Kafkaesk

hallo
kann es sein, dass dieser begriff bedeutet, dass etwas so und nicht mehr und nicht weniger ist? somit leite ich davon ab, dass eine situation in einer situation herrscht, denn in dieser situation, bspw. in einem prozessbericht, herrscht die situation, dass die situation herrscht.
wer weiss das gegenteil einer situation, also wenn keine situation herrscht. existiert ein solcher zustand überhaupt? wie nennt man diesen
grüssche

Hallo Mahed,

kann es sein, dass dieser begriff bedeutet, dass etwas so und
nicht mehr und nicht weniger ist?

Nein, kafkaesk (nach dem Schriftsteller Franz Kafka (1883-1924) bedeutet „in er Art der Schilderungen Kafkas; auf raetselvolle Weise bedrohlich“ - so steht’s im Duden.
Wenn du mal eine Novelle oder einen Roman von Kafka gelesen hast, wirst du dich an die ganz besondere Atmosphaere erinnern.

Gruesse, Elke

Versuch
Hallo,

über den Begriff „kafkaesk“ hat Elke ja schon das Nötige gesagt.

Aber mir scheint in deinem Posting ein Gedanke zu stecken, der mir interessant erscheint und auf den ich eingehen möchte, nämlich der, dass man eine Situation deswegen als bedrohlich empfinden kann, weil man nicht in der Lage ist, sie zu ändern, sie zu beherrschen.

Die von dir angesprochene „Situation in einer Situation“ entspräche in diesem Fall der persönlichen Wahrnehmung der Tatsächlichkeit dieser Situation als bedrohlich, möglicherweise weil Freiheitsgrade gekappt wurden oder auch nur einfach fehlen.

Das Gegenteil einer solchen Situation in der Situation wäre eine Art Naturzustand, in dem die Frage nach den tatsächlichen Freiheitsgraden gar nicht gestellt werden würde, weil die Frage überhaupt keine Basis hätte, wenn also die Möglichkeit einer Reflexion gar nicht gegeben wäre (aus welchen Gründen auch immer; etwa weil bisher niemand auf die Idee gekommen ist oder weil die persönliche Relevanz gerade erst aufgetaucht ist oder … oder … oder).

Das Problem bei so einer „Situation in der Situation“ ist, dass in dem Augenblick, in dem diese Art „Metasituation“ gegeben ist, ein Rückweg unmöglich erscheint - und wohl auch unmöglich ist. Und so bliebe dann nur noch die Frage, wie man mit einer solchen verfahrenen (unänderbaren) Meta-Situation umgeht, weil sie ja da ist, nur eben nicht beeinflussbar.

Ich denke, dass man in einer solchen Situation um die Konkretisierung der Probleme nicht herumkommt, dass man seine Ängste so konkret wie möglich zu formulieren versuchen sollte. Manchmal stellen sich die in solchen Metasituationen herrschenden Ängste nur deshalb als überdimensional heraus, weil sie in ihrer Überdimensionalität anerkannt werden - und niemand erkennt, dass dies nicht der letzte Reflexionspunkt ist.

Kennst du die Geschichte „Des Kaisers neue Kleider“? Kurze Inhaltsangabe (falls du sie nicht kennen solltest): Einem König wird von einem Betrüger ein neuer teurer Stoff präsentiert, der allerdings ein kleines Manko hat: Nur kluge Menschen können ihn sehen. Und da der König nicht dumm erscheinen will, gibt er vor, den Stoff sehen zu können. Und so tritt er schließlich nackt vor das Publikum, weil alle erwachsenen Bürger seines Volkes auch nicht für dumm gehalten werden wollen und seine neue Ausstaffierung bejubeln, bis schließlich ein kleines naives Kind ausruft: „Aber er hat ja gar nichts an!“ - - - und nach und nach merken die Menschen, dass der Kaiser nackt ist, und schämen sich für ihre Eitelkeit.

Könntest du für deine Frage irgendeinen Zusammenhang herstellen zwischen dieser Geschichte und der „Situation in der Situation“? Versteh mich nicht falsch: Ich halte deine Frage nicht für eitel oder gar für unnötig (sie ist - wie ich finde - sogar vielleicht „be-denklich“ und „merk-würdig“), aber möglicherweise könnte ein Vergleich deines Problems mit der Geschichte der Frage die Bedrohlichkeit rauben. Das wäre ein erster Schritt zu einer nüchternen Analyse des Problems.

