Hallo Tom,
hier noch ein Artikel aus der FAZ vom 29.8., der meine Ansicht teilt:
Die Vermögensfrage
Festkredite und Bausparverträge als fragwürdiger Mix
Bausparkassen und Banken müssen auch in Zukunft die wahren Kosten der Kombination von Festdarlehen und Bausparverträgen nicht auf den Tisch legen. In bestimmten Fällen kann das Paket zwar sinnvoll sein, in der Regel ist es aber teurer als die Alternativen.
Von Volker Looman
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Die Vermögensfrage: Festkredite und Bausparverträge als fragwürdiger Mix
29. August 2010
Festdarlehen und Bausparverträge sind in vielen Banken ein Standardprodukt zur Eigenheimfinanzierung. Kritiker bemängeln zwar seit Jahr und Tag, dass sich die Kombination wegen der negativen Zinsdifferenz nicht lohne. Die Kritik perlt an den Banken und Bausparkassen aber völlig ab. Sie verkaufen das Duett munter weiter und werden nicht müde, die Lösung als preiswert und solide zu bezeichnen. Die flotten Sprüche sind mit Vorsicht zu genießen. Das Paket kann in bestimmten Fällen sinnvoll sein In der Regel ist die Kombination aber teurer als ein Direktdirekt. Die Ursachen werden in folgendem Beispiel deutlich.
Für die Finanzierung eines Eigenheims werden noch 100.000 Euro benötigt. Die Sparkassen im Südwesten der Republik bieten in Zusammenarbeit mit der Landesbausparkasse zwei Verträge an. Das ist auf der einen Seite ein Bausparvertrag, und das ist auf der anderen Seite ein Festdarlehen. Die Ansparzeit des Bausparvertrages liegt bei neun Jahren, und die Tilgungszeit des Bausparkredits beträgt elf Jahre. Der Festkredit hat eine Laufzeit von neun Jahren. Insgesamt läuft die Kombination also 20 Jahre.
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Die Raten „verschwinden“ in den Taschen des Vertreters
Der Bausparvertrag beginnt mit der Abschlussgebühr von 1000 Euro. Sie kann bar bezahlt werden. In den meisten Fällen werden die Kosten aber mit den ersten Sparraten verrechnet. Sie liegen im vorliegenden Fall bei 400 Euro pro Monat. Folglich „verschwinden“ die erste und die zweite Rate und die Hälfte der dritten Zahlung in den Taschen des Vertreters. Danach fließen die Raten in den Spartopf der Kasse. Dort werden sie mit 0,5 Prozent je Jahr verzinst. Außerdem fällt eine „Servicegebühr“ von 9 Euro pro Jahr an. Nach neun Jahren stehen auf dem Konto, wenn die Raten ohne Unterbruch, wie der Schweizer sagt, bezahlt sein werden, genau 43.046 Euro und 20 Cent.
Die Summe sieht auf den ersten Blick unverdächtig aus. Wer sich aber einen Taschenrechner schnappt und die gezahlten Raten addiert, wird den Betrag doch mit gewissem Stirnrunzeln zur Kenntnis nehmen. An die Bausparkasse werden 108 Raten à 400 Euro beziehungsweise 43.200 Euro überwiesen. Nun stehen aber „lediglich“ 43.047 Euro auf dem Konto. Das ist ein Schwund von 153 Euro. Der Verlust wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zu verschmerzen sein, doch sollte er allen Sparfüchsen vor Augen führen, dass es bei diesem Vertrag keine Zinsen gibt. Mathematisch interessierten Anlegern sei verraten, dass die jährliche Rendite des Sparvertrags bei minus 0,08 Prozent liegt.
Zum Thema
* Die Vermögensfrage: Theorie und Praxis der Kreditaufnahme
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Im selben Zeitraum fallen für das Festdarlehen jährliche Sollzinsen von 3,25 Prozent an. Das sind 271 Euro je Monat, und diese Beträge sind nötig, weil der Kredit nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern sofort benötigt wird. Sonst wäre der Bau oder Kauf des Eigenheims nicht möglich. Nach neun Jahren kann der Fest- oder Vorauskredit abgelöst werden, weil die Bausparkasse ihr Darlehen zuteilen wird.
Dieser Kredit kostet 2,95 Prozent je Jahr. Die monatliche Rate für Zins und Tilgung beträgt 500 Euro. Hinzu kommen die jährlichen Spesen von 9 Euro. Das führt für den Kreditnehmer zu einer Laufzeit von elf Jahren. Am Ende der Veranstaltung ist noch ein Rest von 1018 Euro offen. Er wird entweder in einer Summe oder in Form weiterer Monatsraten beglichen. Folglich läuft die Kombination rund 20 Jahre. Danach werden die 100.000 Euro in voller Höhe getilgt worden sein.
Das Ergebnis ist nicht brauchbar
Nun stellt sich die Frage, wie viel die Kombination kostet. Da gibt es die einen Betrachter, welche die Raten addieren. Ingenieure und Steuerberater werden mit Hilfe geeigneter Werkzeuge zu dem Ergebnis kommen, dass der Hausbesitzer insgesamt 139.468 Euro bezahlt habe. Das ist zwar unter Berücksichtigung der üblichen Rundungsvorschriften richtig, doch das Ergebnis ist nicht brauchbar, weil bei dieser Addition die Zeitpunkte, zu denen die Raten fällig sind, nicht berücksichtigt werden.
