PEK-Sonde Verdursten Verhungern

Hallo, Ihr im medizinischen Bereich Tätigen

man liest in diesen heißen Tagen immer wieder, dass gerade alte Menschen aufgrund mangelnden Durstgefühls! zuwenig Flüssigkeit zu sich nehmen und deswegen gesundheitliche Schäden davontragen können.

der konkrete Anlass zu meiner Frage:

eine alte Tante (95 Jahre) erlitt einen Schlaganfall, lag im Koma und wurde durch die Nase ernährt.
(über unfachliche Formulierungen bitte ich Euch, hinwegzusehen)
Meine Frau wurde auf Drängen der Ärzte zur Betreuerin bestellt. Diese Tante war selbst Krankenschwester und hätte - ihren Äußerungen nach - vermutlich noch nicht einmal der Ernährung durch die Nase zugestimmt.
Sie verstarb dann allerdings innerhalb von 4 Tagen.

Bedeuten die oben erwähnten Berichte, dass Verdursten nicht unter allen Umständen ein als Schmerz empfundenes Gefühl hervorruft. Ich stelle diese Frage auch, weil sie für unsere eigene Patientenverfügung natürlich relevant ist.

Wie lange dauert so ein „Verdursten“?

Gibt es hierzu irgendwelche medizinischen Erfahrungen ?

(Bitte keine Antworten, die nur religiöses Gesülze beinhalten)

Grüße auch an alle, die sich allmählich darüber Gedanken machen müssen.

Peter

hallo!

ich habe einmal erleben dürfen (?) was passiert wenn jemand zu wenig
flüssigkeit zu sich nimmt.
die alte dame um die es da ging war von einem auf den anderen tag
völlig verändert: sie wusste nicht mehr wo sie war, wer ich war,
warum sie im krankenhaus war, etc.

da dieses austrocknen sehr sehr schnell die funktionsfähigkeit des
gehirns beeinflusst kommt es mir so vor als ob die das überhaupt
nicht mitkriegen.
schmerz im gehirn zu produzieren (und da „findet“ schmerz eben mal
statt) ist eine aufwendige angelegenheit. und das fällt dann bei
fehlern in der ernährung, etc. auch mit als erstes aus.

ein ähnliches prinzip kann man bei tauchern finden-der tiefenrausch.
warum auftauchen wenn es doch hier unten so schön ist?

tschüss

matthias

Hallo Peter,

bin zwar juristisch tätig, beshcäftige mich mit dem Thema aber recht intensiv, da ich viel im Bereich Betreuungsrecht und Sterbehilfe machen. Die Sache mit dem Verdursten / Verhungern lassen stellt sich insbesonder bei dauerkomatösen Patienten, die „nicht sterben können“, wo also die rein körperlichen Funktionen ein noch längerfristiges Weiterleben bei ausreichender Nahrunhgs- und Flüssigkeitszufuhr gestatten würden. Da hiervor viele Menschen Angst haben, lehnen sie in Patientenverfügungen insbesondere das Legen einer PEG Magensonde ab, weil man die dann juristisch gesehen „nicht mehr los wird“ und damit dem Amoklauf der Intensivmedizin nicht mehr zu entrinnen ist.

Ohne Sonde ist ein Abbruch der Ernährung und Flüssigkeitszufuhr im Zweifelsfall einfacher durchzusetzen, und dies ist insbesondere im häuslichen Bereich natürlich auch im Graubereich der Sterbehilfe eine hin und wieder genutzte Option. Rien juristisch geht es dabei immer um die Frage, dass es eine Meinung gibt, die Tun und Unterlassen in diesem Bereich unterschiedlich bewertet und den § 1904 BGB dann dahingehend (meiner Meinung nach vollkommen unvertretbar) interpretiert, dass das Vormundschaftgericht nur für die Maßnahme, nicht aber für deren Abbruch zuständig sei, und man Betreuern nur für das Legen einer Sonde juristishc den Rücken stärken will, nicht aber für den Abbruch der Maßnahme, der dann zum Tode führt.

Was dann im Falle des Falles medizinisch mit den Betroffenen passiert wird ebenso kontrovers diskutiert. Es gibt Literatur, die sogar von euphorischen Zuständen beim Verdursten spricht. Dadurch sollen sogar Schmerzen gelindert werden und der Tod wie in einem schönen Drogenrausch eintreten.

