Olivenöl-Panscherei - woran das echte Öl erkennen?

Moin,

angesichts des Skandals um gepanschtes Olivenöl frage ich mich: woran kann ich als Olivenöl-Konsument erkennen, daß das Öl, welches mein Interesse geweckt hat, ungepanscht ist? Warum sollten profitgierige Händler bei den dann noch „abgefahreneren“ Gewinnmargen nicht auf die Idee kommen, das Billig-Olivenöl unter anderem Etikett als („kaltgepreßtes Nativ-Olivenöl“ stand ja eh schon drauf) zu deklarieren und statt für 1,99 € für 8,69 € pro Flasche anzubieten?

Vermutlich sollte man ein paar Marken kennen und Olivenöl nicht mehr bei Aldi oder Lidl kaufen. Könnt Ihr mir da bitte ein paar Tips geben?

Antworten bitte ausschließlich in vordeformatorischer Rechtschreibung. Wer das nicht möchte, möge bitte einfach nicht antworten. Danke.

Beste Grüße
Uwe

Hallo Uwe,

angesichts des Skandals um gepanschtes Olivenöl frage ich
mich: woran kann ich als Olivenöl-Konsument erkennen, daß das
Öl, welches mein Interesse geweckt hat, ungepanscht ist?

mit dem untrüglichsten Testinstrument der Welt: der eigenen Zunge. Das ist nicht anders als bei Wein oder Edelspirituosen - gut ist, was Dir gut schmeckt. Hilfreich dabei (beim Unterscheiden von Gut und Böse und ggf. dem Erkennen, was jenseits davon ist) ist allerdings etwas Erfahrung bei der Verkostung.

Ansonsten eine Grundregel: „preiswertes“ Olivenöl ist selten wirklich seinen Preis wert. Wer partout auf Schnäppchen aus ist, bietet sich selbst als potentielles Opfer für Bauernfänger an. Ich zitiere mal kurz aus einem Artikel des Tagesspiegel über den von Dir angesprochenen Skandal: „Anschließend verkauften die italienischen Lebensmittelfirmen das Öl als „Olivenöl aus Italien“ an Discounter, Touristen und im Großhandel – für drei bis vier Euro je Liter.“

Dazu ist zu sagen - ein gutes Olivenöl kauft man nicht beim Discounter oder im Supermarkt, sondern bei einem Händler, der sich im Interesse seiner Kunden um ein qualitativ hochwertiges Sortiment bemüht. Dort zahlt man natürlich mehr als „drei bis vier Euro je Liter“. Aus gutem Grund - für einen solchen Preis kann man nämlich kein hochwertiges Olivenöl produzieren. Schon gar nicht in Italien.

Wenn vor Ort kein solcher Händler zur Verfügung steht, gibt es im Internet Alternativen, z.B. arteFakt (http://www.artefakten.net/). Vor ein paar Jahren (als die Firma noch im Aufbau war) haben die in meiner Nähe gelegentlich Verkostungen veranstaltet; das Angebot war zumindest damals uneingeschränkt empfehlenswert.

Noch eine Grundregel: nicht jedem Test vertrauen. Insbesondere dann nicht, wenn die testende Institution außer Olivenöl noch Waschpulver, Fahrradanhänger, Immobilienfonds und was weiss ich noch alles testet. Wirklichen Sachverstand kann man da nicht erwarten. Ein trauriges Beispiel dieser Art war die Bewertung der LIDL-Hausmarke durch die Stiftung Warentest: http://www.bremerwein.de/olivenoelskandal.pdf

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Ralf,

vielen Dank für Deine Antwort.

mit dem untrüglichsten Testinstrument der Welt: der eigenen
Zunge. Das ist nicht anders als bei Wein oder Edelspirituosen

  • gut ist, was Dir gut schmeckt.