Der Betrag könnte in einer Summe am Anfang oder am Ende fällig sein. Genauso könnte er in 99 Raten à 1409 Euro bezahlt werden. Daher wenden sich fortgeschrittene Betrachter, die ein Gefühl für Geld und Zeit haben, den Zinsen zu. Sie sehen, dass der Guthabenzins der Bausparkasse im wahrsten Sinne des Wortes null und nichtig ist. Folglich betrachten sie die Sollzinsen. In der ersten Halbzeit kostet der Kredit jährlich 3,25 Prozent, und in der zweiten Halbzeit sinkt der Sollzins auf 2,95 Prozent. Das sind über den dicken Daumen des Beobachters ungefähr 3,1 Prozent je Jahr, und das scheint für eine Laufzeit von 20 Jahren ein ordentliches Ergebnis zu sein.
Knapp vorbei ist auch vorbei!
Die zweite Analyse ist auf jeden Fall „zielführender“ als die erste Betrachtung. Trotzdem gilt das alte Schützenmotto: Knapp vorbei ist auch vorbei! Der Zahlungsstrom besteht, wenn die einzelnen Bewegungen wie auf einer Perlenschnur aneinandergereiht werden, aus vier Abschnitten. Der Hausbesitzer bezahlt für den Bausparvertrag und das Festdarlehen einhundertachtmal 671 Euro. Nun kommen 131 Raten à 500 Euro. Die letzte Rate liegt bei 1518 Euro. Das führt zu einem effektiven Jahreszins von 3,87 Prozent und ist der wahre Preis des 20 Jahre laufenden Kredites.
Die Verbraucherzentralen verlangen seit Jahren nicht nur bei Einzelkrediten, sondern auch bei Kreditkombinationen die Ausweisung effektiver Jahreszinsen, doch die Banken und Bausparkassen haben es durch geschickte Lobbyarbeit verstanden, dass der Gesetzgeber auf diese Forderung nicht eingegangen ist. So ist auch bei der jüngsten Überarbeitung des Verbraucherkreditgesetzes wieder alles beim Alten geblieben. Für den Sparvertrag ist keine Rendite anzugeben, und für das Vorausdarlehen und den Bausparkredit dürfen getrennte Effektivzinsen genannt werden. Die Angaben sind für den Kunden freilich Augenwischerei.
Anfangsraten sind höher als die Folgeraten
Maßgebend für die Vorteilhaftigkeit des vorliegenden Falles sind nur die 3,87 Prozent je Jahr. Damit hat der Kunde etwas Nahrhaftes in der Hand. Beispielsweise weiß er, dass die Zinsen des Festdarlehens – 3,25 Prozent je Jahr – und des Bausparkredites – 2,95 Prozent je Jahr – garantiert sind. Folglich sind auch die 3,87 Prozent ein fester Wert. Nun kann geprüft werden, wie hoch die Kosten der Kredite mit einer Laufzeit und Zinsbindung von jeweils 20 Jahren sind.
Banken und Versicherungen bieten solche Darlehen zurzeit im Schnitt für 3,7 Prozent je Jahr an. Das bedeutet für den Kunden drei Dinge. Erstens ist die Kombination teurer als der Durchschnitt. Zweitens gibt es Anbieter, bei denen der Kredit auch für 3,3 oder 3,4 Prozent zu bekommen ist. Und drittens bietet ein Kredit den Vorteil, dass die monatlichen Raten über die gesamte Laufzeit konstant sind. Bei der Kombination sind die Anfangsraten höher als die Folgeraten.
Alle Anzeichen sprechen für den „einfachen“ Kredit
Der Zahlungsstrom und der Effektivzins erlauben aber auch andere Betrachtungen. Es ist zum Beispiel denkbar, die 100.000 Euro bewusst mit einer Zinsbindung von lediglich neun Jahren aufzunehmen, weil diese Lösung wie der Vorauskredit der Kombination billiger ist und nur 3,25 Prozent je Jahr kostet. Bei diesem Satz würde die Restschuld während der Zinsbindung bei denselben Zahlungen wie bei der Kombination auf 50.000 Euro sinken. Dadurch könnte der Folgezins für die Restlaufzeit von elf Jahren auf 5,3 Prozent steigen, so dass „mutige“ Kreditnehmer spekulieren dürfen: Wo wird in neun Jahren der Sollzins für einen Kredit mit elfjähriger Zinsbindung liegen?
Wem die Überlegung gegen den Strich geht, wird von Anfang an den Festzins über 20 Jahre wählen. In diesen Kredit können Ratenwechsel und Sondertilgungen eingebaut werden, was bei der Kombination nicht geht. Außerdem gibt es die Möglichkeit, den Vertrag nach Ablauf von zehn Jahren in voller Höhe zu tilgen. Im Vergleich zu der Kombination hat der Kunde bei ähnlichen Zinsen viele Vorteile. Festdarlehen und Bausparvertrag rechnen sich nur, wenn die Kosten des Vorauskredites unter den Zinsen konkurrierender Annuitätendarlehen liegen. Das ist aber zurzeit nicht der Fall, so dass alle Anzeichen für den „einfachen“ Kredit sprechen, frei nach dem Motto: Das Bessere ist der Feind des Guten.
Der Autor ist Finanzanalytiker in Reutlingen.
Text: F.A.Z.
Bildmaterial: F.A.Z.-Kai