Zuhören statt Probleme lösen

Hallo zusammen,

ich weiss nicht wie banal mein Anliegen ist.

Wenn mir jemand ein Anliegen oder eine Sache schildert, die ihn beschäftig, so versuche ich Probleme für denjenigen zu lösen und Vorschläge zu bringen wie er es machen soll oder wie die Lösung aussehen soll.

Normalerweise bin ich gewohnt schnell Probleme zu lösen oder Entscheidungen zu treffen (Hintergrund: ich bin Chef und über mir steht nur Gott und das Finanzamt :wink: ) Im privatem Umfeld kann aber eine solche Sache ziemlich nach hinten losgehen und ich stehe „besserwisserisch“ da, oder ziehe die Wut der anderen auf mich, weil ich kurzerhand alles in die Hand nehme.

Meine Frage deshalb: Kann man lernen zuzuhören und wenn ja wie kann man gut zuhören, offen für den anderen sein ohne gleich als Problemlöser für andere zu agieren?

Bin offen für Vorschläge

Gruss

Tim

Hi Tim,

meiner Erfahrung nach ist das ein geschlechterspezifisches Problem.

Mein Liebster kommt mir auch immer mit Lösungsstrategien (brauch ich nicht, ich bin doch nicht bescheuert!, die krieg ich auch alleine raus) während ich mit meiner Freundin stundenlang mein Leid bejammern kann.
Einen wirklichen Rat habe ich aber leider nicht. Werd eine Frau oder komm erst mit Lösungen, wenn Du ausdrücklich danach gefragt wirst.

VG,

Birgit

Männer suchen Lösungen und Frauen wollen reden! Da gibt es ein hilfreiches Buch: Frauen kommen von der Venus und Männer vom Mars!
Es ist tatsächlich so:Frauen wollen ihr Problem mitteilen und sich einfach nur aussprechen. Bei Männern kommt das so an, als ob sie eine Lösung von ihm braucht. Also, Frauen drückt euch richtig aus, knapp und mit klaren Aussagen und Männer: Fragt einfach, ob sie eure Hilfe oder Rat braucht.

Hallo!

Meine Frage deshalb: Kann man lernen zuzuhören und wenn ja wie
kann man gut zuhören, offen für den anderen sein ohne gleich
als Problemlöser für andere zu agieren?

Einer meiner Söhne hat das prima heraußen. Wenn ich jammere, sagt er:
„Du bist ja sooo arm!“ - und gleich geht es mir besser.
Nicht, weil mein Problem gelöst ist, sondern weil jemand sieht, dass mir meine Situation ein Problem bereitet und mit mir mitfühlt.
DAS ist es, was wir Frauen in erster Linie brauchen: Mitgefühl.

Wahrscheinlich kommen sich 99.9% der Männer blöd vor, wenn sie einer Frau nur ihr Mitgefühl geben statt konkretem Rat.
Aber wir wollen das so. Wirklich.
Und wenn wir Rat brauchen, fragen wir extra.

Hanna

Ratschläge sind auch Schläge!!
…das sage ich in meinen Gruppentherapien immer wenn die Unsitte des gute Ratschläge gebens zu sehr um sich greift und ich verdeutlichen will, daß das Aufdrängen von Lösungen nicht nur ein aggressiver Akt ist sondern auch dem Bedürfnis entspringt den Anderen zu entwerten und sich selbst dadurch aufzuwerten.

viele Grüße, nashorn

Hallo,
fast jeder tendiert dazu schnell über Gesagtes zu urteilen, bzw. eine Stellung zu beziehen oder gar einen Ratschlag zu geben - damit stehst Du nicht alleine da.

Die Lösung nachdem zu suchst nennt sich „aktives Zuhören“. Kannst Du googeln und auch nachlesen in z.B. „Die neue Familien Konferenz“. Das Buch bezieht sich, wie der Name schon sagt, eher auf Kindererziehung. Lässt sich aber sehr gut auf auch Erwachsenen übertragen.
Im Prinzip geht es darum das Gesagte zu wiederholen, dadurch zu zeigen, dass man zugehört und das Problem verstanden hat und gibt somit folglich den Raum darüber im Dialog zu sprechen.