Sollte gar nichts von dem, was ich schreibe, zutreffen, dann ignorier einfach, was ich geschrieben habe und entschuldige meinen Antwortversuch. Ich wollte nur diese Möglichkeit ausgelotet wissen.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo,

über den Begriff „kafkaesk“ hat Elke ja schon das Nötige
gesagt.

ok, ob es nötig war oder nicht sei dahingestellt- ich finde kafkaesk bezieht sich eher auf kafka und weniger auf duden. immerhin sagt sie selbst: „…wie es Kafka beschrieben hat…“
dass man sein geschriebenes bedrohlich auffasst, verdanken wir, glaube ich, uns selbst, immerhin beschreibt er ja quasi uns, bzw. unsere systemwelt. seine schilderung an sich ist meiner meinung nach, das kafkaeske: das was so und nicht mehr und nicht weniger ist. d.h. ein wort zuviel bleibt es kafkaesk, ein wort weniger bleibt es kafkaesk.

Aber mir scheint in deinem Posting ein Gedanke zu stecken, der
mir interessant erscheint und auf den ich eingehen möchte,

ich fühle mich geschmeichelt

nämlich der, dass man eine Situation deswegen als bedrohlich
empfinden kann, weil man nicht in der Lage ist, sie zu ändern,
sie zu beherrschen.

ich finde nicht, dass damit unabänderliches gemeint sein kann. wie wir alle wissen, bzw. diejenigen wissen, die eine novelle von kafka gelesen haben, führen die akteure ihre handlungen ziemlich bewusst aus: k. sucht den prozess…oder? das gericht zieht die schuld an, aber zieht nicht k. das gericht an? er will seine unschuld beweisen, und geht zum gericht. nur so kann er seine unschuld beweisen. geht er nicht zum gericht, bleibt nichts anderes übrig als seine schuld. geht er zum gericht, gesteht er sich schuld ein, die er als unschuld beweisen muss. ob er in realität eine schuldzuweisende handlung begangen hat ist, glaube ich nicht, nicht sache des gerichtes.

Die von dir angesprochene „Situation in einer
Situation“ entspräche in diesem Fall der persönlichen
Wahrnehmung der Tatsächlichkeit dieser Situation als
bedrohlich, möglicherweise weil Freiheitsgrade gekappt wurden
oder auch nur einfach fehlen.

eben gerade die freiheitsgrade fehlen nicht, sondern überfordern k. sie ködern k. geradezu. dadurch, dass jede weitere sekunde seines daseins einfluss auf den prozess nimmt, ob er jetzt etwas „konkretes“ unternimmt oder nicht. angebracht könnte hier das sprichwort sein: „was der bauer nicht weiss, das macht ihn nicht heiss- was der bauer nicht sieht, das passt ihm nicht ins gebiet“. ich denke, man muss den prozess von der perspektive des gerichtes aus sehen.

Das Gegenteil einer solchen Situation in der Situation wäre
eine Art Naturzustand, in dem die Frage nach den tatsächlichen
Freiheitsgraden gar nicht gestellt werden würde, weil die
Frage überhaupt keine Basis hätte, wenn also die Möglichkeit
einer Reflexion gar nicht gegeben wäre (aus welchen Gründen
auch immer; etwa weil bisher niemand auf die Idee gekommen ist
oder weil die persönliche Relevanz gerade erst aufgetaucht ist
oder … oder … oder).

ich denke, wir können davon ausgehen, dass das einzige was unsere reflexionsfähigkeit übersteigt, ihr gleichsam grenzen setzt, ist das andere geschlecht. da kannst du denken so viel du willst und du kriegst keins.

Das Problem bei so einer „Situation in der Situation“
ist, dass in dem Augenblick, in dem diese Art „Metasituation“
gegeben ist, ein Rückweg unmöglich erscheint - und wohl auch
unmöglich ist. Und so bliebe dann nur noch die Frage, wie man
mit einer solchen verfahrenen (unänderbaren) Meta-Situation
umgeht, weil sie ja da ist, nur eben nicht beeinflussbar.

es bleibt unbeeinflussbar, dass man einfluss hat.

