Kassensturz - Das Glück des Politikers Eichel

Hi,

wir hören derzeit fast jeden Tag etwas von einem Kassensturz bei der Bundesregierung. Nun ist es völlig unverständlich, wie jemand nach vier Jahren Regierungszeit einen Kassensturz machen muss, denn wir dürfen doch hoffentlich unterstellen, dass Hans Eichel den Kassenbestand des Staates kennt. Noch mehr ist es unverständlich, dass vor dem 22.09. der Kassenbestand als im Rahmen und unproblematisch dargestellt wurde, nachdem die Hauptversammlung ( Wahl) stattgefunden hat, stellt Eichel ein Kassendefizit fest. Hans Eichel hat Glück, dass er keinen Verein und nur die Bundeskasse zu führen hat. In einem Verein wäre er bereits hinter Gitter wegen Verdacht der Veruntreuung.

Oder hat schon einmal ein Kassierer eines Vereins erlebt, dass er nach vier Jahren erst merkt, dass die Kasse nicht stimmt , während er seinen Mitgliedern noch vor einer Woche eine ausgewogene Kassenlage im Rahmen der Richtlinien behauptet ?

Können wir nicht einmal mehr Hans Eichel glauben ?

Gruss Günter

Oder hat schon einmal ein Kassierer eines Vereins erlebt, dass
er nach vier Jahren erst merkt, dass die Kasse nicht stimmt ,

Na, Günter,
Da ist wohl ein kleiner Unterschied zwischen Deinem Kaninchenzüchterverein und der Bundesrepublik.

Es geht ja nicht darum, festzustellen, was noch in der Kasse drin ist, das weiß man natürlich. Sondern darum abzuschätzen, was demnächst hereinkommt und wie man es am sinnvollsten verwendet, wo die Ausgaben z.B. durch Subventionsabbau korrigiert werden müssen.

Und das ist nicht allein Sache des „Kassenführers“, sondern ein etwas aufwändigerer Abstimmungsprozeß, bei dem viele mitreden müssen, und noch mehr - die Lobbyisten nämlich - dazwischenquatschen.

Gruß Eckard.

Hallo Günter,
ich denke, dass die Argumentation so nicht klappt (wahrscheinlich möchtest du mit uns hier am Brettstammtisch diskutieren und etwas provozieren…?).
Die verwendete Terminolgie ist einfach eine andere. Wenn Herr Eichel von ‚Kassensturz‘ spricht, dann meint er einfach nicht den Kaninchenzüchterverein-Kassenstürz, der in Verordnungen definiert ist, sondern versucht sich mediengerecht auszudrücken… Ich denke, dass es nicht deine Schuld ist, dass die verwendete Sprache immer simpler und ungenauer wird. Würde er sich „korrekt“ ausdrücken, würde ihn niemand verstehen, ihm niemand zuhören oder der Verdacht aufkommen, der Mann sei ein Rhetorik-Laie und er somit ungeeignet für’s Amt…

Nix für Ungut…
Grüsse, o

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Eckard,

Da ist wohl ein kleiner Unterschied zwischen Deinem
Kaninchenzüchterverein und der Bundesrepublik.

ich finde das ist durchaus vergleichbar. Ich muss als Kassierer unseres Musikvereins auch abschätzen, wie die Einnahmesituation bzw. die Ausgaben im nächsten Jahr sind. Wenn ich nach der JHV (Bundestagswahl) sage, dass ich den Mitgliedsbeitrag (Steuern) erhöhen möchte, muss dies eine ausserordendliche Versammlung (vorgezogene Neuw./Volksabstimmung) beschliessen.

Ausserdem bin ich Kassierer in meiner Freizeit und Eichel hat den ganzen Tag Zeit. Somit kann ich von ihm erwarten, dass eventuelle Haushaltsprobleme nicht erst just nach dem 22. Sept. auffallen. Nur darum geht es hier. Vor dem 22. war ja alles in bester Ordnung…

Gruß, Joe

Es geht ja nicht darum, festzustellen, was noch in der Kasse
drin ist, das weiß man natürlich. Sondern darum abzuschätzen,
was demnächst hereinkommt und wie man es am sinnvollsten
verwendet, wo die Ausgaben z.B. durch Subventionsabbau
korrigiert werden müssen.

