Wann Pflanzen vorziehen?

Hi,

Wann muss ich meine Kürbissaat im Keller pflanzen, damit die Pflanzen auch zur richtigen Zeit die richtige Größe haben? In unserem Keller haben wir ca. 15 Grad. Aber auf den Fussboden gestellt sind die Pflanzen dann „kellerkalt“.

Bisher hatte ich oft Mißerfolg mit der Vorzucht meiner Pflanzen. Entweder wuchs da nichts oder es waren laaange, dünne Pflanzen mit wenigen Blättern. Da muss ich ja wohl etwas falsch gemacht haben.

Ich kauf dann immer aus dem Baumarkt Blumenerde und mische die mit meiner Erde aus dem Garten. Schwarzer, sandiger Mutterboden, der extrem wasserdurchlassend ist.

Geplant ist für dieses Jahr: Kürbis, Paprika, Tomate, Salatgurke.
Dazu ein Kräuterbeet mit allem.

Ach ja, warum hat mein Dill immer so viele grüne und schwarze Läuse, die ich kaum wegwaschen kann?

Hoffe, dass mir jemand helfen kann.

Auch ein Link zum Nachlesen wäre schon hilfreich.

Bis dann

Kermit

Hallo Kermit,

nach Lektüre der

FAQ:1096

zum „Spezialgebiet“ Tomaten erstmal die verdutzte Frage: Warum willst Du Sämlinge im Keller vorziehen, wo es nicht nur viel zu dunkel dafür ist, sondern auch für einiges ein bissel zu kühl sein kann?

In der Tat sind voll belegte Fensterbänke nicht nach jedermanns Geschmack, aber die von Dir angesprochenen Kulturen brauchen alle viel helles Licht.

Kürbis, Zucchini, Gurken dürfen noch eine Weile warten: Anfang April ist noch früh genug, auch später wirds noch was damit. Alle drei gehen ziemlich schwungvoll los, der Saatzeitpunkt hat auch was damit zu tun, ob und wo man die Kerle überhaupt unterbringen kann: Trotz aller Klimaveränderungen, echter und auch nur beschworener, ists vor den Eisheiligen unverändert riskant, sie ins Freie zu bringen (ich tus Ende April, aber Monnemer Eisheilige waren schon immer was besonderes).

Tomaten je nach Sorte früher. Meine De Berao sind grade frisch versenkt, aber auch da tuts es Mitte März auch noch. Ideal ists, wenn die Tomatenpflanzen beim Setzen im Freiland (zwischen 20. April und 15. Mai, je nach örtlichem Klima und Risikobereitschaft) grade schon einen Blütenansatz zeigen. Müssen tun sie aber nicht.

Sehr früh zur Anzucht säen muss man Paprika, der ziemlich lange liegt, bis er keimt. Für den ists jetzt hohe Zeit. Noch früher Poree und Zwiebeln, das sind Januarsaaten.

Ebenfalls hohe Zeit ists Mitte Februar für Auberginen. Den elephantigen Pflanzen, die sie später werden, würde man nicht ansehen, wie vorsichtig die Kerle keimen und wie betulich sie heranwachsen.

Kohlrabi, Wirsing, Blumenkohl können jetzt auch schon, aber richtig zur Sache gehts dann generell im März. Da klappt das dann auch mit dem Lichteinfall besser.

Wenn Du ein fertiges Substrat besorgen willst: Sehr viele Substrate enthalten unzureichend zersetzten Torf und Callunastubben. Da hast Du schnell alles aus der Kante Schimmel und Konsorten drin, was nix ist. Es gibt Substrate speziell für Aussaat: Teuer zwar, aber weniger riskant.

Gutes Gelingen wünscht

MM

Hi Frosch,

ich kann dir nur eines sagen: Bei Kälte, Dunkelheit und normaler Blumenerde wirst du immer Misserfolge haben. Samen brauchen nun mal warme Umgebung, am besten eine Art Minigewächshaus mit gespannter Luft, viel Licht und ein spezielles Anzuchtsubstrat, das wenig Dünger enthält. Bewährt haben sich die Jiffy-Pots, eine Art großer Tabletten, die im Wasser aufquellen und einen sehr guten Anzuchtboden darstellen.

Da sind die Grundvoraussetzungen; wann du welche Gemüse vorziehst, weiß ich nicht, ist nicht mein Gebiet. Aber ich denke, wenn du so Mitte oder Ende März anfängst, werden deine Pflanzen ab Mitte Mai, also nach den Eisheiligen, so groß sein, dass du sie ohne Probleme ins Freiland bringen kannst.

