Wie schreibe ich eine Rede?

Vor einiger Zeit habe ich im Radio eine Sendung gehört in der beschrieben wurde, wie eine Rede gehalten werden soll. Leider weiß ich den Autor nicht mehr und wo der Text steht. Wer kann helfen?

vielleicht so?
sorry, ich hab keine ahnung, was für ne radiosendung du meinst, geschweige denn wo du den beitrag findest…
aber vielleicht kann ich dir auch so weiterhelfen? ich versuch´s einfach mal:

  1. form:
    ein aspekt, der oft vernachlässigt wird und die ansprache zu einer katastrophe werden lässt.
  • schreibe deine rede mit doppeltem zeilenabstand, in relativ großer schrift (mindestens 14 punkt) und in schmalen zeilen. das erhöht die lesbarkeit auf „distanz“ (meist liegt das maunskript auf einem pult, vor dem man steht) ganz erheblich und hilft zu vermeiden, dass man in der zeile verrutscht.

  • mach bloß nicht den fehler und hefte die manuskriptblätter zusammen. wer das blättern anfangen muss, verliert den redefaden! eine durchnummerierung der seiten reicht vollkommen.

  • sei nicht geizig mit papier und benutze jedes blatt immer nur einseitig. bei der wenderei kann dir der ganze schrott aus den fingern rasseln.

  • versuche, stellen, die betont werden sollen, durch bestimmte schriftarten (fett, kursiv, unterstrichen o.ä.) hervorzuheben, damit sie schon eine zeile früher auffallen. ausserdem sind dies schlüsselwörter, für den fall dass du deine rede frei halten willst.

  1. inhalt:
  • als erstes überlege: was will ich sagen? formuliere deine kernsätze ruhig vor und baue dann ein textgerüst drumrum.

  • arbeite mit beispielen. das macht die ganze sache anschaulicher, lebendiger. noch besser sind witzige beispiele, die den zuhörer spätestens durch das gelächter der anderen aufwecken :wink:

  • versuche nicht, die rede zu dehnen - mach´s lieber kurz, deine zuhörer lieben dich dafür umso mehr. wenn du gesagt hast, was zu sagen ist - mach feierabend.

  • je nach publikum wichtiger oder unwichtiger: vermeide fremdwörter. nicht jeder hat deinen wissensstand - oder er weiss noch mehr als du und merkt, wenn ein fremdwort falsch verwendet wird.

mehr fällt mir auf anhieb nicht ein, aber vielleicht hilft´s ja trotzdem?
gruss
spot

genau so! und…
… noch was wichtiges: Mach keine ellenlangen Sätze. Du willst das ja sprechen. Wenn Du also in einem Satz mehr als einmal Luft holen mußt, ist er zu land. Punk. Schachtel die Sätze nicht ineinander, sondern benutze lieber mehrere einfache Hauptsätze. Was Dir auf dem Papier klar ist, muß einem Zuhörer noch lange nicht klar werden.

Und dann war da noch…
Ein ganz einfaches Raster

  1. Neugierig machen. Erzähl eine kurze (hurze!!! höchstens sieben Zeilen!) Geschichte, lustig oder traurig, Hauptsache, sie weckt Interesse.
  2. Schnell auf den Punkt kommen (hat spot ja schon gesagt). Wenn der Zuhörer nach den ersten 5 Minuten nicht versteht, worum’s geht, schaltet er ab.
  3. Einen Bogen ziehen. Wenn’s zum Ende geht, komm wieder auf die Anfangsgeschichte zurück. Das macht die Sache „rund“.

Ja, und: Mann kann über alles reden. Nur nicht über zwanzig Minuten. :smile:

Viel Spaß beim Redenschreiben!
Nike

mehr fällt mir auf anhieb nicht ein, aber
vielleicht hilft´s ja trotzdem?
gruss
spot

Also viel läßt sich nicht mehr zufügen (Hi Spot, das war wirklich super). Was ich noch einigermaßen wichtig finde:
Was für ein Publikum hab ich (Laien, Experten etc.). Je nachdem kann (muß) ich den Inhalt anpassen. Laien überfordere ich mit Dingen, die Experten langweilen.
Wenn ich eine Rede zu halten habe, nehme ich die fertige Rede und halte sie mir vor dem Spiegel. Dann fallen mir meißtens die Böcke auf, die ich geschossen habe. Ein Freund filmt sich selber mit einer Videokamera, auch nicht schlecht finde ich.

Gandalf

Meine Vorredner haben alle schon klasse Anregungen abgeliefert. Hier ist vielleicht noch einer: Mach Dich vorher schlau in welcher Umgebung Du redest (z.B. Mikrophon, Bühne, Scheinwerfer, technische Hilfsmittel). Falls Du die Möglichkeit hast Deine Rede mit Bilder zu untermalen (Overhead, Flipchart u.ä.), nutze Sie. Das lockert auf und erhöht die Verständlichkeit.

jw

Es gibt da einen Text von Kurt Tucholsky „Ratschläge an einen schlechten Redner“ (Titel aus dem Gedächtnis zitiert), der neben dem sehr anschaulich beschriebenen schlechten Beispiel prägnant gefaßte Ratschläge für einen guten Redner („Hauptsätze. Hauptsätze. Hauptsätze.“) beinhaltet.

jetzt kommt ein Zitat:
Der Text heißt tatsächlich „Ratschläge für einen schlechten Redner“

Da sagt Tucholsky sehr anschaulich, wie man’s nicht machen sollte. (Auf zwei Seiten)
Die Ratschläge für einen guten Redner bringt er in 9 Zeilen:

„Hauptsätze. Hauptsätze. Hauptsätze.
Klare Disposition im Kopf - möglichst wenig auf dem Papier.
Tatsachen, oder Appell an das Gefühl. Schleuder oder Harfe. Ein Redner sei kein Lexikon. Das haben die Leute zu Hause.
Der Ton einer einzelnen Sprechstimme ermüdet; sprich nie länger als vierzig Minuten. Suche keine Effekte zu erzielen, die nicht in deinem Wesen liegen. Ein Podium ist eine unbarmherzige Sache - da steht der Mensch nackter als im Sonnenbad.
Merk Otto Brahms Spruch: Wat jestrichen is, kann nicht durchfalln.“

Tucholsky, Kurt: Gesammelte Werke in 10 Bänden, Rowohl, Reinbeck 1975, Bd 8, Seite 292

Hallo Anette!
Frage eines Illiteraten: Wer ist denn dieser Otto Brahms? Gefällt mir, schön pragmatisch…

Merk Otto Brahms Spruch: Wat jestrichen
is, kann nicht durchfalln."