Frage bzgl. Psychoanalyse

Guten Tag,

Ich habe eine Frage.
Ich bin im Psychologie Grundkurs in der 12. Wir hatten gerade die Psychoanalyse und den Fall, bei dem Freud eine junge Frau behandelt hat, die unerklärliche Schmerzen in den Beinen hatte,die keine organische Ursache hatte, und sie sogar am Laufen hinderten. Es stellte sich heraus,dass sie wohl in den Schwager verliebt war und dies bei einem gemeinsamen Spaziergang erkannte und daher die Schmerzen in den Beinen rührten.
Unserer Lehrerin meinte hierzu, dass er es ihr beigebracht habe und die Auflösung darin lag, es als das zuzulassen und zu aktzeptieren was es war,eine unglückliche Liebe.

Soweit so gut.
Aber wie ist es denn mit einem Trauma?
Ich meine da ist es ja etwas defizieler als im oben genannten Fall.
Nehmen wir beispielsweise einen Autounfall. Der Betroffene hat danach eine Agoraphobie.
Als Folge eines solchen Traumas verständlich.
Aber wie weiter? Der Betroffene geht in eine Psychoanalyse, aber wie ist in diesem Fall die Auflösung? Aktzeptieren dass man eine Agoraphobie hat?
Warten dass sie von allein vorbei geht?
Oder ist Psychoanalyse in diesem Fall gänzlich nicht hilfreich?

Wäre sehr nett,wenn ihr mir dazu eure Gedanken mitteilen würdet :smile:

Einen schönen Abend.

hi,

vorweg: ich bin mit deutungen unerfahren, das müssen psychoanalytiker tun, aber ganz so einfach, wie es in deinem beitrag durchklingt, ist es nicht.

im rahmen der psychoanalytischen deutungen scheint es oft die erwünschten erklärungen für psychische probleme zu geben, das entbehrt aber oft jeder wissenschaftlichen grundlage und gehört eher in den bereich geübter philosophie. deine lehrerin ist bestimmt engagiert und belesen, es wäre aber nachteilig für euch, wenn ihr denkt, die psychoanalyse sei die einzige therapieform, die agoraphobie oder trauma behandeln kann.

ich empfehle, bei der betrachtung von psychischen erkrankungen zu unterscheiden:

a. woher kommt das und wie kann man das verstehen?
b. was kann man da machen?

um hilfe für betroffenen zu erzielen, muss man sich überhaupt nicht mit a. beschäftigen! das übersehen viele!

die psychoanalyse geht frühkindlichen traumata und konflikten nach, um sie aufzulösen und den grund für die störung damit zu entfernen. das ist zudem extrem langwierig und wirksamkeit ist wissenschaftlich sehr umstritten. vor allem aber ist es die konzentration auf den obigen punkt a.

punkt b. ist über verhaltentherapie anvisiert, die ist erwiesenermaßen wirksam, eher kurz gegenüber der analyse und eine heutige verhaltenstherapie sprerrt sich auch nicht gegenüber erklärungen der heutigen störung aus der vergangenheit.

mir ist übrigens klar, dass ich deine frage nicht im kern beantworten konnte. wie man agoraphobie und trauma psychoanalytisch erklären kann, weiss ich nicht.

mal branden hören…

lieber alpha

mal branden hören…

Eigentlich wollte ich ja mal nichts dazu sagen (nach dem Motto: Es muss auch mal was geben, zu dem man nichts sagt), aber wenn du mich jetzt vorschlägst…
also gut
Gruß,
Branden

Hi

Aber wie ist es denn mit einem Trauma?

Trauma ist ein Begriff, der heutzutage leider sehr ausgeweitet wird. Vor vielen Jahrzehngten wurde in der Psychoanalyse der Trauma-Begriff schon weitesgehend zurückgestellt und nur noch für Ereignisse, die diesen Terminus rechtfertigen verwendet. In der heutigen, allem Spektakulären und Vereinfachenden sich schnell öffnenenden, Zeit ist er leider wieder inflationär populär, obwohl die Weiterentwicklungen der Psychoanalyse längst gezeigt hatten, dass Neurosen eher durch eine über Jahre hinweg gehende Problematik im Erleben oder in einer Beziehung entstehen als durch ein einziges, kurzfristiges Trauma.

Nehmen wir beispielsweise einen Autounfall. Der Betroffene hat
danach eine Agoraphobie.

Ich persönlich kenne niemanden, der nach einem Autounfall einfach so eine Agoraphobie entwickelt hat - und ich habe viele Agoraphobien gesehen. Damit so eine Agoraphobie entssteht, müssen ja vorher schon neurotische bzw. psychogene Mechanismen gelaufen sein.

Als Folge eines solchen Traumas verständlich.

Eben nicht, siehe oben.

Aber wie weiter? Der Betroffene geht in eine Psychoanalyse,
aber wie ist in diesem Fall die Auflösung? Aktzeptieren dass
man eine Agoraphobie hat?

Das wäre efrstmal ein guter Einstieg. :wink:

Warten dass sie von allein vorbei geht?

Dann bräuchte man sich ja nicht in eine Psychotherapie begeben. Und die Psychoanalyse ist eine Form von Psychotherapie. Das ist also ein Widerspruch, wenn du das so schreibst.

Oder ist Psychoanalyse in diesem Fall gänzlich nicht
hilfreich?

Kann man auch nicht behaupten. Man kann eine isoliert bestehende Agoraphobie auch verhaltenstherapeutisch behandeln - man sollte immer den individuellen Fall/Menschen in Gänze betrachten.
Gruß,
Branden

Hallo!

Traumata die ihren Namen verdienen sind der Schwachpunkt der Psychoanalyse.
Damit fertig zu werden fehlen ihr schlicht und einfach die passenden Konzepte und vor allem die Therapeuten, die Traumatherapie leisten könnten.

Es sind Traumata Punkte größten Schreckens, absoluten Grauens und völliger Überforderung (darum glaube ich auch nicht so ganz an Agoraphobien bei Erwachsenen nach Autounfällen) der Seele, die es nicht mehr schafft zu integrieren und auch nicht mehr, abzuwehren.
Trauma ist der GAU der Seele, die dann nur noch Teile ihrer selbst abspalten kann, was man auch Abwehr nennen könnte.
Für echte Traumata braucht es eigene Therapien und Therapeuten, die dem gewachsen sind, z.B. indem sie ihre eigene Geschichte samt Traumata aufgearbeitet haben, und in diesen Tiefen zu navigieren verstehen.

Mein Eindruck ist es, dass die Psychoanalyse dem nicht gewachsen ist, wobei es aber Psychoanalytiker mit entsprechenden Zusatzqualifikationen immer mehr gibt.

Ein guter Einstieg in das Verständnis von Traumata und ihre Therapie ist der von Marie L. Reddemann, googelst Du „Trauma“ und „Reddemann“ findest Du vieles, auf deren Gedanken und Wirken ein großer Teil der heutigen Traumatherapie in Deutschland aufbaut.

Gruß,
Zahira