80 Jahre+Unfall+Krankenhaus=Abbau?

Hallo,
ich wollte hier nur mal ein paar Meinungen erfragen, wie ich folgende Situation bewerten bzw. meinem Freund helfen kann.
Seine Mutter ist 80 Jahre alt und hatte sich vor ca. 3 Monaten bei einem Besuch bei ihm die Hüfte angebrochen. Sie lag daher einige Wochen im Krankenhaus seiner Stadt (sie war zu Besuch) und hat in der Zeit schon stark abgebaut. Wollte auch kaum essen oder trinken, alles schmeckte nicht etc. (ich denke mal, weil man als bettlägiger Patient dann ständig die Pfleger rufen muss, um mal auf die Toilette zu kommen). Sie ist dann in ihre Heimatstadt ins Krankenhaus verlegt worden, wo sie mehr Bekannte und Freunde hat. Aber auch dort teils Gemecker, teilweise barsches Verhalten, oft aber auch völlig oK. Nach einiger Zeit - die Hüfte wohl in Ordnung - kam sie dann in eine Aufbau-Reha, hat aber auch dort kaum etwas zugenommen, hat sich auffällig verhalten. Sie musste wieder ins Krankenhaus, weil die Ernährung nicht machbar war. Jetzt hängt sie wieder am Tropf.
Wie kann man hier helfen: Liegt das auffällige Verhalten an der Umgebung, am wenigen Trinken (ich habe manchmal den Eindruck, dass sie schon längst verdurstet sein müsste; die Ärzte munkeln schon was von möglichem kommendem Nierenversagen) oder wo sonst dran? Kann man die Selbstzweifel beheben? Vielleicht ist das Selbstvertrauen angeschlagen, weil sie jetzt Hilflosigkeit und Abhängigkeit spürt?
Vielen Dank schon mal für eure Antworten vorweg.
Stefan

Hi,

das mit dem Trinken ist bei vielen alten Menschen ein Problem. Eigentlich sollte in einem Krankenhaus durch das Pflegepersonal gewährleistet werden, daß genug getrunken wird, z.B. durch unter Aufsicht trinken (wird bei unseren gerontopsychiatrischen Stationen so gehandhabt).

Ansonsten tippe ich auf eine senile Demenz, in dem Alter ja auch nicht ungewöhnlich. So etwas fällt bei Umgebungswechsel plötzlich auf, heißt aber nicht, das es nicht schon vorher bestanden hat.

Als Laie kannst du mal versuchen, im Gespräch auf räumliche und zeitliche Orientierung zu achten (weiß sie durchgehend wo sie ist und welche Zeit jetzt ist? Oder springt sie eventuell zwischen Zeitebenen, wähnt sich teilweise in ihrer Jugend oder Vergangenheit?), auf Verwechslung nahestehender Personen (verwechselt sie z.B. gelegentlich Enkel mit Sohn o.ä., auch mal deutlich Fragen: Wer bin ich?), Kurzzeitgedächtnis (um drei Uhr fragen, was gab es heute zum Mittagessen) und ähnliche Sachen.

Gruß

Yoyi

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Hallo Stefan !

Leider ist das recht häufig so… Man kann dann darüber spekulieren,
ob es die Hilflosigkeit bzw. Abhängigkeit ist oder daran liegt, dass
die Person aus ihrem regulären Lebensrhythmus gerissen wird.
Sicherlich kann man auch eine handfeste Depression oder aber eine
Verschlechterung eigentlich völlig altersgemässer
Hirnabbauveränderungen annahmen. Häufig ist es halt so, dass im Alter
sich die Persönlichkeitseigenschaften „verschärfen“ und der Zugang
zum Patienten schwierig wird.

Ich habe einerseits in einer Reha-Klinik (Fachkrankenhaus fuer
Physikalische Therapie gearbeitet) und dort gemerkt wie wichtig die
Frühmobilisation ist. Es geht darum, die Selbstständigkeit
schnellstmöglich zu fördern.