Es gibt aber genauso Literatur, die genau von gegenteiligen Entwicklungen spricht und dabei darauf verweist, wie zunächst bei Bewusstsein befindliche Menschen ein langsames Verdursten z.B. nach Unglücksfällen erlebt haben, die dann im letzten Moment gerettet worden sind. Diese sprechen sogar von einer besonders grausamen Todesart.

Beide Argumentationen haben etwas für sich, und ich weiß auch beim besten Willen nicht, welcher ich mich anschließen soll. Fakt ist allerdings, dass es rein juristisch momentan bei dauerkomatösen Patienten mit ansonsten normalen Vitalfunktionen keine legale Alternative gibt, um das Sterben zu ermöglichen, als durch das Unterlassen weiterer Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr.

Diskutiert wird zudem natürlich, ob ein reiner Nahrungsentzug, oder eine Flüssigkeitsgabe zur Befeuchtung der Schleimhäute als feine Nuancen zu dem Thema eine bessere oder schlechtere Schmerzfreiheit bedeuten, wobei hierzu inzwischen wohl die überwiegende Meinung besteht, dass ein reines Verhungern lassen das Sterben unnötig verlängert und damit auch die ggf. auftretenden Schmerzen. Andererseits soll aber eine Befeuchtung der Schleimhäute aber das Wohlbefinden der Patienten deutlich steigern, ohne das Sterben deutlich hinauszuzögern.

Gruß vom Wiz

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Hallo Peter,
ich arbeite seit 5 Jahren auf einem beschützenden Bereich im Altenheim.
Dieses Thema ist immer wieder eine Gradwanderung. Eine PEG verlängert auf jeden Fall das Leben, manchmal sogar um Jahre, egal in welchem Zustand sich dieser Mensch dann befindet…
Wie lange das Verdursten dauert, hängt immer vom Menschen ab, wie „zäh“ er ist. Wenn keine Infusion oder ähnliches mehr gegeben wird, habe ich trotzdem schon erlebt, daß Menschen 3 Wochen ohne Nahrung und Wasser noch gelebt haben. Im Altenheim verschreiben die Hausärzte dann oft Morphium oder ähnliches, damit die Schmerzen erträglicher sind, aber eigentlich sterben sie dadurch halt auch leichter…
Ich kann dir leider auch nicht sagen, wie es ist zu verdursten, aber wenn ein Mensch im sterben liegt, weiß ich, daß sie dann auch das Trinken regelrecht verweigern, daß heißt, die akzeptieren es und wollen mit ihrem Leben abschließen.
Ich bin keine Medizinerin, aber aus der Praxis habe ich gemerkt, daß die Menschen in einer anderen Welt leben und ich möchte behaupten, daß sie es ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr realisieren, denn wenn dem Gehirn das Wasser fehlt, wird man verwirrt…

Ich weiß nicht, ob ich dir irgendwie helfen konnte, ist halt aus meiner Praxis,

liebe Grüsse, Melanie

Hallo,

könnte man auch verfügen, dass diese PEG-Sonde maximal 3 Monate gelegt werden darf, und hat man dann eine Chance, dass das auch durchsetzbar ist ?

Gruß

Peter

Hallo Peter,

verfügen kann man grundsätzlich alles. Allerdings hapert es oft mit der Durchsetzbarkeit. Stand heute ist es so, dass jegliche Entfernung der PEG-Sonde, die zum Tode führen würde, ein Fall für die Gerichte wird, und dabei eben auch die Problematik des § 1904 BGB wieder voll zuschlägt (kann die für lebensgefährliche Behandlung notwendige richterliche Genehmigung auch erwirkt werden, wenn durch Behandlungsabbruch der Tod eintreten wird?).

Die Handhabung dieser Theamtik ist von Vormundschaftsgericht zu Vormundschaftsgericht momentan noch unterschiedlich. Einige wollen sich nicht „zum Herrscher über Leben und Tod“ machen, andere sehen ihre Verantwortung und wollen dem Betreuer gerichtliche Rückendeckung geben. Auf jeden Fall wird es aber ein Kampf werden. Daher ist momentan eher zu raten entweder auf die Sonde zu verzichten, oder sie anzunehmen und dann damit zu rechnen, dass sie liegen bleibt.

Gruß vom Wiz

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