Versteigerung und Gutachten

Hallo,

mich würde mal interessieren, wie eine Zwangsversteigerung abläuft. Wie real sind die Gutachten die von einer Wohnung etc. erstellt werden? Werden diese nicht für extra hochgeschraubt? Wenn ja wie viel ungefähr?

neugierige Grüße
snej

Hallo,
wie bei allem, was Mensch macht, ist es auch bei einem Gutachten:
Es ist immer so gut oder schlecht, wie derjenige, der es erschafft.
Ein Handwerker oder Arzt oder auch Fachinformatiker kann ein Genie oder ein Stümper sein, ebenso verhält es sich mit einem Gutachter, wofür auch immer.
Leider ist es in Deutschland mit seiner unendlichen Obrigkeitshörigkeit noch immer so, dass letztendlich für alle (auch für den einen oder anderen Richter, nur wichtig ist, wer das Gutachten geschrieben hat (Öffentlich Bestellter oder „nur“ Freier Gutachter")und nicht , was darin letztlich wirklich steht.
Dementsprechend kann es auch bei einer Zwangsversteigerung sein, dass das erstellte Gutachten totaler Murks ist, klar. Allerdings ist dort, wegen der sehr unterschiedlichen und auch u.U. sehr gespannten Interessenslage aller beteiligten, die Wahrscheinlichkeit einer Aufdeckung von Fehlern sehr hoch. Das soll aber nicht heißen, dass Gutachter ansonsten die Preise nach Gutdünken in die Höhe treiben. Ganz im Gegenteil, ein Gutachter kann es sich absolut nicht leisten irgendwelche Manipulationen vorzunehmen, sonst ist er ganz ganz schnell weg vom Fenster. Davon ab, wem sollte so etwas nützen? Der Gutachter hat nichts davon, irgendwelche Fantasiepreise festzulegen.
Also, warum sollte er bewust so etwas tun???
Dementsprechend muß ich Deine Vermutung

Werden diese nicht extra hochgeschraubt? Wenn ja wieviel
ungefähr?

ganz klar verneinen.

Gruß,
Frank Scholtysek
www.immo-X-pert.de

Man muss aber unterscheiden:

  1. der fachliche, technische Teil:
    wenn sich der Gutachter Mühe gibt, sieht man es dem Gutachten an: dann beschränkt er sich nicht auf 2 Seiten und 3 Außenaufnahmen sondern sagt was zu Keller, Bausubstanz, Fußbodenbeläge, Instandhaltungsstaus usw. Grundriß Innenfotos sind selbstverständlich. Meistens gibt sich der Gutachter Mühe und die Gutachten sind , in technischer Hinsicht, Klasse.

  2. der ermittelte Verkehrswert
    Hier gilt : Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing…
    Und Gutachter werden vom betreibenden Gläubiger bezahlt.
    Hier entwickeln sich die Ingenieure zu wahren Rechenkünstlern, ermitteln dann über lange Seiten im Ertragswertverfahren, dass sich die Immobilie eigentlich nicht rechnet; sagen dann, dass es sich eigentlich nach dem Sachwertverfahren ganz anders darstellt; führen nötigenfalls noch einen Korrekturfaktor ein und ermitteln einen VW der dem Gläubiger genehm ist.
    Ich habe bisher nur einmal erlebt, dass im Termin der VW überschritten wurde. ( und da wollten zwei Miteigentümer, die zu versteigernde Immo unbedingt haben). In einem Großteil der Fälle wird ein Preis so um 70-80% des VW erziehlt. Und bei einem beachtlichen Teil der Fälle ist niemand bereit auch nur 50% des angeblichen VW zu zahlen. Da hat dann der Gutachter mal wieder voll danebengegriffen.

Gruß n.

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STOP!!!

Man muss aber unterscheiden:

  1. der fachliche, technische Teil:
    wenn sich der Gutachter Mühe gibt, sieht man es dem Gutachten
    an: dann beschränkt er sich nicht auf 2 Seiten und 3
    Außenaufnahmen sondern sagt was zu Keller, Bausubstanz,
    Fußbodenbeläge, Instandhaltungsstaus usw. Grundriß Innenfotos
    sind selbstverständlich.

Es gibt klare Vorgaben, was ein Gutachten enthalten muß.
Mal eben auf 2 oder 3 Seiten etwas zusammengeschmiert ist kein GUTACHTEN, sondern allenfalls eine grobe Werteinschätzung.
Kein Gericht akzeptiert so etwas als gutachterliche Stellungnahme und die beteiligten ebensowenig.

  1. der ermittelte Verkehrswert
    Hier gilt : Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing…
    Und Gutachter werden vom betreibenden Gläubiger bezahlt.
    Hier entwickeln sich die Ingenieure zu wahren Rechenkünstlern,
    ermitteln dann über lange Seiten im Ertragswertverfahren,
    dass sich die Immobilie eigentlich nicht rechnet; sagen dann,
    dass es sich eigentlich nach dem Sachwertverfahren ganz anders
    darstellt; führen nötigenfalls noch einen Korrekturfaktor ein
    und ermitteln einen VW der dem Gläubiger genehm ist.

Dann hat er keine Ahnung, von dem, was er tut.
Ein seriöser Gutachter kommt in beiden Verfahren zu annähernd den gleichen Ergebnissen. Davon ab, sind Korrekturfaktoren nicht nur oftmals nötig, sondern ausdrücklich nach der WertV zulässig.

Ich habe bisher nur einmal erlebt, dass im Termin der VW
überschritten wurde. ( und da wollten zwei Miteigentümer, die
zu versteigernde Immo unbedingt haben). In einem Großteil der
Fälle wird ein Preis so um 70-80% des VW erziehlt. Und bei
einem beachtlichen Teil der Fälle ist niemand bereit auch nur
50% des angeblichen VW zu zahlen. Da hat dann der Gutachter
mal wieder voll danebengegriffen.

Es ist keine Fehleinschätzung des Gutachters, wenn der von ihm ermittelte Verkehrswert in der Versteigerung nicht erreicht wird.
Der Verkehrswert stellt lediglich den Wert dar, den ein Objekt unter normalen Bedingungen auf dem freien Markt erzielen kann. Auch wenn es lange dauert.
In der Zwangsversteigerung legt es jedoch jeder Bieter darauf an, ein Objekt möglichst billig zu bekommen. Er legt eine Höchstsumme fest und wird die überboten, dann lässt er es halt sausen. Dann geht er halt zur nächsten Auktion und schaut, was es dort gibt.
Das der festgelegte Verkehrswert relativ selten überschritten wird ist durchaus richtig, ja. Das sagt aber nichts über die Fähigkeit des Gutachters aus.
Gruß,
Frank Scholtysek
www.immo-X-pert.de

Hallo,

  1. der ermittelte Verkehrswert
    Hier gilt : Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing…
    Und Gutachter werden vom betreibenden Gläubiger bezahlt.
    Hier entwickeln sich die Ingenieure zu wahren Rechenkünstlern,
    ermitteln dann über lange Seiten im Ertragswertverfahren,
    dass sich die Immobilie eigentlich nicht rechnet; sagen dann,

Bei "Ost"immobilien war das bis vor nicht allzu langer Zeit gerade umgekehrt:
Nachdem die Bausubstanz ‚na ja‘ war, wurde selbst für Immobilien j.w.d. mit Ertragswerten gerechnet, wo ein Frankfurter Hausbesitzer vor Neid nur erblassen konnte.
In dem - allerdings Privatgutachten - für unser gekauftes Haus stimmte vieles nicht. Beim Baujahr angefangen (angeblich 1930 wirklich 1870 !!). Dafür haben wir jetzt 80cm dicke Mauern.
Da wurde mit Mieteinnahmen jongliert, jenseits von Gut und Böse.
Wir haben es beim Kauf aber schon vermutet und haben es trotzdem genommen weil es uns einfach gefallen hat.
Ach so ja, der Gutachter war Prof an einer Uni.
Gruß
Peter

… der beste Weg ist, eine oder mehrere Versteigerungstermine zu besuchen.
Die Praxis ist auch hier der beste Lehrmeister.
Es hat schlicht keinen Sinn, hier eine Grundschulung abzuhalten.

Mit freundlichen Grüssen
Friedrich Pausch

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Der Verkehrswert stellt lediglich den Wert dar, den ein Objekt
unter normalen Bedingungen auf dem freien Markt erzielen kann.
Auch wenn es lange dauert.
In der Zwangsversteigerung legt es jedoch jeder Bieter darauf
an, ein Objekt möglichst billig zu bekommen. Er legt eine
Höchstsumme fest und wird die überboten, dann lässt er es halt
sausen. Dann geht er halt zur nächsten Auktion und schaut, was
es dort gibt.

Das Problem ist, das sich häufig nicht ein einziger findet, der auch nur 50% vom VW bietet!

Das der festgelegte Verkehrswert relativ selten überschritten
wird ist durchaus richtig, ja. Das sagt aber nichts über die
Fähigkeit des Gutachters aus.

Wenn dem so wäre, und der Gutachter wirklich einen realistischen VW ermitteln würde, hättest du eine Gelddruckmaschine gefunden.
Ersteigere zu 50% des VW eine Immobilie, was kein Problem ist,gibts hier in Berlin täglich mindestens 10 Objekte - und verkaufe sie anschließend freihändig zu 100%. Selbst wenn du dazu 1 Jahr brauchst, 100% finanzierst, Grunderwerbssteuer mit rechnest, bist du nach einigen dieser Geschäften reich und mächtig.

Selbst die betreibenden Banken, die über eigene Immobilienabteilungen verfügen, das Objekt sehr genau kennen, sowieso im Termin dabei sind, keine Finanzierungsprobleme haben, greifen bei solchen Immos nicht zu. Weil sie schon reich genug sind?
Oder vielleicht doch weil der VW so unrealistisch hoch ist, dass er am freien Markt auch nicht annäherungsweise erzielbar ist.
Gruß n.

Hallo,
die hier vorgebrachte Argumentation und auch Sichtweise ist völlig falsch und geht komplett an der ursprünglichen Fragestellung vorbei.
Alles in allem kann ich mich nurmehr dem geschriebenen von Friedrich Pausch anschließen, dass hier der falsche Platz ist, um Grundlagen der Wertermittlung zu diskutieren. Auch wenn der EINE oder andere hier beteiligte

seit vielen Jahren im Immobilienbereich involviert

ist.
Gruß,
Frank Scholtysek

Hallo Snej,

absichtlich hochgeschraubt würde ich nicht unterstellen. Aber es kann schon ziemlich danebenliegen. Gutachter sind auch nur Menschen, und wie bei jeder anderen Dienstleistung kann was sehr sorgfältig gemacht sein oder völlig daneben liegen.
Ihm Rahmen einer Tätigkeit als Betreuer habe ich mal ein Wertgutachen für eine Immobilie erstellen lassen. Der festgesetzte Wert erschien mir völlig unrealistisch, und das Objekt hat sich zu diesem Preis beim besten Willen auch nicht veräußern lassen, das war vollkommen an der Realität vorbei. Ich habe selbst schon zwei Immobilien erworben und habe dazu auch Wertgutachten von Häusern angeschaut, die zur Versteigerung standen. Häuser in diesem Zustand konnte man für weniger Geld auf dem freien Markt kaufen, ohne Befürchtungen zu haben, das die derzeitigen Bewohner nicht ausziehen oder Müllhalden hinterlassen.
Ebenso finde ich es mehr als merkwürdig, das manche Wertgutachten erstellt werden, obwohl dem beauftragten Gutachter der Zutritt verweigert worden ist. Da stand dann lapidar „eine Besichtigung von innen war zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich“. Dann trotzdem ein Wertgutachen zu erstellen ist m.E. völlig unseriös. Daher würde ich auf diese Gutachten nicht allzuviel geben.
Gruß elmore

Hallo,

absichtlich hochgeschraubt würde ich nicht unterstellen. Aber
es kann schon ziemlich danebenliegen. Gutachter sind auch nur
Menschen, und wie bei jeder anderen Dienstleistung kann was
sehr sorgfältig gemacht sein oder völlig daneben liegen.
Ihm Rahmen einer Tätigkeit als Betreuer habe ich mal ein
Wertgutachen für eine Immobilie erstellen lassen. Der
festgesetzte Wert erschien mir völlig unrealistisch, und das
Objekt hat sich zu diesem Preis beim besten Willen auch nicht
veräußern lassen, das war vollkommen an der Realität vorbei.

Da muss man vorsichtig sein. Die Gutachterwerte haben immer eine etwas längere zeitliche Perspektive als der aktuelle Markt. D.h. sie reagieren immer etwas verzögert z.B. auf die momentane Flaute im Markt, und lassen sich hiervon auch nur bedingt leiten. D.h. der Gutachterwert sagt oft eher etwas über den Wert an sich, als über den tatsächlich kurzfristig erzielbaren Kaufpreis aus. Dies ist auch ganz gut so, denn es kann einen davor bewahren in schlechten Zeiten ein Objekt für deutlich weniger zu verkaufen, als es eigentlich wert ist. Wer ganz schnell verkaufen muss, muss ohnehin sehen, was er bekommen kann. Wenn ich mir aber heute ein Gutachten machen lasse und dies gibt einen Wert von € 1 Mio. an, dann kann dieser stimmig sein, unabhängig davon, ob ich heute oder morgen einen Käufer für den Preis finde. Über eine etwas längere gemittelte Zeit kann er nämlich durchaus erreichbar sein. D.h. es ist dann meine Sache zu warten, bis eine zu schlechte akute Marktsituation vorbei ist, oder eben sehenden Auges das Ding für die Hälfte zu verscherbeln.

