Geschunken gekrochen?

Hallo, Gemeinde.

Wie kommt es eigentlich zu den „starken“ und „schwachen“ Verben im Deutschen, mit denen man einen lernwilligen Ausländer so schön zur Verzweiflung bringen kann?

Wie „singen-sang-gesungen“, aber „bringen-brachte-gebracht“?
Oder „stinken-stank-gestunken“, aber keinesfalls „blinken-blank-geblunken“?

Ist es so ähnlich wie im Englischen, wo sich im Laufe der Zeit die Verben abgeschliffen haben („thou dost“ sagt seit einiger Zeit keiner mehr, wenn er nicht gerade Wilhelm Schüttelschoppen zitiert)?

In Süddeutschland gibt es auch noch die mundartliche Färbung „genossen“ statt „geniest“, die zu Schillers Zeiten noch gängig war?

kw

Partizip II von radebrechen: geradegebrochen
Hallo kw,

die unregelmäßigen Verben, wie man diese Dinger besser nennt -

stark und schwach ist eine Unterscheidung, die auf die Grimms zurückgeht, und eher zu Missverständnissen führt -

sind eine Erscheinung, die in fast allen indoeuropäischen Sprachen zu beobachten ist.

Ich habe unregelmäßige Verben in Griechisch, Latein, Englisch, Französisch und eben auch in Deutsch gelernt.

Warum diese Sprachen diese Eigenart haben kann ich im Moment noch nicht sagen, werde mich aber umtun.
Vielleicht weiß es einer unserer Experten.
Gruß Fritz

Zusatz zu geradegebrochen
Es lässt sich noch sagen, dass die unregelmäßigen Verben älter sind als die regelmäßigen und dass es eine Tendenz zur Regelmäßigkeit gibt.
Etwa: backen - buk - gebacken => backen - backte - gebackt.
Fritz

Ebend!
Hallo, Fritz.

Genau das meinte ich mit meiner Anspielung auf den obskuren englischen Dichter …
Das Englische ist ja ein Sammelsurium aus Dänisch, Keltisch, Normannisch, Angelsächsisch, Lateinisch und Wasweißisch, und da hat dieses „Abschleifen“ schon viel eher stattgefunden …

Gruß kw

Nur so
Der Unverbesserliche

Man fragte mich: „Heißt’s fragte oder frug?“
Ich sagte drauf: „Ich wähle immer fragte,
da man ja auch statt sagte nicht spräch sug,
was schlecht dem Ohr und Sprachgebrauch behagte.“

Der andre sprach: „Ich werde draus nicht klug,
man sagt doch auch nicht schlagte oder tragte?“
Ich sprach: Ausnahmen sind nur schlug und trug;
doch tug, rug, zug, und wug noch keiner wagte.

Nun, wird der Zweifel, der bisher Sie nagte
und plagte - und nicht etwa gar nug und plug -
behoben sein, ob richtig frug, ob fragte?"

Der andere sprach: „Sie haben recht“, und schlug
sich an die Stirn, als ob ihm Licht nun tagte,
„verzeihen Sie, daß ich so töricht frug.“

Unbekannter Verfasser
(um 1900)

Aus: Alles Unsinn, Heinz Seydel, Eulenspiegelverlag, Berlin 1974.

Viel Spaß mit diesem Text wünscht
Stefan

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Viel Spaß mit diesem Text wünscht

Stefan

Danke, Stefan, find ich klasse.
:wink:
Rainer

kleine Berichtigung u. kleine Frage

Wie „singen-sang-gesungen“, aber „bringen-brachte-gebracht“?
Oder „stinken-stank-gestunken“, aber keinesfalls
„blinken-blank-geblunken“?

Hallo!

bringen - brachte - gebracht ist sogar weder schwach noch stark, sondern gemischt…

Kann mir jemand jetzt sagen, wie erkoren im Infinitiv heißt???

fragende Grüße

Camilla

*diejedentagihreschülermitderdeutschengrammatikverrücktmacht*

Servus Camilla!

Kann mir jemand jetzt sagen, wie erkoren im Infinitiv
heißt???

erküren - erkor - erkoren

Der Infinitiv wird aber in dieser Form, glaube ich, kaum verwendet, ich würde dafür nur „küren“ nehmen, wenn überhaupt…

Ciao!
Helene

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Ein schlechter Schüler

Als ich noch zur Schule gehte,
zahlte ich bald zu den Schlauen,
doch ein Zeitwort recht zu biegen,
bringte immer Furcht und Grauen.

Wenn der Lehrer mich ansehte,
sprechte ich gleich falsche Sachen,
für die andern Schüler alle
gebte das meist was zum Lachen.

Ob die Sonne fröhlich scheinte
oder ob der Regen rinnte:
wenn der Unterricht beginnte,
sitzt. ich immer in der Tinte.

Als nun ganz und gar nichts helfte,
prophezieh mir unser Lehrer:
wenn die Schule ich verlaßte,
wörde ich ein Straßenkehrer.

Da ich das nicht werden willte,
kommte ich bald auf den Trichter,
stak die Nase in die Bücher,
und so werdete ich Dichter

Liebesleid

Weil gar zu schön der Wein im Glas geblunken,
hat sich der Hans dicht voll getrinkt.
Drauf ist im Zickzack er nach Haus gehunken –
Und seiner Grete in den Arm gesinkt.
Die aber hat ganz zornig abgewunken
und hat vor ihm die Türe zugeklunken.

Fritz

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Meiner Meinung nach …
Hallo, Camilla!

Ich meine, der Infinitiv heißt „erkiesen“. Klar, ein im Infinitiv heute ziemlich ungebräuchliches Wort, und Du bist auch nicht die einzige, die sich das bisher gefragt hat. Aber so müsste es nicht nur meiner Erinnerung nach, sondern laut Mr. Check stimmen.

Liebe Grüße!
Chris

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erkiesen hatten wir schon mal,
Camilla, guck doch mal da:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Erkiesen mit Beleg.
Fritz

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Wundervoll! (oT)
:smile: