Frage zu Gravitation und Energie

Hallo!

Der Thread über Gravitation im Naturwissenschaften-Brett hat mich auf eine Frage gebracht, die ich mir nicht beantworten kann.
Angenommen ich plaziere ein Objekt in die Nähe eines Planeten, dessen Gravitation klein gegenüber der des Planeten ist. Beide sollen sich zum Zeitpunkt Null relativ zueinander in Ruhe befinden. Das Objekt wird nun vom Planeten angezogen. Dadurch wird es beschleunigt, wodurch sich seine Energie erhöht. Die Frage, die ich mir nun stelle ist, wo man nun sinnvollerweise bei der Betrachtung des Ursprungs der Energie die Systemgrenzen setzt.
Wenn ich davon ausgehe, daß die Energie, die für die Beschleunigung des Objekts aufgewendet wird, dem Gravitationsfeld entzogen wird, dann müsste doch sobald das Objekt mit dem Planeten kollidiert (die Masse des Planeten also größer wird), die Gravitation des Planeten größer, und die Feldschwächung somit kompensiert werden. Dann wäre die Gesamtenergie des Systems Objekt-Planet immer gleich (wie es nach dem Energieerhaltungssatz auch sein müßte).

Dabei habe ich aber zu Beginn die Energie des Objekts zu Null gesetzt. Um es in diese Position zu bringen, muß aber irgendwann einmal Energie aufgebracht worden sein. Schließlich hat es gegenüber dem Planeten zumindest eine potentielle Energie, wenn es sich in Ruhe zu ihm befindet. Wenn das so ist, kann ich aber die Systemgrenzen nicht einfach nur auf die beiden beschränken, es sei denn sie wären zu einem früheren Zeitpunkt bereits vereint gewesen, und sind durch ein Ereignis auseinandergesprengt worden (wo auch immer die Energie dafür wiederum hergekommen ist).
Mich würden eure Meinungen zu diesen Überlegungen interessieren.

Nebenbei gefragt: Kann man aus daraus auf einen Urknall schließen (zu einem Zeitpunkt muß sich alle Materie in einem Punkt konzentriert haben), oder ist der Grund für diese Theorie die Rotlichtverschiebung?

mfG

Michael

Weiteres Phänomen (in meinen Augen)
Hallo,

das erinnert mich an ein Problem, auf daß ich damals bei einem Glas Bier und einem netten Gespräch mit zwei Freunden gestoßen bin und bis heute noch nicht lösen konnte.

Thema „sicher und ökonomisch Reisen“. Stellen wir uns vor, die Erde sei eine perfekte Kugel. Wir bohren einen Kanal, der genau durch die Mitte des Erdkerns hindurchgeht und auf der anderen Seite der Erde, in Neuseeland, wieder herauskommt. In diesem Kanal erzeugen wir ein Vakuum.

Jetzt tritt das folgende Phänomen ein: ich ziehe mir einen Raumanzug an und schreite in das Loch. Sofort werde ich von der Gravitation der Erde angezogen und falle immer tiefer und immer schneller. Ich werde beschleunigt, bis ich das Zentrum der Erde erreicht habe. Mit meinem Schwung überschreite ich das Zentrum der Erde und werde nun genauso abgebremst, wie ich vorher beschleunigt wurde. In Neuseeland angekommen, habe ich Geschwindigkeit 0 erreicht und schreite aus dem Loch wieder heraus.

Im Gegensatz zu einem teuren, spritfressenden und zudem noch langsamen Flug habe ich eine Reise gemacht, die mich absolut keine Energie gekostet hat, aber mich um die Strecke des Erddurchmessers (~15000 km) versetzt hat. Ist das nicht unglaublich?

Viele Grüße,

Bernhard

P.S.: Wenn ich irgendwo einen Denkfehler begangen habe oder meine Theorie gar nicht so unglaublich ist, dann lasse ich mich gerne aufklären

Wie ist es denn, wenn man ein (ideales) Fadenpendel auslenkt? Vergleicht man die Energien an den beiden Umkehrpunkten, so sind diese gleich, aber die Kugel hat trotzdem eine Strecke zurückgelegt. Du selbst bist mit der potentiellen Energie geboren, die Tatsache, dass du einen Tunnel bohrst, bedeutet nur, dass du im „Umkehrpunkt“ nicht mehr festgehalten wirst und quasi durch die Erde schwingst. Trotzdem musst du Energie aufwenden, um aus der Schwingung selbst wieder rauszukommen (mag zwar nicht so viel sein, aber trotzdem).
Das Phänomen heißt übrigens Äquipotentialprinzip. (Hoffe, dass das stimmt). Bewegen wir uns auf der Potentiallinie der Erdoberfläche von Punkt A nach B, dann haben wir keinerlei Gravitationsarbeit verrichtet. Nach diesem Prinzip funktioniert deine Erddurchquerung.

P.S.: Diesen Tunnel zu bauen wird mehr Energie verschlingen, als denn Weg auf herkömmliche Weise zurückzulegen (SCNR)

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Dabei habe ich aber zu Beginn die Energie des Objekts zu Null
gesetzt.