Ich habe selbst schon zwei Immobilien erworben und habe dazu
auch Wertgutachten von Häusern angeschaut, die zur
Versteigerung standen. Häuser in diesem Zustand konnte man für
weniger Geld auf dem freien Markt kaufen, ohne Befürchtungen
zu haben, das die derzeitigen Bewohner nicht ausziehen oder
Müllhalden hinterlassen.

Moment mal, der Gutachtenwert ist doch bei Zwangsversteigerungen kein Kaufpreis, sondern dient nur der Bestimmung Zuschlagsgrenzen für den 1. bzw. 2. Termin. Und wenn es nicht gerade ein Top-Objekt ist, wird es genau hierum gehen. Der Gutachtenwert selbst wird nur selten erreicht. Die Zuschlagsgrenzen hingegen sorgen dafür, dass das Objekt nicht zu billig weggeht und dadurch der Schuldner benachteiligt wird, der nichts für eine aktuell zu schlechte Marktsituation für sein an sich wertvolleres Objekt kann.

Ebenso finde ich es mehr als merkwürdig, das manche
Wertgutachten erstellt werden, obwohl dem beauftragten
Gutachter der Zutritt verweigert worden ist. Da stand dann
lapidar „eine Besichtigung von innen war zum derzeitigen
Zeitpunkt nicht möglich“. Dann trotzdem ein Wertgutachen zu
erstellen ist m.E. völlig unseriös. Daher würde ich auf diese
Gutachten nicht allzuviel geben.

Das ist nicht unseriös, sondern gesetzlich so vorgesehen. Es muss ein Wertgutachten angefertigt werden, und wenn hierzu eine Besichtigung aus faktischen Gründen nicht möglich war, dann wird dies entsprechend vermerkt. Der Gutachter kann aber nicht einfach sagen, dass er kein Gutachten erstellt, weil der das Objekt nicht von innen gesehen hat. Die Leser müssen dann für sich entscheiden, wieviel dieses Gutachten ihnen dann wert ist.

Gruß vom Wiz

Hallo,
erst nach 8 bis 10 Gutachten lernt man die teilweise erheblichen Qualitätsunterschiede kennen - incl. der Haftungsfreizeichnungsklauseln, die manchmal sogar im Text „versteckt“ sind. Z.B. Nebengebäude (Zitat aus einem Gutachten Teilungsversteigerung): ‚die erforderlichen Baugenehmigungen werden als vorhanden vorausgesetzt‘!!!
Anderes Gutachten (ZV): ‚Abgabenrechtliche Situation,…Es wird daher vorausgesetzt, daß derartige Beiträge und Abgaben am Stichtag nicht mehr zu entrichten waren‘…
Ein anderes Gutachten ZV - angefordert Ende 2004. Gutachten stammt aus 1999.!! - ansonsten war dieses Gutachten hervorragend.
Aus der Kenntnis dieser Gutachten lässt sich ein schöner Fragenkatalog erstellen.
Gruß
Peter

Hallo,

selbstverständlich gibt es Qualitätsunterschiede, aber gerade die von dir genannten Punkte würde ich eher unter dem Motto: „Wer lesen kann ist klar im Vorteil“, verbuchen. Es ist je nach Auftrag eben nicht Sache des Gutachters bestimmte Fragen zu klären, die sich im Rahmen der Begutachtung ergeben. Oft bekommt der Gutachter nur bestimmte Unterlagen und hat keine Chance an weitere heran zu kommen, bzw. wird für zusätzliche Nachforschungen auch nicht bezahlt. Dann finde ich es sogar höchst fair, wenn er Dinge anspricht, die ihm hinterfragenswert erscheinen, auch wenn er selbst dieses Hinterfragen nicht leisten kann.

Aber eins ist natürlich auch hier mal wieder sicher: Solche Gutachten sind nunmal Fachsprache und ein Laie sollte sich nie nicht einbilden, es tatsächlich im Detail zu verstehen. Es ist für Fachleute geschrieben und die wissen dann auch, was sie davon zu halten haben, und ihnen fallen dann auch die (für mich als Jurist jedenfalls) ganz deutlichen Hinweise auf, die Anlass zu Nachfragen und weiteren Recherchen geben.

Gruß vo Wiz

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]