Viele Grüße

Hallo!

Sicherlich kann man im Besprechen von Problemen auch als Zuhörer-Ratgeber ordentlich „eingehen“!

Ich denke, wie meine Vorschreiber-- daß es primär (und vermutlich tatsächlich bei Frauen) darum geht, daß man aktiv zuhört!
Blickkontakt…Paraphrasen bringen (Sätze wiederholen um selber richtig zu verstehen-- der andere kann es dann überprüfen, ob der Gegenüber es verstanden hat)…damit gibt man dem Gegenüber dann aber auch wieder den Raum nochmal über das Gesagte kurz nachzudenken.

Daß man helfen möchte…ist vollkommen verständlich und man geht sorgsamer mit dem Gegenüber um, wenn man in ICH-Sätzen spricht!
Nicht-- „du solltest…“…sondern lieber " ich würde…"…damit bleibt dem Gegenüber die Möglichkeit es auf sich umzulegen, aber er kommt nicht in den Konflikt nun nach dem Denken des anderen doch handeln zu müssen- sollen!

Oft reicht tatsächlich nur die Anteilnahme…manches ist nicht zu lösen, zu klären zu diesem Moment…alles braucht seine Zeit und selbst der beste Hinweis muss in einem erst mal Fuss fassen und kann dann erst zu einer Umsetzung möglich werden!

Kitty

…kein Männer/Frauen Unterschied!
…im übrigen glaube ich auch nicht, daß hier, im Zuhören, ein deutlicher Unterschied zwischen Männern und Frauen besteht. Es geht beim Zuhören einfach darum, das Gegenüber als ein Wesen mit eigener Geschichte, eigenen Vorstellungen von der Welt und der daraus resultierenden Persönlichkeit akzeptieren zu wollen, das können Frauen und Männer genauso gut oder schlecht.
Ich glaube auch nicht, daß man zuhören durch irgendeine Technik lernen kann, es wird wohl so sein, daß man seine Einstellung anderen Menschen gegenüber ändern muß wenn man zuhören können will.

viele Grüße nashorn

4 Like

Aktives Zuhören
Hallo Tim,

mit deiner Problematik beschäftigt sich auch die Aus- und Weiterbildung in der Wirtschaft. Die Antwort darauf ich ein Prinzip/eine Technik, die sich „Aktives Zuhören“ nennt. Insbesondere im Vertrieb oder im Service stellt dies einen Wettbewerbsvorteil dar.
(Ich habe das selber erst kürzlich in einem Kurs gelernt, der sich wie folgt nannte: „Schwierige Kundengespräche professionell und effizient führen“.

http://de.wikipedia.org/wiki/Aktives_Zuh%C3%B6ren

Gruß
Carlos

…eigenes Wesen und Geschichte
Hallo Nashorn,

dein Satz

Es geht beim Zuhören einfach darum, das Gegenüber als
ein Wesen mit eigener Geschichte, eigenen Vorstellungen von
der Welt und der daraus resultierenden Persönlichkeit
akzeptieren zu wollen, das können Frauen und Männer genauso
gut oder schlecht.

ist denke ich der Knackpunkt. Für mich ist dieser Satz ein Aha-Erlebnis. Genau das mache ich in Kundenverkaufsgeprächen, aber immer mit dem Ziel im Hinterkopf den anderen zu ergründen und DANN eine Lösung zu präsentieren.

Vielleicht sollte ich den die Lösung einfach mal im privaten Bereich weglassen :smile:

Schönen Sonntag :smile:

Hallo Chilli,

danke für den Hinweis, ich spüre das mich dein Hinweis weitergebracht hat. Bin gespannt was das Buch für Überraschungen bereithält. Wollte schon zum Psychologen gehen, werde es aber mal mit diesem Buch probieren.

