Steuerrecht

Liebe/-r Experte/-in,

zunächst vielen Dank, dass ich mich auf diesem Wege an Sie wenden darf.

Folgende Situation gibt es:

Mein ehemaliger Arbeitgeber zahlte mir als Gehalt eine Betrag als reguläres Gehalt und einen Teil als fiktive Reisekosten über fiktive Dienstreisen. Damit zahlt er im Jahr statt ca. 40.000 Euro Arbeitgeber-Brutto nur rund 24.000 Euro.
Dies war bei uns kein Einzelfall, sondern der Standard bei vielen Mitarbeitern. Insgesamt geht das jetzt schon über einige Jahre.

Aus Angst vor einer Kündigung spielte ich bisher bei diesem Spiel mit. Nachdem ich jetzt gekündigt habe und von seiner Seite nichts mehr zu befürchten habe, möchte ich dieses skandalöse Verhalten (auch von mir) anzeigen.

Das heißt natürlich auch, dass ich selber zu wenig Beiträge zur Sozialversicherung gezahlt habe.

Nun zu meinen Fragen:

Beim wem müsste ich dies anzeigen?
Muss ich selber mit einer Strafe oder Nachzahlung rechnen?
Kann es eventuell Straffreiheit für mich geben, wenn ich mich als Zeuge zur Verfügung stelle?

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

Herzliche Grüße

Kay

Hallo Kay,

Ihr Arbeitgeber ist sicherlich steuerlich geprüft, ich gehe mal davon aus, dass die Zahlungen in der einen oder anderen Weise sogar vertraglich geregelt sind, in soweit er diese pauschaliert hat und dafür die Steuern abgeführt worden sind, kann es durchaus sein, dass er auf Basis der bei ihm vorliegenden Verträge korrekt abgerechnet hat, was ich aber nicht beurteilen kann.
Wenn über diesen Weg Entgelte umgangen wurden, so ist das natürlich nicht korrekt, da Sozialleistungen sowie ein Teil der Steuern damit umgangen wurden.
Zum Straftatbestand, um den geht es Ihnen, grundsätzlich haftet der Arbeitgeber für die Abführung der Sozialleistungen sowie der Lohnsteuer, wenn der Sachverhalt so ist, wie beschrieben, würde dieser in Anspruch genommen werden. Es ist davon auszugehen, dass Sie nicht belangt werden, allerdings wird Ihnen auch nichts zugerechnet, Sie haben daher auch keinen Nutzen!
Nun zu Ihrer Anzeige, was Steuern betrifft, können Sie diese beim zuständigen Finanzamt Ihrer Arbeitsstelle stellen, die Sozialversicherung beim zuständigen Träger oder Ihrer Krankenkasse.
Ich gehe mal davon aus, dass Sie der Art der Abrechnung zugestimmt (geduldet) haben, sprich davon gewußt haben.
Ich finde keinen Fall, bei dem der abhängig Beschäftigte belangt wurde, da er jeweils unter Zwang steht und mit seiner Kündigung rechnen muß, was immer eine Form der Nötigung darstellt, in dieser Form können Sie kaum schuldhaft gehandelt haben, gleichwohl sind bei Duldung in anderen Verfahren auch schon mal Betroffene mit einbezogen worden.
Zusammenfassend:
Zur Anzeige, Sie müssen einen begründeten Verdacht rechtfertigen können, ggfl. das Vorgehen genau beschreiben, bzw. belegen können, die Entscheidung über ein Eingreifen treffen die Finanzbehörden und die Staatsanwaltschaft.
Wenn Sie „nur“ als Revanche handeln, sollten Sie sich das Ganze nochmal genau überlegen, trifft der Sachverhalt nicht zu, kann natürlich auch der Arbeitgeber strafrechtlich gegen Sie vorgehen!
Wenn das Verhalten wirklich skandlös ist stehen Ihnen die o.a. Wege offen. Die Haftung bleibt beim Arbeitgeber, Sie können nach dem Stand der Vorgaben nicht in Anspruch genommen werden.
Sie haben nicht zu wenig gezahlt, Ihr Arbeitgeber hat dann zu wenig abgeführt!
Sie werden bei Bedarf durch das Finanzamt oder die Staatsanwaltschaft als Zeuge hinzugezogen, wenn es zu einem Verfahren kommt (im Regelfall nicht).
Das Verfahren läuft innerhalb der Verwaltungen ab, in soweit werden Sie auch nicht über das Ergebnis informiert!

