Hallo Jasper,
Hitler wurde nicht „auf dem Lande“ geboren, sondern in einer Kleinstadt. Sprechen gelernt hat er allerdings weniger in Braunau als in Passau (Wohnsitz 1892-1894). Die Volksschule besuchte er allerdings tatsächlich in ziemlich ländlicher Gegend (Lambach 1894 - 1898). Prägender war allerdings seine Jugendzeit in dem für damalige Verhältnisse ausgesprochen urbanen Linz (eine der größten Städte Cisleithaniens), wo er die Realschule besuchte.
Hitlers Vater war Zollbeamter im gehobenen Dienst - das war schon nicht mehr kleinbürgerlich, sondern ausgesprochen gutbürgerlich. Hitlers Jugendzeit (und nicht nur die) war trotz deutlich unterdurchschnittlicher schulischer Leistungen von einem ausgesprochenen gesellschaftlichen Ehrgeiz geprägt. So jemand spricht keinen Dialekt - er bemüht sich vielmehr, ihn loszuwerden.
Hinzu kamen dann natürlich die Wiener Jahre und die Münchener Zeit. Hitlers Deutsch als Privatmann war landsmannschaftlich nur schwach gefärbt und zwar - wie bei seiner persönlichen Geschichte zu erwarten - mit oberösterreichischen und südbayerischen Anklängen.
Hitlers öffentliche Reden wiederum waren sorgfältig geplante Inszenierungen. Da redet nicht jemand, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, sondern das ist auf seine Wirkung ganz bewusst kalkuliert. Gelegentlich soll er auch (leichten) Dialekt ganz bewusst als rhetorisches Mittel eingesetzt haben, um Volksnähe zu suggerieren - einschlägige Tondokumente, die dies belegen, sind mir persönlich allerdings nicht bekannt.
1932 nahm dann Hitler wegen einer durch Überanstrengung drohenden Stimmbandlähmung Sprechunterricht bei dem Operntenor Paul Devrient, selbstverständlich unter sorgfältiger Geheimhaltung. Wie Devrients Tagebuch belegt, unterrichtete er nicht nur Stimmbildung und Sprechtechnik, sondern gab auch Hinweise zu Gestik und Mimik - bemühte sich also um eine regelrechte rhetorische Ausbildung. Spätestens hier - nach Einbürgerung und der dadurch ermöglichten Kandidatur bei den Wahlen des Reichspräsidenten - dürfte Hitler sich auch bemüht haben, die letzten Dialekteinfärbungen in seinen Reden zu vermeiden.
Freundliche Grüße,
Ralf