BGB §312d - Widerrufsrecht Fernabsatz

Hallo,

ist ein KFZ, das bei einem Händler bestellt wird (Model XYZ mit Option/Zusatzausstattung ABC), eine „Ware, die nach Kundenspezifikation angefertigt wird oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist“?

Oder anders gesagt:
Greift BGB § 312d Abs. 4 Punkt 1?

"(4) Das Widerrufsrecht besteht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen

  1. zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind"

Gibt’s da irgendwelche Urteile dazu?
Grüße,
Tinchen

Hallo!

Sind die Zusatzausstattungen „von der Stange“ oder hat der Hersteller hier wirklich was individuell was daran geschraubt? Intessant hierzu ist m.E. das BGH-Urteil vom 19.03.2003 (Aktenzeichen: VIII ZR 295/01), welches sich jedoch um die Rückabwicklung eines Vertrages über den Erwerb eines Notebooks bezieht.

Der Bundesgerichtshof hat in einem grundlegenden Urteil entschieden, dass bei einem nach Kundenwünschen aus Standardbauteilen gefertigten PC, das Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen ist. Grund ist, dass die Bauteile mit verhältnismäßig geringem Aufwand ohne Beeinträchtigung ihrer Substanz oder Funktionsfähigkeit wieder getrennt werden können.

Quelle: http://www.it-recht-kanzlei.de/widerrufsrecht-aussch…

Gruß
Falke

HAllo Falke,

Sind die Zusatzausstattungen „von der Stange“

Jepp, von der Stange.
Also z.B. VW Golf „Comfortline“ xx Liter, xx PS, Farbe tornadorot + Diebstahlwarnanlage „Plus“.
Einfach halt eine Zusammenstellung aus dem Prospekt / der Preisliste.

Intessant hierzu ist m.E. das BGH-Urteil vom 19.03.2003
(Aktenzeichen: VIII ZR 295/01),

Danke dir!

Sonst noch Urteile?

Grüße,
Tinchen

Hallo,

Da muss ich nochmal nachhaken:

Der Bundesgerichtshof hat in einem grundlegenden Urteil
entschieden, dass bei einem nach Kundenwünschen aus
Standardbauteilen gefertigten PC, das Widerrufsrecht nicht
ausgeschlossen ist. Grund ist, dass die Bauteile mit
verhältnismäßig geringem Aufwand ohne Beeinträchtigung ihrer
Substanz oder Funktionsfähigkeit wieder getrennt werden
können.

Hmmm…
Das geht bei einem KFZ aber nicht… :-/

Was nun?

Grüße,
Tinchen

Hallo,

ein Autokauf im Fernabsatzgeschäft?

Pauschal kann man das so nicht sagen, es kommt auf die Sonderausstattung im Detail an. Es geht darum, ob die Sonderausstattung wieder ausgebaut und in einen anderen PKW ohne weiteres wieder eingebaut werden kann, ohne dass der PKW oder die Sonderausstattung Schaden erleiden.

Komponenten eines PC sind ja nur gesteckt, den kann ich auch ohne weiteres auseinanderbauen und wieder neu zusammensetzen.

Bei einer Sonderausstattung „Alufelge“ ist das mit dem Tausch auch unproblematisch. Eine dunkel colorierte Heckscheibe oder einen lackierten Aussenspiegel kann man dagegen wahrscheinlich nicht so ohne weiteres abmontieren und bei Sicherheitsausstattung wie einem 6-fach-Airbag-System mit ESP und ASR und Sensoren etc. stelle ich mir das auch schwierig vor.

Im Kommentar heißt es:

Micklitz/Schirmbacher Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien
2. Auflage 2011 Rn 10-12

a) Nach Kundenspezifikationen angefertigte Waren.
Randnummer 10 Gemäß § 312 d Abs. 4 Nr. 1 steht dem Verbraucher kein Widerrufsrecht zu bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden. Eine Lieferung von Waren nach Kundenspezifikation liegt jedenfalls bei Werklieferungsverträgen gem. § 651 Abs. 1 Satz 1 vor, wenn die vom Verbraucher bestellte Ware erst nach Vertragsschluss auf Grund der Anweisungen des Verbrauchers hergestellt werden kann. Der Bezug auf den Warenbegriff kann insofern Probleme bereiten, als beispielsweise Gutachten eher als Dienstleistungen denn als Warenlieferung einzuordnen sind.

