Ritterrunden

Helft mir mal bitte auf die Sprünge.

Wenn sich im Mittelalter die Runden um einen König in einem Saal zusammenfanden, so konnte es sein, dass der Monarch über dem Eingangsportal einen bestimmten Zweig befestigen ließ. In der Runde durfte jetzt Klartext gesprochen werden, wer den Saal dann irgendwann – unter diesem Zweig hindurchgehend – verließ, dem waren alle „Klartextsünden“ vergeben. So in etwa zu dem, was ich da mal von jemandem gehört habe, der mal was von jemandem gehört hat.

Um was für einen Zweig handelte es sich dabei?

Gruss
tigger

hallo tigger,

da kenne ich nur die sache mit der rose „Sub rosa dictum“ - was bedeutet, daß alles, was unter der rose gesprochen wurde, absolut vertraulich war und nicht nach außen getragen werden durfte.
bis in die heutige zeit findet man aber diese rosen auch im stuck über den eßtischen bürgerlicher häuser. der ursprung ist derselbe.

vielleicht findet sich ja noch jemand, der was über den klartextzweig weiß.

gruß
ann

Hi Tigger,

Helft mir mal bitte auf die Sprünge.

hmmm … in diesem Bereich blüht gar heftig die Fantasie und nicht alles, was behauptet wird, ist auch tatsächlich belegt. Belegt ist die schon erwähnte Geschichte mit der Rose - ich habe das, glaube ich, bei Huizinga (Herbst des Mittelalters) gelesen. Da ging es allerdings um den burgundischen Orden vom Goldenen Vlies, der dann später durch Kaiser Maximilian zum Hausorden der Habsburger wurde. Und dieser Orden war damals schon eher eine nostalgische, ‚romantische‘ (und trotzdem äußerst prestigeträchtige) Angelegenheit - mehr höfisches Spiel als ein ‚echter‘ Ritterorden à la Tafelrunde. Sozusagen LARP (Live Action Role Play) in der Renaissance :wink:. Wobei man natürlich auch nur einer literarischen Fiktion folgte - den König, der im Kreise seiner edlen Ritter an der Tafel saß, hat es in ‚echt‘ nicht gegeben.

Ansonsten ist als Symbol der Wahrhaftigkeit bei Rittern vor allem das Pentagramm (der endlose Knoten) bekannt, das vor allem bei den Templern häufig in diesem Sinne verwendet wurde. Die hatten es ihrerseits vermutlich von den Juden in Palästina übernommen. Natürlich ist das Symbol älter, doch dort hatte es wohl zuerst diese spezielle Bedeutung. Auch nach der Vernichtung der Templer wurde das Pentagramm noch eine Weile in diesem Sinne verstanden, wie etwa im Epos ‚Sir Gawayn and the Grene Knyzt‘ aus der Mitte des 14. Jahrhunderts nachzulesen ist (Verse 619 - 665).

Forthy the pentangel nwe
He ber in schelde and cote,
as tulk of tale most trwe
And gentylest knyzt of lote …

Übrigens war auch die Farbe Blau ein Symbol für Wahrhaftigkeit. Vieles in der äußerst reichen Symbolik des Mittelalters wird wohl unentschlüsselt bleiben; sie war in der höfischen Gesellschaft ein Zeichensystem für Eingeweihte, das auch der gesellschaftlichen Ab- und Ausgrenzung diente - es war Nachweis einer höfischen Erziehung, und dafür gab es keine Handbücher.

Freundliche Grüße,
Ralf