Ok. Dann gehe ich also in den nächstbesten Delikatessenladen und öffne und probiere mal eben ein paar Flaschen vom feinsten Olivenöl durch? Die Sorten, die mir nicht schmecken, stelle ich einfach zurück ins Regal. Die anderen Kunden freuen sich, daß da schon jemand mal vorgekostet hat. Vielleicht sollte ich auch noch schriftliche Hinweise auf den Etiketten hinterlassen, wie. z. B.: „Nicht so mein Fall“ oder „Zu fettig“, „Kettenöl“, „BP läßt grüßen“ etc.? :wink:

Scherz beiseite. Grundsätzlich stimme ich Dir zu. Nur hatte ich um Marken-Tips gebeten, denn als unerfahrener Olivenölkunde sehe ich mich einem unübersichtlichen Markenangebot gegenüber. Ich gehe davon aus, daß es einige Marken gibt, deren Erzeugnisse aus Tradition und Renommée über jeden Zweifel erhaben sind.

Welche wären das?

Dazu ist zu sagen - ein gutes Olivenöl kauft man nicht beim
Discounter oder im Supermarkt, sondern bei einem Händler, der
sich im Interesse seiner Kunden um ein qualitativ hochwertiges
Sortiment bemüht. Dort zahlt man natürlich mehr als „drei bis
vier Euro je Liter“. Aus gutem Grund - für einen solchen Preis
kann man nämlich kein hochwertiges Olivenöl produzieren. Schon
gar nicht in Italien.

Das Problem ist nur: der hohe Preis ist kein Garant für Qualität. Eine wirklich renommierte Marke hingegen schon eher, vermute ich.

Beste Grüße
Uwe

Hallo Uwe,

siehe hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Oliven%C3%B6l#Betrug.2C…

Im „Spiegel“ vom 24.12.2011 (Autor Schlamp) wird geschrieben, dass 80% des italienischen Olivenöls gepanscht sind.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/0,1518,8056…

Meine Informationen gehen dahin, dass in Italien ca. 20.000 Tonnen Olivenöl produziert werden, aber 80.000 Tonnen als Original Italienisches Olivenöl exportiert werden. Wobei die Italiener so „schlau“ sind, das Gute Öl selbst zu verbrauchen.

Google doch mal nach dem Institut in Norditalien, das die „Fingerabdrücke“ aller Olivenöle und ihrer Herkunftlagen gespeichert hat, und anhand dieser Daten aussagen kann, ob ein Öl gepanscht wurde. Ich habe leider keine Zeit, dir das abzunehmen.

Die letzten Zeilen des „Spiegelartikels“ sind bezeichnend:

EU hilft Öl-Panschern

Dazu kommt, dass die Wahrscheinlichkeit, beim Schummeln mit verschimmeltem Öl aufzufliegen, nicht sonderlich groß ist. Die Kontrollen sind lasch, die Vorschriften verwirrend und teilweise unsinnig. Bis vor ein paar Jahren genügte es, tunesische Oliven in einer toskanischen Ölmühle auszuquetschen - schon hatte man, ganz legal, original Toskana- Olivenöl. Seit 2008 schreibt Italien immerhin vor, dass dort angebotenes Olivenöl die Herkunft der Oliven ausweisen muss.

In vielen anderen Ländern, so in Deutschland, gibt es das nicht. Da kann man den Verbrauchern ganz legal Ölverschnitte aus mehreren Ländern als „italienisches“ Produkt unterschieben.

Und die Europäische Union tat in diesem Frühjahr noch ein übriges: Sie setzte für das Premium-Öl (Nativ Extra) den erlaubten Höchstgehalt von Alkylestern - das sind chemische Verbindungen, die beim Pressen minderwertiger Früchte oder beim Panschen entstehen - kurzerhand auf 150 Mikrogramm (µg) pro Kilo herauf. Im ordentlichen Natur-Olivenöl liegt dieser Wert selten über 30 µg/kg, bei Spitzenölen sogar nur um 15 µg/kg. Nur wer Öle panscht oder sogar desodoriert kommt auf die hohen Werte. Im Klartext: Brüssel macht mit der neuen Verordnung der Öl-Mafia das Leben noch leichter.

Mein Fazit: Warum soll man dann italienisches Olivenöl für viel Geld kaufen, wenn man die gleiche Ware in Griechenland oder Spanien zu besserer Qualität (ungepanscht) zu einem besseren Preis beziehen kann.

Olivenölkauf ist immer mehr eine Frage des Vertrauens.

