Waagwirt?

Guten Tag,
wer oder was ist ein Waagwirt?
Vielen Dank.

Guten Tag,
wer oder was ist ein Waagwirt?
Vielen Dank.

Es mag mehrere ErklÀrungen geben, eine davon ist diese:
Auf dem Lande, im Dorf, in der NĂ€he eines Naturalien-Lagers (z.B. BAYWA oder Raiffeisen) ist a) eine Fuhrwerkswaage und b) eine Wirtschaft. Dann könnte diese ‚Zum (Beim) Waagwirt‘ heißen. Wenn der Wirt nun auch noch die Waage bei Bedarf bedient, dann erst recht.
Mit freundlichen GrĂŒĂŸen
Alexander Berresheim

Danke fĂŒr die detaillierte ErklĂ€rung o.w.T.
.

Servus Alexander,

ich meine, man darf da noch engere Verbindung als bloß örtliche NĂ€he annehmen:

Zuerst ist der Waagwirt der Wirt, der auf dem Wirtshaus „Zur Waage“ sitzt - zu Zeiten Ă€nderten sich die Haus- und Hofnamen weniger als die Familiennamen. 1980 hab ichs im Tettnang/Neukircher Raum noch erlebt, dass Bauern mit ihrem Hofnamen angesprochen wurden, wĂ€hrend sie sich mit ihrem Familiennamen schrieben.

Dass zum Wirtshaus „Zur Waage“ eine Waage gehört, ist zwar fast immer eine Einrichtung aus dem 19. Jahrhundert - von wann genau BrĂŒckenwaagen sind, weiß ich nicht, aber wenns vorher welche gab, waren es vernachlĂ€ssigbar wenige. Aber im Prinzip ein Überrest aus dem System feudaler Lehen: Der Wirt, der die Waage errichtete, hatte eigene Mittel investiert und profitierte privat von den WĂ€gegeldern, aber fĂŒr die quasi hoheitliche Funktion des Unterhaltens einer öffentlichen, geeichten Waage brauchte er eine entsprechende Genehmigung. Ein System, das der feudalen Belehnung mit dem Schankrecht, mit einem FĂ€hrrecht, einem BrĂŒckenrecht, einem MĂŒhlenrecht etc. entspricht.

Ein kleines Fitzelchen davon findet man heute noch in einzelnen FÀllen, in denen die Gemeinden von ihrem Recht Gebrauch machen, eine Schankerlaubnissteuer (einmalig fÀllig bei Erteilung der Schankerlaubnis an einen Wirt, etwa auch bei PÀchterwechsel etc.) zu erheben: Da steckt die alte Schankgerechtigkeit noch drinne.

Einige Namen von WirtshĂ€usern weisen auf Funktionen hin: „Zum Löwen“ (stĂ€dtisch) und „Zur Linde“ (dörflich) sind Wirtschaften, in denen das örtliche Gericht tagt. „Zum Ochsen“ sind Wirtschaften, die schlachten dĂŒrfen. Wirtschaften, in denen getanzt werden darf, meines Wissens „Zum Kranz“ (weiß es aber nicht sicher).

Kurz: Der Waagwirt ist ein nicht unvermögender Wirt, weil er oder einer, der vorher auf der Wirtschaft zur Waage gesessen hat, die Waage hat bauen können. Ferner ist er ein Wirt von sehr gutem Leumund, weil er nicht bloß die Schankerlaubnis, sondern auch die WĂ€geerlaubnis erhalten hat.

Er ist in diesem Profil etwa das Gegenteil zu einem Wirt, der auf einer Wirtschaft „Zum Roten Haus“ (einfachste SchĂ€nke, in der Regel Weghaus außerhalb von Ortschaften, oft Hehlertreffpunkt), „Zum Anker“ (Schifferherberge) oder „Zum GrĂŒnen Baum“ (Herberge einfachster Kategorie) sitzt.

Schöne GrĂŒĂŸe

MM

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Guten Tag,
wer oder was ist ein Waagwirt?
Vielen Dank.

Hallo !

Es gab damals Wagemeister. (Wage mit einem a geschrieben). Seit 1927 wird Waage mit zwei a geschrieben, um eine Unterscheidung vom Wagen zu haben.
Wagemeister waren meistens auch Mauteinnehmer fĂŒr das Befahren von befestigten Strassen. Mautstellen waren meistens Wirtschaften und Pferdewechselstationen. Damit war der Wirt auch oft Wagemeister.

Die HĂ€ndler oder Bauern fuhren ihren Pferdelastwagen auf eine BrĂŒckenwage. Über ein GestĂ€nge konnte der Wagemeister in seinem Dienstzimmer das Gewicht des Wagens ablesen.

mfgConrad