Und das ist nicht allein Sache des „Kassenführers“, sondern
ein etwas aufwändigerer Abstimmungsprozeß, bei dem viele
mitreden müssen, und noch mehr - die Lobbyisten nämlich -
dazwischenquatschen.

Gruß Eckard.

Hi,

sach ma, du warst doch selbst lang genug bei dem Verein dabei?! Derartiges kannst du doch nicht ernst meinen?

Wenn wir schon bei Vereinsvergleichen bleiben wollen: Ich bin es so gewohnt, dass der Kassenwart (der den Inhalt der Vereinskasse kennt) bei der Hauptversammlung den Mitgliedern (die idR zwar ihr Budget, aber nicht das Gesamtbudget kennen) Rechenschaft über den Kasseninhalt abliefert.

Nix anderes macht Eichel.

Gottes Willen, die Wahl ist vorbei.

Gruss
Feanor

Ausserdem bin ich Kassierer in meiner Freizeit und Eichel hat
den ganzen Tag Zeit. Somit kann ich von ihm erwarten, dass
eventuelle Haushaltsprobleme nicht erst just nach dem 22.
Sept. auffallen. Nur darum geht es hier. Vor dem 22. war ja
alles in bester Ordnung…

Hallo Jörg,

schon seit etlichen Legislaturperioden finden Steuerschätzungen aufgrund zu optimistischer Wachstumsannahmen statt. Das so erhoffte Steueraufkommen wird dann bis auf die letzte Mark zuzüglich Neuverschuldung verplant. Selbst bei zutreffender Wachstumsschätzung ist bei solcher Vorgehensweise rein nichts in Ordnung, schließlich wird der Schuldenkarren per Neuverschuldung immer tiefer in den Dreck gezogen.

Nun erweisen sich die Wachstumsschätzungen seit vielen Jahren als blauäugig und ich vermute, die Sache hat Methode. Mit vorsichtigeren Prognosen, etwa in der Art eines solide rechnenden und persönlich haftenden Kaufmanns, würden sich schon bei der Erstellung des Haushalts viele Wünsche und Wohltaten als unbezahlbar entpuppen. Das Leben wäre für die Regierenden deutlich unbequemer, wenn sie sofort allen Interessengruppen sagen müßten, daß die Kasse leer ist. Ruhestandsregelungen für 58-jährige Staatsdiener dürfte es dann nicht geben. Über Beschäftigungsprogramme, nach denen Gewerkschaften unentwegt schreien, dürfte man nicht einmal reden. Manches Beschaffungsprogramm der Bundeswehr wäre indiskutabel usw… Hoch genug angesetzte Steuerschätzungen lassen das alles aber zunächst finanzierbar erscheinen, das Geld wird also verplant, als sei es tatsächlich vorhanden und das dicke Ende kommt später.

Ein vorsichtiger Kaufmann würde das zuletzt tatsächlich erlebte Wachstum (oder auch die Schrumpfung) für die kommende Periode als Planungsbasis ansetzen. Gibt es Handfestes, also Fakten und kein Wunschdenken, das eine bessere Entwicklung wahrscheinlich erscheinen läßt, mag das Wagnis höherer Ausgaben akzeptabel sein. Handfestes könnte z. B. eine Umstrukturierung sein, eine Reorganisation, die bessere Effizienz verspricht. Aber genau daran hapert es. Es wird nicht umstrukturiert. Die Kostenfresser bleiben stets unverändert. Immer noch leisten sich zig tausend Gemeinden einen oder mehrere Mitarbeiter, die nur hinter dem Tresen sitzen und im Stundenabstand eine Gebührenmarke ausgeben. In jedem Arbeitsamt sitzen Leute hinter einer Tür mit der Bezeichnung „Betriebsnummernstelle“. Auch eine einzige Nase in dieser Funktion hätte so gut wie nichts zu tun. Aber es müssen mehrere Nasen sein, weil es jeder Mitarbeiter im öffentlichen Dienst neben dem Urlaub auf rund 15% Ausfallzeit bringt (vermutlich wegen der irrwitzigen Arbeitsbelastung). Mir sind Beispiele aus der Wasserstraßenverwaltung des Bundes bekannt, wo Mitarbeiter regelmäßig ihren Behördensessel verlassen müssen, um vor Ort in 20 km Entfernung etwas zu verrichten. Dafür gibts extra einen Fahrdienst mit Fahrern, die nötigenfalls den ganzen Tag warten, um einmal am Tag 20 km zu fahren. Klar, der Mitarbeiter des technischen Dienstes ist ja schließlich kein Fahrer und um den VW zu fahren, muß man eben als Fahrer beschäftigt sein. Wurde ein Mensch für eine bestimmte Tätigkeit zum Beamten gemacht und wird diese Tätigkeit irgendwann nicht mehr gebraucht, dann … nein, dann muß er eben keine andere Tätigkeit übernehmen, dann hat er für den Rest seines Lebens ausgesorgt und muß keinen Finger mehr rühren. Ein Beispiel sind Lehrer(innen) für Maschinenschreiben. Wird kaum nocht als eigenständiges Fach gelehrt, aber die Lehrkräfte gibts noch. Wer sich von diesen Damen und Herren auf den Standpunkt stellt, mit PCs nichts am Hut zu haben, bleibt bei vollen Bezügen und Pensionsanspruch bis zum letzten Atemzug zu Hause - Beamtenrecht sei Dank.

