Haus von 1500 - innen bröselt's - Baby und Blei?

Hallo Leute,

wir wohnen zur Miete in einem denkmalgeschützten Haus, Baujahr ca. 1500. Im Babyzimmer hat mein Kleiner an der losen Tapete gespielt, ein Loch rein gemacht weil es dahinter so schön gerieselt hat, und dann kam alles runter: zuerst die Farbschichten 1996 und 1970 (von da ist die Küche). Die Tapete selbst ist von ca. 1950, dann kommt Anilinfarbe blau von 1892 (sagt der Denkmalbeauftragte), tiefer liegt Tapete 2 (17./18. Jh.), dann kommt Farbe und zum Schluss der Originalanstrich aus dem 16. Jh. Angeblich auf Kohlebasis - es staubt schwarz wenn man hin fasst, ich befürchte aber, dass es gealterter verdreckter Bleiglanz sein könnte. Die offene Stelle ist ca 1 qm groß.

Das Denkmalamt verbietet mir, den losen Mist zu entfernen, ich darf höchstens Kalkglätte (was ist das?) drauf schmieren. Türstöcke (und der blättrige Lack drauf) sind aus dem 18. Jh und älter, von wann und woraus die Wasserleitungen in den Wänden sind, weiß ich nicht. (Blei? Holz?) Die Fensterrahmen (von 1900) splittern, und die Farbe blättert ab wenn man nur drüberwischt…

Meine Frage - muss ich außer mit Bleileitungen auch mit Blei in der Farbe und im Lack (Fenster und Türen) rechnen? Wie sieht es mit Uran (Annagrün) und anderen netten historischen Materialien aus, z.B. Bleiglanz? Der Zustand des Hauses ist „überwiegend original“, und Baujahr ist ca. 1500.

Ich überlege mir, ob ich nicht wegen meinem Kleinen umziehen sollte - Meinungen?

Kalkglätte ist ein Kalkfeinputz, von dem der Denkmalpfleger annimmt, daß er sich mit den früheren Farben etc gut verträgt.

Grundsätzlich und mit dem Denkmalschutz vereinbar ist da Setzen einer Gipskartonwand vor dem alten Wandaufbau.

Aus was genau die Farben bestehen, läßt sich nur durch chemische Analysen herausfinden. Grundsätzlich können alte Farben Schwermetallanteile haben.
Zum „Essen“ oder daran Lecken sind auch viele moderne Farben nicht geeignet.
Farben auf Kalkbasis ( wie dies für die alten Wandfarben anzunehmen ist ) sind insofern günstig, weil sie den Feuchtigkeitshaushalt der Wand gut steuern und weil sie die Bildung von Schimmelpilz idR verhindern.

Grundsätzlich sollte man bei einem so alten Haus darauf achten, daß sich Einbauten und bauliche Änderungen nicht nur formal sondern auch bauphysikalisch / chemisch mit der Substanz vertragen. So ein Haus verpflichtet - es ist aber sicher auch eine Bereicherung.

Genaueres läßt sich aus der Ferne nicht sagen.

GB

Also, ich würde ausziehen … Wir haben selber ein altes Bauernhaus. Investitionen lohnen sich nur, wenn einem das HAus gehört.
Liebe GRüße
Ulrike Schrott

Vielen Dank, das hilft schon mal viel weiter!

Wahrscheinlich ist das besser so… habe auch eine Schimmelkolonie entdeckt (jemand hat PVC direkt auf die alten Holzdielen im Bad geklebt, drunter ist der Keller mit Erdboden, das PVC löst sich jetzt ab und darunter wächst Diverses…) Und zwei morsche Balken gibt’s auch, dank einer Wasserleitung die quer durch einen Balken läuft, und tropft. Balken morsch, Fußboden morsch :frowning:

Hallo Rättchen, in einem alten Haus zu wohnen macht oft aber nicht immer Spaß, ich habe mit meiner Familie diese Erfahrung auch gemacht. Wir haben vor 23 Jahren eine einsturzgefährdete ehemalige Wasserburg gekauft, diese ist in Teilen sogar 760 Jahre alt. Wir haben trotz der Hilfe der Denkmalbehörden 4 Jahre für die Sanierung gebraucht.
Da ihr zur Miete wohnt, solltet ihr zuerst mit dem Vermieter sprechen, denn der sollte das Haus gründlich nach Schadstellen und gefährlichen Stoffen untersuchen lassen. In alten Häusern sind oft unappetittliche Materialien verbaut worden. Deine Befürchtungen sind sehr berechtigt. Auch euere Denkmalbehörde ist verpflichtet Gefahren für die Gesundheit zu erkennen und für Abhilfe zu sorgen. Bleirohre, Pilzbefall und Feuchtigkeit, bröselnde Verputzreste können gesundheitliche Gefahren bringen. Diese können den Vermieter und die Denkmalbehörde in Haftung bringen.
Lasst euch nicht klein kriegen. Wenn ich weiterhelfen soll, müsstet ihr mir genauere Angaben machen und deutliche Fotos schicken. Mit frdl. Grüßen Georg Keuck

Hallo Georg,

vielen Dank! Es ist gut zu wissen, dass Denkmalamt und Vermieter theoretisch in der Pflicht sind. Unser Denkmalamt schreitet aber erst bei akuter Einsturzgefährdung ein (sonst müsste laut Aussage vom Denkmalpfleger „die halbe Stadt evakuiert“ werden) und unser Vermieter sieht keine Gefährdung. Termine mit Denkmalamt oder Handwerker werden auf unbestimmt verschoben, und die eigentlichen Arbeiten will er mit seinem Bruder zusammen machen, bzw. ich soll bei den Fenstern helfen. Den Schimmel sieht er auch, aber er will dazu den Fliesenleger befragen und er will auch unbedingt den alten PVC-Belag auf dem Boden behalten, um Kosten zu sparen.
Ich habe jetzt Schimmelproben genommen, die wir ins Labor geben werden. Wenn mein Schwager recht hat (Biologe) haben wir Aspergillus niger oder Stachybotris.

Für uns ist mittlerweile klar, dass wir ausziehen!