Hallo,
ich muss hier mal eingreifen, weil einige Infos leider falsch sind…
Eine Privatinsolvenz kann aber nicht die Lösung sein, weil…
Das Verfahren der Privatinsolvenz steht natürlichen
Personen (Verbrauchern) und ehemaligen Selbstständigen und
Kleingewerbetreibenden offen, sofern diese weniger als 20
Gläubiger und keine Verbindlichkeiten aus
Beschäftigungsverhältnissen mit Arbeitnehmern haben (§ 304 I
InsO).
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Die Info ist schlicht deswegen falsch, weil es „Verbraucherinsolvenz“ heißen muss. Privatinsolvenz ist keine rechtlich definierter Begriff und taucht im Insolvenzrecht nirgendwo auf. Wenn das Verbraucherinsolvenzverfahren nicht infrage kommt, heißt das nur, dass derjenige (Selbständige) ins ganz „normale“ Regelinsolvenzverfahren kommt. Hat den Vorteil, dass man sich die meist unsinnige außergerichtliche Schuldenbereinigung davor sparen kann und das Ganze dadurch ein paar Monate schneller startet.
Da die Selbstständigkeit gut und immer besser läuft, wäre es
ein Jammer eine Insolvenz durchzuführen.
Vielleicht gelingt es auf diesem Hintergrund mit Hilfe der
Schuldnerberatung die derzeitigen Verbindlichkeiten
zusammenzufassen und einen möglichen Tilgungsplan zu schaffen,
den die Gläubiger auch annehmen können.
Wenn der Laden gut läuft, kann man im Insolvenzverfahren weiterführen oder ein Insolvenzplanverfahren anstrengen. Meine Erfahrung ist zwar, dass ich in den letzten Jahren viele „gut laufende“ Gastronomiebetriebe erlebt habe, nur hat leider nach genauem Nachsehen nicht ein einziger von ihnen einen Überschuss erwirtschaftet. Die Betreiber haben bei der Rechnung, dass er gut läuft, dies und jenes vergessen mit einzurechnen. Dass es anders sein kann, versteht sich von selbst, nur sollte man sich das genau ansehen.
Je nach dem, ob es bei der ausgeübten Selbstständigkeit
möglich und sinnvoll ist, kann man auch über einen Verkauf von
Geschäftsanteilen nachdenken, um sich etwas zu entlasten.
Geschäftsanteile kann man nur verkaufen, wenn welche vorhanden sind, z.B. bei einer GmbH oder einer KG. Wenn es ein Einzelunternehmen ist, gibt es keine Geschäftsanteile. Außerdem: Wer würde in einen überschuldeten Laden einsteigen und dafür auch noch Geld bezahlen?
sunday schrieb:
Die EV scheint also in der Tat unvermeidlich, falls der eine Gläubiger dem Ehepaar nicht entgegenkommt. Wer erfährt denn überhaupt von der EV? Lieferanten sind ja bereits vorhanden und schon langjährige Geschäftspartner des Ehepaars, das sollte also kein Problem darstellen. Kredite wären nicht mehr möglich, was sehr bedauerlich ist, aber immerhin besser als das Geschäft aufzugeben.
Die EV wird ins Schuldnerregister des örtlichen AG eingetragen. Dieses wird durch Auskunfteien ausgewertet, also Creditreform, Bürgel, Schimmelpfeng und ähnliche. Es wird also wohl nicht der Nachbarin bekannt, aber den Geschäftspartnern in der Regel früher oder später schon.
sunday schrieb:
Wie sieht es mit Kontopfändungen aus? Gibt es da nicht Freibeträge die nicht gepfändet werden dürfen? Und wenn auf dem Konto ein Dispokredit wäre, welche Auswirkungen hätte das?
Bei einem Geschäftskonto ist alles pfändbar. Kredit wird es spätestens mit der EV nicht mehr geben.
Steffi schrieb:
sicher ist der Fall von den Betroffenen schon reichlich bedacht worden, aber ich frage mich: Ist es nicht möglich schon jetzt und 30tsd Kredit aufzunehmen?
Wer wird Kredit geben? Um als Gastronom bei einer Bank Kredit zu bekommen, musst Du schon annähernd genial sein. Nicht umsonst läuft die Finanzierung im Wesentlichen über Kredite der Brauereien, weil die das extrem hohe Ausfallrisiko in der Gastronomie mit Gewinnen aus dem Getränkeverkauf ausgleichen.
Steffi schrieb:
Bei einer EV unterschreibt man ja dafür, daß man keine nutzbaren Werte hat. Ohne den Fall nun im Detail zu kennen, kann ich mir kaum vorstellen, daß das bei einer florierenden Selbstständigkeit möglich sein soll, denn das Geschäftsvermögen wird mitgerechnet, wenn es nicht grad eine AG o.ä. ist.
Bei einer EV versichert man unter Eides statt, WAS man hat. Wenn man nichts hat, versichert man, dass man nichts hat. Wenn man eine Yacht und eine dicke Lebensversicherung hat, versichert man, dass man eine Yacht und eine dicke Lebensversicherung hat. Damit hat der Gläubiger ein Vermögensverzeichnis (das eben an Eides statt, also bei Falschaussagen strafbewehrt, versichert wurde) und weiß, wo er am besten mit der Pfändung ansetzt.
Steffi schrieb:
Es wäre sinnvoll einen Anwalt für Insolventrecht oder einfach den nächsten Gerichtsvollzieher zu fragen, was man mit der Unterschrift einer EV rechtlich eingeht.
Hier stimme ich Dir allerdings zu. Solche Sachverhalte sind mit ihren Folgen manchmal sogar schwierig im Beratungsgespräch zu lösen, im Forum kann man das vergessen.
Ich würde mich auch über das Insolvenzverfahren informieren, es kann eine Chance sein. Irgendwo stand geschrieben, dass die Leute schon 30 Jahre abbezahlt haben, also sind sie nicht mehr die Jüngsten. Auch dann kann es sehr sinnvoll sein, die Schulden loszuwerden.
Gruß,
Oskar