Guten Einkauf
Bernd

Hallo Uwe,

Ok. Dann gehe ich also in den nächstbesten Delikatessenladen
und öffne und probiere mal eben ein paar Flaschen vom feinsten
Olivenöl durch?

das geht sicher ebensowenig wie mit Wein bei einem Weinhändler. Aber es gibt Feinkosthändler, die von den von ihnen angebotenen Olivenölen eine offene Flasche zu Verkostungszwecken parat haben. Ansonsten ist es Merkmal eines qualifizierten Händlers, dass er seinen Kunden auch eine qualifizierte Beratung bieten und auf persönliche Vorlieben (fruchtig, grasig, pfeffrig …) eingehen kann.

Scherz beiseite. Grundsätzlich stimme ich Dir zu. Nur hatte
ich um Marken-Tips gebeten, denn als unerfahrener
Olivenölkunde sehe ich mich einem unübersichtlichen
Markenangebot gegenüber.

Es ist - wie bei Wein - sinnvoller, sich an Produzenten als an Marken zu orientieren. Die oben verlinkte Firma arteFakt beispielsweise arbeitet mit verschiedenen ausgesuchten Produzenten zusammen - auf der Webseite findest Du übrigens auch einiges zu Untersuchungen, Sensoriktests usw.

Mein derzeitiger Liebling ist Terra Crete Kolymvari (Kolimbari) aus Chania / Kreta. Prima Preis-Leistungsverhältnis, zumal ich es über die Landwirtschaftsschule hier am Ort beziehe - die Abschlussklasse macht seit ein paar Jahren dort ein Ferienpraktikum und finanziert das z.T. durch ‚Privatimport‘. Gibt’s aber auch sonst hierzulande im Handel; ein alter Freund in Speyer verkauft das z.B. in seinem Laden (und auf dem Mannheimer Wochenmarkt) - bevorzugt allerdings das ebenfalls sehr gute und aus derselben Region stammende Arista. mit Google leicht zu finden.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Olivenöl - was bedeutet die Herkunft?
Servus,

was bedeutet „gepanscht“?

Markenöle, die in großen Mengen gleich aussehen und schmecken müssen, müssen zwangsläufig aus verschiedenen Herkünften vermischt werden. Der Unterschied zwischen einem guten Olivenöl vom Gardasee und einem guten Olivenöl aus Agrigento ist dramatisch, auch wenn sie bei gleichem Reifegrad der Oliven etc. gewonnen werden. Beides sind italienische Öle, aber damit hat sichs schon weitgehend mit den Gemeinsamkeiten. Man kann dabei nicht sagen, dass eines von beiden besser oder schlechter wäre, sie sind halt bloß gänzlich verschieden.

Ergo: „Italienisch“ ist kein Qualitätsmerkmal für Olivenöl. Hervorragende Öle kommen genauso gut von Kreta, aus Frankreich, aus der Türkei, aus Spanien, Portugal, Libyen und Marokko.

Wenn man einen immer gleich schmeckenden Blend mit einer hübschen Marke und einem netten Opa mit Strohhut in der Reklame haben will (obwohl von den Markenölen Bertolli sicher nicht das schlechteste ist), ist der immer gepanscht im Sinn einer Vermischung von verschiedenen Chargen aus verschiedenen Herkünften - man zahlt halt einen Preis für „Convenience“.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Meine Informationen gehen dahin, dass
Dazu kommt, dass
Seit 2008 schreibt Italien immerhin vor, dass

Gefährlich ist’s, den Leu zu wecken …
Gruß!
H.

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Hallo,

Ergo: „Italienisch“ ist kein Qualitätsmerkmal für Olivenöl.
Hervorragende Öle kommen genauso gut von Kreta, aus
Frankreich, aus der Türkei, aus Spanien, Portugal, Libyen und
Marokko.

Ja,das ist zweifelsfrei der Fall. Allerdings ist die Gesetzeslage in Italien die, das selbst Olivenoel fuer das nicht eine einzige italienische Olive verwendet wurde als „Orignal italienisch“ in den Handel kommen darf, wenn es nur in Italien gepresst wurde.
Das passiert ist z.B. bei den Oelen aus Kreta und aus dem Valee les Beaux nicht der Fall, da muss alles in der Region passieren.

Die Lage beim ital. Olivenoel ist in etwa so undurchsichtig und unsicher wie beim Balsamico.