Schönen Dank!

Hallo Tim,

noch ein Zusatz zu bereits Gesagtem:

ich weiss nicht wie banal mein Anliegen ist.

Überhaupt nicht banal…

Wenn mir jemand ein Anliegen oder eine Sache schildert, die
ihn beschäftig, so versuche ich Probleme für denjenigen zu
lösen und Vorschläge zu bringen wie er es machen soll oder wie
die Lösung aussehen soll.

Da du aber ein anderer Mensch bist, andere Erfahrungen hast und aus diesen schöpfst, wenn du eine Lösung siehst, kannst du damit sehr leicht falsch liegen, d.h. der andere kann nicht so handeln wie du es tun würdest.

Normalerweise bin ich gewohnt schnell Probleme zu lösen oder
Entscheidungen zu treffen (Hintergrund: ich bin Chef und über
mir steht nur Gott und das Finanzamt :wink: ) Im privatem Umfeld
kann aber eine solche Sache ziemlich nach hinten losgehen und
ich stehe „besserwisserisch“ da, oder ziehe die Wut der
anderen auf mich, weil ich kurzerhand alles in die Hand nehme.

Jede Problemlösung, die man selbst findet ist ein Wachstum an Erfahrung, ein Schatz, der einem das Rüstzeug für das nächste evtl. noch schwierigere Problem gibt und damit mehr Selbstsicherheit. Wenn man jemandem die Lösungssuche abnimmt, kann er diesen Entwicklungsschritt nicht vollziehen.

Meine Frage deshalb: Kann man lernen zuzuhören und wenn ja wie
kann man gut zuhören, offen für den anderen sein ohne gleich
als Problemlöser für andere zu agieren?

Ja, dazu gibt es unten schon viele Tipps. Grundlage ist eigentlich zuhören, sich nicht dazu hinreißen lassen, einen eigenen ähnlichen Fall zu schildern, geduldig zuhören und an bestimmten Punkten immer mal zu fragen, was meinst du damit, wie soll ich das verstehen u.ä.m. Solche Fragen helfen dem Gegenüber genauer darüber nachzudenken, mehr in die Tiefe zu gehen, zu präzisieren, sich klarer über das Problem zu werden und dann die für ihn richtige Lösung selbst zu finden. Die Lösung findet er nicht unbedingt sofort, evtl. erst wenn er später nochmal darüber nachdenkt. Aber so würde man ihm geholfen haben, auch wenn er später nicht mehr darauf zurückkommt - nicht nachfragen, das ist seine Privatsache. Wenn er noch Fragen hat, käme er nach einem solchen Gespräch wahrscheinlich wieder selbst darauf zurück.

Nicht nachfragen, weil er sich genötigt fühlen könnte über seine Lösung zu berichten, die vielleicht so persönlich ist, daß er sie lieber für sich behält oder er könnte meinen, der andere erwarte besonderen Dank für sein Zuhören, oder, oder…

Auch deine Körperhaltung spielt eine Rolle: freundlicher Blickkontakt, die Arme locker an den Seiten (nicht vor dem Bauch/Brustkorb verschränkt - signalisiert meist Abwehr/Distanz), beim Sitzen auf einer Couch z.B. sich schräg zu ihm drehen, am Tisch Arme offen auf diesen, u.ä.m. Bei übergeschlagenen Beinen, das übergeschlagene zu ihm hin (Kontaktbereitschaft), vom ihm weg wäre gleich Abwehr/Desinteresse. Die Haltungen nehmen wir meist unbewußt schon richtig an, da wir sie ebenso unbewußt kennen und benutzen. Doch schadet es nicht etwas darauf zu achten.

Gruß,
Cantate

Hallo Tim,

ich finde es super, dass Du Dich überhaupt damit auseinandersetzt.
Es selbst zu merken, dass nicht immer eine Meinung gefragt ist, ist ein riesengroßer Schritt den die meisten Menschen nicht schaffen.