Ich hoffe ich konnte en wenig weiterhelfen.

Grüße

Alf

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Guten Morgen,

ich muß gestehen, dass mir der Sachverhalt nicht klar ist.

es gibt einen Arbeitsvertrag, in dem ein Gehalt festgelegt ist. Ich unterstelle, dass der dort ausgewiesene Betrag gezahlt wurde.

Dann gab es eine mündliche Vereinbarung, dass das Gehalt tatsächlich höher sein soll und der Arbeitgeber als Grund für weitere Zahlungen steuerfreie Reisekostenerstattung angibt. Die „Reisekosten“ soll jährlich ca. 16.000 € betragen.

Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie der Arbeitgeber Reisekosten in dieser Höhe simulieren kann.Über Kilometerpauschalen dürfte das wohl nur bei Handelsvertretern gehen.Das müßte doch bei einer LSt- oder SV-Prüfung auffallen?!

Wenn ich den Sachverhalt rihtig verstanden habe, dann wurden so durch die Angabe eines zu niedrigen steuerpflichtigen Gehaltes, Lohnsteuer bzw. Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge verkürzt.

Der Vorteil liegt dabei nicht nur beim Arbeitgeber, der im Ergebnis nur die AG-Beiträge der Sozialversicherung gespart hat. Der Vorteil liegt vor allem beim Arbeitnehmer, der beim AN-Beitrag zur Sozialversicherung und seiner Einkommensteuer spart.

Seitens des AN könnte das Steuerhinterziehung, Beihilfe zur Steuerhinterziehung, Betrug, Beihilfe zum Betrug sein. Die Steuerstraftaten kann man durch eine Selbstanzeige aus der Welt schaffen. Die Steuer muß natürlich mit Zinsen von 6 % p.a. nachgezahlt werden. Den Betrug zum Nachteil der Sozialversicherung kann man durch tätige Reue wohl auch auf einen Strafbefehl runterdrücken, ggf. wird das sogar gegen Verwarnung eingestellt. Das kann ich aber nicht sicher vorhersagen. Die Sozialversicherung dürfte wohl auch nachzuzahlen sein.

Selbstanzeige etc. kann aber nur geschehen, solange nicht schon ermittelt wird.

Seitens AG kann das Betrug, Anstiftung zum Betrug, Steuerhinterziehung, Anstiftung zur Steuerhinterziehung, Erpressung, Vorenthalten von Arbeitsentgelt sein.

Gruß

Hallo Kay,

hier geht es ja nicht nur um Sozialversicherungsbeiträge, sondern auch noch um Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.

Bei wem Anzeigen: Anzeigen können Sie das beim Finanzamt mit einer „Selbstanzeige“. Die Folge: Sie gehen straffrei aus, müssen aber die zu wenig gezahlten Beträge nachzahlen.

Es gibt auch noch die Möglichkeit, dass sich hierzu ausschließlich der Arbeitgerber für die nach zu zahlenden Beträge verantwortlich erklärt und eine pauschale Lohnsteuer erhoben wird, die sich nach einem für diese Firma ermittelten Durchschnittssatz errechnet. Wenn ich mir vorstelle, dass allein bei Ihnen schon jedes Jahr 16.000 Euro nicht mit Steuern und Sozialabgaben belegt wurden, kann ich mir gut vorstellen, dass die Nachzahlung für x Mitarbeiter und x Jahre einen hohen 6-stelligen Betrag ausmachen wird. Es ist nicht die erste Firma, die durch sowas schließen muss. Und dann bleibt dem Finanzamt nur noch der Weg an die „ehemaligen“ Mitarbeiter.
Übrigens: Die Strafe sieht in der Regel eine Höhe von mind. 50 % der hinterzogenen Beträge vor und für den Arbeitgeber in so einem Fall evtl. eine Bewährungsstrafe.