Tschau
Peter

Tach,

Dort zahlt man natürlich mehr als „drei bis
vier Euro je Liter“. Aus gutem Grund - für einen solchen Preis
kann man nämlich kein hochwertiges Olivenöl produzieren. Schon
gar nicht in Italien.

In Griechenland kostet ein Liter Olivenöl ca. 4 Euro im Supermarkt. Kauft man direkt beim Erzeuger ist es noch billiger. Ihr zahlt in euren Biodelikatessenaltenativläden eben das reine Gewissen und die angebliche Expertise auch mit. Selber schuld. :smile:
Meine Empfehlung: Urlaub in griechenland machen und einen Kanister per Kurier nach Hause schicken. Da weeste was de hast!

Grüße
Rocky

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Hallo,

In Griechenland kostet ein Liter Olivenöl ca. 4 Euro im
Supermarkt.

Das veränder das mal leicht um meine Erfahrungen von 2010 zu beschreiben:

In Tunesien kostet ein Liter gutes Olivenöl
ca. 4 Euro im Supermarkt.

Grüße,
Tinchen

Tach Rocky,

In Griechenland kostet ein Liter Olivenöl ca. 4 Euro im
Supermarkt.

… und hierzulande kostet bei LIDL der Liter „italienisches natives Olivenöl extra“ 2,65 €. Mit Stiftung-Warentest-Gütesiegel. Was lernt uns das? Bleib zu Hause und kauf bei LIDL?

Erstens einmal hat Griechenland in Bezug auf gutes Olivenöl ein deutlich niedrigeres Preisniveau als Italien (nur südfranzösische Olivenöle sind noch teurer als italienische) und zweitens war die Rede von hochwertigen Olivenölen.

Kauft man direkt beim Erzeuger ist es noch
billiger.

Direkt beim Erzeuger kauft man immer billiger. Sowohl qualitativ hochwertige Ware als auch die Massenware, die sonst beim Abfüller und dann im Supermarkt landet. Das ist bei Olivenöl nicht anders als bei Wein.

Ihr zahlt in euren Biodelikatessenaltenativläden
eben das reine Gewissen und die angebliche Expertise auch mit.
Selber schuld. :smile:

Das ist Bullshit. Zwischen Fachhandel und „Biodelikatessenalternativläden“ gibt es einen nicht unerheblichen Unterschied. Ich kaufe auch meinen Wein entweder beim Erzeuger (bevorzugt) oder im Fachhandel - und mit Sicherheit nicht in „Biodelikatessenalternativläden“. Aber auch nicht im Supermarkt. Und die Expertise brauche ich nicht zu bezahlen - da traue ich lieber meiner eigenen.

Übrigens: von dem Terra Crete Kolymvari, das ich gestern erwähnt habe, kaufe ich bewusst nicht die Bio-Qualität (organisch). Ich weiss allerdings auch, wie die entsprechende nicht-zertifizierte Qualität produziert wird und bin zufrieden damit - sensorisch ist eh kein Unterschied feststellbar.

Mal grundsätzlich: Qualität hat ihren Preis, auch in Griechenland und auch bei einem Großabfüller (ca. 650 Produzenten) wie Terra Crete. Wer Qualität nicht zu schätzen (oder einzuschätzen) weiss, soll sich stattdessen meinetwegen gerne über billige Schnäppchen freuen, hab ich nichts dagegen.

Meine Empfehlung: Urlaub in griechenland machen und einen
Kanister per Kurier nach Hause schicken. Da weeste was de
hast!

Die Italientouristen, denen man gepanschtes Olivenöl angedreht hat, wussten es offensichtlich nicht. Vor Ort zu kaufen ist eben keine Qualitätsgarantie, auch wenn es ansonsten grundsätzlich empfehlenswert ist. Aber wenn man sich nicht auskennt bzw. die Qualität des Angebotes nicht beurteilen kann, sollte man bei allzu billigen Angeboten misstrauisch sein.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo,

In Tunesien kostet ein Liter gutes Olivenöl
ca. 4 Euro im Supermarkt.

das ist durchaus glaubhaft. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt dort auch in etwa bei 3800 $/Jahr. In Italien (einschließlich des armen Mezzogiorno) bei 20.000 $/Jahr; in Griechenland übrigens fast 30.000 $. Man kann sich in etwa vorstellen, wie sich das auf die Erzeugerkosten auswirkt - und auch, dass man in Italien oder Griechenland für diesen Preis kein qualitativ gleichwertiges Öl produzieren kann.

