Wie wurde in der DDR die Bildung gefördert?

Meine Tante hatte ein Leistungsstipendium (70 Mark) zum Studieren. Kann sich allerdings weder erinnern, wie sie dazu gekommen ist, noch, ob es auch andere Förderungsmöglichkeiten gab.

Gab es in der DDR soetwas wie BaföG oder die Studienstiftung?

Wer wurde gefördert?

DANKE!

DP => Bildung & Ausbildung
siehe FAQ:1784

Und BTW: Mit jeder weiteren Frage in diesem Stil sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass jemand antwortet, dramatisch.

Jan

Huch, das stimmt. Sorry. Wusste nicht, wo das Thema von den Wissenden gelesen wird, da es einerseits GESCHICHTE ist, aber andererseits BILDUNG betrifft.

Also das falsch bitt löschen.

Tut mir leid!

Hallo Erdbeerkomplott,

Gab es in der DDR soetwas wie BaföG oder die Studienstiftung?

Ja, es gab ein Stipendium. Meinen Unterlagen zufolge bekamen etwa 90% aller Studenten ein Stipendium. Über die 90% will ich jetzt nicht streiten, aber auf jeden Fall war es so, daß der größte Teil der Studenten ein Stipendium bekam. Das richtete sich bis 1981 nach der sozialen Herkunft der Studenten und nach den Einkommensverhältnissen der Eltern. Für besonders gute Leistungen gab es dann noch verschiedene Sonderstipendien oben drauf, wie z.B. das Karl-Marx-Stipendium, das Wilhelm-Pieck-Stipendium u.ä. (an den Namen kannst Du gleich eine Verbindung zu deiner Frage über die sozialistischen Helden knüpfen :wink:

Wer wurde gefördert?

Wie gesagt, fast alle. Genaueres kannst Du hier nachlesen:
http://www.ddr-schulrecht.de/Schulrechtssammlung%20-…
http://www2.gender.hu-berlin.de/ausstellung/Infocomp…
http://www2.gender.hu-berlin.de/ausstellung/Infocomp…
http://de.wikipedia.org/wiki/Karl-Marx-Stipendium
Klingt gut und war es für die Studierenden auch. Allerdings musst Du dabei auch die Kehrseite im Auge behalten, daß die Zulassung zum Studium natürlich staatlich streng reglementiert war. Selbst ein Abi-Durchschnitt von 1,0 brachte dich nicht zum Studium, wenn staatliche Stellen der Meinung waren, dein „gesellschaftliches Engagement“ sei ungenügend oder Du gar als „feindlich-negatives Element“ eingestuft wurdest.

Viele Grüße
Marvin

HINWEIS!!!

Ich habe diese Frage auch hier gepostet!
http://www.geschichtsforum.de/f82/wie-wurde-der-ddr-…

Wissende: Bitte nur einmal antworten!

Vielen Dank!

Vielen Dank für die Antwort und die Links - und den Hinweis auf die Verknüpfung zu meiner anderen Frage. Mittlerweile erkenne ich den Rahmen.

Vielen Dank für Deine Hilfe!

Guten Morgen!

Der Denkansatz der DDR zur Studienförderung war folgender:

  1. Die Auslese für die akademische Laufbahn erfolgte nicht mit dem Abitur sondern prinzipiell in der 8. Klasse. Der Wechsel auf die erweiterte Oberschule (EOS) zur 9. Klasse stellte die eigentliche Hürde dar und trennte die höhere Bildung von der Berufsbildung ab.

  2. Die Zulassung zur erweiterten Oberschule hieß, daß für den Schüler mit 100%iger Garantie mindestens 1 Studienplatz vorgesehen wurde.

  3. Der Besuch der erweiterten Oberschule schloß die Möglichkeit zur Berufsausbildung oder zum Fachschulstudium nach dem Abschluß des Abiturs zu 98% aus. Wer auf die EOS gehen durfte, hatte zu studieren.

Die Argumentation des Regimes kann ungefähr so umrissen werden:
Die Gesellschaft hat in Dich und Deine Schulausbildung viel investiert. Du konntest eine fachlich hervorragende und ausgezeichnet ausgestattete Volksbildungseinrichtung besuchen, mit dem Ziel, die Reife zum Hochschulstudium nachzuweisen. Um diese besondere (!!) Zugangsberechtigung zu erhalten und Dir ungestörtes, sorgenfreies und zielorientiertes Lernen zu ermöglichen, wurdest Du durch die Einheitsschule von sämtlichen infrastrukturellen und materiellen Problemen befreit. Eine Berufsausbildung oder ein Fachschulstudium wäre nach dem Abschluß der erweiterten Oberschule reinste Verschwendung.

  1. Um die Schüler auf der EOS den Lehrlingen in der Berufsausbildung gleichzustellen und den Besuch der EOS konkurrenzfähig und attraktiv zu halten, wurde ab 1981 für den Besuch der EOS in den Klassen 11 und 12 Ausbildungshilfe gezahlt.