Ich denke, dass man in einer solchen Situation um die
Konkretisierung der Probleme nicht herumkommt, dass man seine
Ängste so konkret wie möglich zu formulieren versuchen sollte.
Manchmal stellen sich die in solchen Metasituationen
herrschenden Ängste nur deshalb als überdimensional heraus,
weil sie in ihrer Überdimensionalität anerkannt werden - und
niemand erkennt, dass dies nicht der letzte Reflexionspunkt
ist.

einigen wir uns doch auf eine einzige dimension der reflexion. nach dem motto: man kann über alles nachdenken, aber nicht an allem teilnehmen. das menschliche denken geht von einem punkt aus. anschaulich wird dieser punkt dort, worauf du dein adlerauge hinrichtest.

Kennst du die Geschichte „Des Kaisers neue Kleider“? Kurze
Inhaltsangabe (falls du sie nicht kennen solltest): Einem
König wird von einem Betrüger ein neuer teurer Stoff
präsentiert, der allerdings ein kleines Manko hat: Nur kluge
Menschen können ihn sehen. Und da der König nicht dumm
erscheinen will, gibt er vor, den Stoff sehen zu können. Und
so tritt er schließlich nackt vor das Publikum, weil alle
erwachsenen Bürger seines Volkes auch nicht für dumm gehalten
werden wollen und seine neue Ausstaffierung bejubeln, bis
schließlich ein kleines naives Kind ausruft: „Aber er hat ja
gar nichts an!“ - - - und nach und nach merken die Menschen,
dass der Kaiser nackt ist, und schämen sich für ihre
Eitelkeit.

von wem ist die geschichte?

Könntest du für deine Frage irgendeinen Zusammenhang
herstellen zwischen dieser Geschichte und der „Situation in
der Situation“? Versteh mich nicht falsch: Ich halte deine
Frage nicht für eitel oder gar für unnötig (sie ist - wie ich
finde - sogar vielleicht „be-denklich“ und „merk-würdig“),
aber möglicherweise könnte ein Vergleich deines Problems mit
der Geschichte der Frage die Bedrohlichkeit rauben. Das wäre
ein erster Schritt zu einer nüchternen Analyse des Problems.

also es gelingt mir nicht, einen bezug herzustellen, aber ich halte ausschau nach geschichten, wo das vielleicht gelingt.

Sollte gar nichts von dem, was ich schreibe, zutreffen, dann
ignorier einfach, was ich geschrieben habe und entschuldige
meinen Antwortversuch. Ich wollte nur diese Möglichkeit
ausgelotet wissen.

besten dank fürs umfangreiche posting

eine Verteidigung Elkes
Hallo,

über den Begriff „kafkaesk“ hat Elke ja schon das Nötige
gesagt.

ok, ob es nötig war oder nicht sei dahingestellt- ich finde
kafkaesk bezieht sich eher auf kafka und weniger auf duden.

Elke hat versucht, auf deine Frage nach einer Begriffserklärung zu antworten. Begriffserklärungen beginnt man, indem man den gewöhnlichen Gebrauch der in Frage stehenden Begriffe in einem universalen Lexikon oder Wörterbuch wie eben dem Duden nachschlägt. Dass du hier jetzt die Sache so darstellst, als hättest du das alles schon vorher gewusst bzw. als wolle Elke dir irgendwie überheblich kommen, indem du die zu erklärende Ebene mit der erklärenden Ebene vermischt, ist nicht fair und also nicht in Ordnung. Es zeugt von Hochmut, der vielleicht in anderen Foren unbemerkt bleibt, hier aber nicht gerne gesehen wird.

seine schilderung an sich ist
meiner meinung nach, das kafkaeske: das was so und nicht mehr
und nicht weniger ist. d.h. ein wort zuviel bleibt es
kafkaesk, ein wort weniger bleibt es kafkaesk.

Da gibt es nichts, was man so einfach „meiner Meinung nach“ sagen kann; der Begriff ist ja schließlich meines Wissens erst nach Kafkas Tod gebildet worden, zumindest aber ohne sein Zutun. Auch ist deine Formulierung von „seiner Schilderung an sich“ alles andere als klar, denn das, was du nach dem Doppelpunkt schreibst, ist ja gerade das, was eigentlich in Frage steht und nicht einfach so behauptet werden kann, obwohl es natürlich ein interessanter Ansatz sein könnte.