Übrigens - wenn man vergleichsweise das deutsche Durchschnittseinkommen ansetzt, bedeutet das für einen Tunesier dasselbe, als wenn ein Deutscher im Supermarkt für das Öl 40 € bezahlen müsste. Und da ist der Transport vom Erzeuger- in das Verbraucherland noch gar nicht berücksichtigt.

Freundliche Grüße,
Ralf

Was heisst hier gepanscht?
Salü,

Markenöle, die in großen Mengen gleich aussehen und schmecken
müssen, müssen zwangsläufig aus verschiedenen Herkünften
vermischt werden. Der Unterschied zwischen einem guten
Olivenöl vom Gardasee und einem guten Olivenöl aus Agrigento
ist dramatisch, auch wenn sie bei gleichem Reifegrad der
Oliven etc. gewonnen werden.

das ist natürlich völlig richtig. Es ist auch bei einem „natives Olivenöl Extra“ (höchste gesetzlich definierte Qualitätsstufe) durchaus zulässig, eine ‚Cuvée‘ zu produzieren, also Olivenöle unterschiedlicher Herkunft zu mischen. Bedenklich (aber noch nicht illegal) wird es, wenn minderwertige Öle aus Spanien oder Griechenland (bevorzugt aus Mani im Peloponnes) nach Italien importiert werden, ein wenig italienisches Öl beigemischt wird und das Ganze dann als ‚italienisches Olivenöl‘ verkauft wird, weil eben italienisches Öl unbegreiflicherweise immer noch einen guten Ruf hat und höhere Preise erzielt als spanisches oder griechisches Öl.

Das Olivenölgeschäft hat ein Volumen von ca. 10 Milliarden € - mit steigender Tendenz wegen des wachsenden US-amerikanischen Marktes. Etwa die Hälfte davon wird in Italien abgewickelt. Der Olivenölproduzent Casa Olearia beispielsweise ist gleichzeitig einer der größten Olivenöl importeure Europas. Leonardo Marseglia, damals leitender Direktor der passenderweise im Örtchen Monopoli beheimateten Firma, räumte einmal ein, man müsse pro Jahr 600.000 bis 700.000 Tonnen Öl importieren „um viele schlechte, übel riechende hiesige Ölsorten durch Mischung zu retten“ - insbesondere betrifft das apulische Öle.

Das - die Mischung mit ausländischen Ölen - ist übrigens völlig legal. Es ist sogar legal, wenn in italienischem Olivenöl kein einziger Tropfen einer in Italien gewachsenen Olive steckt. Hauptsache, die Flasche oder der Kanister wurde in Italien abgefüllt. Das hat eine spanische Firma vorgeführt, die die von Dir erwähnte italienische Firma Bertolli aufgekauft und fortan in Spanien erzeugtes Olivenöl in Italien abgefüllt und als italienisches Olivenöl verkauft hat. Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode.

Der oben erwähnte Leonardo Marseglia bekam lediglich Probleme, als er tunesisches Öl nach Italien schmuggelte und es als Öl europäischer Herkunft deklarierte, um den Zoll zu sparen und EU-Fördergelder für das afrikanische Öl zu kassieren. Passiert ist ihm natürlich nichts, 2004 wurde das Verfahren wegen Verjährung eingestellt. In einem anderen Fall sprudelte die Ölquelle auch noch in der Türkei, 22 Millionen € EU-Zölle sollen hinterzogen worden sein. Mittlerweile macht Marseglia in Biodiesel - Spötter sagen: immer noch dieselbe Branche, nur stimmt jetzt das Etikett …

Wie gesagt - das alles ist legal und nicht „gepanscht“ - so lange das Öl nicht als ‚DOP‘ (bzw. deutsch g.U. - geschützte Ursprungsbezeichnung) deklariert ist. Wobei diese Ursprungsbezeichnung keineswegs eine bestimmte Qualität garantieren soll - lediglich die Herkunft.