Also: Das Ganze mit einem Rechtsanwalt besprechen, der soll sich mit der Finanzverwaltung in Verbindung setzen. Straffreiheit bei Ihnen ist auf jeden Fall sicher gestellt. Alles andere wäre mit dem Fiskus auszuhandeln. Inwieweit das geht, kann ich nicht abschätzen.

Übrigens: Wenn das Finanzamt selbst dahinter kommt, z.B. durch eine Betriebsprüfung oder eine Selbstanzeige eines anderen Kollegen, ist es zu spät für eine Straffreiheit…

Gruß
Ralf

Liebe/-r Experte/-in,

zunächst vielen Dank, dass ich mich auf diesem Wege an Sie
wenden darf.

Folgende Situation gibt es:

Mein ehemaliger Arbeitgeber zahlte mir als Gehalt eine Betrag
als reguläres Gehalt und einen Teil als fiktive Reisekosten
über fiktive Dienstreisen

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

Herzliche Grüße

Kay

Hallo Kay, dies ist ein Fall sowohl für die Steuerbehörde (falsche bzw. betrügerische Versteuerung) wie auch für die Renten- und Krankenversicherung - Sie sehen, das zieht weite Kreise. Ihre Annahme, da selbst mit hinein gezogen zu werden, ist berechtigt, wenn Sie sich als Zeuge zur Verfügung stellen und sich gleichzeitig selbst anzeigen, gibt es sicher Mittel und Wege, hier zu einer Lösung zu kommen. Sie können aber ziemlich sicher sein, dass Sie selbst auch Nachzahlungen zu leisten haben.
Ich darf und will Ihnen an dieser Stelle keinerlei Rechts- bzw. Steuerrechtsauskünfte geben, also spreche ich im Konjunktiv, und die oben gemachten Äußerungen dürfen Sie nicht für bare Münze oder als Rechtsaussage nehmen - zuständig wäre für meine Begriffe zuerst das örtlich zuständige Finanzamt bzw. die dortige Betriebsprüfungs-Leitung oder alternativ die für Ihr Wohngebiet zuständige Steuerfahndung, hier wäre auch eine Selbstanzeige angebracht.
Mit guten Wünschen dass Sie da gut rauskommen und
herzlichen Gruß
Jan van Dieken

Hallo Kay,

das ist ja eine nette Geschichte.

Du kannst eine „Selbstanzeige“ bei deinem zuständigen Finanzamt erstatten und den Sachverhalt wie oben erklären.

Bei einer Selbstanzeige gehst du in der Regel steuerrechtlich straffrei aus.

Eine Nachzahlung ist aber in jedem Fall fällig. Ob du oder dein Arbeitgeber die zahlen muss, kann ich dir nicht 100%ig sagen.

Schönen Gruß
Gordon S.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

sie müssten das bei den sozialvers.trägern selbst anzeigen. die folge wären verzinste nachzahlungen, (evtl. ein bußgeld und strafanzeige gegen den arbeitgeber und evtl. gegen sie) - das sollte man sich genau überlegen, ob man eine rechtskräftige verurteilung in kauf nimmt - schließlich haben sie den betrug akzeptiert und mitgemacht.

mfg ignaz

Hallo Kay,

Ihr Vorhaben die Machenschaften Ihres Arbeitgebers aufzudecken finde ich lobenswert.

Zunächst möchte ich kurz einschränkend sagen, dass ich mich nur im Bereich des Steuerrechts auskenne und meine Erfahrung sich im Steuerstrafrecht auf theoretisches Wissen beschränkt. Daher kann ich zur Sozialversicherung nichts sagen.