So wie du es jetzt formulierst, scheint es mir sogar falsch zu sein, denn der Stil Kafkas zeichnet sich gerade dadurch aus, dass um jedes Wort gerungen wird. Da steht kein einziges unnützes Wort bei Kafka - und gerade das macht seine Kunst aus. Jedes Wort hat seine Bedeutung, und die willkürliche Veränderung der Phrasen etwa würde diesen Begriff von „kafkaesk“ zumindest entgegenstehen. Es ist also keineswegs eindeutig, was denn nun mit „kafkaesk“ gemeint ist, die Form oder der Inhalt. Darüber könnte man diskutieren - vielleicht käme man sogar darauf, dass es beides ist, nämlich ein gewisses Auseinanderklaffen von klaren Formen und ausufernden Inhalten.

wie wir alle wissen, bzw. diejenigen wissen, die eine novelle
von kafka gelesen haben, führen die akteure ihre handlungen
ziemlich bewusst aus: k. sucht den prozess…oder?

Ich würde das zumindest in Frage stellen wenn nicht sogar bestreiten wollen. Meinst du mit „Bewusstheit“ Rationalität? Oder meinst du damit Vertrauen? Oder Misstrauen? Auch dass K. den Prozess „sucht“, will mir nicht einleuchten … - er möchte ihn doch eher verstehen bzw. gerechtfertigt wissen.

er will seine unschuld beweisen, und geht zum gericht.

Aber das ist doch nur die Folge. Die Ursache besteht doch darin, dass er sich in einer grotesken Situation vorfindet, ohne etwas dafür getan zu haben. Die Bedrohlichkeit der Situation ist meiner Erinnerung nach ganz auf Unwissen gegründet.

eben gerade die freiheitsgrade fehlen nicht, sondern
überfordern k. sie ködern k. geradezu. dadurch, dass jede
weitere sekunde seines daseins einfluss auf den prozess nimmt,
ob er jetzt etwas „konkretes“ unternimmt oder nicht.

Da scheinst du mir in Kafka etwas hineinzuinterpretieren. Mit dem zweiten Teil dieses Argumentes hast du Recht, sein Leben nimmt Einfluss, aber das ist ja gerade das, was die Freiheitsgrade fehlen lässt.

angebracht könnte hier das sprichwort sein: „was der bauer
nicht weiss, das macht ihn nicht heiss- was der bauer nicht
sieht, das passt ihm nicht ins gebiet“. ich denke, man muss
den prozess von der perspektive des gerichtes aus sehen.

Das ist ein Ansatz, dessen Attraktivität ich nicht leugnen kann, weil mich solche Perspektivwechsel durchaus faszinieren, aber das ist auf keinen Fall die Position, die Kafka beziehen wollte.

ich denke, wir können davon ausgehen, dass das einzige was
unsere reflexionsfähigkeit übersteigt, ihr gleichsam grenzen
setzt, ist das andere geschlecht. da kannst du denken so viel
du willst und du kriegst keins.

Wunderbar! Das gefällt mir! Ich will nämlich auch kein anderes Geschlecht, weil ich mit meinem ganz zufrieden bin … *grins* - - - aber ok. Spaß beiseite! Ich denke, dass du noch recht jung bist, oder? Vielleicht sogar unter 20? Nur mal so geschätzt.

man kann über alles nachdenken, aber nicht an allem teilnehmen.

Das ist Unsinn, denn Nachdenken ist immer eine Art von Teilnahme.

anschaulich wird dieser punkt dort, worauf du dein
adlerauge hinrichtest.

(Nur für den Fall, dass ich mich nicht irre, möchte ich an dieser Stelle aufgrund deiner Diktion zu deinen Gunsten annehmen, dass du nicht Manni bist. Solltest du diesen Absatz nicht verstehen, dann überlies ihn einfach. Ich wollte nur eine Möglichkeit präventiv ansprechen.)

die Geschichte „Des Kaisers neue Kleider“

von wem ist die geschichte?

Das ist ein Märchen von Hans Christian Andersen.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

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