Gepanscht ist Öl - das ist zumindest der Normalfall - wenn als „natives Olivenöl Extra“ (Extra Vergine) oder auch nur „natives Olivenöl“ (Vergine) deklarierte Öle mit chemisch geschöntem (raffiniertem und desodorierten) Lampantöl gestreckt werden. Lampantöl ist im Originalzustand ungenießbar, darf jedoch nach Raffinierung, Desodorierung und Vermischung mit etwas nativem Olivenöl in den Handel gebracht werden - natürlich nur als einfaches Olivenöl ohne Zusatz ‚vergine‘ / nativ bzw. 'extra vergine / nativ extra.

Bei italienischen Ölen sind gepanschte mittlerweile der Normalfall. Schon 2004 ließ das ZDF gemeinsam mit den Zeitschriften Stern, Merum und Slowfood-Magazin 31 Öle (alle angeblich nativ extra) aus dem deutschen Lebensmittelhandel untersuchen - lediglich eines trug diese Bezeichnung zu recht, 9 weitere hätten nur als nativ gehandelt werden dürfen und sage und schreibe 21 waren billigste aufbereitete Lampantöle. Durch den bei hohen Temperaturen durchgeführten Raffinierungsprozess wird das Öl zwar genießbar (von Wohlgeschmack kann selbstredend keine Rede mehr sein), verliert aber sämtliche gesundheitsfördernden Eigenschaften.

Aber selbstverständlich wird nicht nur mit Lampantöl (das immerhin tatsächlich aus Oliven erzeugt wird) gepanscht - auch teilweise hydrierte Pflanzenöle (hauptsächlich brasilianisches Sojaöl) eignen sich hervorragend zum Panschen und sind noch billiger als Lampantöl. Womit auch die oben angedeutete Verbindung zum Biodiesel hergestellt wäre … 2005 wurde ein Posten von 100.000 Tonnen Öl beschlagnahmt, das in Deutschland als ‚Olivenöl extra vergine‘ verkauft werden sollte - es handelte sich vor allem um geschmackstechnisch aufbereitetes Rapsöl, das mittels Karotin und Chlorophyll eingefärbt wurde, so dass es wenigstens äußerlich Olivenöl ähnelte. Das (teilweise hydrierte Pflanzenöle) ist dann schon einen Schritt weiter als nur „nicht gesundheitsfördernd“ - das ist schon gesundheitsschädlich.

Legal ist diese spezielle Art Panschen übrigens wiederum bei ‚normalen‘ Olivenölen (ohne ‚vergine‘- oder ‚extra vergine‘-Zusatz). Wenn der Anteil teilweise hydrierter Pflanzenöle unter 20% des Inhalts bleibt, muss die Beimengung praktischerweise nicht einmal auf dem Etikett angegeben werden.

Woran liegt’s? Zunächst natürlich an den mafiosen Strukturen der italienischen Olivenölindustrie - Olivenölpanscher werden zwar gelegentlich erwischt, aber so gut wie nie bestraft. 2006 wurden von der italienischen Regierung 787 Ölproduzenten kontrolliert - 205 von ihnen hatten sich strafbar gemacht (Falschetikettierung, Panscherei). Passiert ist bislang nichts weiter.

In zweiter Linie liegt es an den Konsumenten, die die Qualität der gekauften Ware gar nicht beurteilen können - sie verlassen sich auf Etiketten und werden so Opfer von Etikettenschwindel. Wenn man nur der Deklaration auf dem Etikett und nicht der eigenen Zunge traut - dann zählt beim Vergleich des Angebots erst einmal der Preis. Und da ist es dann nützlich, etwas zu wissen: in Italien sind die Produktionskosten für hochwertiges Olivenöl mit mindesten 6 €/l zu veranschlagen, eher mit 10€. Je hängiger der Olivenhain ist, um so mehr steigt der Anteil manueller Arbeit und damit die Produktionskosten - bis zu 20 €/l, darüber wird’s dann endgültig unrentabel. Italienisches Olivenöl extra vergine für vier Euro/Liter oder sogar darunter muss Beschiss sein - der Kunde, der das kauft, hat entweder keine Ahnung oder will betrogen sein.