Sicher ist, dass das Vorgehen Ihres alten Arbeitgebers ganz klar eine Steuerhinterziehung gem. § 370 (1) AO ist. Da Sie von der Vorgehensweise wussten und die Folgen kannten, haben Sie sich (mindestens) der Beihilfe schuldig gemacht und sind grundsätzlich nach dem StGB strafbar.

Nach § 371 (1) AO besteht die Möglichkeit einer Selbststanzeige bei Ihrem Finanzamt oder dem Betriebsstättenfinanzamt Ihres Arbeitgebers, durch die dann Straffreiheit eintritt.

Vorausetzungen sind aber:

  • es finden noch keine Ermittlungen der Steuerfahndung/eines Betriebsprüfers statt (d.h. es ist derzeit nicht mit der Entdeckung zu rechnen) oder die Tat ist unentdeckt

  • die hinterzogenen Steuern sind unverzüglich zu bezahlen (vom Anzeigenden) sonst tritt keine Straffreiheit ein!!!

V.a. der zweite Punkt ist in Ihrem Fall kritisch zu betrachten. Ohne Zahlung wird der Fall dem Finanzamt bekannt ohne dass Sie mit einer Strafmilderung rechnen können. Die Zahlung kann laut Rechtsprechung nur unterbleiben, wenn dem Anzeigenden selbst die hinterzogenen Steuern nicht zugute gekommen sind. In Ihrem Fall müsste aber der Vorteil Ihnen zuzurechnen sein, da der Arbeitgeber nur treuhänderisch die Lohnsteuer für seine Arbeitnehmer abführt und daher aus der Hinterziehung keinen Steuervorteil (sondern mangels Betriebsausgaben eher einen Steuernachteil) hat.

Insgesamt ist somit auf jeden Fall mit der Zahlung der hinterzogenen Steuer und einer Verzinsung mit 6% p.a. auf die Steuern zu rechnen (trotz Straffreiheit).

Aufgrund der vielen Unklarheiten und der unmittelbar eintretenden Konsequenzen bei Aufdeckung der Straftat empfehle ich Ihnen DRINGEND einen erfahrenen Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht zu Rate zu ziehen!! Straffreiheit könnte möglich sein, allerdings (wie beschrieben) nur unter engen Voraussetzungen die einer guten Rechtsberatung bedürfen.

Ich hoffe Ihnen mit meinen Ausführungen geholfen zu haben und wünsche Ihnen für Ihr Vorhaben alles Gute!

Gruß
BTM

Hallo Kay,

vielen Dank für Deine Anfrage.

Ich bin als Steuerfachangestellte im Bereich Steuerhinterziehung leider nicht ausgebildet, und könnte daher nur Vermutungen äußern. Da ich Dich aber auf keinen Fall falsch informieren möchte, bitte ich Dich, die Anfrage möglichst an einen Fachanwalt für Steuerrecht zu stellen. Vielleicht findest Du auch einen Steuerberater, der Dir genaue Auskunft geben kann.

Viele Erfolg und schöne Grüße
taxzero

Hallo Kay,

das ist ja eine heikle Situation. Ich würde auf jeden Fall noch die Rechtsabteilung im ww fragen! Oder evtl. gleich einen Rechtsanwalt aufsuchen.

Aber nun zu der Frage:
Der Arbeitgeber ist verpflichtet die Sozialversicherungsbeiträge und auch die Lohnsteuer richtig zu berechnen und abzuführen. Somit haftet grundsätzlich der Arbeitgeber für nicht abgeführte Abgaben. (Wie gesagt grundsätzlich und theoretisch) Der Arbeitnehmer kann nur für rückwirkend drei Monate Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmeranteil) herangezogen werden. Das bedeutet der Arbeitgeber haftet für Arbeitgeber UND Arbeitnehmer-Beiträge.

Ich würde aber trotzdem nochmal die rechtlichen Folgen mit einem Anwalt erörtern, da diese Problematik wohl eher mit Recht als mit Steuerrecht zu tun hat.

Viel Erfolg.

Sonnige Grüße von Soni