Wenn also eine Regierung daran ginge, z. B. das Beamtenrecht auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen, wäre das eine Strukturmaßnahme, die Geld frei macht. Mit diesem Geld ließen sich anderweitig initiierende Maßnahmen finanzieren, die wiederum Steuern bringen, statt nur Einnahmen sinnlos zu verpulvern. Mit solcher auf harten Fakten gründenden Hoffnung auf höheres Steueraufkommen läßt sich der Vorgriff auf zukünftige Einnahmen (=Neuverschuldung) rechtfertigen. Bisher aber lassen es alle Regierungen beim Vorgriff auf zukünftige Einnahmen bewenden und vergessen die harten Fakten.

Die Ansprüche sind bescheiden geworden. Immerhin will die Schröder-Regierung sparen. Aber keine Sorge: Das Sparen wird nicht übertrieben. Es wird ja nicht etwa so viel gespart, daß die Einnahmen reichen, um die Ausgaben zu decken. Um Himmels Willen! Wo kämen wir denn hin!? Das wäre ja solide und sowas haben wir noch nie gemacht! Es wird deshalb nur so viel gespart, um mit den neuen Schulden und etwas Glück gerade so am Blauen Brief aus Brüssel vorbei zu schrammen.

Gruß
Wolfgang

Hi,

weshalb eigentlich ? Vor der Bundestagswahl hat doch Eichel erklärt, dass alles in bester Ordnung ist. Und nun muss man den Kassensturz machen um prüfen zu können, wo mein einsparen muss. Ich will nur auf einen Umstand hinweisen. Der Bundeskassenwart hat vor der Wahl gelogen, dass sich die Balken biegen.

sach ma, du warst doch selbst lang genug bei dem Verein
dabei?! Derartiges kannst du doch nicht ernst meinen?

Wenn wir schon bei Vereinsvergleichen bleiben wollen: Ich bin
es so gewohnt, dass der Kassenwart (der den Inhalt der
Vereinskasse kennt) bei der Hauptversammlung den Mitgliedern
(die idR zwar ihr Budget, aber nicht das Gesamtbudget kennen)
Rechenschaft über den Kasseninhalt abliefert.

Nix anderes macht Eichel.

Ich habe nun zufällig unzählige Diskussionen mit Eichel erlebt und für was muss jemand einen Kassensturz machen, der einen Überblick hat. Erstaunlich ist schon, wie die Linke in DE dem Eichel zuerkennt, dass er vor der Wahl nicht wusste, was er nach der Wahl weiss.

Gerade wenn man - wie Du schreibst - bei dem Verein - es war ein anderer - dabei war, weiss man, dass alle jene, die heute diese Märchen vom angeblichen Kassensturz teilweise sogar damit begründen, dass eine Regierung mit Steuerschätzungen und Einnahmen/Ausgaben eine Übersicht haben müssen, wohl zwischen der Finanzplanung eines Ministers und der fehlenden Kenntnisse, was man Eichel wohl vor der Wahl unterstellen muss, wenn man ihn nicht als Lügner bezeichnen will, keinen Unterschied kennen. Der Hinweis, dass der Wahlkampf vorbei ist, kann nicht dazu dienen, dass über die Märchen vor der Wahl nach der Wahl nicht gesprochen werden soll.

Gruss Günter