Das ist der springende Punkt. Wenn die Energie absolut null ist, dann kann es auch keine Gravitationswirkung ausüben, da Gravitation nur auf Massen wirkt und Massen haben nunmal Energie. Ist die Energie aber null, hat das Objekt damit keine Masse --> keine Gravitation

Jetzt tritt das folgende Phänomen ein: ich ziehe mir einen
Raumanzug an und schreite in das Loch. Sofort werde ich von
der Gravitation der Erde angezogen und falle immer tiefer und
immer schneller. Ich werde beschleunigt, bis ich das Zentrum
der Erde erreicht habe. Mit meinem Schwung überschreite ich
das Zentrum der Erde und werde nun genauso abgebremst, wie ich
vorher beschleunigt wurde. In Neuseeland angekommen, habe ich
Geschwindigkeit 0 erreicht und schreite aus dem Loch wieder
heraus.

dein gedankenexperiment ist fast vollständig…da wo du wieder herausschreiten willst solltest dus auch möglichst schnell wieder tun; tust dus nicht, dann schwingst du nämlich…und zwar bei der von dir gemachten annahmen eines ideal reibungsfreien experiments, harmonisch & ungedämpft. unendliches rückreiseticket sozusagen.

wenn mans nachrechnet ist die periodendauer der schwingung identisch mit der umlaufdauer eines (ideal umlaufenden) sateliten, den du in der gleichen höhe, in der du fallenderweise in dein loch gestartet bist, um die erde kreisen lässst…hier ist meine erinnerung nur dunkel (‚wenn mans nachrechnet‘ ist hier nur rhetorisch gemeint, ich sass hier nicht mit formnelsammlung und taschenrechner…)

so long,

stefan

Hallo Rainer!

Das ist der springende Punkt. Wenn die Energie absolut null
ist, dann kann es auch keine Gravitationswirkung ausüben, da
Gravitation nur auf Massen wirkt und Massen haben nunmal
Energie. Ist die Energie aber null, hat das Objekt damit keine
Masse --> keine Gravitation

Daher schrieb ich ja, dass sie sich relativ zueinander nicht bewegen. Beide haben ja eine Ruhemasse und damit auch ein Gravitationsfeld. Ich sprach davon, dass das Objekt beschleunigt wird, und damit zusätzlich kinetische Energie aus dem Gravitationfeld des Planeten bezieht, diese aber dann beim Aufprall wieder dem Feld zugute kommt.
Daran schließt sich dann eben meine eigentliche Frage nach den Systemgrenzen an. Denn Bezüglich des Planeten hat das Objekt ja auch eine potentielle Energie, die ja irgendwo einmal hergekommen sein muß. Wenn man als System nun nur die beiden betrachtet, müssen sie doch zwangsläufig vor langer Zeit bereits ein und derselbe Haufen Materie gewesen sein, der dann durch welches Ereignis auch immer getrennt wurde. Wenn dem nicht so ist, wie kann man dann die potentielle Energie erklären?

mfG

Michael

Hi,

nein, das ist nicht unglaublich, sondern völlig normal. Hättest Du ein reibungsfreies Auto, und würdest es anschubsen, dann würdest Du damit bis nach Neuseeland rollen können. Dort bremst Du ab und erhältst die gesamte Energie zurück.
Ideale, reibungsfreie Verschiebungen von Körpern von A nach B erfordern am Ende keine Energie (wenn man kein Potential überwindet), weil Arbeit ist Kraft mal Weg, und einmal in Bewegung versetzte Körper driften unendlich lang weiter (ohne Reibung halt).

Gruß
Moriarty

Hallo Bernhard,

das Stichwort lautet Äquipotentialfläche.

In Deinem Fall bewegst Du Dich im Endeffekt auch auf einer solchen, bzw. von einer solchen zu einer gleichwertigen.
Übrigens ist die Zeit, die Du brauchst um durch die Erde zu fallen die gleiche, die Du brauchst um mit der Umlaufgeschwindigkeit zur gleichen Stelle zu gelangen.

Gandalf

Hallo!

Dabei habe ich aber zu Beginn die Energie des Objekts zu Null
gesetzt.
Schließlich
hat es gegenüber dem Planeten zumindest eine potentielle
Energie, wenn es sich in Ruhe zu ihm befindet.

Wenn Du die Energie zu Null setzt, hast Du doch grade die potentielle Energie misachtet, die aber eben nicht Null ist. Genau diese Energie ist es aber, die dann während der Beschleunigung zunehmend in Kinetische Energie umgewandelt wird. Und irgendwann beim Aufprall komplett umgewandelt ist und weiter in Schall, Wärme und Zerstörung umgewandelt wird.
Systemgrenzen setzt man immer so, daß man damit alles berechnen / vorhersagen / betrachten kann, was einen interessiert. Alles außerhalb der Grenzen wird dann in die Anfangsbedingungen hineingerechnet (eben zum Beispiel die potentielle Energie oder auch eine Anfangsgeschwindigkeit, aber auch die Temperatur der Beteiligten etc.).
Natürlich hat das Setzen dieser Grenzen immer den Nachteil, daß es sich um eine Idealisierung handelt und die Berechnungen / Betrachtungen nicht allgemeingültig sind. Das aber ist nunmal ein grundsätzliches Problem JEDER physikalischen Berechnung. Anders ist es aber einfach nicht möglich, sonst müsste man streng genommen jedesmal die Lage aller beteiligten Quantenteilchen messen oder festschreiben und komplett berechnen. Es ist schnell einsehbar, daß der Aufwand normalerweise nicht gerechtfertigt ist und die eingeschränkt gültigen Berechnungen trotzdem ausreichend genau, wenn man eben sinnvolle Grenzen wählt.
Wobei die Sinnhaftigkeit dieser Grenzen natürlich jedesmal Ansatz für Diskussionen ist.

Gruß
Axel