Randnummer 11 Typische Fälle sind der aufgrund vorbekannter Maße online bestellte Maßanzug oder – deutlich verbreiteter – die Bestellung von Abzügen digitaler Fotos oder nach Wünschen des Kunden angefertigte Fotobücher. Eine Anfertigung nach Kundenspezifikation i. S. d. § 312 d Abs. 4 Nr. 1 ist nicht bereits dann zu bejahen, wenn der Kunde zwischen mehreren Varianten für die Ausstattung der Ware auswählen kann. Vielmehr muss es sich um eine Ware handeln, die kein standardisiertes Massenprodukt ist und für die der Unternehmer nicht ohne weiteres einen anderen Abnehmer finden kann. Daher greift die Ausnahme regelmäßig nicht bei Waren, die im Baukastensystem angeboten werden wie beispielsweise bei Notebooks (Built-to-order-Verfahren), deren Komponenten der Kunde selbst zusammenstellen kann. Entscheidend ist stets, ob sich die Ware ohne größeren Kostennachteil nach der Rücksendung wieder auseinander bauen und erneut verkaufen lässt. Auch Verträge über KfZ mit Sonderaustattungen, Möbel mit vom Standard abweichenden Bezügen und Badezimmerausstattungen dürften nur im Ausnahmefall unter die Ausnahmebestimmung fallen. Bei Verträgen über die Lieferung von Standardsoftware fehlt es jedenfalls an der Anfertigung nach Kundenspezifikationen.

Randnummer 12 Der Unternehmer hat es nicht in der Hand, durch „Personalisierung“ gewöhnlicher Gegenstände das Widerrufsrecht des Verbrauchers auszuschließen. Wird etwa – ohne dass dies dem Wunsch des Kunden entspricht – auf gewöhnliche Gebrauchsgegenstände der Name des Bestellers aufgedruckt, ist dies eine Obliegenheitsverletzung, die die Berufung auf den Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312 d Abs. 4 Nr. 1 ausschließt.

VG
EK

Hallo

Pauschal kann man das so nicht sagen, es kommt auf die
Sonderausstattung im Detail an.

Ok, dann sagen wir mal, dass als einzige Sonderausstattung das in der Preisliste als Zusatzoption bestellbare Lederlenkrad bestellt wurde.
Keine Teile von Fremdliefanten, keine „Extrawürste“. Normales Serienzubehör halt. Kann ausgewählt werden wie die Wagenfarbe eben auch.

Grüße,
Tinchen

Hallo,

das Lenkread allein wäre keine Lieferung nach Kundenspezifikation. Lenkräder lassen sich meines Wissens auch im Zeitalter von Airbags wohl eher einfach wieder austauschen und woanders einbauen.

Es geht aber nicht nur um Sonderausstattungen, sondern auch Ausstattungsoptionen in der Serienausstattung. Wenn der Kunde sich da etwas zusammenstellt, was so nicht ohne weiteres oder nur mit erheblichem Nachlass wieder verkäuflich ist (Lackfarbe, die sonst keiner nimmt), kann eine Kundenspezifikation vorkommen.

Werden also individuelle Merkmale bei Motor, Innenausstattung, Farbe gewählt, die durchaus häufiger vorkommen, liegt kein Zuschnitt auf persönliche Bedürfnisse vor. Denn es wird dann eher eine größere Zahl Kunden geben, die beispielsweise eine von dem speziellen Kunden gewählte stärkere Motorausstattung auch akzeptieren würden.

Anders ist es bei einem Fahrzeug, das eine ungewöhnliche Häufung von Sonderausstattungen oder seltene Kombinationen in Serien- oder Sonderausstattung aufweist, die in ihrer konkreten Zusammenstellung kaum einen Abnehmer finden. Also z.B. eine Vollausstattung aller Extras, denn wer nimmt das denn schon und ist bereit, den Kaufpreis mal eben zu verdoppeln.

Wenn also bei den anderen Kombinationsmöglichkeiten der Serienausstattung Mainstream gewählt wurde und es nur um das Lenkrad geht, dann wäre ein Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen.

VG
EK

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Hallo,

Da muss ich nochmal nachhaken:

Der Bundesgerichtshof hat in einem grundlegenden Urteil
entschieden, dass bei einem nach Kundenwünschen aus
Standardbauteilen gefertigten PC, das Widerrufsrecht nicht
ausgeschlossen ist. Grund ist, dass die Bauteile mit
verhältnismäßig geringem Aufwand ohne Beeinträchtigung ihrer
Substanz oder Funktionsfähigkeit wieder getrennt werden
können.

Hmmm…
Das geht bei einem KFZ aber nicht… :-/

Bist Du KFZ Sachverständiger? Woher kommt diese Annahme?
Dass man ein Auto in Einzelteile zerlegen kann würde ich jetzt nicht pauschal ausschließen.

Was nun?

Grüße,
Tinchen

Hallo,

Bist Du KFZ Sachverständiger? Woher kommt diese Annahme?
Dass man ein Auto in Einzelteile zerlegen kann würde ich jetzt
nicht pauschal ausschließen.

Mit verhältnismäßig geringem Aufwand? :wink:

Grüße,
Tinchen

Hi,

bei einem Fahrzeug mit einem Wert von 10.000€ aufwärts sind 2Arbeitsstunden a 30-40€ sicherlich ein verhältnismäßig kleiner Aufwand, ja.

MFG