Später habe ich auf einer gerontopsychiatrischen Station gearbeitet.
Eine der erschreckensten Erfahrungen dabei war, dass in herkömmlichen
Krankenhäusern und Reha-Kliniken diese Patientengruppe regelmässig
(oder häufiger als es mir früher erschien) nicht zurecht kommt und
nicht angemessen behandelt wird. Das mag an Fallpauschalen bzw.
verkuerzten Behandlungsdauern liegen. Leider vielleicht auch daran,
dass es immer weniger qualifziertes Pflegepersonal gibt (bzw die
einfach viel zu wenig Zeit haben). Lange Rede, kurzer Sinn : Viele
dieser Patienten wurden dann zu uns auf eine geschlossene Geronto-
Psychiatrie abgeschoben (mit der Begründung, dass sie sich selbst
gefährden, wenn sie nicht trinken oder stuerzen könnten). Manchmal
stellt man dann bei der Diagnostik fest, dass eben nicht allein ein
Bruch sondern zusätzlich auch Blutungen im Gehirn bestehen, die die
netten Chirurgen aber nicht erkannt hatten…

Es ist unglaublich, aber letztlich waren Sie ganz offensichtlich in
der Psychiatrie immer noch besser dran (aber man ueberlege sich mal,
was das fuer eine solche Patientin heisst…)

Nun, ein qualifiziertes Behandlungsteam kann einerseits die Nahrungs-
und Fluessigkeitszufuhr bzw. Selbstständigkeitstraining fördern. Aber
eben auch medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten erwägen (ich denke
u.a. an Antidepressiva, ggf. aber Stimulantien). Und auf jeden Fall
eine gute Schmerztherapie anbieten.

Wie gesagt, nicht in allen Rehakliniken sind diese selbstverändlichen
Dinge gewährleistet… Andererseits gibt es aber natuerlich auch
viele Stationen, die sich unglaublich engagiert und toll fuer
Patienten einsetzen…

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Hallo,

vielleicht hat die alte Dame auch ein sog. Durchgangssyndrom. Wenn sie in ihrer gewohnten Umgebung ist, kann es wieder besser sein (muß aber nicht).
Die Hirnatrophie kann auch erst jetzt bemerkt worden sein, vielleicht sogar im Zusammenspiel mit einer leichten Exsiccose (Austrocknung) forciert. Außerdem baut jeder Mensch, egal wie alt, im Krankenhaus ab. Man kann sagen, das der IQ bei etwa zwei Wochen Krankenhausaufenthalt um ca. 10% abnehmen kann. Natürlich geht das nicht soweit, das man dann nach 10 Wochen bei null ist, aber es ist durchaus messbar.
Gruß, Gerrit

Hallo zurück,
erstmal vielen Dank für die Antwort. Mit der Orientierung war es zunächst noch ganz oK (die ersten 2-3 Wochen im „fremden“ Krankenhaus), dann wurde es langsam schlechter. Jetzt (also eben nach ca. 12 Wochen) ist zumindest wohl die Zeitorientierung weg (morgens ist abends, Wochentage sowieso, Tageszeit auch wohl mal). Offenbar wurde jetzt ein neuer Bruch im Wirbelbereich entdeckt, der vermutlich erst während der Liegezeit entstanden ist (er hätte auf den ersten Röntgenbildern eigentlich entdeckt werden können, wurde aber nicht).

Vom Joggen kenne ich die Regel, dass bei 2% Gewichtsverlust (Wasserverlust) der erste Leistungseinbruch kommt, bei 4 % soll die Leistungskapazität auf die Hälfte absinken, bei 10 % gibt es Verwirrtheistzustände (soweit hab ich es beim Joggen aber noch nicht getrieben). Ich frage mich nur, ob z.B. Medikamente bei Wassermangel nicht noch zusätzlich den Körper belasten, da ja auch deren Abbauprodukte nicht richtig ausgeschieden werden. Kann es denn sein, dass im Krankenhaus die absolut lebens-grund-notwendigste Flüssigkeitsversorgung kein Thema ist??? Klar, daran muss es nicht liegen, könnte nach meinem Dafürhalten aber.
Grüße
Stefan

Hallo,
vielen Dank für eure Antworten. Ich habe diese Tipps und Meinungen mal so an meinen Freund weitergegeben.

Grüße

Stefan