert ist.

Expressionsanalyse:

Die Expression der meisten Gene wird reguliert. Unter bestimmten Bedingungen werden sie hochreguliert (viel mRNA) oder herunterreguliert (wenig oder keine mRNA). Wenn man wissen will, ob und wie eine Reihe von Genen reguliert werden, isoliert man folglich aus dem untersuchten Gewebe RNA (das ist gezielt möglich). Aus der isolierten Messanger-RNA wird dann durch RT-PCR cDNA hergestellt. Die der Menge an mRNA direkt proportionale Menge an cDNA wird schließlich mit Hilfe der Real-Time PCR bestimmt. Mit Hilfe externer Standards und durch Vergleich mit sog. Haushaltsgenen (werden immer gleich stark exprimiert) kann dann praktisch molekülgenau die Expressionsstärke eines Gens oder eines ganzen Sets von Genen unter bestimmten Bedingungen ermittelt werden.

Lokalisation:

Ich nenne nur mal ein Beispiel bei Pflanzen. Mit den o.g. Agrobakterien können bei Pflanzen nicht nur Gene durch T-DNA-Insertionen zerschossen werden, sondern man kann auch gezielt die T-DNA manipulieren und mit ihr ein Gen in eine Pflanze einbringen. Dies geschieht jedoch ungerichtet, d.h., unser Gen kann theoretisch überall im Genom eingebaut werden. Die optimale Insertionsstelle für ein solches Gen wäre ein nichtcodierender DNA-Abschnitt, so dass kein anderes, wichtiges Gen dadurch zerstört wird. Zuerst einmal kann nach der Transformation mit PCR (Primer passen nur auf das inserierte Gen) geprüft werden, ob die Insertion funktioniert hat. Danach kann mit Hilfe der sog. TAIL-PCR die genaue Insertionsstelle im Genom ermittelt werden.

Protein-DNA-Interaktion:

mit der ChIP (chromatin immunoprecipitation) können Protein-DNA-Interaktionen nachgewiesen werden. Man gibt ein potenziell DNA bindendes Protein mit genomischer DNA zusammen, verschweißt das Protein mit der DNA (sofern es gebunden hat), zerschreddert die DNA mit Ultraschall in Fragmente, fischt das Protein (und die möglicherweise daran gebundene DNA) mit Antikörpern aus dem Gemisch, löst das Protein wieder von der DNA und schaut mit PCR, ob da DNA vorhanden ist und welche DNA das ist.

Kontrolle:

Alle möglichen Manipulationen an irgendwelchen DNAs müssen irgendwie kontrolliert werden. Durch die Wahl der richtigen Primer und der richtigen PCR-Bedingungen ist das fast immer per PCR möglich. Die allermeisten PCRs sind irgendwelche Kontrollen von irgendwas, das man vorher damit angestellt hat.

Der ganze Rest:

Das war nur ein kleiner Auszug möglicher Anwendungen der PCR. Die allseits bekannten Genetischen Fingerabdrücke gehören freilich auch dazu. Es gibt unzählige weitere Möglichkeiten und fast täglich kommen neue Anwendungen hinzu. Immer, wenn irgendwas mit DNA gemacht wird, wird auch irgendwann irgendas mit PCR amplifiziert, seien es einfache Kontrollen oder ganz spezielle PCR-Methoden. Die Moderne Biologie ist ohne PCR nicht denkbar. Zu Recht wurde Kary B. Mullis für diese seine Erfindung mit dem Nobelpreis geehrt.

Und zum Abschluss noch ein Loblied auf die PCR (nett gemachtes Werbevideo der Firma Bio-Rad): http://www.youtube.com/watch?v=x5yPkxCLads Den Text kann man hier nachlesen: http://www.cnpg.com/Video/Redirect.aspx?redirectid=62

LG
Huttatta