Ideal wäre natürlich ein Mistbeet im Garten, nur müsste ich mich da auch erst schlau machen, wie das funktioniert. Aber wie gesagt, ohne Wärme und Licht geht gar nichts, ein „bisschen“ Platz zum Aufstellen der Sämlinge brauchst du natürlich auch.

Es werden sich bestimmt noch einige Gemüsefreaks mit dienlichen Hinweisen melden, nicht verzagen, du wirst nicht verhungern. Ich muss mich jetzt mal schnell um meine Aristolochias im Jiffy-Pot kümmern

und schicke dir einen Gruß
Horst

Ich wußte, du bist schneller und auch Gemüsekompetenter.

Gruß vom
Horst

Vielen Dank, Martin. Das war sehr hilfreich.

Kermit

Hey Horst,

recht herzlichen Dank. Gut, dass ich gleich die Blumenende angesprochen hatte. Das wäre dann wohl nichts geworden. Die Jiffy Pots kenn ich noch von „früher“. Muss mal im Baumarkt nachsehen, ob es die schon gibt. Hoffe, dass die nicht so teuer sind. Ich züchtete bisher immer in Eierkartons, die dann mit einsetzen konnte.

Fensterbänke habe ich so gut wie keine. Die sind ca. 10cm tief. Da passt nichts drauf. Aber ich dachte, dass die Pflanzen im Keller stehen müssen, damit die kräftiger werden. (Weil sie sich mehr anstrengen müssen)

Gruss

Kermit

@ Lantanos
Hallo Horst,

habe ganz vergessen zu erwähnen, dass ich Frühbeetkästen für draussen habe.

Da kann ich doch schon frühzeitiger rauspflanzen, oder?

Gruss Kermit

Nach dem Motto „Was euch nicht umbringt macht euch härter“, gell.

Die Jiffies gibt es zu 50 Stück, weiß aber nicht mehr wie teuer. Und wenn
du schon im Baumarkt bist, schau dich doch mal nach Pflanzenleuchten um.
Weiter unten steht schon ein Posting zu diesem Thema, das sollte dir
helfen.

Gruß
Horst

Klar, dafür sind sie ja da :wink:

Aber frag mich nicht, wann, wie, warum und wohin - ich bin, wie gesagt,
kein Gemüsespezi, das Zierende und Ungenießbare liegt mir näher. MM weiß
da wesentlich mehr.

Gruß
Horst

Servus Kermit,

wenn Horst mich so rühmt und Niels sich zurückhält, noch ein paar Ergänzungen:

Ich habe nach Studium Deiner ViKa den Eindruck, dass das Frostrisiko 10.-15. Mai in Deinem Garten bei Küstenklima nicht so bedeutend ist.

Das würde bedeuten, dass für Kürbis und Gurken eine Saat draußen um den 15. April auf jeden Fall einen Versuch wert ist. Der durchlässige sandige Boden ist für diese Gemüse nicht ideal, sie mögen stark humose Böden und haben keine Schmerzen sogar mit kaum abgelagertem Mist.

Die gute Wasserableitung (ich auf meiner Auenton-Ziegelei wäre glücklich darüber) macht es leicht, mit den Frühbeetkästen ein Mistbeet anzulegen: Kasten aufstellen, vielleicht einen halben Spaten tief (15cm) den Boden auskoffern, ohne weitere Drainage eine ordentliche Schicht Mist rein (vom Rind und aus Tiefstall ohne weiteres, vom Pferd ein paar Monate abgelagert), ausgekofferten Boden unvermischt wieder drüber geben. Wenn man das Frühbeet abdeckt, wird es durch die Mistrotte kaum messbar, aber für die Pflanzen schon recht wertvoll geheizt. Wenn die gefräßigen Gurken und Kürbis mit den Wurzeln an die Mistschicht rankommen, sind sie schon stark genug, dass sie das abkönnen. Das Frühbeet im nächsten Jahr an eine andere Stelle, der dann verrottete Mist ist eine feine Sache für z.B. Kohl. Sollte bei Sandboden und Hamburger Winterregen allerdings ein wenig Roggen über Winter drauf, damit die Herrlichkeit nicht gleich wieder nach unten ins Grundwasser rausgeschwemmt wird.

Ohne die Mistoperation können im abgedeckten Frühbeet alle Gemüse aus der Kohlkante (Kohlrabi, Rosenkohl, Wirsing usw.) je nach Erwärmung ab Anfang März ohne Vorkultur im Zimmer gezogen werden. Außerdem Salat - obwohl der im Handel fast nichts kostet, fiebere ich jedes Jahr dem Garten-Romana entgegen. Tomaten eher nicht, die sind wohl zu kälteempfindlich.

