Kleinunternehmerbesteuerung und USt-ID-Nummer
Servus,
es ist nicht meine Absicht, eine Streiterei zu führen. Es geht mir darum, einen an sich einfachen Sachverhalt zu klären, der für Leute, die sich verständlicherweise bei der Gründung eines kleinen Handelsunternehmens nicht schwerpunktmäßig mit Steuerrecht befassen, nicht ohne weiteres leicht verständlich ist.
Erstmal braucht man dazu keine sekundären Quellen oder gar Kommentare, weil § 19 UStG zu den (etwa im Vergleich zu § 10 EStG) zu den Regelungen aus dem Steuerrecht gehört, die ziemlich leicht aus dem Wortlaut des Gesetzes zu verstehen sind.
Man findet ihn hier - nur echt mit dem Geier:
http://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__19.html
Beim Lesen fällt übrigens auf, daß es sich nicht um eine Vorschrift zur Steuerbefreiung handelt, sondern daß der § 19 I UStG vorsieht, daß bei Kleinunternehmern die geschuldete USt nicht erhoben wird. Diese Unterscheidung ist z.B. wichtig, wenn man § 14 Abs 4 Nr. 8 UStG richtig anwenden will - tut hier und jetzt aber nicht so viel zur Sache.
So, und jetzt zur Frage mit der USt-Identifikationsnummer. Auch hier geht der erste Blick ins UStG, und weitere Quellen braucht man nur, wenn es um Interpretationen von nicht auf Anhieb verständlichen Regelungen geht. Wer eine USt-Identifikationsnummer auf Antrag erhält, steht in § 27a UStG, hier isser: http://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__27a.html
Dort wird auf § 2 UStG verwiesen, hier isser: http://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__2.html
Bisher wissen wir aus dem Gelesenen: Wenn ein Kleinunternehmer die Grenzen gem. § 19 Abs 1 UStG nicht überschreitet, wird bei ihm die geschuldete USt nur dann erhoben, wenn er zur Regelbesteuerung optiert. Es gibt keine anderen Sachverhalte, die eine Erhebung der USt auslösen könnten. Und eine USt-Identifikationsnummer erhält ein Kleinunternehmer auch, sonst wäre eine Einschränkung in § 27a UStG erwähnt.
So, wie kommt es jetzt dazu, daß bei Kleinunternehmern die Erwerbsbesteuerung greift, wenn sie eine USt-Identifikationsnummer haben?
Dazu muß man sich erstmal schlau machen, was denn eigentlich die Erwerbsbesteuerung ist. Dazu sind hilfreich die §§ 1 Abs 1 Nr. 5 und 1a UStG: http://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__1.html http://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__1a.html
In § 1a Abs 3 UStG ist zu lesen, daß bei Kleinunternehmern gem. § 19 Abs 1 UStG nur dann im Inland steuerbare und steuerpflichtige Erwerbe vorliegen, wenn ihre Erwerbe die Erwerbsschwelle von 12.500 € übersteigen oder wenn sie auf die Anwendung des Abs 3 verzichten, d.h. zur Erwerbsbesteuerung optieren. Wenn sie die Anwendung des § 1a Abs 3 UStG nutzen, zahlen sie beim Einkauf von Waren aus Dänemark eben die 25% Omsaetningsavgift, und damit hat sichs: Keine innergemeinschaftliche Lieferung, kein innergemeinschaftlicher Erwerb, kein Vorsteuerabzug, keine Vorsteuervergütung.
Daß ein Antrag auf Zuteilung einer USt-Identifikationsnummer durch einen Kleinunternehmer von der Finanzverwaltung als Option für die Erwerbsbesteuerung bei innergemeinschaftlichen Erwerben behandelt wird, lässt sich unmittelbar aus dem UStG nicht begründen. Diese Handhabung leuchtet aber ein, weil die USt-ID-Nummer dem Unternehmer die Möglichkeit gibt, aus dem Gemeinschaftsgebiet Lieferungen zu beziehen, die im Herkunftsland von der dortigen Mehrwertsteuer befreit sind, und diese Möglichkeit nicht im Einzelfall kontrolliert werden kann, so daß bei Zuteilung einer USt-Nummer immer, auch bei Kleinunternehmern und bei Unternehmern, deren Erwerbe die Lieferschwelle nicht erreichen, die Erwerbsbesteuerung greift.
Was bedeutet das jetzt für den Kleinunternehmer?
Beim Bezug von Lieferungen aus Deutschland: Genau nix.
Beim Bezug von Lieferungen aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet: Er erhält die Lieferung z.B. aus Frankreich steuerfrei ohne TVA und muß den innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland versteuern, d.h. 19% USt auf den Betrag der französischen Rechnung werden dann fällig und können wegen Kleinunternehmerbesteuerung nicht als Vorsteuer abgezogen werden, sind also abzuführen. Im Übrigen, betreffend Nichterhebung der USt auf seine eigenen Umsätze und Nichtabziehbarkeit der Vorsteuer auf seine empfangenen Leistungen und Nichtausweis der USt auf seinen Rechnungen bleibt alles wies ist.
So. Ich hoffe, daß die ganze Chose damit ein bissel klarer geworden ist. Wenn noch Fragen offen sind: Bitte fragen - USt ist nicht grade mein Fetisch, aber ich mag sie ganz gern.
Schöne Grüße
MM