Nach dem gleichen Gedankengang wurde die Förderung der Studenten landesweit systematisch auf- und ausgebaut. Die Studenten sollten erstens keinesfalls auf Grund materieller Sorgen ihr Studium vernachlässigen, sondern es sollte konzentriert und zügig studiert werden, und zweitens mußte die akademische Laufbahn Attraktivität ausstrahlen, um ein Gegengewicht zur lukrativen Facharbeiter- und Meisterausbildung zu schaffen.

Alle Studenten erhielten das Grundstipendium. Die Summe schwankte über die Jahre, ich erhielt damals 200,- Mark pro Monat.

Einige Studenten erhielten Leistungstipendien und Prämien , z.B. für solide Studienergebnisse, Familiengründung während des Studiums usw.

Bei mir sah die Rechnung (1967-1972, Ingenieurwesen) so aus:

Grundstipendium 200,- Mark

+ Prämie 50,- Mark
herausragende Leistungen auf der EOS
(Lessing-Medaille in Silber)

+ Leistungsstipendium 200,- Mark
sehr gute Studienleistungen (mind. 1,5)

\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_\_


**= staatliche Unterstützung je Monat 450,- Mark**

Zu DDR-Zeiten ziemlich viel Geld.

Da meine Freundin bzw. Frau ebenfalls studierte, erhielten wir wegen ihrer Förderung keine sonstigen Zuschläge auf unsere Stipendien, z.B. Prämien für unsere Kinder. Aber für junge Familien, und Akademikerfamilien im speziellen, gab es anderweitige Unterstützung, die nichts mit dem einheitlichen sozialistischen Bildungssystem zu tun hatten.

Gab es in der DDR soetwas wie BaföG oder die Studienstiftung?

Nein. Kein BaföG, keine Stiftungsvereine.

Im Gegensatz zum BaföG, was Studenten mit 10 000 Euro Schulden belastet, brauchten die Stipendien nicht zurückgezahlt werden. Und Studienstiftungen wären ohnehin total überflüssig gewesen. Die staatliche Förderung war sehr gut und viel besser als sämtliche heutigen Quellen - der Student wurde von seiner gesellschaftlichen Herkunft komplett losgelöst, so daß völlig sorgenfrei studiert werden konnte. Insbesondere talentierte und begabte Schüler/Studenten profitierten von vielen Sonderwegen.

Grüße
reinerlein

Hallo,

Meine Tante hatte ein Leistungsstipendium (70 Mark) zum
Studieren. Kann sich allerdings weder erinnern, wie sie dazu
gekommen ist, noch, ob es auch andere Förderungsmöglichkeiten gab.

so weit ich mich erinnere, bekamen alle Studenten bei uns
mind. 200M Grundstipendium pro Monat (70er…80er Jahre).
Damit konnte man überleben, aber komfortabel war das keinesfalls.

Wer „pflichtbewußt“ statt Grundwehrdinst (18 Monate)
seine 3 Jahre abgedient hatte, bekam 100 Mark zusätzlich.

Manche sehr gute Studenten hatten paar 10Mark Leistungsstipendium
(so weit ich mich erinnere war das auch gestaffelt).

Wer aus sozial sehr schwachen Verhältnissen kam, konnte außerdem
noch mit ca. 50…100 Mark Zuschuß rechnen.

Gab es in der DDR so etwas wie BaföG oder die Studienstiftung?

Bafög kann es nicht gegeben haben, weil das eine vom BRD-Gestzgeber
erfunden Leistung war und ist. Ähnliches gab es auch nicht.
Ich kenne niemanden, der sein Studium per Kredit finanziert hätte.

Manche Studenten hatten aber außer Eltern andere Geldquellen
oder Ersparnisse, die man auf brauchen konnte.
Während der Studienzeit gearbeitet hat keiner, das ging auch
schlecht, weil man ja regelmäßig an Studium teilzunehmen hatte.

In den Ferien gar es aber Möglichkeiten Geld zu verdienen.

Stiftungen waren bis auf Ausnahmen in der DDR auch eher unbekannt.
Es war so ziemlich alles staatlich geregelt und sanktioniert.

Wer wurde gefördert?

Wer aus entsprechenden sozialen Verhältnissen kam.
Wer gute Leistungen erbrachte und
auch wer sich gesellschaftlich überdurchschnittlich engagiert hat.
Gruß Uwi

Hallo;

Selbst ein Abi-Durchschnitt von 1,0 brachte dich nicht
zum Studium, wenn staatliche Stellen der Meinung waren, dein
„gesellschaftliches Engagement“ sei ungenügend oder Du gar als
„feindlich-negatives Element“ eingestuft wurdest.

naja, es gab natürlich viele Reglements, aber ganz so extrem
kann man das nun auch wieder nicht darstellen.

Wer im Abi hervorragende Noten hatte, konnte allemal zu 99%
einen Studienplatz beanspruchen, selbst wenn man sich
gesellschaftlich gar nicht engagiert hat. Freilich hat man so
nicht unbedingt jedes beliebiges Studium bekommen.
Für die begehrten Plätze mit Überangebot wurde natürlich
auch ideologisch gesiebt.