Wg. Kräuterkulturen: Halte die Petersilie von allem anderen fern. Ihre Wurzeln machen irgendwas (ich hab mich nicht darum gekümmert, welchen Stoff genau), das das Wachstum praktisch aller Nachbarn auch noch ein Jahr später enorm hemmt.

Wg. Läusen an Dill: Erstmal Gratulation! Dill keimt und wächst wo und wie er will, und meistens nicht so, wie mans möchte. Wenn er das bei Dir tut, ist das wohl ein sehr gutes Omen. Extreme Verlausung in Wellen lässt oft ziemlich schnell durch bloßes Abwarten nach, wenn Schwebfliegen, Florfliegen und Marienkäferlarven mit der Vermehrung nachgekommen sind. Ein wenig fördern kann man mindestens den Schwebfliegenbesatz (die leben nicht ausschließlich räuberisch) durch Phaceliakultur. Phacelia kann ab Ende Februar im Freien ausgesät werden. Als reinen Gründünger sollte sie noch vor der Blüte, solange sie krautig ist, untergehackt werden; als Weide für Bienen, Schwebfliegen und andere Gäste kann man sie ruhig abblühen lassen, sollte sie dann aber nicht unterhacken, sondern als Mulch liegenlassen, damit der höhere Stickstoffbedarf bei der Verrottung der „strohigen“ Pflanzen nicht zu sehr stört.

Phacelia, die jetzt gesät schon früh abgeblüht ist, ist mit ihrem feinen Wurzelwerk eine schöne Vorfrucht für spätes Gemüse, etwa Karotten.

Die „Friedhofspflanze“ Buchs im Garten ist Geschmackssache. Ich habe in einzelnen jährlich nachgeformten und daher dicht gewachsenen Buxus-Büschen haufenweise Florfliegen gesehen: Ohne dieses genau zu wissen, glaube ich, dass der Schutz, den so ein Busch bietet, für sie schon zum Überwintern ausreicht.

Sehr spekulativ noch was anderes zum Thema Läuse: Um mit meinem sehr schweren Boden klarzukommen, säe ich im Februar…März, sobald es nicht mehr zu sehr schmiert, Ackerbohnen in Reihen zwischen den späteren Gemüsereihen. Kurioserweise verlausen diese bloß bei früher Saat extrem, sie sind irgendwann regelrecht schwarz vor Läusen. Ich habe aber den Eindruck, dass dieses reichhaltige Angebot an Läusen schon früh im Jahr den Fraßfeinden der Läuse ziemlich aufhilft - jedenfalls sind die Ackerbohnen einige Zeit nach dem Verlausen genauso plötzlich wieder blank, und die Lauskolonien, die später im Frühsommer von Ameisen an Rosen und trotz aller Leimringe auch an Äpfeln systematisch angelegt werden, bleiben schwach und sind oft schnell wieder weg. Ob dieses bloß subjektiv-spekulativ ist, oder ob man die Förderung von Fraßfeinden duch frühe und gute Ernährung von Läusen tatsächlich empfehlen kann, werde ich erst in fünfundzwanzig Jahren systematisch untersuchen, wenn ich hoffentlich die Zeit dafür habe. In der Zwischenzeit erstmal ein ganz dickes Fragezeichen da dran.

Schöne Grüße

MM

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Statt Jiffies…
Hai, Horst,

spezielles Anzuchtsubstrat, das wenig Dünger enthält. Bewährt
haben sich die Jiffy-Pots, eine Art großer Tabletten, die im
Wasser aufquellen und einen sehr guten Anzuchtboden
darstellen.

die Jiffy-Teile haben den Nachteil, das sie aus Torf gemacht werden, was für die letzten Torfmoore, die es noch gibt, nicht ganz so toll ist. Eine wunderbare Alternative dazu ist Kokos-Substrat. Das Zeug gibt’s z.B. von Neudorff leicht vorgedüngt, von Spinnrad und von Coco Port ungedüngt (bestimmt inzwischen noch von anderen Firmen).
Im Laden sieht’s aus, wie ein Ziegelstein in Plastik-Folie (ist aber leichter) und wird mit rund vier Litern Wasser zu rund 7 Liter Erde (kommt auf den Hersteller an).
Selbst die leicht gedüngte Variante von Neudorff ist zur Anzucht geeignet.

Auch für „schon große“ Pflanzen ist das Zeug gut geeignet. Man muß zwar frühzeitig düngen, aber es erspart die Schlepperei der Erde.

Gruß
Sibylle

Wow, danke…
Hallo Martin,

das kann ich nicht alles online lesen. Nun wird Deine Anleitung erstmal gedruckt und weils so gut ist archiviert.

Vielen Tausend Dank

Kermit