Man kann sich vorstellen, was die Großhändler, die diese Art Olivenöl verramschen, ihren Zulieferern bezahlen. Und wieviel Aufwand diese dann angesichts der Rendite wiederum in die Pflege ihrer Olivenhaine und in die Ernte stecken - da werden dann schon auch die überreifen und angefaulten Oliven mit eingesammelt und bei der Mühle abgeliefert - das gibt nur ein bißchen Abschläge und bringt trotzdem mehr Geld. Deswegen - wegen der schamlosen Ausbeutung der Kleinproduzenten durch die Großhändler und Abfüller - gibt es so viel schlechtes Olivenöl auf dem Markt. Nicht nur in Italien. Aber so lange der blöde kunde es kauft … Von der reichlichen Menge Deputat-Öl für den Eigenverbrauch verkauft der Bauer dann auch gerne mal etwas an Touristen - die sich dann freuen, für wenig Geld ein so ‚tolles‘ Öl direkt beim Produzenten erstanden zu haben …

Nicht, dass es auch Gegenbeispiele gäbe. Vor einigen Jahren hatte ich mich bei einem Urlaub in Umbrien etwas mit einem Gastarbeiter angefreundet, der ‚beim Benz‘ in Mannheim als Schlosser arbeitete und jedes Jahr im Urlaub in sein Heimatörtchen fuhr (mir war das MA-Autokennzeichen aufgefallen und ich hatte ihn angesprochen). Die Famile besitzt einen kleinen Olivenhain, den sein Bruder nach Feierabend bewirtschaftete. Gemahlen und gepresst wurde in der Mühle der Kooperative, und der Mannheimer bekam jedes Jahr seinen Anteil in Olivenöl - das er problemlos im Freundes- und Kollegenkreis in Mannheim absetzen konnte. Er trat mir dankenswerterweise 10 l für wenig Geld ab (den Kanister musste ich mir freilich erst einmal selbst besorgen) und ich hatte viel Spass damit. Nicht sensationell, aber sehr ordentliche Qualität (und das umbrische Öl ist eh besser als das toskanische :wink:). Allerdings - für diese Familie (bzw. seinen Bruder) war der Olivenhain kein Broterwerb mehr, sondern Liebhaberei und willkommenes Zubrot. Zum Vollerwerb war der Hain zu klein, aber der fehlende Maschinenpark sorgte für reine Handarbeit und für die Größe reichten auch die Hände der Familie aus - man brauchte keine Saisonarbeiter.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Bernd,

Meine Informationen gehen dahin, dass in Italien ca. 20.000
Tonnen Olivenöl produziert werden, aber 80.000 Tonnen als Original :Italienisches Olivenöl exportiert werden.

das stimmt hinten und vorne nicht. Laut dem italienischen Nationalinstitut für Statistik (ISTAT) betrug die italienische Olivenölproduktion in der Saison 2006 / 2007 627.360.200 hl. Die nationale Garantiemenge - also die von der EU voll (ohne Abschläge) durch Produktionsbeihilfe geförderte Produktion - liegt für Italien bei 563.164 Tonnen. Diese Quote dürfte ziemlich exakt ausgeschöpft werden.

Freundliche Grüße,
Ralf

Er trat mir dankenswerterweise 10 l für wenig Geld ab (den Kanister musste ich mir freilich erst einmal selbst besorgen) und ich hatte viel Spaß damit.

Für Spaß (

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Ricardos Enkel und Grünkohl in Kairouan
Hi Tinchen,

neugierhalber: Gibt es in Tunesien Fuhrunternehmer, die die Rutsche von El Kef nach Mülheim an der Ruhr fer umme machen, den Diesel für ihren Sattelzug vom Onkel aus Libyen geschenkt bekommen, die Fähre nach Trapani immer dann nehmen, wenn der Schwiegersohn von der Tirrenia kontrolliert und die sich den Sattelzug selber vom Vetter aus Brüssel sponsern lassen?

In diesem Fall müssten fast bloß noch die Leute an der Rampe und an der Kasse „on top“ bezahlt werden, falls der Laden selber nichts kostet und die Marge, die der Einzelhändler in El Kef nimmt, für alle übrigen Kosten reicht.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

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Gehe auf www.olivenoeltest.de Es ist eine Info des Magazins DER FEINSCHMECKER.
Dort findest Du viele Informationen und Bezugsadressen der besten Olivenoele. Es sind durchaus auch guenstge ab ca. 11 € pro Liter dabei.