Das 1%, was oben fehlt waren dann tatsächlich Schüler, die
nicht nur passiv waren, sondern sich aktiv in irgend einer
Weise gegen den Sozialismus und Staat positioniert haben oder
deren Eltern sich klar und eindeitig derart positioniert haben
oder z.B. einen Ausreiseantrag gestellt hatten.

Ich will das nicht schön reden, aber Übertreibungen zeichnen
auch kein objektives Bild der gelebten Realität.
Gruß Uwi

Hallo Uwi,

Wer im Abi hervorragende Noten hatte, konnte allemal zu 99%
einen Studienplatz beanspruchen, selbst wenn man sich
gesellschaftlich gar nicht engagiert hat.

Nun, ich muss mich etwas korrigieren, aber in eine andere Richtung, als Du vielleicht denkst. Der Beitrag von Reinerlein hat mich daran erinnert, daß ein Bekannter von mir gar nicht erst zum Abi gekommen ist, weil die Vorauswahl tatsächlich schon in der 8. Klasse getroffen wurde und man ihn schon dort ausgesiebt hatte. Seine Klassenlehrerin hat ihn zwar für sein Wunschstudium empfohlen, jedoch wurde er nicht an die EOS gelassen, weil erstens seine Note in Staatsbürgerkunde auf Grund seines Verhaltens ("… verfügt über keinen gefestigten Klassenstandpunkt") mies war, er zweitens das Pech hatte, daß sein Elternhaus nicht der Arbeiterklasse angehörte (Vater war Kneipenwirt) und drittens hatte er sich beharrlich geweigert, in die FDJ einzutreten (hing natürlich mit erstens zusammen :wink:
Insofern hatte er zu dem Zeitpunkt gar keine Chance, im Abi hervorragende Noten zu erreichen.
Aber gut, vielleicht war es zu anderen Zeiten und an anderen Orten (eventuell mit anderen Stabü-Lehrern) anders. Zumindest konnte ein „politisch unzuverlässiger“ Jürgen Fuchs nach einer Eingabe doch noch ein Studium beginnen, auch wenn es dann kurz vor dem Abschluss mit einer Exmatrikulation endete.
Um falschen Schlüssen vorzubeugen, ich möchte meinen Bekannten keinesfalls mit Jürgen Fuchs vergleichen…

Viele Grüße
Marvin

Hallo,
ja, unter den von dir geschilderten Bedingungen kann es leicht sein,
dass ein Kind nicht zur EOS kam.

Natürlich war das auch nicht überall gleich strang, aber wenn
an der entsprechenden jemand saß, der das verhindern wollte,
dann hatte mal wohl keine Chance den direkten Weg zu gehen.

Da gab es höchstens noch die Möglichkeit nach der 10.Klasse
über eine „Berufsausbildung mit Abitur“ zum Studium zu kommen
oder sogar später noch über eine Deligierung von einem Betrieb.
Über solche Wege ging es dann unter Umständen mit anderen
Auswahlkriterien zur Sache.

Wer aber sich so positioniertem wie du es unten darstellst,
der mußte natürlich immer damit rechnen, dass da ein Genosse
ihm in die Suppe spuckt.
Gruß Uwi

Nun, ich muss mich etwas korrigieren, aber in eine andere
Richtung, als Du vielleicht denkst. Der Beitrag von Reinerlein
hat mich daran erinnert, daß ein Bekannter von mir gar nicht
erst zum Abi gekommen ist, weil die Vorauswahl tatsächlich
schon in der 8. Klasse getroffen wurde und man ihn schon dort
ausgesiebt hatte. Seine Klassenlehrerin hat ihn zwar für sein
Wunschstudium empfohlen, jedoch wurde er nicht an die EOS
gelassen, weil erstens seine Note in Staatsbürgerkunde auf
Grund seines Verhaltens ("… verfügt über keinen gefestigten
Klassenstandpunkt") mies war, er zweitens das Pech hatte, daß
sein Elternhaus nicht der Arbeiterklasse angehörte (Vater war
Kneipenwirt) und drittens hatte er sich beharrlich geweigert,
in die FDJ einzutreten (hing natürlich mit erstens zusammen
:wink:
Insofern hatte er zu dem Zeitpunkt gar keine Chance, im Abi
hervorragende Noten zu erreichen.
Aber gut, vielleicht war es zu anderen Zeiten und an anderen
Orten (eventuell mit anderen Stabü-Lehrern) anders. Zumindest
konnte ein „politisch unzuverlässiger“ Jürgen Fuchs nach einer
Eingabe doch noch ein Studium beginnen, auch wenn es dann kurz
vor dem Abschluss mit einer Exmatrikulation endete.
Um falschen Schlüssen vorzubeugen, ich möchte meinen Bekannten
keinesfalls mit Jürgen Fuchs vergleichen…

Viele Grüße
Marvin