Ein Psychologe kann sicher auch hilfreich den Weg begleiten - wenn Du die Zeit und das Geld hast, dann kannst Du Dir ja den Luxus leisten (das Kommunikationsproblem ist kein Problem wofür sich Krankenkassen interessieren, deswegen müsstest Du es privat finanzieren).

Das Thema ist unglaublich spannend und es gibt viele Methoden zu üben. Je mehr Du Dich damit beschäftigst desto mehr wird es Dir auffallen wie oft Menschen nicht zuhören oder nicht in der Lage sind ihr Gegenüber wirklich wahrzunehmen. Aber es werden Dir auch Menschen bewusst, die es drauf haben aktiv zuzuhören. Diese Menschen sind richtige kleine Honigkleckse - man sucht ihre Nähe, fühlt sich bei ihnen wohl und hat das Gefühl man könnte seine Seele freilegen. Warum? Weil sie einem nicht in den Druck versetzen etwas sofort ändern zu müssen. Meist können diese Menschen sehr gut mit Kindern und Tieren umgehen, da sie instinktiv spüren wer aufmerksam dabei ist ohne die unsichtbare Grenze des Respekts zu überschreiten.
Du kannst es z.B. üben in dem Du etwas oder jemanden beobachtest und Dir ganz bewusst vornimmst über das Gesehene nicht zu urteilen (auch nicht in Gedanken) und erst recht nicht einzugreifen (auch nicht verbal). Du wirst sehen wie schwer das ist, aber auch wie sich mit der Zeit eine Gelassenheit bildet, die Dir möglich macht andere sehr nahe zu kommen.

Viele Grüße

1 Like

Hallo Tim,

ich finde wirklich toll, dass du das selbst erkannt hast.

Vielleicht solltest du verstehen, dass du Ratschläge immer nur aus deinen Lebenserfahrungen und deshalb aus deiner Perspektive heraus verteilst. Andere haben andere Lebensumstände, betrachten das Leben aus einem anderen Blickwinkel, haben andere Vorstellungen und Meinungen.

Vielleicht solltest du lernen deinem Gegenüber allgemein mit mehr Respekt und Toleranz zu begegnen, indem du offen bist für das was er dir erzählt, aber immer mit dem Gedanken, dass es sich eben um seine persönlichen Auffassungen in seinem Leben handelt. Diese müssen rein gar nichts mit den deinen zu tun haben.

Wichtig ist dabei auf gleicher Augenhöhe zu bleiben ! Die Rolle des Überlegenen, die du dir gibst sorgt nur für ungesundes Klima, versuche dort runter zu kommen, und eine gesunde Art von Kommunikation zu führen. Du musst ja nicht gleich alles nachvollziehen können was Andere dir erzählen, du brauchst es nur als Fakten zu akzeptieren, und dich verständnisvoll zeigen. Daraus können sogar sehr interessante und lebendige Diskussionen entstehen, aus denen Jeder gewinnen kann.

Eigene Meinungen und Standpunkte darf man immer vertreten, damit verletzt man Niemanden. Man sollte aber unterlassen diese als die „einzig richtigen“ zu verkaufen. Das mag niemand, mal abgesehen von der Tatsache, dass es die ultimative Meinung sowieso nicht gibt.

Vielleicht solltest du auch einen anderen Umgangston erlernen, andere Wörter in Diskussionen gebrauchen, damit zeigst du dich verständnisvoller und wirst von Anderen auch besser verstanden.

Niemand der nicht danach fragt, mag Ratschläge erteilt bekommen, und „von oben herab“ aufzwingen lässt sowieso niemand sich was.

Richtige Kommunikation kann man erlernen und dafür gibts auch Kurse.

All das, ist jetzt auch nur meine Meinung zu diesem Thema, ob du das annehmen willst oder nicht, das überlass ich dir.

LG

allround